Seit Tagen schwebt es wieder über mir, ich habe alles versucht, um es nicht zu nah an mich heran zu lassen und gestern Abend unter der Dusche erschlägt es mich plötzlich. Diesen Monat wäre meine kleine Tochter auf die Welt gekommen. Den genauen Termin habe ich nie erfahren.
Ich habe es selbst so entschieden, ich weiß immer noch, dass es die einzige Möglichkeit war. Und doch fühlt es sich so falsch an... Ich wollte endlich wieder arbeiten und jetzt fällt es mir so schwer, meine 3 Jungs alleine zu lassen. Ich wollte meine große Liebe nicht verlieren und jetzt trennen wir uns doch. Ich habe gedacht, nicht genug Kraft zu haben, dabei hat die Trauer noch viel mehr zerstört. Hätte ich doch nur vorher gewusst, was da auf mich zu kommt und dass von der Liebe nicht mehr viel übrig bleiben konnte.
Ich gehöre zu denen, die sich sicher waren, und doch habe ich bis zuletzt gehofft, jemand würde mich aufhalten. Ich weiß noch, wie ich im Wartezimmer saß, den Zettel unterschrieben habe, in dem großen offenen Raum mit den ganzen Geräuschen im Hintergrund gewartet habe und gar nichts gefühlt habe. Wie ich dann auf dem Stuhl festgeschnallt wurde und plötzlich nur noch weglaufen wollte, ganz egal wie es weiter geht nur weg, doch da war es schon zu spät. Mein Arm war taub, 1 Sekunde später war ich weg. Ich bin wach geworden, alleine. Und trotz aller Gefühle vorher war da plötzlich nur Erleichterung. Ich war fit keine Schmerzen, keine Nebenwirkungen von der Vollnarkose, das Leben würde so weiter gehen wie bisher. Und dann, nach einer Woche kam die große Trauer. Ein heftiger Schrei und schnell wieder vorbei, die anderen wollten schließlich versorgt werden. Einfach weiter machen, weiter, weiter, dann kamen die Schmerzen, Übelkeit, sogar Tritte habe ich gefühlt.
Mein kleiner Engel, du wirst mich immer begleiten. Ich wünschte, ich hätte genügend Kraft gehabt, auch für dich da sein zu können! Ich habe dir eine kleine Spieluhr gekauft und wollte sie in einer Schachtel aufheben, aber dann dachte ich mir, ich will dich nicht noch einmal aussperren. Jetzt lasse ich deine großen Brüder manchmal damit spielen, ganz vorsichtig, sie geben ihr Küsschen und kuscheln mit ihr, dein kleinster Bruder ist neulich Nacht damit eingeschlafen, nichts anderes konnte ihn beruhigen. Ich glaube nicht an Gott, aber wir zünden manchmal eine Kerze für dich an, einer deiner Brüder erinnert mich oft daran. Nichts kann ich mehr tun, um dir das Leben zu ermöglichen, ich habe dir das schlimmste angetan, und trotzdem liebe ich dich sehr!!! Und obwohl es mir schwer fällt zu glauben, hoffe ich, dass du irgendeinen anderen Weg ins Leben findest, irgendwo, wo du so herzlich willkommen bist, wie du es verdienst.
Mir ist bewusst, welche Reaktionen ich vielleicht zu erwarten habe und mir fehlt der Mut, nicht anonym zu schreiben. Trotzdem musste ich mit meinen Gefühlen grad irgendwo hin und vielleicht hilft es manch einer Frau hier bei einer schweren Entscheidung. Das Leben geht weiter, natürlich, manch eine kann es vielleicht besser hinnehmen als ich. Aber begleiten tut es glaube ich jede ein Leben lang und bitte, lasst euch von niemandem reinreden. In meiner Beziehung hat es viel kaputt gemacht, obwohl ich selber genauso gedacht habe, ich wünsche mir immer noch, mein Freund hätte ein einziges Mal gesagt, wir schaffen das zusammen, vielleicht hätte das alles geändert...