Diese Erfahrung hab ich damals nicht gemacht. Da hat der Lehrer durchgegriffen und Ruhe war.
Unser Zappelphilipp hat zwar immer noch gekippelt, aber das wurde dann nicht weiter kommentiert.
Wenn es nur ums Stühlekippeln ginge, dann hätten die wenigsten Lehrer Probleme mit ADHSlern.
Es geht hier häufig nicht ums Zappeln, sondern um
- Aggressionsausbrüche, bei denen mit Gegenständen geworfen wird oder auch mal ein Kind angegriffen wird
- ständiges Reinrufen der Antworten ungefragt und unaufgefordert
- ständiges Aufspringen und irgendwohin laufen, was die ganze Klasse ablenkt
- totales Abgelenktsein, was wiederum die Aufmerksamkeit des Lehrers bindet und die Klasse daran hindert, mit dem Lernstoff weiterzukommen.
Schön, dass der Lehrer durchgegriffen hat, dann hatte dieses Kind kein ADHS. Denn ADHSler KÖNNEN nicht anders. Sie haben ein Aufmerksamkeitsdefizit, d.h. sie KÖNNEN ihre Aufmerksamkeit weitaus kürzer bei einer Sache focussieren als gesunde Kinder, sie haben eine Impulskontrollstörung, das heißt, sie KÖNNEN ihre momentanen Impulse, ob es das Reinrufen der Antwort ist oder das Aufspringen und irgendwohin laufen nicht unterdrücken. Sie haben eine geringe Frustrationstoleranz, das heißt, sie KÖNNEN eine (subjektiv so empfundene) Beleidigung, Unrechtbehandlung etc. nicht einfach hinnehmen und sozial adäquat reagieren, sondern werden (übermäßig) wütend und rasten dann aus.
Da kann ein Lehrer tausendmal durchgreifen, es bringt nichts, da aufgrund des bereits beschriebenen Synapsenproblems eine Verhaltensänderung gar nicht erfolgen KANN, obwohl das Kind kreuzunglücklich ist und sich eigentlich anders verhalten WILL.
Dein Tenor, auch mit dem anderen Kind, heißt doch trotz allem: Erziehungsfehler, da muss mal ne harte Hand ran und da muss man mal konsequent durchgreifen. DAS ist es bei ADHS eben nicht. Das Kind WILL, die Eltern geben Strukturen vor, aber es klappt nicht, weil die Voraussetzungen fehlen. Wie bei einem gelähmten Kind. Da würde auch keiner auf die Idee kommen zu sagen, dann müssen die Eltern sich eben mal mehr bewegen und mehr Sport treiben, einfach mal ein besseres Vorbild sein, und mal mit harter Hand das Laufen einfordern, dann kann das Kind auch laufen.
Kaj hat schon gut vorgelegt, was diese Frage betrifft finde ich. Weniger Medien, weniger Zucker, viel Bewegung.
Das Problem sind auch oft nicht die Eltern des ADHS-Kindes, sondern die Eltern der "normalen" Kinder, wenn ich das mal so sagen darf.
Ich wollte nicht wissen, was die ADHS-Eltern bei sich ändern können, glaub mir, da haben viele eine bereits lange Odyssee hinter sich. Über Tagesstrukturpläne, Belohnungspläne, Ausflüge, Elterntraining, Ernährungsumstellungen, Fernseher abschaffen, "Medienkarten", wo dann die Nutzung des PC auf eine halbe Stunde begrenzt wird, Omega3-Fettsäuren, Homöopathie, Geistheiler und Gesundbeter ist da alles drin.
Es ging mir darum, dass Du die Gesellschaft anprangerst, die Lernbedingungen in der Schule und die Eltern der anderen Kinder. Das sind Parameter, da haben die Betroffenen keinen Einfluss drauf. Also: Was tun, damit das betroffene Kind in der Gesellschaft, die wir nun mal hier haben, klar kommen kann? Dieser Druck lastet auf den Familien und mich würde interessieren, welche Lösungsvorschläge Du hierfür hast. Immer vorausgesetzt, es liegt eine echte ADHS vor, mit den oben skizzierten Verhaltensproblemen, ist das ein dermaßener Leidensdruck und da würde mich interessieren, welche Ideen Du hast, hier in der Gesellschaft kurzfristig Lösungen zu finden, damit den Familien geholfen werden kann.