Eingreifen oder nicht

  • Hallo,


    ich komme öfter in solche Situationen mit meinem Kind und möchte gern wissen, was ihr dazu meint:


    Also, heute habe ich mit meinem Sohn (4 Jahre) eine andere Mutter besucht, die ein Kind im fast gleichen Alter hat. Wir waren im Garten. Schon ziemlich am Anfang wollte das "andere Kind", dass mein Sohn mit in ein im Garten aufgestelltes Zelt kommt. Mein Sohn ging dann auch mit in das Zelt. Kurze Zeit später hörte ich, wie mein Kind sagte, es wolle wieder aus dem Zelt heraus. Das andere Kind sagte aber: Nein, du kommst hier nicht mehr raus." Zuerst reagierte ich nicht darauf und dachte, dass alles o.k. sei. Nach einiger Zeit hörte ich meinen Sohn kläglich weinen. Ich ging dann zu dem Zelt, öffnete die "Tür" und sagte dann zu dem Kind, das den Eingang des Zeltes zugemacht hatte und davor stand, es solle mein Kind herauslassen.


    Später stritten die beiden sich zwischendurch immer wieder. Das andere Kind bespritze meinen Sohn immer wieder mit Wasser.
    Meinem Sohn gab ich, da er kein Spielzeug zum Spritzen hatte, seine Wasserpistole. Die wollte dann sofort das andere Kind haben. Mein Kind gab sie ihm dann auch. Im Inneren hätte ich es besser gefunden, wenn mein Kind seine Wasserpistole erstmal nicht abgibt. Das andere Kind bespritze mein Kind dann mit Wasser aus der Pistole, später warf er die Pistole dann in die Mülltonne, erzählte mir aber sofort davon.
    Ich war etwas sauer auf das Kind, die Sache mit dem Zelt fande ich fies von dem Jungen. Nachdem er die Wasserpistole in die Mülltonne geworfen hatte, (und ich sie wieder rausgeholft hatte) sagte ich ihm, dass er jetzt nicht mehr mit der Wasserpistole spielen dürfte.


    Ich frage mich manchmal, ob mein Kind (der übrigens trotz gleichem Alter fast einen Kopf größer ist, als das andere Kind) sich nicht manchmal zu viel gefallen lässt. Warum wehrt er sich nicht? Mein Herz blutet dann immer etwas.
    Dann frage ich mich auch, ob ich in solchen Situationen eingreifen soll oder nicht. Einerseits denke ich ja, dass Kinder auch Dinge unter sich ausmachen sollen, andererseits- wenn ich zusehe, lernt mein Kind dann nicht, dass es o.k. ist, wenn man so miteinander (bzw. mit ihm) umgeht?
    Manchmal habe ich inzwischen fast den Verdacht, dass die Mütter immer sagen (so auch heute), dass die Kinder etwas unter sich ausmachen soll, wenn ihr eigenes Kind gut damit wegkommt.


    Also, was meint ihr dazu?


    Grüße, Romi

  • Kinder müssen lernen, Konflikte zu lösen. Das können sie nicht, wenn die Eltern ständig eingreifen.

  • Kinder müssen lernen, Konflikte zu lösen. Das können sie nicht, wenn die Eltern ständig eingreifen.


    Das sehe ich genauso, aber man sollte seinem Kind auch vermitteln, dass es ok ist sich angemessen
    zu wehren, wenn ein anderes Kind Dinge gegen den eigenen Willen tut!!!


    Und wenn Kind das noch nicht kann, aus welchen Gründen auch immer, dann muss die Mutter unterstützen.

    Erziehung besteht aus 2 Dingen: Vorbild sein und Liebe. (Montessori)


    Es gibt kein problematisches Kind, es gibt nur problematische Eltern. (A.S. Neill)


    Erziehe dich selbst, bevor du Kinder zu erziehen trachtest. (J. Korczak)

  • Hallo Romi,


    das kenne ich auch. Meine ist zwar mittlerweile 10 aber es kommen immer wieder Situationen wo ich denke wehr dich doch Kind. Und sie macht es einfach nicht. Dadurch wird ihr viel auf die Füße getreten. Mittlerweile greife ich teilweise ein. Wir hatten grad gestern eine Situation wo der Sohn (8) einer Freundin sich ihr gegenüber immer wieder unmöglich benommen hat. Und sie hat sich dann immer wieder beschwert erst bei ihm und dann bei mir. Meine Freundin meinte draufhin das meine Tochter dann eben nicht mehr mitspielen (Wasserschlacht) kann. Woraufhin ich dann meinte das es ja unfair und gemein ist wenn er sich nicht an die Regeln hält. Ich denke meine Hexe hat soviel einstecken müssen, wenn sie sich nicht selber wehrt dann mache ich das im Moment mal noch für sie.
    Kostet zwar manchmal Überwindung, aber ich wünsche dir genau diese Stärke.


    Alles Gute,
    melle

  • Das sehe ich genauso, aber man sollte seinem Kind auch vermitteln, dass es ok ist sich angemessen
    zu wehren, wenn ein anderes Kind Dinge gegen den eigenen Willen tut!!!


    Ja, das meine ich ja.


    Und wenn Kind das noch nicht kann, aus welchen Gründen auch immer, dann muss die Mutter unterstützen.


    Für mich sind das Ausnahmefälle, in denen man eingreifen muß. Wie soll das Kind denn sonst lernen, sich zu wehren?

  • Ich würde mein Kind dahingehend bestärken, dass es klar und deutlich äußert, wenn es etwas nicht möchte.
    z.B. wenn er aus dem Zelt raus möchte oder wenn er nicht nass gespritzt werden möchte, etc.


    Wenn er das klar äußert und das andere Kind das dann ignoriert würde ich einschreiten und klarstellen, dass es zu respektieren ist wenn jemand anderes etwas nicht möchte.

  • Hi Romi, mein erster Sohn war so ne Maus bis er ca. 10 Jahre alt war. Alle Versuche von mir ihm mehr Selbstbewusstsein einzuflößen schlugen fehl. Er hatte dann in der Schule massive Probleme mit einem Klassenkameraden, der ihn schlug, mobbte, einschüchterte. Eines Tages wurde er wieder bedrängt und geschlagen - keine Ahnung was da den Schalter umlegte, Kind schlug zurück und prügelte den Typen durch die Klasse. Seit diesem Tag ist Ruhe, er wehrt sich, nicht körperlich sondern mit der Klappe und hat einen Stand in seiner Klasse, man lässt ihn. (Ich glaube das er erst begreifen musste das er an sich glauben muss, dass er ein jemand ist und niemand das Recht hat ihm weh zu tun.)

    Es ist besser,
    ein eckiges Etwas zu sein,
    als ein rundes Nichts.

  • Für mich sind das Ausnahmefälle, in denen man eingreifen muß. Wie soll das Kind denn sonst lernen, sich zu wehren?


    Ja, Poison. Da stimme ich dir zu.


    Ich habe auch den Eindruck, dass gerade AE-Mütter dieses Problem haben. Soll jetzt kein Vorurteil sein und ist auch nicht
    böse gemeint, aber ich habe den Eindruck, Mütter greifen schneller ein und haben das Bedürfnis ihren Kindern so zu helfen...

    Erziehung besteht aus 2 Dingen: Vorbild sein und Liebe. (Montessori)


    Es gibt kein problematisches Kind, es gibt nur problematische Eltern. (A.S. Neill)


    Erziehe dich selbst, bevor du Kinder zu erziehen trachtest. (J. Korczak)

  • Ehrlich, ich bin da total unsicher. Er hat ja öfter gesagt, dass er etwas nicht will, zum Beispiel dass er aus dem Zelt heraus will. Als der andere Junge sein Spielzeug einfach nahm, hat er auch gesagt, dass er das nicht will. Das hat den anderen Jungen aber nicht die Bohne interessiert. Dann habe ich meinem Kind gesagt, dann soll er das Spielzeug dem anderen Kind einfach aus der Hand reißen.
    Ich sehe mein Kind so oft höflich etwas sagen oder fragen. Manchmal wünsche ich mir einfach, dass er es sich einfach dann nimmt.
    Die Zelt Situation war auch richtig fies von dem anderen Kind. Wirklich, er hat mit so einer kleinen furchteinflössenden Stimme gesprochen: Du kommst hier nicht heraus... du musst hier drin bleiben......
    Naja, also nochmal: Vielleicht wirklich dann eingreifen, wenn man merkt, dass sich das Kind nicht wehren kann?
    Umgekehrt würde ich ja auch mit meinem Kind schimpfen, wenn er ein anderes Kind haut oder ihm einfach was wegnimmt.


    Romi

  • Für micht gibt es da klare Unterschiede.


    Das sich Kinder zanken ist normal, da braucht man sich auch nicht als Schiedsrichter dazwischen werfen. Dieses Art von Verhalten sich bewusst jemanden als Opfer zu suchen und fertig zu machen, egal ob mit Worten oder Gewalt dulde ich in keinster Weise, weder bei meinen eigenen Kindern noch bei anderen.

  • Ich bin kein Ratgeber-Profi was Erziehung angeht und lasse mich viel von meinem Bauchgefühl leiten. Und eines lasse ich nie zu: Das mein Sohn oder meine Tochter Angst haben müssen. Daher finde ich es gut, dass Du beim Zelt eingeschritten bist. Überhaupt hätte ich viel mehr eingeschritten auch wenn ich mich anfangs unwohl gefühlt hätte, hinsichtlich der Gastsituation und dass eigentlich Deine Freundin etwas hätte sagen sollen. Aber in dem Alter halte ich es noch für wichtig, dass man Kinder vor "anderen Kindern schützt, die einfach andere Lösungsinstrumente" nutzen. Mein Sohn, zum Beispiel, schubst nicht, schlägt nicht und ist sehr sensibel. Er nimmt sich lieber 2 mal zurück bevor er eingreift. Wäre er einer der gerne mal austeilt würde ich mich anders verhalten (bei Tochter zum Beispiel) aber hier beschütze ich ihn immer wieder und bei meiner Tochter greife ich im Wohle der anderen ein, wenn notwendig.


    Fazit: Dieses zurücklehnen und Kinder müssen selbst lernen Konflikte zu lösen. Ja - stimmt aber in dem Alter brauchen sie auch noch ihre Eltern als Beschützer. Und Kinder sind sie ja noch eine Weile. Merke, dass bei Sohni es immer besser wird. Nun ist er aber auch fast 5.5 Jahre. Aber vor 6 Monaten oder 12 Monaten sah die Welt noch anders aus.

  • Was hat denn die andere Mutter gesagt?
    Ich finde es wäre ja auch ihre Aufgabe gewesen,
    dass Fehlverhalten ihres Kindes entsprechend zu "kommentieren"
    bzw. zu unterbinden...

    Erziehung besteht aus 2 Dingen: Vorbild sein und Liebe. (Montessori)


    Es gibt kein problematisches Kind, es gibt nur problematische Eltern. (A.S. Neill)


    Erziehe dich selbst, bevor du Kinder zu erziehen trachtest. (J. Korczak)

  • Ja, frascita,
    die Zeltsituation hat sie nicht mitbekommen, da war sie nicht dabei. Zu dem anderen hat sie die Einstellung, dass die Kinder das unter sich ausmachen sollen. Bei ihr denke ich aber, so wie sie sich insgesamt verhält, dass sie das immer nur dann meint, wenn ihr Kind gut damit zurechtkommt. Bei manchen Müttern- zu dem Schluss bin ich jetzt gekommen, beschränkt sich die Kinderliebe wohl wirklich nur auf ihr eigenes Kind. In Zukunft werde ich meinem Kind früher helfen. Ich ärgere mich gerade wirklich über mich selbst.


    Grüße,
    Romi

  • Als Mutter ist man meist etwas parteiisch.


    So regel ich Konflikte in der Schule:
    Die beiden Kinder sollen sich ansehen und dem anderen sagen, was sie möchten, der andere soll darauf reagieren. Oft kommen DInge einfach nicht an. Und so gibt man ihnen die Möglichkeit, den Konflikt selber, nur mit angemessener Hilfestellung zu lösen. Das schwächere Kind lernt, Grenzen zu setzen, das "übergriffige" Kind, Grenzen zu achten.


    Ich weiß nicht, ob das in deinem Fall passt, aber ich mache in vielen Situationen gute Erfahrungen damit.

  • hast du mal dein Kind gefragt, wieviel du dich einmischen sollst? ich denke, da bekommst du die kompetenteste Antwort


    ich habe gute Erfahrung damit gemacht, nicht als Erwachsener den Richter oder Raecher zu mimen, sondern eher den Vermittler und Dolmetscher.
    In Deinem Fall vielleicht zum Zelt gehen und sagen:"hui, von draussen hoert sich das aber sehr ernst an.. ist es ernst? braucht ihr Hilfe, dass es nicht zu doll wird? Und wie kann ich
    helfen? "

  • Ponyhof,
    ich finde, dass das eine gute Möglichkeit ist. Inzwischen glaube ich eher, dass es wirklich ein Trugschluss ist, zu meinen, Kinder könnten/sollten Konflikte immer unter sich allein ausmachen.


    Grüße, Romi


    stimmt, Schlotterlotte, ich denke, ich weiß, was du meinst.
    Ich habe das nicht getan. Er hat nur auf dem Nachhauseweg gesagt, er würde nicht mehr in das Zelt gehen. Das ist ja schade, aber ich habe das so stehen lassen.

  • Ich kenne das auch von meiner Tochter.


    Manchmal habe ich das Gefühl, es gibt einfach " Opferkinder".
    So hat sie sich lange verhalten, nie gewehrt, schnell geweint und ein Riesensensibelchen.
    Andere Kinder bewußt zu ärgern, bzw. bewußt die Schwächen auszunutzen, wäre ihr nie in den Sinn gekommen.


    Dabei war sie immer wesentlich größer und stärker als Gleichaltrige - was ihr aber wohl nie bewußt wurde.


    Im Kiga gab es eine Situation , daß sie in der Mitte auf dem Böden saß und weinte, während 3 wesentlich jüngere, schwächere Mädchen immer um sie rumliefen, ihr auf den Kopf schlugen , lachten und sie hänselten.


    Tochterkind hätte theoretisch nur aufstehen müssen, sie mal kurz anschreien oder so, das hätte wohl schon gereicht.
    Sie hat es nicht getan.


    Ich bin da zufällig dazu gekommen und war zutiefst erschrocken.


    In der Grundschule ging es weiter.
    Ich hatte immer Angst, daß irgendwann mal der Knoten platzt und sie dann unverhältnismäßig mal reagiert - aber auch das ist nie passiert.


    In der Familie hatten wir da auch öfters Probleme :
    Kusine ( wesentlich kleiner und schmäler als sie, aber eben auch schneller, reaktionsgewandter und vor allem in " Kämpfen mit dem großen Bruder" geübt, hat sie oft bewußt gemobbt.
    Die hatte sofort raus, wo ihre Schwächen sind und es bewußt ausgenutzt, da gab es teilweise wirklich fiese Geschichten!



    Ich denke mir, ein Grund ist sicherlich, wenn sie keine Geschwister haben und es nicht gewohnt sind, sich auch mal " was zu holen", oder zu wehren.
    Dann sind manche einfach sensibler und gewisse Wesenszüge sind ihnen fremd.


    Ich habe versucht, kaum einzugreifen - ihr Selbstbewußtsein zu stärken und sie zu ermutigen, sich zu wehren.
    Aber wenn es hart auf hart kommt, fehlt ihr da immer noch die Durchsetzungskraft.


    Wenn es richtig übel wurde, bin ich aber eingeschritten !

    " Lebensmotto" Alle Sorgen hinaus auf`s Meer schicken und kleine Gluecksmomente sammeln, wie Muscheln am Strand

  • Also, so ganz kann ich "unter sich ausmachen" nicht unterstützen. Im Gegensatz zum Laufen, Sprechen ist Sozialverhalten nix was einem in die Wiege gelegt wird. Das sieht man ja auch an den kulturellen Unterschieden, das da viel beigebracht oder nachgeahmt wird, was von Eltern/Umgebung vermittelt wurde. Wenn ich da gesehen hab, wie Muttis quatschend auf den Bänken saßen während ihre kleinen Tyrannen im Sandkasten ein hartes Regiment führten, naja, ist nicht weit bis zur Faulheit. Ist natürlich weniger spannend zu 2 zankenden Kinder hin und zu fragen was geht als den neuesten Tratsch durchzuhecheln.


    Wenn man das ganz ohne Anleitung laufen läßt, lernen Kinder u.U. wirklich nur durch Fehler, aber bis dahin kann es sich auch ungünstig eingeschliffen haben. D.h. ein herrschsüchtiges Kind denkt, es kann sich überall so verhalten, bis es mal in eine Gruppe kommt, bei der sowas nicht gern gesehen wird. Oder was ich auch mal gesehen hab, war ein wirklich fein angezogenes Bildungsbürgerkind mit einem Wortschatz wie ein Zuhälter. Ich war damals "nur" schwanger und hätte fast eine Sturzgeburt erlitten. Ne, so verhält sich mein Sohn nicht :nawarte:


    Edit: Wegen den sehr sensiblen Kindern. Mein Sohn ist auch so einer und da er in einer Integrationsgruppe war und sein bester Freund ein ebenso liebes Kind mit Trisomie 23 hatte er in der Grundschule schon so seine Anpassungsprobleme. Diese abgrundtiefe Fiesigkeit, das kannte er eben nicht und das hat ihn sehr verstört. Wobei man sich an der Stelle auch fragen darf, warum es überhaupt so boshafte Kinder gibt.
    Das hat sich aber im 1. Schuljahr fix erledigt, als wir ihm sagten, das er sich durchaus auch wehren darf. War nicht leicht, aber Probleme mit Nein sagen hat er nicht. Und zurückschlagen tut er auch :pfeif. Damit hab ich nun kein Problem.

    Einmal editiert, zuletzt von Raanan ()

  • Kinder koennen LERNEN Konflikte selbst zu loesen- und wir koennen durch unser Vorbild und unsere begleitende Unterstuetzung/Moderation ihnen helfen, das zu lernen.
    Und jedes Kind hat da sein eigenes Tempo und seinen individuellen Hilfebedarf.
    Alleinlassen ist da genauso wenig hilfreich wie Entmuendigung durch Volluebernahme