Um mal wieder auf die Eingangsfrage zurückzukommen:
Aus persönlicher Erfahrung aus dieser Zeit kann ich sagen, das es hilft, das Gefühl zu haben, gut vorbereitet zu sein. Das funktioniert nicht, wenn man dem vorgebenen Stoff regelmässig "hinterherlernt". Man sollte idealerweise immer einen Schritt voraus sein und noch Zeit haben, darüber nachzudenken, welches Kapitel der Lehrer als nächstes aufschlagen will. Und sich diese Lerninhalte schon mal vorsorglich ansehen. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, den Druck rauszunehmen, ich war schon etwas älter, als ich mich da vor dem Erwerb der Fachhochschulreife mal selbst reflektiert habe. Bis zur 10. Klasse war ich ein ziemlich schlechter Schüler. Danach wurde es deutlich besser. Weil ich das selber wollte. Und weil meine Stiefmutter mich dabei unterstützt hat. Was mir davon und von "unseren" Strategien wieder so einfällt:
1.) Ursache für die Prüfungsangst erforschen (Blackouts), mangelndes Selbstvertrauen, schlechte Erfahrungen mit Prüfungen?
2.) Angst vor schlechten Noten? Leistungsdruck in der Familie und von dem Kind selbst können ursächlich sein.
3.) Bin ich (als Kind) generell ängstlich und könnte mehr Selbstvertrauen gebrauchen? Gab es bestimmte Situationen, die einen solchen Mangel an Selbstwertgefühl verursacht haben? Sind meine Ansprüche zu hoch gesetzt (worden)? Wie hat sich eine solche Angst verwurzelt?
4.) Gibt es Zuhause Druck, Schelte wegen schlechten Noten? Für entspannte Atmospähre sorgen, dem Kind versichern, das es geliebt wird, egal wie die Noten ausfallen.
5.) Belohnungen als Anreize für gute schulische Leistungen sind eher schlecht und lenken ab. Eher überraschend ein Geschenk überreichen und vor allem Anerkennung für gute Leistungen aussprechen. Das Kind erhält dann Bestätigung für seine Leistung, nicht für das Ergebnis.
6.) Realistisch bleiben, Geduld haben. Fortschritte sind nicht immer kurzfristig zu erwarten.
7.) Entspannte Lernatmosphäre daheim schaffen, ein gemütliches Plätzchen, aber nicht mit zuviel Zeugs, das ablenkend wirkt. Kleine Rituale zum Lernen einführen, Lern-T-Shirt anziehen, Glas Milch trinken.
8.) Dem Kind beibringen, wie man selber mit Nervosität umgeht. Dem Kind solche Situationen schildern und wie man damit umgeht. Daraus kann dann gemeinsam eine Möglichkeit entwickelt werden, mit der Prüfungsangst umzugehen. Ruhig zugeben, das man als Vater oder Mutter auch mal Angst hat und das es nichts Schlimmes ist.
9.) Immer nach Lösungen suchen, nie nach Fehlern. Dem Kind verdeutlichen, daß Fehler anzeigen, was verbessert werden muß und nicht, wo man versagt hat.
10.) Ohne Druck lernen, frühzeitig anfangen, also nicht unmittelbar vor der Klassenarbeit und Pausen beim Lernen einplanen. Nicht nur das Lernpensum über Tage in kleine Blöcke aufteilen, auch am jedem Lerntag dieses Muster anwenden. Wer sich 3 Stunden am Stück den Stoff ins Hirn boxt, lernt weniger als jemand, der in der gleichen Zeit dazwischen mehrere kleine Pausen und auch eine grössere Pause einlegt. Beispiel: 15 Min. lernen, 5 Min. Pause, dann weitere 15 Min. lernen. 4x15 Minuten lernen mit jeweils einem Pausenintervall von 5 Minuten. Nach dem 4. Lernblock von einer Viertelstunde dann 15 Minuten Pause. Anschliessen wieder mit 15 Minuten das Lernen beginnen, dann wieder 5 Minuten Pause und so weiter. Nach diesem Muster lernt man deutlich besser in 165 Minuten, als 180 Minuten Dauerlernen ohne Pause.
11.) Lernplan einführen. Wann mache ich was und für welches Fach und wann habe ich Zeit für meine Hobbies?
12.) Kleine Höhepunkte an Ende des Lerntags setzen (Lieblingsserie gucken, Lieblingsspiel spielen).
13.) Mitarbeit im Unterricht steigern, Hausaufgaben kontinuierlich erledigen. Dann fällt auch das Lernen für eine Klassenarbeit leichter. Bei den Hausaufgaben immer mit den Themen anfangen, die einem am wenigsten liegen. Wenn der große Brocken geschafft ist, ist der Rest flugs erledigt und es bleibt noch genug Zeit für andere Sachen.
14.) Spielerisch mit Lernen umgehen. Während wir noch das Spiel des Wissens gespielt haben, gibt es für die Kids heute Scoyo.
15.) Motivationstechniken üben. Ein Motto kreieren. Nicht "Kann ich nicht.", sondern "Das kann ich!". Das Motto dann bei Unsicherheit wiederholt sagen. Verträge mit sich selber abschliessen.
"Erst mache ich die Hausaufgaben/Lernübung zu Ende, erst dann gehe ich vor die Tür."
16.) Nach dem Startschuß zur Klassenarbeit ein paar mal tief und ruhig durchatmen und das Motto wiederholen. Panik verscheuchen.
17.) Entspannungsübungen/Autogenes Training wurden hier ja schon genannt. Habe früher selber Selbsthypnose praktiziert und die Vokale durch den Körper schwingen lassen. Denke aber, daß ist noch nichts für 11jährige.
18.) Bei der Klassenarbeit genau umgekehrt vorgehen wie bei den Hausaufgaben. Erst die leichten Aufgaben erledigen. Das beschert gedanklich erste Erfolge. Übersicht im Chaos schaffen,
sich immer nur eine Aufgabe vornehmen, die anderen mit einem Blatt abdecken, ggf. noch nicht erledigte Blätter umdrehen. Man hat nicht das Gefühl, von der Fülle an Anforderungen erschlagen zu werden und grenzt die Arbeit ein.
19.) Sport treiben, körperliche Fitness erreichen. Pünktlich ins Bett. Ausreichend Schlaf, gesunde und energiereiche Kost zum Frühstück. Habe öfter mal ein Brot mit Honig gegessen, weil da da viel Traubenzucker drin ist. Ggf. noch ein Snack vor der Prüfung, etwas Obst oder Nüsse. Blöd, wenn der Blutzucker kurz vor der Prüfung in den Keller rauscht.
Hoffe, da sind Anregungen dabei, mit denen sich etwas anfangen lässt.