Ich muss zu meiner eigenen Schande gestehen, dass ich ja stockkonservativ an meine Ehe und an meine Familie sowie an meine Wert geglaubt habe. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal scheiden lasse, erst recht nicht von meinem Mann. Für mich war es klar, dass die Kinder wohlbehütet in einer Familie aufwachsen, so wie ich es als Kind kannte. Nun gut. Das Leben hat mich eines besseren belehrt.
Als mein Mann mir von seinem Verhältnis gestand, war einer der ersten ganz schlimmen Probleme für mich "Die armen Kinder" "Kinder leiden doch immer unter der Scheidung" "Jetzt haben sie keine Familie mehr" "Jetzt werden sie in die Schublade für psychotische Scheidungskinder gesteckt, sobald sie ne Macke haben" "Mit 25 sitzen die beiden sicher beim Psychiater" "Wie schrecklich ist das für meine Mäuse" "Sicher wollen die Heile-Welt-Familien nichts mehr mit uns zu tun haben"..........
Das ich meinen Kindern das zumuten musste, dass sie jetzt unweigerlich zu Scheidungskindern werden, war für mich in den ersten Wochen ganz ganz schlimm!
Erst recht bei meiner großen Tochter, mit der ich wegen emotionaler Störungen schon vor der ganzen Trennungsgeschichte regelmäßig zum Kinderpsychologen gehe. Sie ist halt sehr emotional, kann keine Konflikte lösen und weinte schon immer sehr viel. Der Kindergarten hatte mir vor gut 1,5 Jahren dazu geraten.
Aber ich bin in meiner Situation gewachsen und habe meine Einstellung zwangsläufig ändern müssen.
Meine große Tochter hat Anfangs sehr darunter gelitten. Ich war in den ersten Wochen aber auch mehr als fix und fertig. Sie hat sehr oft geweint, dass der Papa nicht mehr da ist, dass wir bald ausziehen werden........
Doch zwischenzeitlich schaffen wir es beide, uns nicht mehr vor den Kindern zu streiten. Sie gehen regelmäßig zu Papa und dieser kümmert sich im Endeffekt mehr um die Kinder, als vorher. Sie profitieren in der Hinsicht quasi sogar davon.
Seit einigen Wochen komme ich mit den Kindern einfach unheimlich gut klar. Ich habe nicht mehr Arbeit, obwohl mein Mann fehlt, weil mein Mann sich eh nie intensiv um sie gekümmert hat. Und wenn sie weg sind, erledige ich immer viel. Irgendwann will ich auch mal an den Punkt kommen, wo ich was für mich tue, aber gut! Kommt vielleicht noch!
Jedenfalls haben die Kinder in meiner Freizeit die volle Aufmerksamkeit, da ja kein Mann mehr da ist. Sie werden nicht zu sehr verwöhnt, dazu habe ich keine Zeit. Durch meine Berufstätigkeit müssen sie sich oft alleine beschäftigen, weil der Haushalt nunmal gemacht werden muss. Aber dennoch ist das Verhältnis zu den Kindern ganz ganz intensiv geworden. Und irgendwie leben wir bewußter füreinander. Es gibt einfach weniger Konflikte. Vielleicht liegt es auch daran, dass mein Mann in den letzten Monaten mit seiner unterschwelligen Unzufriedenheit auch ständig Ärger provoziert hatte. Sobald die Kinder mal gequengelt haben, war er ja wieder mal voll angenervt und ich auch. Jetzt stört mich das gar nicht mehr so sehr, wenn sie maulig sind! (Naja, manchmal schon :wuetend )
Ja, und heute war letzter Kiga-Tag. Die Erzieherin nahm mich zur Seite und meinte, dass sich meine Tochter total verändert hat. Ich war geschockt und bekam wackelige Beine. Sie nahm mich in den Nebenraum und erzählte mir, dass meine Tochter total locker geworden ist, sie wäre überhaupt nicht mehr am weinen, sie würde tw. Spiele anregen, alles mitmachen, vieles hinterfragen...... Sie wäre einfach total klasse geworden!!! Und sie würde ganz unverfänglich mit der Trennung umgehen. Sie erzählt davon, dass sie mal zu Papa geht und das es da die Freundin gibt, die auch Kinder hat und bla bla bla...... Die Erzieherin sagte mir, dass das keine Selbverständlichkeit wäre!!!
Puh! Jetzt freue ich mich wie Bolle und weiß gar nicht, was ich davon halten soll!
Sind Scheidungskinder denn immer automatisch schlimm dran? Irgendwie habe ich so langsam den Eindruck, als ob das ganze meiner Tochter gut tut? Hört sich bescheuert an, ist aber so! Wie ist es bei Euch so???