Hallo,
kurz zu mir bzw. uns: Mein Mann und ich sind beide Mitte 40 und haben einen 9-jährigen Sohn. Leider ist eine Trennung unumgänglich. Bisher haben wir zusammen in seinem Haus auf dem Land gewohnt. Meine 87-jährige schwerkranke Schwiegermutter wohnt noch im selben Haus in einer Einliegerwohnung. Ich habe durch ganz großes Glück eine passende Wohnung in meiner Heimatstadt gefunden. Ab 1. August kann ich dort einziehen.
Ich möchte gerne unseren Sohn mitnehmen, was mein Mann aber vehement ablehnt.
Er ist der Meinung, dass ein Schulwechsel sowie die neue Umgebung für unseren Sohn eine Katastrophe wäre. Er ist relativ schüchtern und hat aktuell einen besten Freund, mit dem er zusammen in die gleiche Klasse geht. Ist dieser krank, spielt er nicht mit anderen Kindern sondern isoliert sich eher.
Es ist aber nicht so, dass er in einer völlig fremden Umgebung keine Kontakte findet. Das habe ich selber erlebt, als ich mit ihm vor einem Jahr in Mutter-Kind-Kur war. Nach zwei Tagen hatte er einen besten Freund, mit dem er dann alles gemacht hat. Auch Ferienprogramme oder andere Aktivitäten sind kein Problem. Er braucht halt eine Bezugsperson, findet diese aber eigentlich relativ schnell. Von daher sehe ich dem Schulwechsel jetzt nicht so kritisch gegenüber.
Unser Sohn hängt zudem sehr an meiner 87-jährigen Schwiegermutter (die im Haus wohnt). Leider gibt es zwischen ihr und mir seit einigen Monaten starke Spannungen, weil sie ständig über mich bei unserem Sohn gelästert hat. Sie tut das auch im Ort. Es geht bei ihr in die Richtung Demenz oder Altersstarrsinnigkeit. Kurzum: wir reden nicht mehr viel miteinander. Trotz alledem lasse ich unseren Sohn zu ihr nach unten, sie unternehmen auch ab und zu was miteinander. Mir geht es in dem Fall nicht um mich, sondern um den Sohn. Er kann ja nichts dafür, dass sie so ist.
Mein Mann ist auf den ersten Blick ein toller Papa: er unternimmt viel mit ihm, geht wandern und macht jede Menge Quatsch mit ihm.
"Unangenehme" Dinge musste bisher ich übernehmen. Ich muss ihn ermahnen, dass er seine Hausaufgaben macht. Ich muss danach schauen, dass er seine Sachen aufräumt. Usw. Wenn ich mal ein paar Tage nicht da bin, gibt es jeden Tag Essen aus der Fritteuse (mein Mann kann und will nicht kochen), es wird nichts aufgeräumt und er geht erst spätabends (gegen 23 Uhr) ins Bett (auch wenn Schule ist). Bin ich da, ist es jeden Tag ein Kampf, dass er früher ins Bett geht. Papa will ja noch mit ihm Quatsch machen und puscht ihn abends nochmal richtig auf. Mein gekochtes Essen (normale Hausmannskost) wird meistens von ihm verachtet, mein Sohn geht mittlerweile in die selbe Richtung. Mein Mann macht sich meistens dann für sich nochmal später Pommes oder Schnitzel aus der Fritteuse. Mein Sohn findet das natürlich prima und würde am liebsten auch bei Papa mitessen. Kurzum: mein Mann ist für alles zuständig, was lustig ist und Spaß macht. Und ich bin die "Dumme", die ihn ermahnen muss, dass er seine Hausaufgaben macht und seine Schuhe an den Platz stellt.
Daher bin ich auch der Meinung, dass es besser ist, wenn unser Sohn bei mir seinen "geregelten" Ablauf hat und mit Papa dann am Wochenende Spaß haben kann. Zudem wohnen in meinem Heimatort meine Mutter und meine Schwester, die beide als Betreuung in Frage kommen, wenn ich mal nicht könnte. Unser Sohn geht zu beiden sehr gerne hin und war dort auch schon ein paar Tage alleine. In meinem Heimatort kann er alles zu Fuß erledigen (hier im Dorf gibt es nichts). Ich selber arbeite halbtags vormittags und noch ein paar Stunden im Homeoffice (das kann ich mir auch zeitlich gut einteilen).
Mein Mann ist in Vollzeit selbstständig. Es gibt Monate, da hat er weniger zum tun, da kann er sich sicher mehr um den Sohn kümmern. An manchen Monaten aber hat er überhaupt keine Zeit und arbeitet von früh morgens bis spät abends durch. Er muss zeitlich sehr flexibel sein, die meisten Termine hat er abends oder am Wochenende. Er meint, dass er das ja auch ab sofort steuern könnte oder dass er den Sohn dann in seine Firma mitnehmen kann. Er könnte ja dann dort in der Küche die Hausaufgaben machen, wenn er gerade mal einen Termin hat. Mein Mann hat aktuell (außer seiner 87-jährigen Mutter) keine Betreuungsmöglichkeiten für unseren Sohn.
Mich würde jetzt einfach mal Eure Sicht der Dinge wissen: inwieweit ist mein Wunsch gerechtfertigt, dass unser Sohn mit mir wegzieht? Wie groß ist die Gewichtung mit der gewohnten Umgebung? Würde das ganze gerichtlich geklärt werden, was muss ich beachten?
Gruß
Himbeereis