Wie Misstrauen und Angst bewältigen?

  • Hallo,


    seid einigen Wochen bin ich in einer Beziehung mit einem tollen Mann. Wir kennen uns schon länger, aber bisher war es immer nur freundschaftlich. Irgendwann haben die Gefühle sich dann verändert und wir sind zusammen gekommen. Ich bin total verliebt und ihm geht es (wie er sagt) genauso. Aufgrund verschiedener Umstände sehen wir uns nur einmal in der Woche. Ich würde gerne viel mehr Zeit mit ihm verbringen, aber das geht halt nicht.


    Jetzt habe ich folgendes Problem. Wenn wir zusammen sind und Zeit miteinander verbringen ist alles super. Ich fühle mich geborgen, wir können stundenlang über alles reden und wir geniessen die Zeit ausführlich. Wenn wir uns dann aber nicht sehen beginnt spätestens am zweiten Tag das Mantra in meinem Kopf: Was wenn er doch nicht die Wahrheit sagt, der mag dich eigentlich garnicht, hat er doch jemanden anderes, was findet der bloss an mir, etc pp Ganz schrecklich. Mir geht es damit ganz mies.


    Mir ist klar das diese Gedanken/Gefühle mit meiner Vergangenheit zu tun haben. Ich bin massiv belogen und betrogen worden von meinem Exmann. Ich versuche das abzuschalten aber es geht einfach nicht. Wenn ich mit meinem Freund darüber rede sagt er immer: Es ist alles gut, wenn du mich nervst sage ich das , wenn etwas nicht ok ist sage ich es etc. Nur ich kann es einfach nicht glauben. Ich rechne jeden Moment damit das er sich von mir trennt.


    Wie kann ich dieses Misstrauen (ist er wirklich alleine zuhause oder ist er mit anderen Frauen unterwegs etc) abstellen? Ich muss einfach glauben das er mir immer die Wahrheit sagt, aber mein Kopf geht immer mit negativen Gedanken dazwischen. Ich fahre demnächst drei Wochen in die Kur und meine Gedanken kreisen nur darum das er sich in der Zeit eine andere sucht....Wie kann ich damit lernen umzugehen?


    Ich bin ihm gegenüber ehrlich und rede auch über die Gedanken. Er beruhigt mich dann immer und solange ich bei ihm bin ist das auch dann kein Problem das zu glauben. Nur wenn ich dann wieder alleine bin geht alles in meinem Kopf von vorne los.


    Ich habe total Angst damit auch die junge Beziehung kaputtzureden und zu denken.


    Kennt jemand Tricks wie ich aus dieser Gedankenspirale rauskomme? Bin über jeden Tip dankbar.


    Gruß hep

  • Wenn wir zusammen sind und Zeit miteinander verbringen ist alles super. Ich fühle mich geborgen, wir können stundenlang über alles reden und wir geniessen die Zeit ausführlich. Wenn wir uns dann aber nicht sehen beginnt spätestens am zweiten Tag das Mantra in meinem Kopf: Was wenn er doch nicht die Wahrheit sagt, der mag dich eigentlich garnicht, hat er doch jemanden anderes, was findet der bloss an mir, etc pp Ganz schrecklich. Mir geht es damit ganz mies.


    Das Zauberwort heißt "Objektpermanenz" und dieses Umschalten zwischen "er ist da" und "er ist nicht da" könnte auf Erlebnisse in sehr früher Kindheit zurück zu führen sein.
    Wichtig ist dabei wohl, dass Du Dir immer wieder klar machst was Deine Gedanken sind - und was Realität ist.
    Nimm vielleicht ein paar Stunden bei einem Therapeuten, mach einen Ausflug in Deine frühe Kindheit.


    Ich habe total Angst damit auch die junge Beziehung kaputtzureden und zu denken.


    Erfahrungsgemäß ist diese Furcht berechtigt - also arbeite an Dir, dann klappt das :strahlen

  • Was mir hilft ist, wenn diese Gefühle mich überrennen, dass ich mir sage "wie ein Mantra", dass ist xxx und nicht dein Ex, dass ist xxx und nicht dein Ex. Es ist so verdammt schwer und man steckt da so tief drin.


    Dennoch du hast es gewagt und bist eine neue Beziehung eingegangen. Das ist so toll, dass du den Mut hattest. Glaube daran, dass diesmal alles gut wird und er ehrlich zu dir ist.


    Es ist auch positiv, dass er sich den Themen mit dir stellt und klar Stellung bezieht. Wenn mich was stört, sage ich es dir einfach. Klingt doch ganz gut.


    Das wird.


    Vielleicht hilft es ja, wenn du diese Gedanken hast so eine Art Tagebuch zu schreiben. Um klar zu unterscheiden zu können, woher die Gefühle kommen und vorher.


    :troest

  • Das braucht Zeit und viel Verständnis und Mitarbeit des Partners. Was an Vertrauen, Vertrauensvorschuss in einer vergangenen Partnerschaft kaputt gegangen ist, ja zerstört wurde, ist nur ganz langsam "am Objekt" zu heilen. - Wenn ihr darüber reden könnt, ist das schon ein großer Schritt. Wenn ihr lernt, darüber auch zu schweigen und dem anderen immer mal wieder "nur" ein kleines Zeichen der Vertrautheit zu geben, dann ist das ein zweiter großer Schritt.


    Das schlimme, nein eigentlich das gute ist: Ich selbst kann nur in einem bestimmten Rahmen an meiner Selbstheilung arbeiten. Es ist der andere, der mir durch sein Tun und Handeln, durch sein lächelndes und verständnisvolles Ertragen meines Misstrauens hilft.
    Und umgekehrt ich ihm. Denn auch der andere hat im Normalfall irgendwo seine schmerzenden Altbeziehungswunden. Und die kann ich wiederum versorgen. Partnerschaft lebt davon, dass ich den anderen stütze. Und er mich. Wo man beginnt, das zuzulassen und den anderen an sich heran zu lassen und die Wunden zu versorgen, da wächst Beziehung.


    Ganz konkret: Wenn mich so Gefühle überfielen (was sie Gott sei Dank nur noch selten tun), dann habe ich ganz bewusst und konkret meiner Partnerin etwas von mir zukommen lassen. Von der SMS über einen Link mit meiner gerade Lieblingsmusik. Ein mir wichtiger Satz aus einem Buch. Eine Postkarte. Ein Foto. Eine konkrete Planung für das nächste Treffen. Oder, oder, oder ...


    Mir selbst habe ich bewusst gesagt: Auch wenn ich schon einmal furchtbar reingefallen bin: ich will trotzdem den Glauben an die Ehrlichkeit nicht aufgeben und will glauben, dass diesmal Worte und Denken überein stimmen.
    Neben allen Gefühlen ist dies auch eine ganz bewusste Entscheidung des Vertrauens, die ich da immer wieder neu für den anderen treffen will und muss.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Partnerschaft lebt davon, dass ich den anderen stütze. Und er mich.


    Aber:
    Ein(e) Partner(in) kann und soll niemals den Therapeuten ersetzen - das würde deutlich zu weit gehen, wäre zu viel verlangt. :strahlen

  • Ich bin ja auch 2 x mal arg getäuscht, belogen und betrogen worden und mache mir auch so meine Gedanken, wie es in einer neuen Beziehung mal werden könnte. Ich habe für mich beschlossen, dass ich auf jeden Fall auch emotional nicht so tief in die Beziehung "eintauchen" werde, sondern alles vielleicht ein wenig mit Abstand und in Ruhe "reifen" lassen. Aus dem Alter des überstürzten Verliebtseins bin ich eh raus.



    ... und mir würde auch helfen, dass ich weiß, jederzeit wieder allein zurecht zu kommen. Also mich weder emotional, noch materiell und finanziell vom Partner abhängig machen.



    Das funktioniert natürlich nur, solange man/frau nicht zusammen leben. Das würde ich mir wünschen, aber bis dahin ist hoffentlich so viel Zeit vergangen, dass ich wieder Vertrauen fassen kann. So stelle ich mir das in der Theorie vor... keine Ahnung, was das Leben mir als Praxis bietet....

    Alles, was Ihr also von anderen erwartet, dass tut auch Ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten Mt 7,12

  • Loewe, ich bin weit von deinem Denkansatz weg, dass bei der Bewältigung einer vergangenen Partnerschaft oder der Anbahnung einer neuen Partnerschaft therapeutische Betreuung angebracht ist und gar irgendwelche Kindheitstraumata aufgearbeitet werden müssten.


    Und meinen Partner "zu stützen" (und mich von ihm stützen zu lassen), sehe ich auch nicht als psychotherapeutisches Handeln, sondern als ganz normales Tun, weil ich ihn liebe. Und nicht, weil ich ihn analysiere.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

    Einmal editiert, zuletzt von Volleybap ()

  • Hi,


    abstellen kann und sollte man das gar nicht.


    Wie hier schon geschrieben wurde, das muß sich einfach wieder entwickeln. Sei ruhig misstrauisch, es schützt ja auch in gewissem Maße.

    Probleme gibt es häufig, wenn man die Vergangenheit auf den aktuellen Partner überträgt. Wenn Du solche Gedanken hast, und Dich unwohl/unsicher fühlst, versuche îmmer wieder mit Deinem Partner darüber zu reden, erklär ihm, woher die Ängste kommen.


    Inwieweit Du ihm schon WIRKLICH vertrauen kannst, mußt Du selber entscheiden. Schau mal, ob Du wenn Du allein bist, die Zweifel nur aus der Vergangenheit her rühren, oder ob noch nicht genug Vertrauen in die jetzige Beziehung gekommen ist. Versuche zwischendurch einen Gedankenstop einzulegen: Alles, was Du nicht schwarz auf weiß auf der Hand hast, entspringt Deinen Gedanken und nicht den Fakten.


    Daß sich außerdem Verlustängste bilden finde ich normal, immer wenn was schön wird hat man Angst es wieder zu verlieren. Diese Ängste darf man nur nicht siegen lassen.


    Viel Erfolg

  • Ein(e) Partner(in) kann und soll niemals den Therapeuten ersetzen - das würde deutlich zu weit gehen, wäre zu viel verlangt.


    (Ich hatte mich bei der Empfehlung zu einer Therapie in Post 2 noch auf meine Finger gesetzt, damit die nichts antworten. Aber jetzt sind sie mir doch entwischt)


    - Es soll noch hie und da Menschen geben, die sich ohne Therapeuten dem Auf und Ab des Lebens stellen und die sich tatsächlich ohne psychanalytische Begleitung auf einen anderen Menschen einlassen. Kaum zu glauben, aber wahr.


    - Psychotherapeuten haben ihren Platz bei der Behandlung von manchen psychischen Störungen mit Krankheitswert. Das konnte ich beim besten Willen so nicht aus der Eingangsfrage herauslesen.


    - Ob solche frühkindlichen psychoanalytischen Erklärungsmodelle für das Erleben im Erwachsenenalter überhaupt in der Weise ursächlich von Bedeutung sind, darf man bezweifeln. Wissenschaftlich fundierte Daten gibt es dazu jedenfalls nicht. Kontrollierte Studien, die belegen, dass man durch solch einen Ansatz Therapieerfolg erreicht, sind mir auch nicht bekannt.



    hep kann sich vielleicht überlegen, ob sie solche Ängste zum ersten Mal in dieser nicht einfachen Situation einer 1xwöchentlichen Beziehung hat oder ob sie früher in Beziehungen auch so reagiert hat, sehr eifersüchtig war etc.


    Letzlich hilft nur, der Beziehung Zeit zu geben.

  • Ich glaube der Weg die Angst und das Misstrauen zu bewältigen ist der, die Gefühle erstmal anzunehmen, anstatt sie abstellen/unterdrücken zu wollen.
    Aufgrund deiner Erfahrungen fällt es dir schwer blind zu vertrauen.
    Ja und? Dein Misstrauen ist nach der Erfahrung ein gesundes Gefühl und schützt dich, kein krankhaftes Gefühl. Red´dir nicht ein, dass das schlechte Gefühle sind, die die Beziehung zerstören. Ich glaube, das ist schon der erste Schritt: deine Gefühle anzunehmen.

  • Hi,
    ich bin ja seit Jahren wegen versch. Dinge in Therapie.
    Mein Therapeut meinte jetzt erst, ich solle, nachdem ich nun Minischritt für Minischritt erledigt habe, an meiner Zuversicht arbeiten, damit ich anders ausstrahle und die Kinder mir sicherer vertrauen, da ja die Grundhaltung eines Jeden davon abhängt, wie und was er in seinem Leben schon prägendes erlebt hat.
    Vielleicht lohnt es, sich mit diesen Denkansatz näher zu befassen...

  • Segelpapa und andere


    natürlich kann man das Rad selbst erfinden.
    Man kann sich aber auch auf Erkenntnisse der Menschheit stützen und auf das aufbauen, was gesichert erforscht und bekannt ist.



    Das mag jeder für sich selbst entscheiden.
    TS Schilderung klingt für mich deutlich und einleuchtend - und ich denke, das dieser allgemein bekannte Effekt mit wenig Aufwand in einen Rahmen gebracht werden kann, in dem Mensch spürbar gesteigerte Lebensqualität erkennt.
    Man kann aber auch versuchen das nochmal selbst zu erforschen.


    Ein Coach sollte meines Erachtens nicht erst dann zugezogen werden wenn eine manifestierte Krankheit vorliegt. Es macht auch dann Sinn, wenn es hilfreich ist um eine kleine Hürde zu nehmen.



    :strahlen

  • Bei mir war es so, das ich immer wieder nachgefragt habe, ist es so - und er dazu sich geäußert hat, das hat mich dann beruhigt. Im Nachhinein betrachtet, glaube ich, es wäre besser gewesen, diese Ängste ernster zu nehmen - warum sie da sind. Ich hab mir nämlich dauernd gedacht, das sind alte Gefühle, alles ist gut, muß ich halt aufarbeiten...... und in Wirklichkeit hat er dann ganz plötzlich Schluß gemacht, mit einer etwas wirren Begründung ..... ich glaube das ich einfach die ganze Zeit seine unzugänglichen Anteile gefühlt und darauf reagiert habe......


    Fazit, ich kann meinen Gefühlen trauen und sollte endlich auch danach handeln und rumstochern im Alten macht auch manchmal blind :rolleyes2:

    Das Leben passiert jetzt :rainbow:

  • Ich denke wenn man offen reden kann, hat man das meiste schon gewonnen.
    Vertrauen baut sich nach und nach auf. Das ist ja nicht einfach da. Ich frag mich auch immer: was ist das schlimmste was passieren kann, wenn ich ihm jetzt vertraue?!


    Ich hab ja gerade eine ähnliche Situation. Wir können offen reden und er gibt mir soviel zeit wie ich brauche. Allerdings weiß er auch das es von ihm sehr viel Arbeit und Verständnis fordert. Aber er will das auf sich nehmen, was andere vor ihm zerstört haben. Und das alleine zeigt mir doch schon was ich ihm wert bin.

  • Bei mir war es so, das ich immer wieder nachgefragt habe, ist es so - und er dazu sich geäußert hat, das hat mich dann beruhigt. Im Nachhinein betrachtet, glaube ich, es wäre besser gewesen, diese Ängste ernster zu nehmen - warum sie da sind. Ich hab mir nämlich dauernd gedacht, das sind alte Gefühle, alles ist gut, muß ich halt aufarbeiten...... und in Wirklichkeit hat er dann ganz plötzlich Schluß gemacht, mit einer etwas wirren Begründung ..... ich glaube das ich einfach die ganze Zeit seine unzugänglichen Anteile gefühlt und darauf reagiert habe......


    Fazit, ich kann meinen Gefühlen trauen und sollte endlich auch danach handeln und rumstochern im Alten macht auch manchmal blind :rolleyes2:


    Hi,


    das beschreibt ein wenig, was ich mit dem unteren Absatz meinte. Selbst wenn man schlechte Erfahrungen früher gemacht hat, so sollte man sein Bauchgefühl nicht vergessen und auch ernst nehmen. Manche "Antennen" sind vielleicht aus der Vergangenheit falsch programmiert, das heißt aber nicht, daß sie gar nicht mehr funktionieren, und auch in der Gegenwart blöde Dinge empfangen können. Daher wirklich zwischendurch mal versuchen, den Gefühlen mit Daten und Fakten entgegenzutreten, um zu prüfen, welches Gefühl macht Sinn und welches nicht so.



    Inwieweit Du ihm schon WIRKLICH vertrauen kannst, mußt Du selber entscheiden. Schau mal, ob Du wenn Du allein bist, die Zweifel nur aus der Vergangenheit her rühren, oder ob noch nicht genug Vertrauen in die jetzige Beziehung gekommen ist. Versuche zwischendurch einen Gedankenstop einzulegen: Alles, was Du nicht schwarz auf weiß auf der Hand hast, entspringt Deinen Gedanken und nicht den Fakten.