Die Oma war in den letzten Wochen öfter in meinen Träumen. Klar... ich hab mir ja auch (leider nur so nebenbei) viele Gedanken gemacht, meine Älteste immer wieder sanft darauf hingewiesen, dass sie sich mal drauf einstellen soll... gehofft, dass die Oma noch durchhält bis Mai, bis August, bis zu ihrem Geburtstag, ein weiteres Weihnachten, nochmal ein Jahr...
Ich bin so froh, dass sie einschlafen durfte. So wollte sie es immer. Einfach abends ins Bett gehen und nicht mehr aufwachen. Niemand war dabei, niemand WEISS GENAU, ob der Tod dann wirklich so sanft kommt. Ihre Augenbrauen waren leicht zusammengezogen, nur ganz leicht... ihr Hals war leicht gestreckt, nur ganz leicht... Ihr Mund war leicht geöffnet. Vielleicht hat sie noch einmal nach Luft geschnappt, das Atmen fiel ihr schwer am letzten Tag... Aber sie sah friedlich aus. Nicht verzerrt, oder ganz angestrengt.
Ich hoffe, ich überfordere hier niemanden mit meinen Analysen. Aber ich weiß nicht, mit wem ich sonst...
Meine Oma war vor einem halben Jahr schon mal bei mir und hat mir gesagt, es ist schön im Himmel, ich muss mir keine Sorgen machen. Damals hab ich aber gewusst, es ist ein Traum. Ich war nicht traurig, sondern erleichtert... Ein wenig verwirrt.
In der Nacht als sie im sterben lag, hab ich auch geträumt. Sie war daheim, in ihrem Hollabrunn, ihre Brüder waren da, die Mutter, der Vater... und alle haben mir gewunken. Ich meine... ich kenne diese Menschen gar nicht... Nur einen Bruder hab ich in meiner Kindheit mal kennenlernen dürfen... Trotzdem waren alle da... Die Oma hatte mich an der Hand und wir sind auf die Gesellschaft zugegangen. Dann hat sie gesagt: "Mädchen, ab hier muss ich alleine weiter gehen." Und hat meine Hand losgelassen. Ich bin aufgewacht, es war grad mal kurz vor fünf und ich konnte nicht mehr einschlafen. Vermutlich ist sie in den frühen Morgenstunden gegangen... Vielleicht war das um diese Zeit...
Meine Mama hat geträumt, sie ist bei ihr am Bett gesessen und hat ihre Hand gehalten. Plötzlich hat die Oma losgelassen und meine Mama ist ebenfalls aufgewacht. Auch ganz früh am Morgen.
Ja, wir sind verbunden.
Ich suche nach Zeichen. Ich hoffe auf Zeichen. Ich warte. Auf Knacksen im Gebälk unseres alten Hauses... auf Schatten oder Wischer aus dem Augenwinkel... Aber grad bin ich blind und taub dafür. Vielleicht hat die Oma aber auch grad keine Zeit. Weil sie beschäftigt ist mit Wiedersehensfreude. Weil sie wieder laufen kann, und sehen, hören und schmecken. Ich glaube sie tanzt grade auf einer Wiedersehensparty mit ihrem Lieblingsbruder, und vielleicht steckt sie sich auch einen Chick an :rauchen wie früher, als sie noch zu den jungen Hüpfern gehörte...
Ja, der Oma geht's grad richtig leiwand.