Hallo,
seit knapp 6 Wochen wohne ich mit meiner Tochter allein. Getrennt - innerhalb der Ehe(wohnung) bin ich schon lang (keine gemeinsamen Unternehmungen, keine Gespräche außer "Absprachen" - eher eine WG mit einem nervigen Mitbewohner...)
Ich muss gestehen - mit dem Auszug dachte ich würde sich ALLES ändern, zum positiven natürlich :rolleyes3: . Habe aber ziemlich bald festgestellt, dass ich genauso leicht in den nervenden Trott des Alltags verfalle und das Leben auch super anstrengend finde zur Zeit - auch ohne Mann. Was definitiv besser ist - die Grundstimmung. Ich bin von Natur aus (also wenn man mich lässt) ein eher ausgeglichener Typ stimmungsmäßig, zwar treibe ich mich immer selbst an, aber wenn mir keiner dazwischenfunkt, kriege ich alles auch ganz gut auf die Reihe. Nach der ersten Schulwoche und der ersten Arbeitswoche (Vollzeit versteht sich) merkte ich aber, dass ich schon wieder total im Stress bin (immerhin ohne zusätzlichen Stress durch schlechte Stimmung durch den Partner/von der Seite angeblafft werden etc.). Trotzdem dachte ich mir: du musst auch Sachen in deinem Leben ändern, nicht nur den Wohnort und den Beziehungsstatus...
So versuche ich einen Gang runterzuschalten. Nicht mehr soviel nebenher erledigen (weil es eh auf dem Weg liegt) sondern Verpflichtungen mit Angenehmen zu verbinden. Letzten Freitag war ich beispielsweise auf einem Meeting in einer anderen Stadt, Kind sollte nachmittags zum Kindergeburtstag. Theoretisch hätte ich es knapp geschafft, heimzukommen und sie hinzubringen. Dann war der Plan, auf dem Rückweg meinen Vater, der einiges in meiner neuen Wohnung zu werkeln hat, abzuholen, danach den Wocheneinkauf mit Auto zu erledigen (weils ja auf dem Weg liegt), danach Tochter abholen... Irgendwie wurde mir aber klar - okay, dann hast du ganz viele Fliegen effektiv mit einer Klappe erledigt, bist aber nur rumgerannt den ganzen Tag. Also erstmal Tochter nach der Schule zu ner Freundin geschickt, deren Mutter sie eh hätte fahren müssen (und die ich in den Ferien auch entsprechend entlastet habe), Vater auf einen anderen Tag verlegt, heimgefahren nach dem Meeting, ein erquickliches Telefonat mit einer Freundin geführt und dann 1,5 Stunden laufen/walken gewesen - ein Traum bei dem schönen Wetter. Danach NUR den Einkauf auf dem Weg zum Abholen erledigt....
Da es auf der Arbeit gerade super viel ist, stehe ich jetzt um fünf auf, um wenigstens VOR der Arbeit Zeit für mich selbst zu haben - schreibe Morgenseiten, dann 15 Minuten "Kerzenmeditation" (sprich: ich starre in eine Flamme und versuche an nichts zu denken - es ist einfach nett in absoluter Stille alleine irgendwo zu sitzen) und danach geht der Tag los. Früh aufgestanden bin ich sonst auch, allerdings habe ich dann eher Wäsche gewaschen....
Ob es hilft - wird sich zeigen, im Moment geh ich trotzdem auf dem Zahnfleisch weil JEDEN TAG irgendeine Extrawurst ist - schulisch, beruflich, arztmäßig, freizeittechnisch - ich schaffe es einfach nicht, einfach mal in Ruhe Nachrichten zu schauen, in die Drogerie zu gehen, die ausgeliehenen DVDS zu schauen- und leider sind es alles Termine, die von außen diktiert werden und von denen man die wenigsten einfach sein lassen kann. Aber ich arbeite dran. Ich versuche halt bewusst den Fallen gegenzusteuern, in die ich vorher getappt wäre.
Auch stelle ich fest, dass ich insgesamt wieder offener und irgendwie weicher geworden bin - auch Männern gegenüber. Die letzten zwei Jahre dachte ich echt - Männer sind die schlechteren Menschen - und hab nur drauf gewartet, dass sich das irgendwo bewahrheitet...
Auch bin ich immer öfter weg von dem - wegen diesem Arsch (Ehemann) bin ich jetzt da - wo ich jetzt bin. Ich sehe viel mehr Anteile, die zu mir gehören, und die mich genau diesen Mann haben wählen lassen, um offenbar zu lernen. Was schwierig ist, die Kinder da einzuordnen - denn sie tragen ja die Blessuren davon, die zwangsläufig in diesem Lernprozess entstehen - und das tut mir leid.
Auch sehe ich jetzt erst, wieviel ich die letzten Monate geschafft habe - sogar mich in den letzten Wochen hier in der neuen Wohnung heimisch zu fühlen - anders - aber heimisch.
Vielleicht erinnert ihr euch noch an meinen Post - wer macht mir meine Wohnung fertig... Viele liebe Menschen haben geholfen, jeder hat ein bisschen gemacht. Es ist nicht fertig und es ist nicht perfekt, aber man kan hier wohnen, Gäste empfangen... Heute habe ich - die Feinmotorik-Legasthenikerin -meinem Vater (Handwerker) gezeigt, wie man ein Rollo montiert (stand hier seit drei Wochen rum weil ich zu doof war es zu montieren - dann stellte sich heraus, dass es quasi unmöglich ist, es allein anzubringen - besonders für Leute wie mich...)
Wie war es bei euch?
Ich schiebe abwechselnd Panik - wie soll alles werden? Dann - schlimmer als vorher gehts nimmer... Mein Geschmack hat sich geändert - die neue Wohnung sieht ganz anders aus als die alte (hat so ein bisschen was von die erste Wohnung nach dem Elternhaus...). Hab mir ein Bild der Stilrichtung abstrakte Kunst gekauft - eigentlich nicht meins, aber die FARBE hat mich angesprochen. Rede viel öfter offen mit Leuten, hier kommt mir meine Kontaktfreudigkeit zugute. Kürzlich waren meine Geschwister zu Besuch und fanden es hier viel besser als in der deutlich schickeren Ehewohnung, wegen der besseren Vibes, wie mein Bruder bemerkte.
Meine Mutter hat mir von einer Bekannten erzählt, die sich nach 35 Jahren von ihrem Ehemann getrennt hat (und zu den Eltern gezogen ist :idee ) und da kam mir die Idee, dass eine Trennung immer auch sowas wie eine Abnabelung ist. Ich hab mir meinen Mann damals ausgesucht weil er formal den Anforderungen meiner Eltern entsprach, charakterlich aber gar nicht. Und zu mir - eigentlich schon, dann aber wieder nicht, wohl hauptsächlich deshalb, weil er auch mit den Geistern seiner Vergangenheit zu kämpfen hat.
Was machen Trennungen mit einem? Sind sie immer ein eher positiver Katalysator? Ich maße mir (noch) kein Urteil an, aber wie meine Freundin mich gestern fragte - ja, ich bin froh, dass ich weg bin, obwohl ER sich getrennt hat. Hauptsächlich bin ich froh, weil ich es mir selbst nie zugetraut hätte - und er auch nicht, glaube ich.
Bin gespannt auf eure Gedanken.