Die neuen Pisa-Ergebnisse

  • Ich selber , Jahrgang 1963, bin schon lang aus der Schule raus, meine Kinder erst seit Kurzem und Enkel hab ich noch keine. Trotzdem (oder grad deswegen) interessiert mich Eure Meinung, wie es zu den immer schlechteren Ergebnissen bei der Studie kommt. Soweit ich verstanden habe, sinkt das Lernniveau bei anderen Ländern auch, aber innerhalb dessen auch noch in der Rangfolge zu sinken, ist ja nun keine Heldentat.

    Ich wäre nicht ich, wenn ich nicht auch ein paar provokante Thesen dazu hätte, die Ihr mir gern um die Ohren hauen dürft. Ich hab - da zu weit weg von Schule - gar keine eigene Meinung, würde mir aber gern eine bilden.


    Jetzt ein paar Thesen:


    - wird zu viel Rücksicht auf schwache Schüler genommen auf Kosten der guten? Deren Anteil ja auch sinkt

    - in irgendeinem Kommentar hab ich gelesen, dass Schüler den Matheunterricht langweilig finden und deswegen nicht mitmachen und nix lernen. Muß man Schülern vielleicht auch beibringen, dass es nicht immer nur um Spaß geht, sondern man manche Sachen einfach mal "pauken" muß? Ggfs. mit der Aussicht, mit dem gepaukten Grundwissen dann interessantere Dinge machen zu können.

    - Natürlich soll niemand mit Angst oder Bauchweh zur Schule gehen. Aber MUß Schule immer Spaß machen? Ich hab mir diese Frage in meiner Schulzeit nie gestellt, Schule war Pflicht und Ende

    - Wird Mißverhalten zu wenig bestraft, weil der Lehrkraft zu wenig Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen? Hier auch das Stichwort "Mobbing"

    - Wird zu wenig kommuniziert, das etwas vom Schüler erwartet wird und zwar was? Ich meine damit so Dinge wie Stillsitzen, Hausaufgaben machen etc. Und was sind die Konsequenzen, wenn nicht?


    - Lehrpläne mal schwer entrümpeln? Was ist denn eigentlich wichtig zu wissen und was war es vielleicht früher mal, jetzt aber nicht mehr. Stichworte Medienkompetenz

    - Eltern mit ins Boot holen. Wollen Sie, dass Ihr Kind erfolgreich in der Schule ist? Dann bitte dafür sorgen, dass.... Es ist ihnen egal oder Eltern kommen gar nicht zum Gespräch? OK, ist Ihr Kind, wir können nur Bildung anbieten aber niemanden zwingen. Sie wissen aber schon, was die Konsequenzen auf dem Arbeitsmarkt sind?


    Klingt alles furchtbar altbacken, ich weiß. Ich lass mich gern widerlegen :) und jetzt Ring frei!

  • Meiner Meinung nach ist der vollgetopfte irrsinnige Lehrplan an Grundschulen die eigentliche Misere. Zu viel von Unwichtigem und dem Alter auch nicht entsprechenden Lerninhalten. Schreiben und Lesen wird von Anfang an falsch angegangen. Die ersten Jahre sind die Wichtigsten. Schreiben, Lesen, Grundrechenarten und zurück. Dazwischen Sport und Kunst....also was zum Entspannen.

    Mehr braucht's für die Kleinen nicht. Keine Powerpoint-Präsentationen in der 3. Klasse. Da muss man ja durchdrehen.

    Das geht doch alles viel zu schnell.

    Mehr ist nicht besser, wie man sieht.


    Heuer ist halt Corona schuld 🫣

    Grüsse Tani :wink



    Du bist nicht das was Du sagst, sondern das was Du tust!

  • Es sind zwei Gründe dargelegt worden:

    - Corona

    - Migranten/Ausländer/Flüchtlinge


    Solche Begründungen finde ich persönlich unsachlich und den Rechten in die Karten spielend.


    Meiner Meinung nach werden Kinder heute für jeden Pups beklatscht und gefeiert und vor allem Eltern verlangen immer weniger und gehen Konflikten aus dem Weg. Eltern wollen Kumpel und beste Freunde sein und verkennen, dass Kindern nunmal Eltern brauchen.

    „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14) - Jahreslosung 2024


    „Mach‘s wie Gott - werde Mensch.“ (Franz Kamphaus)

  • Ich finde schon das man bei Pisa im Ländern schauen sollte wie die Sprachkompetenzen sind. Wenn ich 90% Schüler habe die keine Muttersprachler sind und von den 90% noch mal 50% nicht im Kindergarten war spielt es eine Rolle. Wenn die Lies mal Hefte zum Beispiel nich bearbeitet werden können, weil die Kind die Worte dafür nicht kennen.


    Oder wenn in Klasse 1 keine Zahlen bekannt sind und ein Kind nicht weiß das 4 weniger als 6 ist. Fängt da schon der Rückstand an.


    Es fehlen da oft einfache Basiskomptenzen. Wie nutzte ich eine Schere, wie halte ich einen Stift. Ich bleibe sitzte und bearbeitet meine Blatt. Oder die Farben sind oft nicht bekannt. Ich rede von rot ,gelb, grün .

  • Wobei ich an die "Spiele" selbst heut noch mit Grausen denke. In Sport und Musik gehört imho die Anstrengung/Verbesserung bewertet. Nicht das absolute Ergebnis. DA kann man durchaus mal auf Spass setzen, finde ich, weil das nicht so zwingend zum Bestreiten des Lebensunterhaltes bzw. Zurechtkommen im Leben notwenig ist wie zB Lesekompetenz

  • Was sicher auch dazu beiträgt: Mieten und sonstige Lebenshaltungskosten, die zumindest im urbanen Raum häufig zwei Vollzeit-Einkommen erfordern, aber dann die Ganztagsbetreuung so kaputt sparen, dass sie zur reinen Aufbewahrungsanstalt verkommt (Stichworte Kitanotstand und Lehrkräftemangel). Muss man sich nicht wundern, wenn die Eltern keine Zeit und die BetreuerInnen keine Kapazitäten für frühkindliche Bildung haben.

    "Wenn wir einfach alles anzünden, sparen wir uns viele Zwischenschritte.“ Marina Weisband

  • Ich glaube die Klassen sind viel zu groß - hier sind 30 ab der Grundschule der Standart.

    Viele Fach-Lehrer kennen kaum die Namen der Kinder, mit Glück gibt es ein digitales Klassenbuch mit Bildern.

    Wie sollen da Kinder gefördert werden?

    Mein Kind hat nach Corona freiwillig die 9. wiederholt - aber eigentlich hätte man sie auch noch 1-2 Jahre weiterschleppen können…

    Dafür war sie im hessischen Corona Aufholprogramm - das war aber für die Füße, denn da gab es keine Förderung im versetzungsgefährenden Fach der zweiten Fremdsprache - stattdessen bekam sie Mathe- Nachilfe um das schlechte Fach ausgleichen zu können - nur hatte sie darin eh schon eine 1 und war damit eine Nette Unterstützung des Förderlehrers.

  • Tochter ist ja erst 25 J. und schon zu ihrer Grundschulzeit wurden die Grundlagen der Mathematik im Schnelldurchlauf absolviert. O-Ton...lass es dir Zuhause erklären.

    Jetzt bei der Enkeltochter 9 J. ist es genauso.

    Dann der fehlende Respekt. Die Unruhe in den Klassen. Habe mal der Enkeltochter was im Gang in Spind gelegt. Und weil aus allen Klassen eine Lautstärke war, ein Moment verweilt...puh, eine Geräuschkulisse vom Feinsten und die keifenden Lehrerinnen. Meine Tochter sagte öfters, heute war es wieder so laut.Die Kinder haben garantiert auch nicht mehr die Aufnahmefähigkeit wie vor Jahrzehnten.

    Und die Klassengröße kann es ja nicht sein, wir haben es ja früher auch geschafft.

    Gerade wurde Verkehrssicherheit gelernt. Was für Verkehrsschilder gelernt werden sollten, da sage ich als Nichtautofahrer...puh, Holla die Waldfee. Ob das jetzt schon nötig gewesen wäre. Auch wenn heute das Fahrrad einen anderen Stellenwert hat.

  • -Die schlechte Ganztagsbetreuung.

    -Mangelnde Zeit von Eltern, die Hausaufgaben etc. zu begleiten -das ist aber vielleicht in anderen Ländern ähnlich.

    -Schlecht umgesetzte Inklusion.

    -Zu wenig Handlungsorientierung?

    -Zu wenig Zeit und Personal, um sich mit einzelnen Schülern auseinanderzusetzen.

    -Zu wenig Lehrer und Betreuer, zu große, oft heterogene Klassen, die individuelle Unterstützung kaum möglich machen.

    -Wenig Kontrollmechanismen für Lehrer -wie lässt sich die Arbeitsqualität überprüfen?

    -Richtlinien und Lehrpläne noch zeitgemäß?

  • Ein ganz großes Problem sehe ich darin, dass Einrichtungen immer mehr ersetzend, denn ergänzend arbeiten ( müssen).

    Wir verzetteln uns in zu vielen Konzepten, Ansätzen, Dokumentationen und co, die zum Teil nicht zuende gedacht sind , zuviel Zeit fressen, völlig widersprüchlich sind und ziemlich oft in der Tonne mit dem blauen Deckel landen.


    Also wenn ich die Webseite von Bienes Schule aufklappe, dann springen mich ganzschön viele " Labels" an. Irgendwie macht man von allem ein bisschen, so richtig aber nix.


    Ich sehe Pädagogen, Lehrer*innen, die Angst vor Eltern haben und kein richtiges Standing. Man mag ja nicht unter Beschuss geraten. Eltern , die meinen überall ein Mitspracherecht zu haben, mit Kritik nicht geizen, aber im Gegenzug bei allen möglichen Dingen wissen sich zu wehren oder ihren Kopf ( stellvertretend fürs Kind) durchzusetzen und sich selbst selten kritisch betrachten.


    Manchmal verhalten sich Kinder halt doof. Nicht mehr und nicht weniger. Die Ursache liegt nicht darin, weil das Kind schlecht geschlafen hat oder mit sechs immer noch zahnt.


    Ich kann ja nur für Kitas sprechen, aber der Wunsch von meinen Kollegen ( und den höre ich oft) , daß z.B. lebenspraktische Dinge wie sich ein Brot schmieren, Jacke und Schuhe anziehen, mit Besteck essen, aufräumen usw. auch daheim erlernt werden ist schon groß.

    Ich nehme mit Erschrecken auch wahr, dass z. B. die Windel loswerden immer später stattfindet. Natürlich unter dem Label: Jedem Kind sein Tempo. Sorry, aber wenn es kein physisches Problem gibt, dann sehe ich da keinen Grund, warum ein Fünfjähriger noch in die Windel macht. Nur pillepalle Beispiele.


    Letztlich können Einrichtungen nicht alles auffangen.

  • Dass unser aktuelles Schulsystem sehr überholungsbedürftig ist; sowohl SchülerInnen als auch LehrerInnen oft immens darunter leiden, ist nicht neu. Unabhängig davon, darf man sich aber auch fragen, wie aussagekräftig so eine PISA-"Studie" tatsächlich ist. Interessant in dem Zusammenhang ist das hier:


    https://www.mdr.de/wissen/was-…a-kritik-studien-100.html

    LG
    CoCo




    Halte mich fern von der Weisheit, die nicht weint; von der Philosophie, die nicht lacht und von der Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt.
    ~ Kalil Gibran ~

  • Wobei ich an die "Spiele" selbst heut noch mit Grausen denke. In Sport und Musik gehört imho die Anstrengung/Verbesserung bewertet. Nicht das absolute Ergebnis. DA kann man durchaus mal auf Spass setzen, finde ich, weil das nicht so zwingend zum Bestreiten des Lebensunterhaltes bzw. Zurechtkommen im Leben notwenig ist wie zB Lesekompetenz

    ja, oder dass man sich an verschiedenen Instrumenten ausprobieren darf. zb. Schlagzeug und das dann benotet wird.

    Bevor du mit dem Kopf durch die Wand gehst, überlege zuerst.........

    Was mache ich im Nebenzimmer ? (unbekannt)

  • ihc glaube tatsächlich, dass auch der hohe Migrationsanteil mit verantwortlich ist.

    Weil da dann eben noch mehr Kinder Unterstützung benötigen, zum Teil ja nicht mal der deutschen Sprache mächtig sind unddie Klassen noch größer sind.

    Da ist doch gar nicht unsachliches dran.

    Wäre es umgekehrt und würde plötzlich 6 deutsche Kinder in eine Klasse in der Ukraine kommen wäre das Problem dasselbe.


    Ob Eltern ins Boot geholt werden oder nicht hängt auch viel vom Lehrer ab. Meine Tochter hat Dyskalkulie, da arbeitet die Lehrerin intensiv mit uns und der Lerntherapie zusammen, die Klassenlehrer in der Klasse meines Sohnes beantworten nicht mal emails.

    wenn meine Meinung deine sein müsste hieße sie "Deinung"

  • Ich denke Migration und Spracherwerb sind sicherlich ein Teil der Herausforderung.

    Gleichzeitig:

    Die Leitung eines Familienzentrums in meiner Stadt, sozialer Brennpunkt, klassischer Ankunftsstadtteil, hat schon vor 15 Jahren gesagt, das die 17 verschiedenen Sprachen kein Problem darstellen. Das Problem läge darin, daß die Kinder in keiner Sprache ihr Knie oder Ohr benennen können, weil die Eltern einfach nicht mit ihnen sprechen.


    Und da sehe ich auch die Probleme im Bereich Schule. Beschulbarkeit ist für mich Aufgabe der Eltern.


    vg von overtherainbow

  • ja, die Beschulbarkeit ist Aufgabe der Eltern. Es gab schon immer nicht-beschulbare Kinder. Und da kommen eben jetzt noch weitere dazu. Die noch dazu nicht unsere Sprache sprechen. Das ist ein Problem.

    Einer "unserer Maxims" in der Klasse (wir haben mehrere :-)) Kommt selten in die Schule. Trainiert aber fleißig mit mir im Fitnessstudio.

    Ich schreibe der Klassenlehrerin immereine kurze mail, wenn ich ihn abends sehe, dann gleicht sie das mit seinen Anwesenheitszeiten ab.

    Bringt aber kaum was, die Eltern interessiert das nicht.

    wenn meine Meinung deine sein müsste hieße sie "Deinung"

  • Den Aspekt mit dem Schule Schwänzen find ich spannend. Habt ihr den Eindruck, dass die Anzahl der Kids, die alleine die Schule schwänzen, zugenommen hat? Ich hab mich das gerade so beim Lesen gefragt, weil ich mich für meine Schulzeit nicht so richtig an viele Kandidatinnen erinnern kann, von denen bekannt gewesen wäre, dass sie regelmäßig alleine geschwänzt hätten. Will sagen: Bei uns waren die regelmäßig Abwesenden ab einem gewissen Alter eher die Kiffer, die dann eben gemeinsam im Park saßen und gekifft haben, statt in die Schule zu kommen. Der Rest kam in die Schule, und wenn’s nur war, um die FreundInnen zu sehen. Ich frage mich, ob durch Corona und viel Bildschirmzeit vielleicht auch dieser Aspekt „Schule als sozialer Raum“ gelitten hat und sich das auf die Bildung auswirkt?

    "Wenn wir einfach alles anzünden, sparen wir uns viele Zwischenschritte.“ Marina Weisband

  • nein, nicht generell. Aber ich lebe auch nicht mehr in einer größeren Stadt, ich kann mir vorstellen,dass da da anders ist. Hiersieht einen eben jeder und kennt jeden.

    Wenn du hier schwänzt bleibt das nicht unentdeckt. Es sei denn, du schließt dich im Keller ein :-)

    wenn meine Meinung deine sein müsste hieße sie "Deinung"

  • Ich hab mal gelesen, dass die Generation Alpha (die sind aktuell 0-13) immer weniger den Wunsch nach echten Kontakten verspüren, sondern sich lieber in der virtuellen Welt aufhalten wollen. Corona mit Homeschooling hat das wohl verstärkt. In dem Alter führt das aber weniger zum klassischem Schule-schwänzen als zur Weigerung in die Schule zu gehen kombiniert mit Ängsten und starken Rückzugstendenzen.

    Liebe Grüße
    Die Elefantendame


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