Rentenvorteile durch Kindererziehungszeiten für Mütter. Vaterklage abgewiesen

  • Die sog. Kindererziehungszeiten können wichtig sein für die Rentenberechnung der Eltern. Jedes Jahr bekommt man als Arbeitnehmer aufgrund seines Jahreseinkommens einen Rentenanteil (Rentenpunkt). Verdient man brutto im Schnitt der Bundesbevölkerung, gibt es genau einen Rentenpunkt. (Was das Durchschnittseinkommen war, wird immer im Nachhinein ermittelt. Für das Jahr 2023 hat das Statistische Bundesamt vorläufig festgestellt, dass das Durchschnittseinkommen bei voller Stundenzahl ein rentenrelevantes Bruttojahreseinkommen von 43.142 Euro betragen hat. Dafür würde es einen Rentenpunkt geben. Der ist derzeit 39,32 Euro wert. (Durchschnittjahreseinkommen 2022: 42.053,-, 2021: 40.463,- )


    Wer weniger verdient hat in 2023, bekommt weniger als einen Rentenpunkt gutgeschrieben.


    Arbeitet man im Schnitt der Bundesbevölkerung und arbeitet 40 Jahre lang (meinetwegen von 25 Jahren bis 65 Jahre), dann kommt man auf eine Bruttorente von 1572,- Euro aus der Rentenversicherung. Brutto. Davon gehen Steuern und Krankenkassenbeiträge ab.


    Nun weiß man, dass Eltern öfter während der Kindererziehung zuhause bleiben oder nur in Teilzeit arbeiten. Gut für die Kinder. Schlecht für die eigene Rente. Denn man erzielt kein oder weniger Einkommen in der Zeit. Wer sein Leben lang Durchschnittseinkommen verdient, würde durch drei Kindererziehungsjahre rund 120 Euro Rente „verlieren“. Käme also nach unserem Beispiel oben auf 1452 Euro Rente statt 1572.


    Das Problem hat vor einigen Jahren der Gesetzgeber erkannt. Und die sog. „Mütterrente“ eingeführt. Eltern können während der Zeit der Erziehung auf Antrag bis zu drei Rentenpunkte bekommen. Immer dann, wenn sie in einem Erziehungsjahr unter dem Durchschnitt der Bundesbevölkerung verdient haben oder gar kein Einkommen bekommen haben. Dann zahlt die Allgemeinheit bis zu einem Rentenpunkt pro Kind/Jahr.


    Geht man in der Kinderzeit arbeiten und erarbeitet durch sein Einkommen einen Rentenpunkt oder mehr pro Jahr, gibt es nichts. Der Rentenpunkt wird also nicht zusätzlich zum selbsterworbenen Rentenpunkt draufgeschlagen.


    Eltern dürfen auswählen, wer den Rentenpunkt fürs Kind bekommt. Da ist es sinnstiftend, den Rentenpunkt für den Elternteil zu beantragen, der das geringere Einkommen hat. Denn der bekommt dann rechnerisch mehr.


    Geben die Eltern keine gesonderte Erklärung ab, wer die Erziehungszeit zugeschlagen bekommen soll, dann bekommt automatisch die Mutter den Zuschlag.


    Auch wenn die Eltern sich nicht einigen können und unterschiedliche Erklärungen abgeben, bekommt die Mutter die Erziehungszeit zugeschlagen. Passt das dem Vater nicht, muss er klagen und dabei dem Gericht nachweisen, dass er eindeutig mehr Betreuungsarbeit geleistet hat als die Mutter.



    Dies hat einem Vater nicht gepasst. Er fühlte sich ungleich behandelt aufgrund seines Geschlechts. Das hinter dem entsprechend formulierten Gesetz stehende Menschenbild, Mütter erzögen vorrangig Kinder, entspreche auch nicht mehr der Realität. Geschweige denn sollte dieses Menschenbild durch Gesetze gestärkt werden. – Klar: Die Eltern hatten sich getrennt und lebten und wirtschafteten nicht mehr zusammen …


    Die Sozialgerichte lehnten seine Klage ab. Jetzt zuletzt das Bundessozialgericht. Das BGS stimmte zwar dem klagenden Vater zu, es wäre eine einseitige Bevorteilung der Mutter. Dies habe aber der Gesetzgeber gewusst gewollt, da es an anderer Stelle Nachteile geben würde für Mütter.


    Urteil des BSG vom 18.04.2024, Az. B 5 R 10/23 R

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Danke für die Info. Ich habe aktuell eine Lücke von viereinhalb Jahren in meiner Rentenberechnung, weil ich die Kindererziehungszeiten nicht nachgewiesen habe. War mir nicht klar, dass ich das zusätzlich zur Beantragung von Kindergeld und Elterngeld auch noch machen muss.


    Die Formulare zum Nachweis der Erziehungszeiten habe ich angefordert und bin gleich wieder grandios gescheitert. Erstens, weil Formulare sowieso Panik in mir auslösen, wenn ich mehr als meinen Namen, Adresse, etc. angeben muss.

    Zweitens, weil ich wohl zwei Formulare brauche, für jeden Kindsvater eins, denn drittens muss jeder Vater auch noch unterschreiben, dass wirklich ICH die Kindererziehungszeiten in Anspruch genommen habe. Liest sich irgendwie wie ein Widerspruch zu dem, was du geschrieben hast, Bap.

    Ich werde im Laufe des Jahre noch mal tief Luft holen, neue Formulare anfordern und mich an unseren Betriebsrat wenden. Dort gibt es zum Glück einen Spezialisten für Rentensachen.

    Through judging, we seperate. Through understanding, we grow.
    - Doe Zantamata -

  • Wie soll ich das jetzt sagen? Einmal verlinke ich die ziemlich aktuelle Website der Rentenversicherung zum Thema: https://www.deutsche-rentenver…kindererziehung_node.html



    Jetzt zu Deinem Problem: Ja, man muss einen Antrag stellen. Die "Lücke" hast Du ja schon festrgestellt, also ausführliche Daten der DRV mutmaßlich automatisch zugeschickt bekommen. Da steht also eine Rentenklärung an. (Ist nicht zwingend "Kindererziehungszeit". Oft fehlen Ausbildungszeiten oder Daten sind schlicht falsch. Da hat die DRV ein richtig großes Problem!)

    Aber man sollte "das Kleingedruckte" beachten.

    1. Eltern können die Erziehungszeiten auf den einen oder anderen Elternteil übertragen. Aber es gilt:

    "Wurde eine übereinstimmende Erklärung nicht abgegeben, ist die Erziehungszeit grundsätzlich dem Elternteil zuzuordnen, der das Kind - nach objektiven Gesichtspunkten betrachtet - überwiegend erzogen hat. Die Erklärung kann immer nur für die Zukunft, maximal für zwei Monate rückwirkend, abgegeben werden."

    Bedeutet: Eure Erziehungszeiten sind in der Sache durch, wenn die Kids über 3 bzw. 10 sind. Die Väter haben keine Zeiten für sich reklamiert. Käme es jetzt zur streitigen Auseinandersetzung, dann müssten die Väter die alleinige damalige Erziehung nachweisen. Solltet ihr die gleiche Meldeadresse gehabt haben in der Zeit, dann ist - siehe Urteil oben - im Streitfall der Mutter alles zuzuordnen, vereinfacht gesagt.

    In der Praxis heißt das: Mütter können mit der Erklärung abwarten, bis irgendwann eine Kontoklärung ansteht (zB bei einer Scheidung, ansonsten auf Antrag oder bei dem Erreichen einer Altersgrenze). Väter sollten sich, wenn sie das Kind erzogen haben, sich sehr früh um die Klärung kümmern und die Klärung letztlich sogar vor Gericht ausfechten. Weil ihr Antrag nur zwei Monate rückwirkend ab Antragsdatum zählt. Es hört sich schräg an und ist letztlich nicht empfehlenswert. Aber Du kannst die Sache erst einmal aussitzen. Musst nur gucken, dass irgendwann die Sache geklärt wird. (Sollten die Väter älter sein und vor Dir in Rente gehen und! Kinderzeiten beantragen, dann kommt die DRV eigentlich sogar auf Dich zu ...)


    Falls Dir das einfacher fallen sollte: Man kann überall sich einen Beratungstermin vor Ort holen und die Kontoklärungen mit einem DRV-MA machen. Sich mit Deinem Betriebsrat zu besprechen, ist sicher nicht falsch. Denn eines muss man auch wissen: Die DRV ist nicht der Freund des Arbeitnehmers und Rentners. Anliegen der DRV ist auch irgendwie - im Rahmen der Gesetze natürlich - so wenig Zahlungen wie möglich zu leisten. Darum beraten DRV-MA nicht zwingend die absolut günstigste Konstellation für denjenigen, der ihnen da gegenüber sitzt oder geschrieben hat. Sondern schlicht den "Standard". Die DRV ist, wie der Name sagt, eine Versicherung ...

    Liebe Grüße



    Bap



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    Einmal editiert, zuletzt von Volleybap ()

  • Wenn du den Topf aufmachst, wird aber Freudigkeit herrschen. Bei euren vielen Kindern ist das aber sicher ein nicht zu vernachlässigender Betrag

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Volleybap

    "Bei euren vielen Kindern"


    Also, ich weiß von lediglich 2 Kindern überhaupt, 😬 von denen das ältere noch vor Eheschließung seinen 3. Geburtstag hatte. Demzufolge raus wäre.


    Hier geht's um 1,5 Punkte.


    Ich bin korrekt und habe ja meine Ex-Frau auch nicht übervorteilt, eher im Gegenteil. Von daher kann man überlegen ob aktuell 60 Euro den Aufwand wert sind, sicher. Muss ich mal mit schwanger gehen, hab ja noch Zeit.


    Freunde werden wir in diesem Leben ohnehin nicht mehr.


    LG

    ... unn denn bin ick in mir jejangen, war aber ooch nüschd los! :drink ...

  • Sorry. Ich hatte im Hinterkopf, es wären drei ...

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Sorry. Ich hatte im Hinterkopf, es wären drei ...

    Kein Thema. Die KM hat schon drei aber nur zwei davon mit mir. Und das andere hatte ich noch nie geschrieben.


    Wie wäre das praktisch umzusetzen? Formloser? Antrag beim Familiengericht es wird der Versorgungsausgleich sicher nur erweitert und nicht komplett neu aufgerollt, richtig?


    LG

    ... unn denn bin ick in mir jejangen, war aber ooch nüschd los! :drink ...

  • Hab das in der Praxis noch nie gesehen. Aber klar: FamGericht.

    Wenn da jedoch zusätzliche Kosten auflaufen, muss man ganz genau rechnen.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Hab das in der Praxis noch nie gesehen. Aber klar: FamGericht.

    Wenn da jedoch zusätzliche Kosten auflaufen, muss man ganz genau rechnen.

    Naja das Gesetz gibt's erst seit 2014? in der Praxis dürften die Leute die es betrifft alle noch etwas bis zur Rente haben.


    LG

    ... unn denn bin ick in mir jejangen, war aber ooch nüschd los! :drink ...

  • Neues Gesetz 2014 heißt ja: Es betrifft Versorgungsausgleichsverfahren von Scheidungen vor 2014. Da sind schon einige im Rentenbereich. Aber: Wie viele wissen um diese Feinheit? Die DRV teilt die "Mütterrentenpunkte" ja nicht mal automatisch zu. Und ich bezweifle, dass alle Zeiten beantragt werden. Und hier müssten die Väter es blicken, dass die gerichtliche Rentenberechnung falsch sein könnte. Auf dem Papier ist sie ja richtig, wenn man drauf guckt. Dass es neue Punkte gibt für die Mutter, die neu in den Ausgleich gezogen werden dürfen - das ist schon Spezialwissen.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Bei Youtube gibt's massenhaft shorts über das Formular der Mütterrente. Ich ab jetzt einfach mal den logischen Schluss gezogen dass ja dann der Versorgungsausgleich falsch sein muss, denn der beinhaltet diese möglicherweise zu erhaltenden 3 Punkte ja noch nicht.


    Bei uns war es auch eindeutig ich hab Bsp. 3 Pkte abgegeben und 0,2 Pkte oder so erhalten. So in dem Verhältnis etwa.


    Wahrscheinlich wird meine ex-Frau die Mütterrente auch nicht beantragen denn eine Riester hat sie auch rein aus Faulheit nicht abgeschlossen obwohl ich mit ihr darüber gesprochen hatte, sie hätte ja ohnehin massive Förderung erhalten mit den drei Kindern und nur den Mindestbetrag selbst zahlen müssen. Ich muss mal schauen ob ich sie dazu bewegen kann das Formular auszufüllen. Wenn Sie das nicht macht kann ich es ja machen. Zu unserem jüngeren Kind hat sie irgendwann auch gesagt das wäre net wichtig sie hätte sich auch nie um Finanzen gekümmert.


    Echt klasse. Ich verstehe sowas nicht.


    LG

    ... unn denn bin ick in mir jejangen, war aber ooch nüschd los! :drink ...

  • Neues Gesetz 2014 heißt ja: Es betrifft Versorgungsausgleichsverfahren von Scheidungen vor 2014. Da sind schon einige im Rentenbereich. Aber: Wie viele wissen um diese Feinheit? Die DRV teilt die "Mütterrentenpunkte" ja nicht mal automatisch zu. Und ich bezweifle, dass alle Zeiten beantragt werden. Und hier müssten die Väter es blicken, dass die gerichtliche Rentenberechnung falsch sein könnte. Auf dem Papier ist sie ja richtig, wenn man drauf guckt. Dass es neue Punkte gibt für die Mutter, die neu in den Ausgleich gezogen werden dürfen - das ist schon Spezialwissen.

    Verstehe ich nicht ganz. Muss ich was machen, wenn ich 2011 geschieden wurde?

  • Verstehe ich nicht ganz. Muss ich was machen, wenn ich 2011 geschieden wurde?

    Pragmatischer Spruch8): Wenn von der DRV die Mitteilung über deine anrechenbaren Zeiten kommt, dann musst du gucken/pruefen, ob die Kinderzeiten bereits gelistet sind. Wenn nicht, dann solltest du die beantragen.


    Das hat aber wenig mit dem zutun. Was Yogi und ich diskutieren, betrifft zu 99,9 Prozent nur Väter. Wenn der Versorgungsausgleich nach Scheidung vor 2014 gemacht wurde, sind noch keine Rentenpunkte für geborene Kinder eingeflossen. Die bekommen die Mütter jetzt erst nach 2014 gut geschrieben. Und die Väter haben einen Anspruch darauf, unter bestimmten Umständen einen Anteil davon zu bekommen. Das müsste dein Ex aber dann beantragen,wenn er die haben will .

    Heißt: Du musst nicht aktiv werden.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Anwaltsspruch - Kommt darauf an :)


    LG

    Traumtaenzerin


    Ich bin ja selbst auch kein Experte sondern learning by doing und noch dazu die andere Seite 😉, ja zu 99% musst Du wahrscheinlich nichts machen. Sorry, dass ich es nicht so schnell + umfassend wie Volleybap beantworten konnte.


    LG

    ... unn denn bin ick in mir jejangen, war aber ooch nüschd los! :drink ...