Kind, 4 Jahre, fragt nach dem Warum?

  • Hallo zusammen,


    ich habe vor 6 Monaten meinen Freund verlassen. Ich liebte ihn nicht mehr, schon lange. Ich habe lange gebraucht, um meine Entscheidung zu treffen, habe mir immer wieder Sorgen wegen unserer Tochter gemacht.
    Nun ist es vollbracht, seit 6 Monaten. Ich bin auch nicht wegen einem anderen Mann gegangen. Ich bin also allein.


    Ich bin ausgezogen, in der selben Stadt. Unsere Tochter wohnt zu 2/3 bei mir, 1/3 bei ihrem Papa (in der alten Wohnung). Um sie herum ist ansonsten alles gleich geblieben: Kita, Freunde, Hobbies, Omanachmittag usw.
    Anfangs hat sie geweint. Wir haben ihr erklärt, dass wir uns nicht mehr verstehen würden und es sei besser, wir wohnen nicht mehr zusammen.
    Wir sind jedenfalls beide für sie da, und sie trägt keine Schuld. Also ist es bis jetzt „nicht so schlecht“ gelaufen. Mein Freund akzeptiert zwar nicht wirklich die Trennung, weil er mich noch liebt. Aber wir streiten uns nicht, können gut miteinander reden, was die Maus angeht. Es ist zwar etwas angespannt zwischen uns, aber das ist ja normal.


    Nun thematisiert unsere Tochter nach 6 Monaten immer mehr die Trennung. Was nicht unbedingt schlecht ist. Sie redet über ihre Gefühle, stellt Fragen. Das finde ich eigentlich besser so. Sie sagt: „ich vermisse Papa, wenn ich bei Dir bin“ – „ich vermisse Dich, wenn ich bei Papa bin“ – „warum wohnt Ihr nicht mehr zusammen“ – „ich wünschte, wir würden noch zusammen wohnen“. Irgendwie hat sie auch mitgekriegt, dass ich ausziehen wollte, was stimmt. Und nun fängt sie an mit neuen Fragen, die mich ein bißchen aus der Bahn bringen. Sie ist 4 Jahre alt, übrigens.


    Letztens fragte sie: „wenn Ihr Euch jetzt wieder besser versteht, warum zieht Ihr nicht wieder zusammen“ (sie kriegt mit, dass wir neutral miteinander umgehen, wenn sie da ist). Das war im Auto. Ich habe geantwortet: „ja eben, wir verstehen uns besser, wenn wir nicht zusammen wohnen“ „nein, wir werden nicht wieder zusammen wohnen, es ist so besser für uns“ – Sie war natürlich traurig.


    Letztes Mal sprachen wir wieder darüber, weil sie das Thema wieder ansprach und ich sagte ihr betont, sie hätte keine Schuld an die Trennung, wir würden sie beide lieb haben und immer lieb haben werden. Wir würden beide immer für sie da sein. Dann sagte sie mir: „Du hast Schuld, Du wolltest ausziehen, das weiß ich“. Was auch stimmt. Das mit der Schuld hat mich getroffen. Ich habe ihr geantwortet „in dieser Sache trägt keiner die Schuld, es ist einfach so“ dann habe ich gesagt, „manchmal passieren Dinge im Leben, die man nicht will – es ist so“.


    Ich dachte nicht, dass sie schon mit 4 solche Fragen stellen würde…


    Heute Morgen kam „warum wolltest Du ausziehen“? Und da wusste ich nicht, was ich ihr antworten sollte… Ich bin zum 1. Mal nicht näher drauf eingegangen. Mir ist aber bewusst, dass sie nochmal fragen wird. Und ich möchte es auch alles weiterhin thematisieren, dass wir darüber reden, wenn sie es braucht. Aber was sagt man da einer 4-jährigen? Was meint Ihr?


    - ich wollte ausziehen, weil ich Deinen Papa nicht mehr (genug) liebte?
    - weil ich Papa nicht mehr küssen wollte?
    - weil ich unglücklich war?
    - weil Dein Papa und ich kein Paar mehr waren, nun sind wir Freunde (sie weiß aber nicht, was ein Paar ist)


    Ich habe entschieden zu gehen, und das möchte ich ihr auch irgendwann sagen. Aber schon jetzt? Mit ihrem Alter? Sie braucht jetzt antworten. Andersrum sind aber manchmal die Dinge, wie sie sind. Gefühle sind schwer zu erklären.


    Ich brauche Hilfe! Habt Ihr Ideen?


    Viele Grüße und Euch einen schönen Tag!
    Theodora9

  • Hallo Theodora,


    find ich erst mal klasse wie offen ihr mit dem Thema umgeht und ich sehe es genauso positiv wie Du, dass die Kleine geradeaus fragt.
    Sei einfach ehrlich zu ihr - so wie Du es bis jetzt auch bist. Im Grunde genommen lese ich aus Deinen Schilderungen, dass sie letztlich immer dasselbe fragt, nur noch nicht mit den Antworten klar kommt, weil sie das nicht nachvollziehen kann. Vielleicht hilft es ihr, wenn Du die Situation bildlicher gestaltest... mit Sachen wie "ich hatte Papa nicht mehr so lieb" wäre ich vorsichtig. Das könnte die Angst nähren, dass Du sie irgendwann auch einfach nicht mehr so lieb hast und verlässt. Die Sache "wir verstehen uns besser wenn wir nicht zusammen wohnen" halte ich für sehr vernünftig und zudem ja auch der Wahrheit entsprechend. Mit Eurer Paarebene hat sie nichts zu tun. Für sie wohnt ihr in erster Linie nicht mehr zusammen. Aber vielleicht könnte man dieses "wir verstehen uns so besser" ein wenig ausmalen, so dass sie eine Vorstellung davon bekommt, was Du damit meinst. Vielleicht hat sie in der Vergangenheit unschöne Situationen mit bekommen... gab es immer Stress beim Frühstück o.ä., warst Du ständig angespannt und bist jetzt fröhlicher... die Beispiele findest Du selbst am besten.
    Ansonsten mach Dich nicht verrückt wegen ihren Fragen. Bevor Du Dich dazu hinreißen lässt, versuchen zu wollen, ihr Erwachsenenprobleme erklären zu wollen, die nichts weiter tun, als sie maßlos zu überfordern, ist es auch völlig okay, zu sagen, dass es eben einfach so ist. Ich habe diesen Ratschlag von Fachleuten mehrfach bekommen als es darum ging, meinem Sohn Dinge erklären zu müssen, die man einem 4jährigen nicht erklären KANN. Ich fand den Gedanken gewöhnungsbedürftig, weil ich sonst auch einen sehr offenen Umgang mit meinem Sohn pflege, aber letztlich ist es schon richtig. Es gibt Dinge im Leben, die MUSS man einfach akzeptieren. Egal, ob man sie gut findet oder nicht oder ob man sie versteht oder nicht.
    Also nicht falsch verstehen, ich bin absolut für die offene Kommunikation, aber die sollte - zu ihrem Schutz - auch Grenzen haben. Lass da nicht Dein schlechtes Gewissen sprechen und Rechtfertigungen suchen.

    LG Sankofa



    Mit dummen Menschen zu streiten ist wie gegen eine Taube Schach zu spielen.
    Egal wie gut Du Schach spielst, die Taube wird alle Figuren umwerfen, auf
    das Brett kacken und herum stolzieren als hätte sie gewonnen.

  • Wir haben diese Fragen nach 5 Jahren auch immer mal wieder ...


    meine "einfache Antwort" für eine 7jährige


    weil wir uns nur noch gestritten haben - Streit kann sie nachvollziehen...
    alles andere eher schwer.


    Gestern fragte sie, ob wir dann, wenn wir Oma und Opa sind, wieder zusammen-
    leben würden... gerne auch mit den jeweiligen Nexten in einem Haus :ohnmacht:

  • Danke Euch!!
    Ja es ist echt schwer. Ich werde aber auch versuchen, mich nicht mehr so verrückt zu machen.
    Das mache ich seit 2 Jahren…



    Das Problem ist, dass ich ihr schlecht sagen kann, dass ihr Vater und ich uns zu viel gestritten haben. Wir haben nie gestritten, es war „scheinharmonisch“. Ich habe halt immer die Klappe gehalten und geschluckt. Es waren meinerseits irgendwann keine Gefühle mehr da.


    Sie hat auch nie gesehen, dass ihre Eltern sich oft geküsst haben, sich umarmt haben usw.



    Ja ich werde mich darauf einstellen, dass die Frage immer wieder kommen wird…

  • Ich würde nicht erwähnen, dass ihr Euch nicht mehr liebt.


    Liebe ist für Kinder, meiner Meinung nach, etwas auf das man sich immer verlassen kann, dass einfach "da" ist. Wenn Du ihr jetzt erklärst, dass Liebe auch verschwinden kann, dann ist es sicherlich sehr verwirrend für sie.


    Ich würde sagen, dass Du und KV Euch nicht mehr verstanden habt.

  • Ich brauche Hilfe! Habt Ihr Ideen?


    Die Superlösung gibt es nicht, auf jeden Fall solltest du dich mich dem Gedanken anfreunden, dass das Fragen und der Wunsch nach vereinten Eltern nicht aufhört, das ist übrigens völlig normal. Ein Kinderpsychologe sagte mir mal, er würde sich eher Sorgen machen, wenn dieser Wunsch ausbliebe. Und auch wir haben das Thema nach 6 Jahren weiterhin in regelmäßigen Abständen und es zerreißt mir das Herz, einen Wunsch der Kinder nicht erfüllen zu können. Damit zu leben ist gar nicht so einfach... aber ich denke, wenn man weiß, dass man die richtige Entscheidung getroffen hat, ist es wenig sinnvoll sich auf Argumentationen/Rechtfertigungen vor dem Kind einzulassen, auch Vergleiche mit Streitereien und Liebe, die aufhört, können einen in Teufels Küche bringen ;) - ich weiß das aus leidvoller Erfahrung. Und glaube inzwischen, dass es am sinnvollsten ist, zu sagen dass es einem wirklich leid tut, diesen Wunsch nicht erfüllen zu können. Dass man weiß, dass man als Paar ordentlich versagt hat und dass man es als Eltern besser machen wird.


    Ich hätte meinen Ex irgenwann mal gerne getötet, als er auf die Frage "Papa, warum wohnst du nicht mehr bei uns?" mit "weil Mama das so möchte" geantwortet hat :nawarte::ohnmacht: . Na ja, das war die Wahrheit und hat in dem Moment gleichzeitig eine riesen Portion Schuld verteilt. Heute bin ich soweit, dass ich nicht mehr denke, ich müsste den Kindern irgendwann mal erzählen, warum ich nicht mehr wollte. Es reicht, dass ich es weiß und hinter der Entscheidung stehe, weil ich mir sicher bin, dass unser aller Leben so besser geworden ist.

    LG Campusmami



    Sonne muss von Innen scheinen :sonne


    Das Leben findet draußen statt :rainbow: .

  • Hallo,
    also diese Fragen kamen bei uns auch häufig, meine Maus ist 5... Ich hab irgendwann nicht mehr weiter gewusst (Trennung war wegen einer anderen Frau) und hab ihr dann erklärt, dass Papa mich nicht mehr lieb hatte und nicht mehr bei uns wohnen wollte, ich auch traurig war,aber nun ist es eben so ist und wir eben zwei Familie sind...ich habe gesehen, dass ihr diese Wahrheit besser getan hat, als dieses blabla vorher...die kleinen wissen schon ganz gut bescheid, schließlich hören sie ja auch von ihren Freunden im Kindergarten ganz viel...
    Ich würd ihr ruhig sagen, dass man sich irgendwann auch nicht mehr lieb haben kann, warum soll man ihnen etwas vormachen, sie erfahren die Liebe zu Mama und Papa doch in konstanter Weise...

  • Ich würd ihr ruhig sagen, dass man sich irgendwann auch nicht mehr lieb haben kann, warum soll man ihnen etwas vormachen, sie erfahren die Liebe zu Mama und Papa doch in konstanter Weise...


    Ich glaube nicht dass es sinnvoll ist einem Kind zu erklären, dass Liebe aufhören kann. Denn wenn es nur ein wenig weiter denkt, zweifelt es möglicherweise daran, dass die Liebe zu ihm selbst Bestand hat :frag .

    LG Campusmami



    Sonne muss von Innen scheinen :sonne


    Das Leben findet draußen statt :rainbow: .

  • Es gibt kein Patentrezept, aber Euer Kind wird noch oft fragen stellen in diese Richtung, ihr beide Eltern könnt versuchen das ganze Kindgerecht zu erklären.
    z.B wenn Sie fragt warum wohnt ihr nicht mehr zusammen?


    Nimm doch ein Beispiel mit einem Kindergartenkind was Eure Tochter nicht mag und frage wie das wäre wenn jetzt einer will, dass sie für immer mit ihm/ihr Zusammenwohnt und immer nett sein muss? Ob sie das toll finden würde? Sie wird sicher sagen nein und dann kannst du sagen…Mama und Papa haben oft gestritten und das war weder für uns noch für dich schön und das möchte ich nicht mehr und deshalb wohnen wir nicht mehr zusammen.


    Es ist so ähnlich wie z.B wenn das Kind sagt Papa ist traurig das ihr nicht mehr zusammen wohnt oder die Oma oder so, dann kannst du sagen, traurigkeit vergeht, z.B weist du noch wie du deinen Turm gebaut hast, der dann umgefallen ist und du sehr traurig warst, die Traurigkeit ist vergangen. Dies nur als weiteres Beispiel.


    Auch wird die Frage kommen, Mama liebst du den Papa nicht mehr? Das gleiche kann Sie den Papa fragen und da er Dich noch liebt, solltet ihr hier an einem Strang ziehen.
    Mein Vorschlag, Bei so einer Frage klar formulieren, "NEIN, ich LIEBE den Papa nicht mehr, ich mag ihn zwar gerne, aber lieben, so wie eine Frau einen Mann liebt, dass nicht mehr. Als wir jung waren, da war das so, aber dann haben sich Mama und Papa verändert, passten nicht mehr zusammen und so ist dann auch die Liebe weggegangen. Das passiert bei der Liebe zwischen Erwachsenen manchmal und das ist auch der große Unterschied zur Liebe zu einem Kind, die ändert sich nicht, wenn sich die Menschen ändern."


    Ihr solltet also schon vermitteln das ihr Eltern Euer Kind immer lieben werdet und das nicht vergeht, Eltern lieben Ihre Kinder nun mal und vergeht nicht.


    ICh hoffe ich habe etwas mit meinen Ausführungen helfen können.