Hallo,
ich will es nicht wahrhaben, dass ich den Mann, den ich
liebe, wohl an den Alkohol verloren hab und wünsche mir dazu Meinungen,
Sichtweisen, Erfahrungen, was auch immer…
Ich konnte nicht mehr und hab mich vor 2 Wochen getrennt.
Die Situation war/ist folgende:
Er ist – denke ich – nicht physisch abhängig, kann tagelang
nüchtern sein. Trotzdem wohl psychisch, denn in „guten“ Zeiten ist er
mindestens zweimal die Woche richtig betrunken, in „schlechten“ sogar vier- bis
fünfmal… Er trinkt nur in Gesellschaft
und – von mir gewünscht – nicht bei mir. Mein Eindruck: wenn er Alkohol trinkt,
kann er nicht aufhören.
Er schafft es überraschend gut, seinem Beruf nachzugehen und
steuert mit Selbstdisziplin sein sonstiges Leben ganz erfolgreich.
Er selbst bewertet das Trinken überhaupt nicht negativ oder
sieht ein Problem – die Gesellschaft, in der er trinkt, sind seine Freunde und
die waren bisher schließlich immer für ihn da (gerade auch in Zeiten, in denen
wir Krisen hatten). Und schließlich hat er es ja unter Kontrolle. Wenn ich sage, dass ich glaube, dass er in
Krankheit rutscht /gerutscht ist, schweigt oder leugnet er.
Nach und nach kam dazu, dass er, wenn er betrunken ist,
latent aggressiv wird (nur verbal). Eine Eigenschaft, die ihm eigentlich total
fern ist – er ist eigentlich eher ein Harmoniemensch, ausgeglichen, fröhlich
und beliebt.
Ich habe mich schon mehrmals von ihm getrennt, bin aber
immer wieder zu ihm zurückgekehrt, weil ich wirklich sehr an ihm hänge. Bei der
letzten Rückkehr habe ich mir geschworen, diese Alkohol-Geschichte eben zu
akzeptieren und mit ihm abgesprochen, dass er dann eben nicht hier sein kann
sondern in seiner Wohnung schlafen muss und ich davon eben unberührt bleiben
möchte. Das führte letztendlich sogar
dazu, dass er für diese „Kneipenzeiten“ sogar sein Handy zuhause lassen musste,
um zu vermeiden, dass er im Suff verletzende Dinge schrieb.
Knapp ein Jahr habe ich das so ausgehalten, dann kam ich
nicht mehr damit klar, dass wir in unserer Beziehung nicht zuletzt deswegen gar
nicht weiter kamen und außerdem fühlte es sich zunehmend so an, dass ich nicht
wichtig genug bin, da er mehr Zeit in der Kneipe bzw. anschließende
Erholungszeiten investierte als in Gemeinsamkeit. Dazu die regelmäßige Nicht-Erreichbarkeit, die
Wesensveränderungen…
Ich weiß natürlich, dass das bei einer Alkoholabhängigkeit (?)
nicht so leicht zu steuern ist – trotz dieses Wissens war mein Gefühl so oft
von Enttäuschung geprägt.
Es ist so schwer zu begreifen, dass es nicht einfach seine
Entscheidung sein kann, es wieder gut werden zu lassen. Es ist so schwer, es
nicht als Abwertung meiner selbst durch ihn zu sehen. Er fehlt mir so und mit
jedem Tag Getrennt-Sein wird die Gefahr, dass ich es nicht wahrhaben will, größer,
weil ich die zurückliegende Zeit idealisiere. Ich würde ihn am liebsten
anflehen, dass wir es doch schaffen können.
Er ist ein toller Mensch und ich liebe ihn. Doch zuhause zu
sitzen während er sich regelmäßig betrinkt, ist eine Qual für mich, von
liebender Akzeptanz weit entfernt. Dann immer diese Hoffnung, dass sich etwas
ändert (ohne dass ich dies „fordere“). Er ist eigentlich – im Gegensatz zu mir
– sehr selbstdiszipliniert, hat z.B. vor einigen Jahren aus bloßer Entscheidung
von einem Tag auf den anderen mit dem Rauchen aufgehört, nachdem er über 20
Jahre geraucht hatte. Das würde ich – wäre ich Raucher – bestimmt nicht
schaffen, denn meine Selbstdisziplin ist viel geringer…
So etwas nährt die Hoffnung, dass er „einfach“ aufhört. Ich
weiß, dass das unwahrscheinlich ist, will mich aber so gar nicht von der
Hoffnung verabschieden.
Ich bin so verwirrt. Bin einerseits davon überzeugt, dass,
wenn man jemanden liebt, ihn so lässt, wie er eben ist. Oder man geht, wenn die
Beziehung nicht tragfähig ist. Wenn ich doch das eine oder andere schaffen
könnte!
Kennt jemand dieses Hin-und Her gerade im Zusammenhang mit
Alkohol? Im gewissen Sinne bin ich bestimmt „co-abhängig“. Doch ich decke ihn
nicht und hab auch schon mehrmals versucht, konsequent zu sein und zu gehen.
Das ich das nicht schaffte, ist furchtbar, ich weiß. Ich muss an mein Kind
denken (er ist nicht KV) und auch an mich. Und natürlich auch an ihn, denn die
Enttäuschung, die doch immer wieder bei mir durch kam, ist für ihn auch schwer
auszuhalten und ich möchte ihm das auch gar nicht zumuten. Bin fest davon
überzeugt, dass Liebe lässt und nicht versucht, zu ändern.
Ach, alles wirr. Ich
muss den Traum unserer gemeinsamen Zukunft wohl begraben?! An Hilfe und
Therapie ist nicht zu denken seinerseits. Er will irgendwie so leben, das hat
in seiner Herkunftsfamilie auch ein bisschen Geschichte.
Jetzt hab ich so viel über ihn geschrieben und dabei erhoffe
ich mir doch für mich Klarheit. Wisst ihr, was ich meine?
Danke.