Das leidige Thema Holocaust

  • Ich war in der 10. Klasse in Dachau und einige zeigten sich dort mehr als unreif. Das war echt beschämend.
    Berührt hat mich nicht am meisten, dass die Menschen unvorstellbar gequält worden sind, sondern das Kinder wo immer sie konnten Schmetterlinge gemalt haben, wie der Reiseleiter uns erzählt hat. Das war sehr beklemmend.


    Mein Großvater war selbst im KZ (leider habe ich ihn nie kennen lernen dürfen). Er war Kommunist und hat das KZ seelisch nie verwundet. Sicher haben nicht alle dort gemordet, aber es war Seelenmord bei ihm. Die Ironie dabei ist, dass meine Mutter sich genau dem Regime der DDR aufgelehnt hat und dafür mehrere Jahre politisch inhaftiert war. Die Wunden sind auch nie richtig verheilt, auch wenn es jetzt gut 45 Jahre her ist.


    Ich sehe das wie over, dass man nie vergessen sollte wozu Menschen in der Lage sind und wie schnell Feindbilder gemacht werden. Und wir haben die Chance es besser zu machen und uns nicht verleiten zu lassen von Meinungsmache. Es ist für mich - als Deutsche- nicht beschämend meine Fahne z.B. bei der WM in der Luft zu schwenken. Beschämend finde ich Stimmungsmache in einem Land wo die größte deutsche Tageszeitung am Gedenktag als Headliner das Dschungelcamp trägt und Nachrichten gerappt werden (ehrlich, hab ich gesehen). Das würde nicht passieren, wenn es keine Nachfrage dafür gäbe.


    LG
    Friday

    Liebe Grüße


    Friday

    Einmal editiert, zuletzt von friday72 ()

  • Ich muss ehrlich sagen ich bin schockiert die Shoa mit dem Wort "leidig" in Verbindungung zu bringen!


    "Leidig" ist für mich vom Wort "Leid" abgeleitet und "Leid" schien mir in dem Zusammenhang passend.
    Falls es eine andere Bedeutung hat, dann sorry, das wusste ich nicht.
    Kann man das dann rausnehmen?

    Einmal editiert, zuletzt von NemesisLady ()

  • Falls es eine andere Bedeutung hat, dann sorry, das wusste ich nicht.


    das Wort 'leidig' meint eher sinngemäß: schon wieder das nervige Thema XY. Es bedeutet: etwas leid sein, etwas satt haben, jemandes, einer Sache überdrüssig sein.
    Also passt das Wort in diesem Zusammenhang eher nicht..
    Ich habe dich trotzdem verstanden :blume

    _________________________________________________________________________
    keks3


    life is a tale told by an idiot, full of sound and fury, signifying nothing (shakespeare)
    'Does anybody remember laughter?' (R.P.)

  • Uns steht es gut an, dass das "3. Reich" mit allen Gräueltaten mehr pr#sent und in der politischen Diskussion ist als irgendwo anders auf der Welt.


    Das ist unser Land den Opfern schuldig.
    Wenn man bedenkt dass die Türkei bis heute den Genozid an den Armeniern leugnet ...
    Aufarbeiten kann man Dinge nicht indem man sie verdrängt oder totschweigt.


    81 Prozent der Deutschen möchten die Geschichte der Judenverfolgung "hinter sich lassen".


    Dass die Zahl so hoch ausfällt überrascht mich ehrlich gesagt.


  • Ich wäre die erste die ihr Kind schickt ein KZ anzusehen (Wobei man den Schrecken von damals oft auch vor der eigen Tür findet). Ich finde das unheimlich wichtig das die Kinder begreifen das es ‚echt‘ ist. Das hat mit Schocktherapien nichts zu tun. Es macht nachdenklich.


    Es gibt viele Zugänge wie ich einem Kind das Thema vermitteln kann.
    Vor Ort: Das wäre ein KZ-Besuch
    "Bildende Künste": Schindlers Liste, Die Welle
    Historisch, Politikwissenschaften: logo, das was man in der Schule macht
    Sozialwissenschaft bzw. Sozialpsychologie: z.T. auch in der Schule.


    Mir persönlich sagen die beiden letzten Methoden am Besten zu. Warum? Wenn ich etwas gelernt habe, weil ich die Mechanismen dahinter erkenne, bleibt das hängen und ich kann das "Wehret den Anfängen" auch im Kleinen sehen, bewerten und ablehnen. Und stehe nicht 10 Jahre später mit einem xxx_Raus-Protestschild irgendwo rum.
    Besuche ich ein KZ, sitzt der Schock tief, aber die Erinnerung verblasst.
    Einfacher Lernprozeß. Man lernt nicht durch Betrachtung, sondern durch Verstehen.


    @nemesis
    Ich dachte, das "leidig" sollte provokant wirken. Das leidvolle Thema, wäre passender, aber es hat sich ja aufgeklärt.

  • Leider haben diejenigen die uns das Bedauern abverlangen, vergessen und gehen heute mit anderen Völkern genauso selbstherrlich und grausam um, wir mit unserer "Volksschuld" finanzieren auch noch fleißig Israels Krieg und Völkermord.....



    Das ganze erscheint mir ziemlich einseitig, ich bins leid die Dauerschuld auf mich zu nehmen, abgesehen davon, dass so etwas nicht wieder passieren soll, hier gilt erher.....Wachsamkeit für alle und in alle Richtungen.


    Jedes Volk hatte und hat seinen Hitler, man muss nur aufpassen, das sie nicht groß werden.

  • Hallo,


    ich bin mit einem Kommilitonen und einem Freund von ihm durch München gegangen, und konnte ihm in der Innenstadt fast von jeder Hausecke erzählen, was da im NS-Reich war. Hauptquelle war das hervorragende "München 1933-1945" aus dem C.H.Links-Verlag, das es mittlerweile auch von Berlin, und anderen geschichtsträchtigen Orten gibt.


    Was ihn beeindruckt hat: Ich kannte die Zusammenhänge, und als häufiger Bayern2-Hörer konnte ich ihm z.B. von der an die Feldherrenhalle von Künstlern angehängten Rückkehrbitte für deutsche Juden erzählen, die von der Landesregierung sofort abgehäng wurde. Damit war das eine völlig andere Herangehensweise, als im Geschichtsunterricht; plötzlich bekamen Fakten einen Zusammenhang, Geschichte wurde zumindest berührbar.


    Einige Jahre vorher bin ich fast vom Glauben abgefallen, als ich auf einem Tagesausflug nach Innsbruck (interessanterweise mit meiner Echs-Verlobten und ihrem damaligen Verlobten...) in einer Buchhandlung das Buch In Auschwitz wurde niemand vergast sah - das sicher Fehler hat, aber besser war als alles, was ich bis dahin zu dem Thema gesehen habe.


    Dort wurde auch auf Jean-Claude Pressac verwiesen; die Beate Clarsfeld-Foundation hat sowohl sein Hauptbuch Auschwitz: Technique and Operation of the Gas Chambers als auch viele andere Bücher der Foundation online gestellt. Von Pressac ist antiquarisch das ins Deutsche übersetzte Buch Die Krematorien von Auschwitz (Piper 1995) verfügbar.


    Jetzt kommt der Haken: "Auschwitz. Technique and Operation..." ist offiziell nur im Lesesaal der bayrischen Staatsbibliothek mit Kopierverbot einzusehen. Die "Krematorien" sind nach einer Auflage vergriffen. Als Pressac 2003 viel zu früh starb, kamen anerkennende Nachrufe fast nur von Revisionisten.


    Der Grund ist einfach: Pressacs "Auschwitz" (Druck war gefördert aus Mitteln der EU) ist auch eine schallende Ohrfeige an die Historiker; als Naturwissenschaftler arbeitet er auch nach der "divergierenden Minorante", er weist darauf hin, daß seine Opferzahlen das absolute Minimum sind, die durch Quellen nachweisbar sind; trotzdem die Zahlen in Auschwitz wahnsinnig sind. Historiker sehen nur die deutlich niedrigeren Zahlen. Allgemein sind seine Werke eine schallende Ohrfeige an Historiker, deren lückenhafte Argumentation und falsche Beschreibung den Revisionisten extreme Angriffspunkte gaben.


    Damit hat Pressac mehr für die Widerlegung von Revisionisten - aber auch das "Verständnis" von Auschwitz getan, als ganze Generationen von Historikern.


    Das Bild, das man von der industriellen Vernichtung von neun Millionen Menschen durch die Nazis, vor allem Juden und ziganischen Völkern bekommt, ist plötzlich ein ganz anderes als das, das mit eifersüchtig bewachten Worthülsen in der Schule "vorgebetet" wird. Unterhalb der Führung war es nämlich kein "Antisemitismus" und "Rassismus", sondern reine, kalte Befehlsausführung. Wenn man die Adressen auf vielen abgedruckten Briefen verdeckt, könnte es genausogut um die Verzinkung ("Sonderbehandlung") von Karosserien ("Einheiten") des "KdF-Wagens" gehen.


    Auf der anderen Seite lebt ein großer Teil der deutschen Politik und Historie aber von einer unseeligen Legendenbildung um das NS-Reich und die Quellen (die Justizminister wollen nun "Mein Kampf", dessen Urheberrecht Ende des Jahres endgültig ausläuft, weiter "verbieten"; das Institut für Zeitgeschichte wird seine kritische Ausgabe trotzdem veröffentlichen und den Urtext online stellen. "Hitlers 'Mein Kampf' ist weder wirr noch unlesbar")). An "Historikerstreits" um die Deutungshoheit sind schon viele Karrieren zerbrochen (weil die "unterlegene Seite" plötzlich in die Hähe zu den Faschos gerückt wurde.


    Daher sind gerade Lehrer vorsichtig, bloß nicht einen Jota von der orthodoxen Vorgabe der Lehrpläne abzuweichen - und wenn die Schüler dann wissen, sie sollen nicht das "Horst Wessel-Lied" summen, aber nicht wissen, wie das überhaupt klingt, ist das eine wahrhaftige Vorbereitung für das Leben. UNDENKBAR, selbst die Lesungen von Helmut Qualtinger und Serdar Somuncu von "Mein Kampf" oder der "Sportpalastrede" zu verwenden.


    Ich verstehe daher, daß das Thema Auschwitz, Holocaust (industrielle Vernichtung von neun Millionen Menschen), Shoah (Vernichtung von sechs Millionen Juden innerhalb des Holocaust), Porajmos (Vernichtung von bis zu 87,5% der Roma-Völker, in Deutschland vor allem Sinti - es ist LACHHAFT, wenn jemand von "Rumänischen Sinti und Roma" redet, der hat den SINN des Ausdrucks gar nicht verstanden) o.ä. oft "leidig" wirkt; und ich weiß mittlerweile auch, bei welchen Politikern (fast allen) und Historikern ich aus Selbstverteidigung auf Durchzug stellen muß, und wer wirklich etwas gehaltvolles sagt.


    Es ist schlimm, daß Jugendliche in der Schule oft so "kopfscheu" gemacht werden, daß man sie sogar aus dem negativem Bereich rausholen muß, um sie für dieses SEHR WICHTIGE Thema selbst heute noch zu interessieren.


    Ein Problem gibt es allerdings: Diese Geschichte ist unerträglich zynisch, und färbt auf einen ab, wenn man die Hintergründe sieht. Vor allem die Rolle der Quandt-Gruppe damals sorgt ganz praktisch dafür, daß ich z.B. grundsätzlich Alternativmarken anstelle von "Varta" verwende.


    Gruß
    diadem

    Einmal editiert, zuletzt von diadem ()

  • Hi,

    Wachsamkeit für alle und in alle Richtungen.

    natürlich, und dazu gehört auch die immer wiederkehrende Diskussion des Holocaust.


    Und du als Individuum hast keine Schuld, du bist schlicht und einfach zu jung. :D
    Es ist schon interessant, wie damals die Menschen sich verhielten. Viele habe drüber weg geschaut, und nicht
    gefragt wieso der Judennachbar gerade abgeführt wird, oder einfach nicht mehr da war.
    Entweder aus Selbstschutz, Feigheit, Bequemlichkeit etc.


    Denn das haben wir Deutschen schon genau gemacht. Tötungsfabriken, Menschenversuche, Zwillingsversuche,
    Zahngoldgeschäfte etc. pp.
    Wenn man sich wirklich detailliert damit beschäftigt, oder Interesse an dem Thema hat, so muß man einfach immer
    wieder drauf hinweisen.
    Trotzdem fühle ich mich nicht schuldig. Schuldig würde ich mich fühlen, wenn ich in meinem Umfeld irgend ein
    braunes Gewäsch zulassen würde.


    Gruß
    babbedeckel

    Die Männer, die mit den Frauen am besten auskommen, sind dieselben,
    die wissen, wie man ohne sie auskommt. (Charles Baudelaire)


    Jedes Kind bringt die Botschaft,
    dass Gott die Lust am Menschen noch nicht verloren hat.

  • Hallo,



    Es gibt viele Zugänge wie ich einem Kind das Thema vermitteln kann.
    Vor Ort: Das wäre ein KZ-Besuch
    "Bildende Künste": Schindlers Liste, Die Welle


    Ich habe mit beiden meine Probleme. Der NS-Aufstieg ist nur aus der Zeit zu verstehen; Neuversuche wie "die Welle" können da nicht so einfach übertragen werden. "Schindlers Liste" ist ein guter Film, aber mit GEWALTIGEN Problemen.


    Ich würde eher "Aus einem deutschen Leben" mit Götz George verwenden (die Romanvorlage hat auch Fehler, aber macht die Motivation der Täter - "Ordnung", "Befehlsausführung"... - SEHR gut sichtbar) empfehlen; ebenso "Grey Zone" (kenne den deutschen Titel nicht), aber DAS erst ab MINDESTENS 16, der Film ist HART.


    Nicht immer korrekt und teils zusammengeschnitten, ist Serdar Somuncus "Mein Kampf" eine gute Lesung zum Einstieg; ebenso "Diese Stunde der Idiotie", die Lesung der Sportpalastrede.


    Irgendwann ist auch Leisers "Mein Kampf" dran, aber eher im Leistungskurs.


    Zitat


    Historisch, Politikwissenschaften: logo, das was man in der Schule macht
    Sozialwissenschaft bzw. Sozialpsychologie: z.T. auch in der Schule.


    Mir persönlich sagen die beiden letzten Methoden am Besten zu. Warum? Wenn ich etwas gelernt habe, weil ich die Mechanismen dahinter erkenne, bleibt das hängen und ich kann das "Wehret den Anfängen" auch im Kleinen sehen, bewerten und ablehnen. Und stehe nicht 10 Jahre später mit einem xxx_Raus-Protestschild irgendwo rum.
    Besuche ich ein KZ, sitzt der Schock tief, aber die Erinnerung verblasst.
    Einfacher Lernprozeß. Man lernt nicht durch Betrachtung, sondern durch Verstehen.


    Jein. Es gibt nichts besseres als einen KOMPETENTEN Referenten in dem Bereich; und nichts schlimmeres als einen schlechten Lehrer.


    Da sind die Besuche in den Gedenkstätten meist besser, weil sie den Lehrplänen Jahrzehnte voraus sind. Diese Referenten haben eben die Mechanismen verstanden, was viele Lehrer einfach nicht haben.


    Daneben sollte man die Schüler einfach nicht überfordern, und keine Teufel an die Wand malen. Wer heutige Entwicklungen mit dem Aufstieg der NSdAP vergleicht, verharmlost auch diese Zeit.


    Zitat


    @nemesis
    Ich dachte, das "leidig" sollte provokant wirken. Das leidvolle Thema, wäre passender, aber es hat sich ja aufgeklärt.


    Aufgeklärt, taksie-backsies... lassen wirs doch einfach stehen, es gibt bei Gott genug Leute, die vom "leidigen Thema" reden, ebenso wie es Politiker und Historiker gibt, die das Thema auch "leidig" darstellen. (Gauck... er wird sicher nicht viele Einträge im Buch der besten und bemerkenswertesten Zitate deutscher Bundespräsidenten haben.)


    Gruß
    diadem

  • diadem,
    richtig. ;-)




    Diese Woche kam dazu eine erstaunlich (für deutsche Verhältnisse) differenzierte Dokumentation


    http://www.zdf.de/zdfinfo/die-…n-holocaust-35851942.html



    Hier wird auch von der Darstellung des/der bösen Deutschen als Alleintäter (nicht Verursacher) behutsam abgewichen, indem klar heraus gestellt wird, wie es dazu kommen konnte, welche "Hebel" gedrückt werden mussten, und wer da alles beteiligt war (und profitiert hat). Und es werden auch Zahlen genannt, der aktiv Beteiligten. Wenn ich mich richtig erinnere, umfassten die Einsatzgruppen, die zu Anfang des Rußlandfeldzuges den Holocaust als das umgesetzt haben, was wir heute so bezeichnen, nie mehr als 3 tausend Personen.


    Mir gefallen die Stolpersteine, sie machen einen nachdenklich, indem man buchstäblich darüber stolpert und dann wird aus einem lieblosen tausend mal gehörten und als allein wahrheitsgemäß zugelassenen Lehrbuchtext plötzlich "Geschichte". Die Diskussion in München darum finde ich scheinheilig.


    Die Mechanismen sind relativ simpel. Es kann jederzeit und überall wieder passieren.


    LG

  • Hallo,


    Hi,

    natürlich, und dazu gehört auch die immer wiederkehrende Diskussion des Holocaust.


    Und du als Individuum hast keine Schuld, du bist schlicht und einfach zu jung. :D
    Es ist schon interessant, wie damals die Menschen sich verhielten. Viele habe drüber weg geschaut, und nicht
    gefragt wieso der Judennachbar gerade abgeführt wird, oder einfach nicht mehr da war.
    Entweder aus Selbstschutz, Feigheit, Bequemlichkeit etc.


    allerdings DANN bitte konsequent; und das bedeutet auch, daß das Land, das Porajmos durchgeführt hat, eine besondere Verantwortung gegenüber den Roma hat und sie nicht willkürlich in "EU-Bürger" und "Außer-EU-Bürger" behandeln kann. Es heißt, daß das Asylrecht nicht nur ein Stiefkind sein darf, und die EU die unwürdige Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland tadelt, vor einigen Jahren ist ein Kind in Bayern fast gestorben, weil niemand den Rettungsdienst rufen wollte. Und es heißt, daß Deutschland ein Mindestmaß an Verständnis gegenüber Ländern mit Völkermord-Erfahrung wie Armenien und Ruanda zeigen sollte und sie nicht diplomatisch nach "Schema F" behandelt.


    Verantwortung kann man auf viele Arten zeigen, nicht zuletzt dadurch, daß man Feilschereien um Reparationen für konkrete Kredite läßt. Ich sehe das einfach nicht.


    Was ich aber sehe, ist, daß viel zu oft heutige Texte über den "Islam" beängstigende Ähnlichkeit mit antisemitischen Texten des 19. Jahrhunderts haben. Das ist das genaue Gegenteil von geschichtlicher Verantwortung.


    "Schuld" trägt kaum ein heute noch Lebender. Daß Goldhagens indiskutables Buch von "Hitlers willigen Vollstreckern" von einigen überhaupt ernst genommen wurde, ist schon ein Bärendienst an der Verantwortung.


    Gruß
    diadem

  • @Nemesis Lady

    Warum reagieren denn die heutigen Deutschen so empfindlich auf dieses Thema? Und warum empfinden viele es so, dass ihnen die Schuld aufgedrückt wird und dass die Deutschen immer noch die "Bösen" sind, wenn Deutschland doch eins der beliebtesten Länder auf der Welt ist, als sehr tolerant und weltoffen gilt und der erste Begriff, der laut Umfragen mit Deutschland assoziiert wird, "Autos" ist und nicht "Holocaust"? Das ist mir wirklich unbegreiflich. Vielleicht kann mich jemand aufklären.

    Das ist eine sehr gute Frage, ich habe auch schon einiges erlebt, von "we love you Germans" in USA bis "Nazi Schwein", gebrüllt von besoffenen Italienern :dribbel in der Slowakei. Sowas ist natürlich tumber Blödsinn, weil jeder für sich ein Mensch ist, aber so kommt es an.




    Und bei "Nazi" (als wär das was deutsches :hae: ) setzt es dann aus. Wie will man sich dagegen :hae: wehren?



    Nach dem 1. WK wurde die alleinige Kriegsschuld auf Deutschland und Österreich/Ungarn über gehieft, nach dem 2.WK alleine auf Deutschland. Ich finde es halt schwierig. Diese Kollektivschuld, man hat damit quasi ein ganzes Volk und darüber hinaus nachfolgende Generationen in ewig währende Haftung genommen.


    Bequem für die anderen -alle :thumbsup: - war es alle mal.




    Die Japaner haben Hiroshima und Nagasaki, was haben denn die Deutschen? Die Italiener (die übrigens in ihren Kolonialkriegen in den 20er/30er Jahren regelmäßig Giftgas über "feindlichen" Dörfern abgeworfen haben), hatten den Sturz von Mussolini 1943, wobei danach das Land und Bevölkerung in 2 Teile gespalten war, denn ein gewichtiger Teil kämpfte immer noch für den Urnazi.


    Was haben die Deutschen?


    2 Mio auf der Flucht "verschwunden", das geschah "ihnen" ja zu Recht :rolleyes2: (bzw. selbst Schuld) und 12-14 Mio "umgesiedelt". Am Leben, immerhin, die Frauen vergewaltigt, vielleicht, aber hey, Peanuts, was ist das schon, gegen die "Gnade" der ersten Atombombe.




    Wenn ich heute sehe, daß Deutschland das zweitbeliebte Land der Welt für Immigration ist, gibt es bestimmt schlechtere Orte, um zu leben, mit weniger toleranten (und weniger deutschen :daumen ) Nachbarn.


    Ein beträchtlicher Teil der heutigen jüdischen Gemeinde speist sich ja aus Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion. Wie sieht man das dort? Mal aus der anderen Sicht?


    LG

  • Die Schuld, die andere auf sich laden, mindert nicht die eigene Schuld.


    Aber ich frage mich schon, ob wir nicht wieder neue Schuld auf uns laden, wenn wir Geld und Waffen an ein Land / eine Regierung geben, die damit Krieg macht.
    Gespräche mit Flüchtlingen aus Palästina machen mich sehr sehr nachdenklich ...

  • diadem
    Mit "Die Welle" meinte ich das Buch von Rhue, nicht den Film. Den ich btw. nie gesehen habe.
    Ich vergesse immer wieder das viele Leute zuerst an Filme denken, nicht Bücher, Herr der Ringe hat ja auch viel "Action".


    Und ich hab mir das was wir in der Schule fachübergreifend dazu gemacht haben schön gemerkt.
    Was meinst du ist effektiver, die holprige Erziehung eines Eltern ab 5 Jahren, oder der Vortrag eines Referenten ab 15 Jahren während eines "Bildungausflugs"? Wenn ich sehe wie einige Kinder miteinander umgehen, ist schon oft mit 10 Jahren Hopfen und Malz verloren.


    Yogi

    Zitat

    Wenn ich heute sehe, daß Deutschland das zweitbeliebte Land der Welt für Immigration ist, gibt es bestimmt schlechtere Orte, um zu leben, mit weniger toleranten (und weniger deutschen :daumen ) Nachbarn.


    Ist das noch so? Unter Umständen ist es einfacher hier unterzukommen, weil a) allgemein in USA, Kanada oder Schweiz die Hürden sehr viel höher sind b) man als EU-Mitglied leicht hier unterkommt und was haben Länder mit 20% Jugendarbeitslosigkeit noch zu bieten?

  • Die Schuld, die andere auf sich laden, mindert nicht die eigene Schuld.

    Ich nehme an, das bezieht sich auf meinen Beitrag? Ich sehe das genau so, nur kann ich leider nur meine eigene Sicht hier darstellen, nicht die, der anderen. Aber es wurde ja genau danach gefragt.
    Wenn man wissen will, wie sich die Enkel der Täter fühlen, youtube hilft weiter. Der Enkel von Rudolf Höß (Kommandant von Auschwitz) und die Enkelin von Amon Göth (auch ein, übrigens österreichischer Lagerkommandant, "Schindler's Liste") haben Interviews gegeben, die man sich dort gerne mal anschauen kann.

    Yogi
    Zitat
    Wenn ich heute sehe, daß Deutschland das zweitbeliebte Land der Welt für Immigration ist, gibt es bestimmt schlechtere Orte, um zu leben, mit weniger toleranten (und weniger deutschen ) Nachbarn.


    Ist das noch so? Unter Umständen ist es einfacher hier unterzukommen, weil a) allgemein in USA, Kanada oder Schweiz die Hürden sehr viel höher sind b) man als EU-Mitglied leicht hier unterkommt und was haben Länder mit 20% Jugendarbeitslosigkeit noch zu bieten?

    Kann ich nicht beurteilen. Wie siehst Du das denn?


    Das Thema ist ja auch hier ein anderes, Nemesis Lady fragte nach der Innensicht.
    Die Enkelin von Amon Göth hat übrigens einen nigerianischen Vater und hat über sich gesagt, "...mein Großvater hätte mich erschossen."


    LG

  • butterblum:
    Ah... in Ordnung, ich habe nach "Schindlers Liste" angenommen, Du meinst den Film.


    Auch "Der Tod ist mein Beruf" ist ein sehr gutes Buch (das zu "Aus einem deutschen Leben").


    Sehr beklemmend ist "Kommandant in Auschwitz" von Rudolf Höß, das sind seine Verhöre in polnischer GEfangenschaft.


    Yogi:
    Werde ich suchen, vielen Dank!


    Viele überlebende Nachkommen und Verwandte hatten es nicht leicht... die von Hitler, die in Deutschland geblieben sind (die meisten Hitlers und Keitels leben jetzt in den USA) wurden nach dem Krieg extrem geschnitten.

  • Ich war damals 8 Jahre alt und mit meiner Mutter zu besuch bei den Schwiegereltern/meiner Mutter auf dem Land in den USA.Ich sollte eine Milch aus den Laden holen gehen. Da sahsen ein paar Alte Männer davor auf eine Bank,die riefen mir zu :" Geh heim Nazi,wir wollen dich nicht hier!"Das zu einem 8 jährigen Kind.Wir blieben ein paar Wochen, und ´die Großeltern fanden es wichtig mich zur Schule zu Schicken.Daraus wurde ein Artikel in der Zeitung den meine Mutter heute noch aufbewahrt hat als warung:"deutsche geht auf öffentlich Grundschule!"
    Und das war die 80ziger...ich fragte meine Mutter was Nazi ist,und sie sagte nur,was sehr schlimmes.Ich verstand nur Bahnhof,ja logisch ,war ja erst 8.Erst Jahre später ist mir dieser hass, klar geworden und die idiotische Definition deutsch= Nazi.Meine Mama, kam da nie rihctig an,ode wurde in die Gemeinschaft aufgenommen, mich hat man damals wie ein Alienen angestart...komisch,sowas erinnert man sich heute noch.
    Ich lerne noch heute aus den Geschehnisse beobachte mit besorgnisss was momentan in Thema Islamisierung geschied.das es wieder geschehen wird Moslem= Attentäter......
    das was im 2 Weltkrieg passierte ,ist die beste Abmahnung an jeglich Gewalt und verstösse an das Menschenrecht.Und deswegen kann es nicht zuviel sein,daran erinnert zu werden,gerade in Zeiten wo es wieder beginnt zu broddeln,wie es Sachen wie pegida und co gibt

  • Diadem, Schindlers Liste ist übrigens auch ein Buch!


    Ich habe in meiner frühen Jugend den Film "Holocaust" gesehen, der mich sehr tief beeindruckt hat. Das war schon so eine Art Schocktherapie, auch wenn meine Eltern mit mir darüber geredet haben. Danach habe ich das Buch gelesen und einige weitere Bücher wie Anne Franks Tagebuch, Schindlers Liste usw.
    Bis heute geht mir diese Thema sehr nahe, ich sehe mir auch viele der Dokus an und habe mich gefreut, jetzt zum Jahrestag auch mal andere, neue Dokus zu sehen.


    Schuld fühle ich persönlich nicht, aber ich schäme mich gewissermaßen als Mensch dafür, dass Menschen zu solcher Grausamkeit fähig sind. Und dass so viele Menschen diese Grausamkeit nicht verhindert haben. Egal, ob das die Alliierten waren, die es unterlassen haben, die Zufahrten zu den Vernichtungslagern zu bombardieren, oder die Länder, die Verfolgten die Einreise verweigerten, oder die unzähligen Deutschen, die sich an Vertreibung und Mord bereichert haben. Sie haben es gewusst.


    Ich finde es wichtig, der nächsten Generation das Wissen um diese Verbrechen zu vermitteln, auf welchem Weg auch immer. Das ganze Ausmaß an Leid ist kaum vorstellbar, deshalb finde ich die Beschäftigung mit Einzelschicksalen sinnvoll, zB als Buch, Film oder Zeitzeugenbericht.
    Toleranz, Mitmenschlichkeit und Zivilcourage, damit kann man in der Zukunft vorsorgen. Ich sehe es als meine Aufgabe, das an meine Kinder weiterzugeben, zusammen mit Neugier auf fremde Kulturen und einem wachen Geist, der gern hinterfragt.
    Daher ist es für mich kein "leidiges" Thema, sondern ein wichtiges Thema. Wir sollten es nicht zu einem leidigen Thema machen durch Verallgemeinerung, Schuldgefühle oder erzwungenes Wiederkäuen der immer gleichen Phrasen und Zahlen in der Schule.

  • Immer diese Wettbewerbe: "Ach nee, das ist ja nur Film. Ich bin intelligenter, ich lese ein Buch" Na Herzlichen Glückwunsch


    Der Film "Schindlers Liste" ist ein sehr guter Film und wird auch in den Schulen gezeigt. Nur weil es ein Film ist, ist es nicht schlecht


    und by the way: Es ist im Grundgesetz verankert, dass die Relativierung des Holocaust strafbar ist. Fragt mich nicht nach dem Paragraphen, aber es ist so.


    Also kommt nicht mit "andere Länder machen auch schlimme Sachen"


    Meine Meinung zu dem Thema:
    Ja, wir werden sehr sehr oft und überall damit konfrontiert. Aber ich finde es auch wichtig und mich interessiert es auch. Bei jungen Leuten muss man eben aufpassen, dass man durch ständige Wiederholung nicht das Gegenteil erreicht. Besuche in KZ's finde ich auch gut und meinetwegen sollen sie dort Fotos machen. Trotzdem sind sie da. Man muss nicht immer an allem das schlechte suchen.


    Ich lese und sehe alles dazu, was ich in die Hände bekomme. Ich finde es interessant. Mein Großvater mütterlicherseits war Jude. Meine Großmutter hat vieles gemacht, um die Familie zu schützen. Geredet wurde nie viel darüber. Ich habe durch Nachfragen bei Tanten und Onkels einiges erfahren.


    Die persönlichen Geschichten, Erlebnisse sind interessant. Den groben Rahmen erfährt man in der Schule, da fehlt oft der persönliche Zugang.


    Meine Kinder sind zwangsläufig relativ früh damit konfrontiert worden, weil ich mich eben für die Zeit interessiere. Nicht sture Daten, sondern persönliche Erlebnisse.

  • Hallo,


    Immer diese Wettbewerbe: "Ach nee, das ist ja nur Film. Ich bin intelligenter, ich lese ein Buch" Na Herzlichen Glückwunsch


    Der Film "Schindlers Liste" ist ein sehr guter Film und wird auch in den Schulen gezeigt. Nur weil es ein Film ist, ist es nicht schlecht


    Habe ich so nicht verstanden.


    "Schindlers Liste" ist kein schlechter Film, aber er hat seine Probleme. Die hier aufzudröseln, führt zu weit, das können wir gerne in einem Café oder einem 'Blog tun. Daher finde ich andere Filme und Bücher besser.


    Hier im Saarland sagt man: "Was demm Ähne sei Kòòp, is demm Anner sei Nachtigall", oder auf Hochdeutsch: "Des einen Kolkrabe ist des anderen Nachtigall".


    Ansonsten, was einen Zugang verschafft, ist gut. Es gibt auch eine Bildergeschichte ("Comic") zu dem Thema, und Art Spiegelmans "Maus" ist einfach nur ein Meisterwerk!


    Zitat


    und by the way: Es ist im Grundgesetz verankert, dass die Relativierung des Holocaust strafbar ist. Fragt mich nicht nach dem Paragraphen, aber es ist so.


    Dies ist einfach falsch.


    Unter Strafe steht nicht die "Relativierung" des Holocausts; das würde den Holocaust nämlich vollkommen der Einordnung in geschichtliche Ereignisse entziehen. Es war das (Wunsch-)Ergebnis des "Historikerstreits", der eine "Singularität der Shoah" feststellte und sich damit verbat, irgendein geschichtliches Ereignis mit der Shoah in Verbindung zu bringen - so allerdings auch aus der Shoah zu lernen, sowie andere Opfergruppen außerhalb der Juden (Behinderte unter Aktion T4, ziganische Völker unter Porajmos.....) de facto aus dem "Holocaustgedenken" auszuklammern. Romani Rose als Vertreter des Zentralrats der Sinti und Roma in Deutschland wurde z.B. zu mehreren Feierstunden nicht eingeladen, was verständlicherweise eine schallende Ohrfeige für Angehörige ciganischer Völker ist.


    Diese Interpretation der "Singularität der Shoah" wurde von den eigentlichen Befürwortern der These übrigens nicht gewollt oder sogar explizit ausgeschlossen ("die Shoah darf trotzdem nicht von der historischen Einordnung ausgespart bleiben" o.ä.); sie wird von Journalisten verwendet, um Reden und Handlungen zu skandalisieren.


    Unter Strafe steht die Verbreitung der sog. "Auschwitzlüge", d.i. nach Gerichtsurteilen die Lüge, daß es Auschwitz "nie gegeben habe" bzw. die vollkommene Leugnung des Holocaust. Dies ist auch nicht im Grundgesetz, sondern nach §130 StGB Volksverhetzung und §194 StGB Strafantrag.


    Diese Strafbarkeit ist dabei juristisch umstritten, weil man gesellschaftlichen Problemen nicht strafrechtlich beikommt.


    Wer sich auf den Marktplatz stellt und davon redet, der Holocaust habe nicht stattgefunden, bei dem denken sich die vorbeigehenden Menschen ihren Teil, auch ohne das strafbar wäre. Bei Leuten, die in den Bann der pseudowissenschaftlichen Argumente gekommen sind, hilft nach meiner Erfahrung ein aus dem Pressac (ich mag ihn einfach!) oder anderen Untersuchungen gewähltes Zitat wesentlich mehr, als ein Hinweis auf Strafbarkeit; bei den "Hundertfuffzigprozentigen" ist Hopfen und Malz auch ohne Strafbarkeit verloren.


    Richtig allergisch bin ich gegen Leute, die es sich verbitten, Porajmos und Shoah zu vergleichen, weil dies "die Shoah relativiere". So ein Quatsch schrammt für mich eng an der Grenze der Beleidigung des Andenkens Verstorbener vorbei.


    Zitat


    Meine Meinung zu dem Thema:
    Ja, wir werden sehr sehr oft und überall damit konfrontiert. Aber ich finde es auch wichtig und mich interessiert es auch. Bei jungen Leuten muss man eben aufpassen, dass man durch ständige Wiederholung nicht das Gegenteil erreicht. Besuche in KZ's finde ich auch gut und meinetwegen sollen sie dort Fotos machen. Trotzdem sind sie da. Man muss nicht immer an allem das schlechte suchen.


    Überall ist zuviel, aber man sollte sich schon damit auskennen. Das Thema ist auch so vielfältig, daß man eigentlich ohne jede Wiederholung auskommen würde - wenn sich Lehrer trauten (und den Rückhalt hätten), nicht nur "kanonische Lehrplantexte nachzubeten".


    Zitat

    Die persönlichen Geschichten, Erlebnisse sind interessant. Den groben Rahmen erfährt man in der Schule, da fehlt oft der persönliche Zugang.


    Meine Kinder sind zwangsläufig relativ früh damit konfrontiert worden, weil ich mich eben für die Zeit interessiere. Nicht sture Daten, sondern persönliche Erlebnisse.


    DA sind wir ABSOLUT auf einer Linie!


    Gruß
    diadem