„Wir werden laut!“ - Fachkräftemangel in deutschen KiTas

  • "Wir" schreiben hier im Forum ja schon seit vielen Jahren, dass die Steuervergünstigungen über die Steuerklassen dort sein sollten, wo Elter(n) mit Kinder sind - über das ja dazu gehörende Kigeld und die Kinderfreibeträge hinaus.


    Ob die Partner in Steuerklasse 3 jedoch nichts für die Allgemeinheit tun, da bin ich mir nicht so sicher. Erlebe ich ein bisschen anders, wobei es die 3/0 ja kaum noch gibt, sondern oft die 3/5.

    Allerdings übernehmen Ehepartner sehr viel finanzielle wie soziale Verantwortung für den angeheirateten Partner, Sozial-und Zahlungsverpflichtungen, die eben nicht von der Allgemeinheit getragen werden müssen. Ansonsten spart ein Elternteil, das den Nachwuchs bis zur Einschulung oder darüber hinaus vollumfänglich betreut, den Staat, die Allgemeinheit viel Geld. Der KiTa-Platz ist deutlich teurer als die durchschnittliche steuerliche Begünstigung durch Steuerklasse 3.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Hast Du dafür Belege?

    Gibt es für die ganzen Sprachstandsfeststellungen keine Zahlen?

    Ich habe zumindest keine auf Anhieb gefunden.


    Ich erinnere mich noch an ein Interview mit der Leitung einer "Brennpunkt-Kita", die sinngemäß sagte: "Das Problem sind nicht die 24 verschiedenen Sprachen in Ihrem Familienzentrum, sondern das die Kinder in keiner Sprache Körperteile benennen können, weil die Eltern einfach nicht mit ihnen sprechen."



    Ob wir letztlich, wenn wir nur an einer Stellschraube drehen etwas verändern können, wage ich zu bezweifeln.

    Ich sehe da schon sowohl im FK-Mangel Herausforderungen, als auch in der Gestaltung von Arbeitszeiten generell.

    ....und den meisten Menschen ist auch schlicht egal, weil es sie ja oberflächlich betrachtet nur drei Jahre betrifft.


    vg von overtherainbow

  • Es gibt diverse Untersuchung die sozialen Status mit Betreuungsquote korrelieren. Und auch Betreuungsquote nach Wohnort.

    Gerade das Ruhrgebiet ist das über 40 Jahre gut untersucht. Wobei da nicht nur der größere Mangel an Kita-Plätzen in ärmeren Stadtteile eine Rolle spielt, sondern eben auch die soziale Segregation.


    Alle Kinder profitieren vom Kita-Besuch, die einen etwas mehr als die anderen. Und die etwas mehr profitieren gehen häufig später oder auch gar nicht in die Kita. Das würde sich verstärken, wenn man Eltern (wobei mutmaßlich eher Mütter) für Betreuung bezahlen würde. So schön es auch erstmal ist Carearbeit zu Hause als Arbeit anzuerkennen, in dem man sie vergütet.


    Daraus ergibt sich ein weiteres Problem. Denn es ist ja nicht nur das Gehalt, was wegfallen würde und vielleicht auch symbolisch durch ein Erziehungsgeld kompensiert werden könnte. Leider liegt die Lebensphase, in der sich berufliche Karrieren etablieren genau in der Zeit, wo auch die Familiengründung stattfindet. Sprich wer länger aussteigt, oder länger Teilzeit arbeitet, merkt das unabhängig von späterer Vollzeitarbeit in der eigenen Gehaltsentwicklung. Und das ist besonders doof, wenn es zur Trennung kommt. Lange Rede kurzer Sinn... Zu Hause bleiben fördern erzeugt eine noch größere Armutsgefährdung für Alleinerziehende.

    LG Campusmami



    Sonne muss von Innen scheinen :sonne


    Das Leben findet draußen statt :rainbow: .

  • Ganz ehrlich, warum wird quasi eine rund um die Uhr bei Kindern U6 gefordert, wenn die Eltern bei Schuleintritt der Kinder dann vor noch schlechteren Bedingungen als jetzt. Da ändert der Ganztagsanspruch auch nichts, wenn die Betreuung nur während der Schulzeit gewährleistet wird und es keinerlei verlässliche Alternativen gibt. Ich bin froh, dass meine Eltern (auch wenn wir oft aneinander geraten, dennoch ist es ihnen wichtig, dass ich arbeiten kann) dann für die Ferien zur Verfügung stehen. Eine alternative Betreuung gibt es nur stundenweise, an bestimmten Tagen und nur bei vorheriger monatelanger Anmeldung (für jede Aktion muss man extra zahlen, Kind überall hinkarren/ persönlich abgeben und auch pünktlich abholen). Danach musst du selbst sehen, was du mit dem Kind dann machst.


    Lieber sollte man für alle, für die man eine ganztägige Betreuung versprochen hat, die gleiche Anzahl an verlässlichen Betreuungsstunden anbieten. Dann wissen alle woran sie sind und stehen dann nicht dumm da, wenn die VZ Stelle plötzlich nicht mehr möglich ist, außer man überlässt das Kind sich selbst ab der Schule oder "schwatzt" es anderen auf, die die Zeit haben.

  • Solange kein Entscheidungsträger die Stellschrauben eindeutig erkennt und benennt wird das nichts mehr.

    Ich bin da absolut desillusioniert inzwischen.

    In Zukunft werden Kinder über einen Platz verfügen, deren Eltern sich am Besten Durchklagen können. Rechtsanspruch hin oder her.

    Über verlängerte Öffnungszeiten mache ich mir keine Gedanken.

    Da geht es gerade genau in die andere Richtung. Es wird verkürzt ohne Ende. Kaum eine Kita hier hat längere Öffnungszeiten inzwischen. Alles eingestampft.

  • Ich bin heilfroh, dass ich in diesem Leben wohl nicht mehr in die Verlegenheit kommen werde, einen Betreuungsplatz für irgendein Kind unbedingt zu benötigen. Meine Tochter ist jetzt Mitte 13, die Oma fit... da bekommen wir die zwei, drei Jahre, in denen sie noch jemanden braucht, wenn ich Spät- und Nachtdienste habe, auch noch rum. Und im aller- aller- allergrößten Notfall bin ich mir sicher, dass sie das auch schon alleine packen könnte.


    Hätte ich noch ein Krippen- oder Kindergartenkind, würde ich wohl an der Situation verzweifeln und - da bin ich mir sicher - an Arbeiten in meinem erlernten Beruf wäre nicht zu denken.

    Man sitzt insgesamt viel zu wenig am Meer...

  • Da bin ich auch froh drüber. Obwohl ich grundsätzlich ja schon familienfreundliche Arbeitszeiten habe/hatte.

    Und Großeltern für meine Tochter, die in der Nähe leben und damals schon berentet waren.

    Nebenher bemerkt auch ein etwas " neueres Problem". Großeltern waren präsenter ( auch in den Kitas). Inzwischen sind viele Grosseltern selbst noch berufstätig, leben nicht vor Ort oder Sonstiges.

    Da kann man auch nicht ohne weiteres drauf zugreifen.

    War es bei meiner Tochter einfach normal, daß sie zweimal die Woche von ihren Grosseltern abgeholt wurde , ist das für viele Kinder heute schon ein richtiges Event. ,🙂

  • Gerade schreibt mir unser Azubi, dass seine Schule zwei Klassen streicht im neuen Jahr für angehende Erzieher*innen wegen fehlender Bewerbungen auf einen Ausbildungsplatz. Juchhu.

    Ehrlich, schlimmer geht immer. Im neuen Jahr haben wir auch nur noch eine anstatt drei Auszubildende.

    Zumindest löst das das Problem der fehlenden Berufsschullehrer. ^^


    Edit: Ich glaube im Ranking der unbeliebtesten (Ausbildungs-) Berufe haben wir bald einen Spitzenplatz.

    Echt traurig, weil im in Kern eigentlich eine tolle Arbeit.

  • Hier ist eine ganz interessante Zusammenstellung des Themas in BW: Klick


    friday : Tübingen baut günstige Betriebswohnungen für Erzieher*innen... Ich glaube das ist in Großstädten mit angespanntem Wohnungsmarkt tatsächlich eine Idee.

    LG Campusmami



    Sonne muss von Innen scheinen :sonne


    Das Leben findet draußen statt :rainbow: .

    Einmal editiert, zuletzt von campusmami ()

  • Ja, in Tübingen ist es wirklich absolut mau inzwischen.


    Grundsätzlich ist es natürlich eine gute Idee mit den Wohnungen, aber letztlich zieht man dadurch nur Fachkräfte irgendwo anders ab.

    Ich glaube, man muss langsam akzeptieren, dass der Ist- Zustand eben so ist.

    Es gibt einfach nicht genug Kräfte für jede Kita.

    Kurzfristig gibt es da nix zu wollen. Inzwischen haben so einige Träger schon das Problem ihre Leute zu halten. Trotz sehr unkomplizierten Verfahren Stunden z.B zu reduzieren, seine Wunschsarbeitszeiten zu bekommen in seiner Wunschkita. Trotz einiger Vergünstigungen wie Auto leasen, kostenlose Fieze, Fitnesskarten, Jobticket usw.

    Keine Ahnung. Vielleicht auch Mal an der Zeit zu schauen was wir in der Vergangenheit besser gemacht haben. So spontan fällt mir dazu noch ein, dass neben den Rechtsanspruch fast zeitgleich es den Tagesmüttern/ vätern schwer gemacht wurde. Da brach gleich nochmal ein System auseinander, das immens wichtig war für die Tagesbetreuung.

    Unsere Eltern sind vor ein paar Tagen vors Rathaus gezogen. Ich fand das gut.

    Insgesamt bin ich für back to the roots.

    Diese ganzen innovativen ^^Ideen und Versprechungen haben das System Kita absolut kaputt gemacht.

    Vielleicht auch mal darüber nachdenken, Dinge wieder rückzufahren .

  • Wir vergeben keine Plätze im kommenden Kitajahr.

    Bis dahin fahren wir in Dauerschleife Notbetreuung. Gerade denken wir über ein System nach der vier Tage Woche für die Kinder, damit jeder mal zu seinem Recht kommt.

    Erst wollte ich schreiben: Ich mag nimmer..aber das trifft es nicht. Mir wird das einfach zunehmend egal. Das hätte ich mir auch nie träumen lassen.

    Wahrscheinlich die Vorstufe von: Ich kann einfach nicht mehr.

  • Kann ich total verstehen. Gib bitte gut auf dich Acht!


    Bei uns hat der Krisengipfel jetzt leider auch nicht so die große Weltrettung gebracht. War aber ja leider zu erwarten, viele der Probleme sind ja nun leider nicht kommunen-intern lösbar, selbst wenn man es mit einer kreativ denkenden und lösungsorientierten Verwaltung zu tun haben sollte.

    "Wenn wir einfach alles anzünden, sparen wir uns viele Zwischenschritte.“ Marina Weisband

  • Wenn euch noch was Gutes einfällt, dann gib mir bloß Bescheid.

    Letztlich sehe ich das auch so, dass der Personalmangel nur eine Stellschraube ist und darauf wird sich unheimlich fokussiert.

    Im Moment empfinde ich es aber so, dass auch darauf geschaut werden müsste Fachkräfte zu binden und das hauptsächlich unter den beiden Aspekten Arbeitsbedingungen, aber auch Arbeitsmoral.

    Mit Schrecken nehme ich wahr, dass die reine Anwesenheit beim Arbeitsplatz schon als grandiose Leistung angesehen wird. Ehrlich, das ist langsam einfach übel.

    Dieses Wechselspiel zwischen eigener Arbeitshaltung und FK- Mangel sollte viel mehr zur Sprache kommen.

    Ich weiß nicht in wie vielen Vorstellungsgesprächen hier gleich zu Beginn klargemacht wird unter welchen Bedingungen man arbeiten mag und was der Arbeitgeber anzubieten hätte. Diese freie Wahl mit Arbeitszeiten macht mich langsam echt fertig. Letztlich kann man dann auch nur Betreuung von 8.30 bis 14.00 Uhr anbieten. X/

  • 30 Std. wären schon ein Träumchen. Wir haben hier jede Menge Leute, die zwischen 8 und 16 Stunden arbeiten.

    Ne, leben kann man allein davon nicht. Viele Studenten und Mütter, die sich ein Zubrot verdienen.

    Männer arbeiten hier in der Regel VZ, deswegen schrieb ich Mütter.

    Alleinerziehende arbeiten meist auch mind. 30/ 35 Stunden.

  • Kann ich total verstehen. Gib bitte gut auf dich Acht!

    Das wollte ich auch gerade schreiben.

    LG
    CoCo




    Halte mich fern von der Weisheit, die nicht weint; von der Philosophie, die nicht lacht und von der Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt.
    ~ Kalil Gibran ~

  • friday : wobei die freie Wahl über die Verteilung der Arbeitszeiten ja auch Grenzen hat.

    Das diese von der Verfügbarkeit von Menschen die die Arbeitsleistung erbringen abhängt bringt Dich dann zurück zum FK-Mangel...

    Da wäre schon hilfreich, wenn nicht die einzelne Einrichtung, sondern schon sehr überregional eine Abstimmung da wäre.


    vg von overtherainbow

  • Danke euch. :)

    Ich mach auch einiges z.B. achte ich darauf meine wöchentliche Arbeitszeit auch wirklich einzuhalten. In Absprache mit dem Träger darf ich auch ganze Tage inzwischen an Stunden abbauen. Hab nur das " Problem", daß ich auch noch unheimlich viel Resturlaub habe:|.

    Aber letztlich denke ich: Der Laden läuft auch nicht richtig, wenn ich da bin:P...

    Von daher ...

    Ich hab mir für jeden Monat eine schöne Sache vorgenommen meist gemeinsam mit meinem Kind. Die Schlagzahl schaffe ich einfach nicht so, wenn ich das Gefühl habe, ich löse mich gerade auf.

    Mich hält gerade der Gedanke aufrecht, dass ich das nicht ewig tun muss und wenn es finanziell passt, dann werde ich entweder meine Position abgeben oder Stunden reduzieren. Ich hab jetzt über dreißig Jahre auf dem Buckel, den Großteil in VZ. Reicht einfach. Zeit für Schöneres.

  • overtherainbow : Ja, volle Zustimmung. Und ich finde wir haben ja schon sehr humane Öffnungszeiten. Ich finde das nicht zuviel verlangt einmal die Woche einen Früh- oder Spätdienst abzudecken. Der Frühdienst beginnt ab 7.15, der Spätdienst endet um 17.00 Uhr.

    Die Träger rechnen nur die Stunden und stellen alles ein, um das Kontingent zu erfüllen. Ich hab wirklich Stunden, wo sich Kollegen auf den Füssen stehen und Stunden, wo eine FK allein ist plus einem der bereit ist Mstd. zu leisten. Aus anderen Einrichtungen habe ich mitbekommen, dass die Reinigungskraft auch Mal durchgeht, um das Minimum zu erfüllen.

    Unsere Kraft macht unsere Kita seit dem in den frühen Morgenstunden schön.

    ^^

  • Ein klein wenig entspannt es sich gerade bei uns. Zumindest gehen die Krankmeldungen massiv zurück*klopfaufHolz*.

    Einige kleine Stellen sind nachbesetzt. Wenn auch " nur" mit Honorarkräften und diese kommen nur ein bis zwei Tage die Woche. Ist für die FK natürlich nicht so dolle, aber zumindest stemmen wir Kinderbetreuung ohne viel Wegfall von Betreuungszeiten.

    Allerdings von der Erfüllung vom Bildungsauftrag sind wir meilenweit entfernt. Ich glaube, dass wir da wieder hinkommen werde ich wohl nicht mehr live erleben.:P