Zuallererst: Nein, ich bin grad weder objektiv, noch neutral. Mit diesem Post zeige ich mich wahrscheinlich auch nicht besonders bindungstolerant. Das alles bin ich dann morgen, bzw. heute Früh wieder, meiner Tochter gegenüber.
Ich bin sauer. Stinksauer. So sauer, dass mir eigentlich Qualm aus den Ohren aufsteigen müsste.
Manchmal zweifle ich echt an meinem Menschenverstand, dass ich mir ausgerechnet diesen meinen Exmann als Vater meiner Tochter ausgesucht habe. Dieser Mann hat so ein tolles Kind nicht verdient. Und sie ganz sicher nicht so einen Vater.
Ja, ich weiß, ohne ihn hätte ich sie garnicht, und für sie bin ich ihm, was auch immer sein wird, unendlich dankbar. Aber das ändert nichts daran, dass ich ihn im Moment am Liebsten an die Wand klatschen würde.
Ich kann mich noch an die großen Worte bei unserer Trennung erinnern. “Meine Tochter ist und wird immer die wichtigste Frau in meinem Leben sein.” Ja, schön wär’s. Wenn alle anderen Frauen für ihn noch unwichtiger wären, als sie es anscheinend ist, dann dürfte er den weiblichen Teil der Bevölkerung nicht einmal mit dem Gesäß anschauen.
Ich kann verstehen, dass er, wenn er knapp bei Kasse ist, kein Geld für eine Übernachtung im Hotel/Ferienwohnung etc. ausgeben kann. Auch nicht bei so einem wichtigen Termin wie eine Einschulung. Ich bin froh und dankbar, dass er trotzdem zumindest für diesen einen Tag angereist ist - was für ihn 12 Stunden Autofahrt für 9 Stunden Kindkontakt bedeutet hat. Das rechne ich ihm hoch an. Auch wenn er mich - und meine Tochter - bis in der Früh um viertel nach sieben im Unklaren gelassen hat, ob er kommt oder nicht. Da kam endlich die erlösende SMS: “Bin in ca. 20min da”. Meine Tochter hat mich natürlich das ganze Wochenende gelöchert, ob denn der Papa kommt (eingeladen war er natürlich, die Antwort war ein vages “Ich schau mal”), und ich konnte ihr nur sagen “Ich weiß es nicht.” Natürlich hat sie gebibbert bis zum letzten Augenblick. Umso perfekter war der Tag, als nicht nur er, sondern mit ihm auch seine Eltern und sein Bruder angereist sind. Sie war so glücklich, als endlich mal wieder alle Menschen, die sie lieb hat, unter einem Dach zusammen gesessen sind. Und so tapfer, als sie sich am Abend schon wieder verabschiedet haben. Aber sie hat verstanden, dass ihm die Übernachtung einfach zu teuer gewesen wäre.
Gleichzeitig hat er ihr eröffnet, dass sie in den Herbstferien nicht zu ihm kommen kann, weil er keinen Urlaub mehr und darum keine Zeit für sie hat. Auch da kann ich verstehen, dass er, wenn er sie dann schon mal bei sich hat, auch möglichst viel Zeit mit ihr verbringen möchte. Schade, aber alles gut soweit.
Bis heute. Heute hat meine Tochter Geburtstag gehabt. Ich schaue in den Briefkasten und sehe eine Postkarte mit der Schrift von Exens Next. Und denke, ui, toll, Kind hat Geburtstagspost bekommen, da wird sie sich freuen. Lese die Karte (ich muss sie ihr ja eh vorlesen, da sie es selbst noch nicht kann) und denke mich tritt ein Pferd. Nix “Alles Gute zum Geburtstag”, sondern “Schöne Grüße aus dem Urlaub an der Ostsee.” Bähm. Gib dem Kind doch gleich eine Ohrfeige. Kein Geld und kein Frei, um wenigstens EINE Nacht zur Einschulung zu bleiben, aber um mit seiner Next in den Urlaub zu fahren, dafür reicht es.
Es geht mir nicht darum, dass er in den Urlaub fährt. Von mir aus könnte er mit Next auch von Herzen gerne in der Karibik überwintern, wenn es ihnen denn Spaß macht. Gönne ich ihm ohne Probleme. Aber dann soll er die Schleimerei lassen. “Für meine Tochter würde ich alles tun!” Ja, klar. Alles, außer anrufen (da nimmt eher die Kleine mit ihren seit heute sechs Jahren das Telefon in die Hand als er), und Zeit mit ihr verbringen (wenn sie jetzt im Herbst nicht hinfährt, fährt sie erst wieder zu Weihnachten, da hat sie ihn dann - bis auf das Einschulungsintermezzo - ein halbes Jahr nicht gesehen). Immerhin hätte er ja auch in Bayern Urlaub machen können, wenn sie ihm wirklich so wahnsinnig wichtig ist. Bei ihr in der Nähe, um sie zumindest nach der Schule oder am Wochenende sehen zu können. Aber nein, es muss genau das entgegengesetzte Ende von Deutschland sein.
Und dann kam heute nicht mal ein noch so winziges Geburtstagsgeschenk von ihm. Nichts. Seine Eltern und Geschwister haben ein Paket mit ein paar Sachen geschickt - warum hat er da nicht wenigstens eine Kleinigkeit dazugepackt? Ein gebrauchtes Playmobilpony und eine Tafel Schokolade hätten’s ja getan, wenn er knapp bei Kasse ist, aber wenigstens IRGENDWAS? Wenigstens ein bisschen mehr als nichts?
Immerhin hat er angerufen und ihr gratuliert. Jippie. Klasse Leistung. Ich bin stolz auf ihn.
Wie soll ich ihn da denn meiner Tochter gegenüber positiv darstellen? Was soll ich ihr denn antworten, wenn sie fragt, warum der Papa in den Urlaub fährt, sie aber nicht besuchen kommt oder sie zu sich holt? Warum von der Oma ein Geschenk kommt, aber nicht von Papa? Auf diese Fragen muss ICH ihr Antwort geben. ICH muss sie auffangen. Ihr gegenüber neutral und sachlich bleiben, auch wenn ich ihm am Liebsten den Hals umdrehen möchte. ICh muss den Bockmist ausbaden, den er verzapft.Er ist da aus dem Schneider. Beschwert sich höchstens, weil sie, falls er dann doch einmal geruht von sich aus anzurufen, nicht so enthusiastisch auf ihn reagiert, wie er das gerne möchte. Dann bin (natürlich) ich Schuld, weil ich ihn bei ihr schlecht rede. Ja ne, ist klar.
Ich könnte mich grad richtig in Rage schreiben, Noch mehr, als ich eh schon bin. Aber das bringt ja nichts, außer, dass ich dann morgen todmüde bin, weil ich mir damit die halbe Nacht um die Ohren geschlagen habe. Ändern kann das eh nichts. Nur, dass es einfach mal gut tut, dem Ärger, den ich ihr gegenüber nicht zeigen darf, Luft zu machen.
In diesem Sinne… eine gute Nacht und Danke für’s Lesen.