Wut und Trotz - meine 9-jährige benimmt sich wie ein Kleinkind

  • Wie soll ich damit umgehen, wenn meine Tochter (9) sich immer wieder wie ein Kleinkind aufführt?
    Sie hängt sich an Banalitäten auf, reagiert nicht auf Aufforderungen, schreit sofort, ist bockig und gerät in Wut, manchmal so heftig, dass sie nach mir schlägt und tritt... Ihre Frustrationstoleranz ist sehr gering, mitunter gleich null, und sie findet dann nur schwer wieder heraus aus diesem Zustand. Sie hat Schwierigkeiten mit ihrer Impulskontrolle, das ist offensichtlich.
    Jeder vernünftige Mensch würde raten: Sei konsequent, lass ihr diese Ausraster nicht durchgehen!
    Bleibe ruhig und bestimmt, setze klare Grenzen...
    Aber damit ist mir nicht wirklich geholfen, denn sowohl ihre Psyche als auch unsere Beziehung und ich selbst mit meiner Belastbarkeit, haben sich verändert durch Trennung und Krankheit. (Siehe "Das Kriechen auf dem Zahnfleisch..." unter Sorgen und Kummer..)
    Mein Problem: Ich weiß nicht, inwieweit sie überhaupt in der Lage ist, ihre Impulskontrolle zu verbessern aufgrund ihrer Hirnschädigung und wieviel ihrer Verhaltensänderung (vorher war sie nicht so!) daher kommt, dass sie so lange als schwerkrankes Kind im Mittelpunkt stand und natürlich auch verwöhnt wurde (ich habe natürlich versucht, das wieder auf Normalmaß herunter zu schrauben).
    Ergo- und Psychotheraueutin raten zu dem absolut konsequenten Verhalten. Sie meinen, es wäre egal, woher ihr Verhalten kommt, ich müsse in jedem Fall konsequent durchgreifen.
    Das funktioniert aber leider nicht, ich provoziere damit zahhllose Krisen und Kämpfe im Alltag, die unsere Beziehung sehr belasten (beiderseits). Meine Tochter hatte aufgrund ihrer Erkrankung u.a. eine starke Zwanghaftigkeit entwickelt, sie hat stundenlang iht Bett glattgestrichen, sich die Haare gebürstet...später war ich Teil dieser Zwänge, ich durfte auf keinen Fall schneller als sie meine Schuhe/Jacke an-/ausziehen, nicht öfter von meinem Brot abbeißen, kein Teil mehr auf dem Teller haben, keine Türen öffnen.... Ich kann euch sagen, das waren harte Nervenproben! Das ging über viele Monate so und ist inzwischen deutlich besser geworden, nur gelegentlich schimmert das noch durch. Ich denke aber, dass das auch Teil dieser Bockigkeit ist, sie kann nicht damit umgehen, wenn es anders laufen soll, als sie sich das vorstellt. Die Neuropsychologin sagte während der schlimmen Zeit: Je mehr Raum Sie den Zwängen geben, um so mehr manifestieren die sich. Ja, das ist mir auch klar, nur konnte ich kaum gegensteuern, das hat sofort heftigste Krisen ausgelöst. Und ich war auch nicht in der Lage, 10 solcher Krisen täglich zu überstehen...Und das ist auch jetzt noch mein Problem, dass meine Nerven oft nicht stark genug sind, in der Konfrontation ruhig zu bleiben, mich nicht emotional verwickeln zu lassen...
    Ha jemand einen Rat in dieser verfahrenen Situation?

  • Es ist sehr schwer einen guten Tip zu geben.Sehr wichtig ist Ruhe zu bewahren,obwohl es sehr schwer sein kann.Ich würde dir dringend raten,Erziehungsberatung in anschpruch zu nehmen.


    Rivalität(dass sie immer erstes sein will,auch beim spielen) könnte bedeuten,dass das Kind enttäuscht und verletzt ist.


    Meine meinung nach ist,dass deine Tochter hat Angst,sie fühlt sich nicht mehr sicher.

    "Aber wer einmal gelernt hat, Bewegungserscheinungen
    auf das Ganze des Seelenlebens zu beziehen, wird....
    immer von neuem über die Fülle der Zugänge zu
    Seelischem staunen, die sich ihm allenthalben
    eröffnen“


    (August Homburger)

    Einmal editiert, zuletzt von Chaos Papa ()

  • Ergo- und Psychotheraueutin raten zu dem absolut konsequenten Verhalten. Sie meinen, es wäre egal, woher ihr Verhalten kommt, ich müsse in jedem Fall konsequent durchgreifen.



    Naja, da steht doch was zu tun ist. Glaubst Du, dass Du mit Nachgiegibkeit und der Akzeptanz dieses Verhaltens weiter kommst? Der Konflikt um den es geht steckt bei Dir doch an einer ganz anderen Stelle. Das Kind spürt Deine Unsicherheit und Angst. Die frühere Krankheit Deines Kindes hemmt Dich. Du redest Dir ein, dass Du bei Deinem armen kranken Kind erzieherisch nicht durchgreifen kannst. Dies sehen ihre Therapeuten anders, und ich glaube, dem Urteil solltest Du Dich anschließen.


    Und wenn DU das dann tust, musst Du eines bedenken: Du musst davon überzeugt sein und diese Erziehung zu 100% vertreten. Tust Du es nur halbherzig, wirst Du auch nur halbherzige Ergebnisse erhalten. Dein Kind wird Dich dann zermürben. Und glaube mir, Kids haben einen sehr langen Atem...

  • Hallo Sonne!


    Hast du von meiner Tochter geschrieben?
    Sie wird jetzt bald 9 Jahre alt und verhält sich ebenso.
    Fehler in der Erziehung sind da gewesen, auch viele von ihrem Papa. Auch von mir! Ich bin froh, dass endlich (ENDLICH!) der Papa mit ins Boot der "Konsequenz" gestiegen ist. Vorher hat er die Kurze gegen mich in Schutz genommen, sie überhäuft mit Unternehmungen und Geschenken.


    Ich bin nun auch durch und durch konsequent. Muss hier hart durchgreifen. Ich dulde keinerlei Diskussionen, Wenn und Aber. Mein Wort ist Gesetz und sie hat sich da zu beugen.
    Für manche scheint das echt hart zu sein, aber anders geht es nicht.
    Ich habe wer weiß wieviele Elterntrainings hinter mir, Gespräche beim Jugendamt, bei der Erziehungsberatungsstelle, Psychologen, meiner Therapeutin und auch Ergotherapie.
    Ergotherapie und Jugendamt rät mir zu dem "Erziehungsstil" den ich jetzt durchführe.
    Psychologe ist sich da noch unsicher, was dahinter steckt und hält sich noch bedeckt. Auch der Grund für Dropsies Verhalten, da hält sich die Ergo auch bedeckt.


    Letztens ist meine mir gegenüber auch handgreiflich geworden. Im Anschluss dessen habe ich sie in ihr Zimmer gesteckt und ihren Papa angerufen. Noch dazu konnte sie an dem Tag in ihrem Zimmer sein. Jemand, der sich mir so respektlos benimmt, den möchte ich für den Rest des Tages nicht sehen.
    Ihr Zimmer hat sie danach aus totaler Wut auseinander geflückt. Durfte sie dann aufräumen - allein. Sie muss lernen für ihr Tun und Handeln selbstverantwortlich zu sein.
    Sie fordert, wo es nur geht. Will haben, will machen! Nun ist Schluss!
    Sie will am Wochenende etwas unternehmen? Dann muss sie sich das erarbeiten. Erarbeiten mit guten Verhalten.
    Auch wird sie mehr in die Verantwortung gezogen. Das sah gestern so aus, dass sie beim haushalten mithelofen musste: Staubsaugen, Wäsche abnehmen, Sachen in den Keller bringen.


    Noch dazu habe ich ihr TVKonsum drastisch eingeschränkt. Ständig hat sie (angeblich) Angst bei irgendwas. Macht mich für Werbung verantwortlich, die ihr Angst machen. Gestern hatte sie Angst bei DSDS. Der Dieter hatte bloß erwähnt, dass der Typ sich anhörte wie eine überfahrene Katze. Das war Grund genug für meine völlig auszuflippen.
    Gut, dann gibt es halt kein TV mehr. Nur noch explizit ausgesuchte Sachen.


    Ich bleibe in ihren Ausrastern völlig ruhig. Danach sage ich ihr, sie darf sauer sein... Aber sie hat nicht gewalttätig zu sein.


    Sie neigt zu absoluten Übertreibungen. Ständig muss es nach ihrer Nase gehen.


    Was mich in Sorge bringt ist ihr Zuhören. Sie hört einfach nicht zu... Setzt ihren Verstand nicht ein. Man muss ihr manche Dinge 6x erklären. Das geht an die mütterliche Geduld.


    Bald startet ihre Gesprächstherapie. In der Ergo hat sie nun 3 Monate Pause. Obwohl die Therapeutin deutlich Handlunsgbedarf sieht. Sie selbst hat Dropsies Impuslivität und Aggressivität auch gespürt (Dropsie machte im Rahmen der Ergo ein Sozialkompetenztraining mit).
    Ich hoffe einfach, dass wir nun auf dem richtigen Weg sind.

  • Das Ding ist doch, dass Kinder ganz klar Grenzen einfordern, Konsequenz und Klarheit. Sie wollen klare Richtlinien haben und fordern diese ein. Kinder wollen und können viele Dinge nicht selbst entscheiden. Sie vertrauen darauf, dass ihre Eltern das für sie tun.


    Monkey: Das klingt wirklich überzeugend. Ich glaube, Du bist da absolut auf dem richtigen Weg. Das ist sicher keine leichte Zeit, aber ganz klare Ansagen und Strukturen sind das einzige, das aus diesem Dilemma führen.

  • Ich kenne das Problem. Meine Tochter war unser erstes "Wunschkind". Wir haben sie beide "bespielt" und verwöhnt. Als mein Sohn zur Welt kam, hatte meine Tochter richtig Probleme damit. Sie fühlte sich "vom Thron gestoßen" weil man ja logischerweise einem Neugeborenen mehr Zuwendung geben muss. Sie ist heute auch 9 und ganz schön zickig. Doch ich war oft inkonsequent, weil sie mir leid tat, ich nicht wollte, dass sie denkt, dass ich sie weniger lieb habe. Vor allem nach der Trennung hab ich dann auch einfach zuviel durchgehen lassen, weil es für die Kinder auch nicht leicht war.


    Ich hab aber schnell gemerkt, dass meine Tochter diese Regeln auch braucht und da muss man sich einfach durchsetzen. Sie weiss manchmal selber nicht, warum sie so ist und ist ganz traurig darüber. Doch ich denke, dass sie sich einfach verletzt gefühlt hat und ich ihr durch mein inkonsequentes Verhalten indirekt suggeriert habe, dass sie sich zurecht verletzt fühlt. Das war falsch.


    Wie Du schon geschrieben hast: Du musst konsequent sein und es drauf ankommen lassen, dass es Schwierigkeiten gibt. Bleibst Du dann konsequent, wird der Ärger nachlassen. Doch sobald Du einmal nachgibst, Fängst Du wieder von vorne an.


    Und vielleicht solltest Du Dir selber auch Hilfe suchen. Du scheinst auch sehr instabil zu sein. Ist nicht böse gemeint. Doch lass Dir helfen. Wir Alleinerziehenden, egal ob Mutter oder Vater, meinen oft, alles alleine bewältigen zu müssen und immer funktionieren zu müssen. Doch wir können uns helfen lassen, wir müssen es nur zulassen. Sprech mit Deinem Arzt darüber, sprich mit Freunden, Verwandten. Oft helfen Gespräche schon enorm weiter und man findet Lösungsansätze, wo man vielleicht nicht drauf kommt.


    Den Anfang hast Du ja hier schon gemacht.
    Ich wünsche Dir, dass Du eine Lösung findest und es euch beiden wieder besser geht.


    LG

  • Hallo Sonne,


    ich stimme mit den anderen überein.
    Allerdings ist die Konsequenz auf Platz 1 MIT dem "Sich Zeit für DICH" nehmen, so dass DU einen Ausgleich hast zu der ohne Frage harten ErziehungsARBEIT.


    Ich lerne gerade, mir das zuzugestehen - meine Tochter ist erst 5 aber vom Typ klingt sie wie Deine. Ohne diesen Ausgleich ist es kein Wunder, wenn Du auf dem Zahnfleisch gehst. Gucke mal, ob Du ihm täglichen Ablauf genug Zeit für DICH drin hast, um zwischendurch immer wieder aufzutanken und auch positives für Dich zu erfahren!?

  • Weißt du, was mir eben noch eingefallen ist?
    Ich habe gestern meiner deutlich gemacht, dass ich auch noch da bin und Bedürfnisse habe!
    Sie liebt derzeit Parfum und auch Schuhe (typisch Mädchen! :D).
    Wir waren einkaufen... sie woltle direkt zu den Parfums. Sie durfte sich auch alles anschauen und riechen und testen. Durfte mir sagen, was ihr gefiel, was sie haben möchte.
    Was landete in dem Einkaufskorb? Ein Parfum für mich! Was mir gefiel, was ich haben wollte! Sie ging leer aus.
    Ebenso im Schuhladen. "Ohja Mama! Schuhe! Ich gehe schon mal für mich gucken!" "Klar, geh ruhig, ich gucke mal hier bei den Damenschuhen!" War meine Reaktion darauf.
    Später ging ich zu ihr. Sie zeigte mir Schuhe, die ihr gefielen, die sie haben wollte.
    Mit ihr zusammen bin ich dann zur Kasse und einem Schuhkarton unter dem Arm. Aber Schuhe für mich. Wieder ging sie leer aus!
    Sie bekam nichts...Sie fragte natürlich, warum sie dies oder jenes nicht bekam. Meine Antwort war: "Du hast bald Geburtstag! Und ich will auch Dinge haben!"
    Ich hab ein riesen Donnerwetter von ihr erwartet. Nichts! Sie akzeptierte das und ging gut gelaunt mit mir nach Hause.
    Solche Momente gibt es natürlich auch.


    Lernen aus Erfahrung sag ich da nur.

  • Hallo Sonne,


    Ihr beiden habt sehr viel durch gemacht und seid schon echte Kämpfer :respekt


    Wut ist manchmal ein Zeichen von Traurigkeit und Verzweiflung.


    Mein Sohn war vor kurzen auch sehr schnell wütend einfach von null auf 180 :angry


    Bei Gesprächen beim Psychologen beschrieb und malte er wie er sich dabei fühlt.


    Auf dem Bild war eine mächtige große Person zu sehen und er beschrieb es das diese einfach die Kontrolle über ihn übernimmt.


    Seine Psychologin arbeitet mit ihn und er hat es jetzt meistens im Griff.


    Was ich sagen möchte klar ist eine Konsequente Erziehung wichtig ,aber es ist manchmal auch ein Blick dahinter notwendig!!!


    Kinder sind nicht Böse und Tyrannen.


    Ich glaube das keine 9 jähriges Kind sich gut mit Wutanfällen fühlt


    Versuch heraus zu finden was bei deinern Kleinen Maus dahinter steckt.


    Dir schicke ich ganz ganz viel Kraft


    viele Grüße Lady 33 :strahlen

  • Monkey, ich kenne ja nicht deine anderen Beiträger und deine ganze Geschichte, aber bei dem was du schreibst wird mir ja echt übel. Lies mal ein Buch zur gewaltfreien Erziehung. Und mit Gewalt ist nicht nur Hauen gemeint.

    Kindergarten sind immer die Anderen.

  • oha wie gut ich das kenne. ok schlagen udn co tut sie bei mir nicht. allerdings schaft zwerg es ihre 19 jährige schwester wirklich fertig zu machen und das mit ihren 11 jahren.
    was ich selbst bemerkt habe ums so mehr ich nachsicht übe umso mehr flippt mein giftzwerg auch aus. da reicht es schon zu fragen was sie essen möchte und ich bin staatsfeidn nummer 1. wenn sie allerdings einsehen muss ich kann wetter toben keifen schreien ( ein wudner das bei uns noch nie die polizei vor der tür stand, hmm eigendlich auch traurig) schimpfen randalieren wie immer ich will aber es bleibt dabei dann tut sie auch. plus die ausraster werden weniger udn seltener. aber wehe du traust der ruhe und denkst dir uff super das hätten wir und läst etwas nach explodiert alles wieder und es geht bei null los.


    es ist anstrengend, es ist nervend und unglaublich kräfteraubend. aber ich glaube es ist der einzigste weg.


    mir kam beim lesen hier plötzlich ein bild.


    ich stell mir ein kleines unsicheres ängstliches kücken vor. auf einen unübersehbaren riesen feld. alles ist uneben und nichts läuft mehr gerade. das übersichtliche ( familie mutter , vater ,kind,) ist weg. kein gerader weg mehr.
    nun sitzt das küken da und sucht halt und grenzen irgendwas das ihm diese beängstigende weite einschränkt in einen sicheren überschaubaren raum.


    ich hab schon oft miterlebt das es heist man müste ja rücksicht auf zwerg nehmen die hätte es ja nun auch nicht einfach.


    neee erst mal ist es fakt das sie genauso wie alle anderen auch lernen muss was geht udn was nicht. wenn sie nicht zuhause merken darf in ihrem sicheren rahmen wie menschen reagieren wo denn dann?


    zwerg drückte das mal ganz einfach und dennoch so treffend aus.


    du bist meine mama und meine schwester bleibt nun mal meine schwester, egal was ich mache, da darf ich auch mal sauer sein, weil ich weiß ihr seit dann nicht einfach weg. könnt ihr ja gar nicht.



    klar hat sie es nicht leicht, aber in meinen augen darf das kein freifahrtsschein für die kidner werden. zumal einfahcer wirds dann für sie auch nicht , ehr im gegenteil. es ist wie ein teufelskreis dann.

    mein hirn weigert sich ständig, so langsam zu denken, wie meine finger tippen können. meine finger sind so damit beschäftigt, sich zustreiten, wer als erstes auf die tasten darf, das die nicht mal merken wie sie den gedanken hinterherhinken

  • Hallo radiotrinkerin!


    Ich brauche es nicht zu lesen. Aber danke für den Hinweis. Ich weiß, dass ich auf den richtigen Weg bin.
    Heißt ja nicht, dass sie hier keine Liebe, Lob, Anerkennung und auch Wünsche erfüllt bekommt.
    Hier in diesem Thread habe ich neben dieser Seite der Medaille auch die andere Seite aufgezeigt.

  • Vielen Dank für eure Antworten und Einschätzungen.
    Es ist fast ein wenig beruhigend, dass andere Kinder ähnliche Schwierigkeiten haben...
    Und es ist gut, dass ihr mich darin bestärkt, konsequent zu sein. Ich gebe zu, das fällt mir oft nicht leicht. Das war früher bei meinem Sohn auch schon so, aber seitdem habe ich einiges dazugelernt. (Aus meinem Sohn ist aber trotzdem ein prima Kerl geworden)

    Du redest Dir ein, dass Du bei Deinem armen kranken Kind erzieherisch nicht durchgreifen kannst.

    Myronn, da hast du mich anscheinend nicht richtig verstanden, ich akzeptiere ihr Verhalten nicht und die Zeit, in der sie als krankes Kind verwöhnt wurde ist lange vorbei. Es hat natürlich eine Zeit gedauert, das wieder auf Normalmaß herunter zu schrauben, aber das ist nicht das Thema.
    Mein Problem ist nicht die grundsätzliche Haltung, ich habe aber das Gefühl, immer wieder vor die gleiche Wand zu rennen.
    Ich habe die Krankheit meiner Tochter erwähnt, weil ich den Verdacht
    habe, dass sie seitdem manches gar nicht kontrollieren kann, zB ihre
    aufbrausende Art und ihre Unflexibilität. Gerade das verunsichert mich
    und macht es schwierig. Ich empfinde es als Gratwanderung zwischen fordern und überfordern. Ich will sie nicht in Watte packen sondern ihr die Grenzen zeigen. Aber seit einem Jahr machen wir da kaum Fortschritte. Mag sein, dass sie gelegentlich meine Unsicherheit spürt, die kann ich aber leider nicht ausknipsen.
    Myronn, du bist ja psychologisch fit, kannst du mir etwas raten zum Umgang mit den Resten der Zwanghaftigkeit?
    Und wie schaffe ich es, mich nicht so emotional verwickeln zu lassen..?

  • Ich denke diese Zwanghaftigkeit wächst sich mit der Zeit heraus. Du schreibst ja, dass das vielleicht noch so Überbleibsel sind, die da mal durchscheinen. Immer wenn so ein Kind ein Problem hat, fällt es auch gerne in alte Verhaltensmuster zurück. Das schafft ja für den ersten Moment Sicherheit und Vertrautheit.


    Die interessantere Frage ist, wie Du aus dieser emotionalen Spirale kommst. Die Antwort darauf ist aber recht simpel:


    Im Umgang mit meiner Ex-Frau hatte ich das große Problem, dass sie es mit Leichtigkeit schaffte, bestimmte Knöpfe bei mir zu drücken und mich so emotional "zu erwischen" obwohl ich das nicht wollte. Ich ärgerte mich total darüber und wusste nicht, wie ich das abstellen kann. Eines Tages sprach ich mit einem befreundeten Psychologen/NLP'ler darüber und der gab mir eine ganz simple Handlungsanweisung, die mir sehr half - auch in anderen Situationen. Dazu gehört nur ein bisschen Fantasie und Imaginationsbereitschaft.


    Wenn Du in diesen Strudel gerätst, bist Du mit Deiner Reaktion unzufrieden nicht wahr? Du wünschst Dir, anders zu reagieren und ärgerst Dich nach der Situation, dass Dir das nicht gelang. Richtig? Gut ... dann überlege nun einmal, wie würde denn eine souveräne und selbstbewusste Frau in der Situation reagieren. Frage Dich doch mal bitte kurz folgendes: Welche Charaktereigenschaften würde meine Ziel-Sonne (kenne Deinen Vornamen nicht...) denn haben, um so eine Situation zu meistern. In meinem Fall damals war es so, dass ich mir wünschte, mehr Selbstbewusstsein zu haben. Souveränität, Gleichmut, Coolness, Beherrschung ... eine Reihe solcher Punkte halt... wird bei Dir ähnlich sein.


    Im Schritt zwei nun stelle Dir vor dem geistigen Auge vor, wie diese Ziel-Sonne an ihrem Schreibtisch sitzt. Wie sitzt sie da? Mimik? Gestik? Körperhaltung? Was strahlt sie dabei aus? Stelle Dir das so genau wie möglich vor. Hast Du es? Klar vor Augen? Fühlt sich gut an oder? DAS wäre doch die Ziel-Sonne, die die Situation meistert und sich nicht von der Situation beherrschen lässt ...


    Dann gehe zu Schritt drei über: Versetze Dich in diese Ziel-Sonne. Schlüpfe in sie hinein und fülle sie aus. Nimm an dem Schreibtisch Platz und spüre, wie diese Ziel-Sonne da sitzt und die Situation beherrscht. Tauche in diese Rolle ein. Tue es ganz bewusst. Fühle, wie sich das anfühlt, wenn man überlegen ist, spüre die Ruhe, das Selbstbewusstsein. SO willst Du sein. SO willst Du die Situation meistern...


    Es mag ein paar Minuten dauern, bis Du diesen Zustand erreichst. Übe es. Immer wieder. Anfangs ist es ein Vorgang, den Du steuern musst. Später dann geht Dir das in Fleisch und Blut über. Es wird Dir nicht gleich gelingen und nicht sofort in akuten Situationen helfen. Aber mit der Zeit schon! Nach und nach wird sich Dein Verhalten ändern und Du wirst anders auftreten. Und das ist ja das Rezept... mit Deinem Auftreten wirkst Du auf Deine Umwelt und sie wirkt auf Dich. Wir alle kennen das doch im Alltag, wenn wir Menschen begegnen. Ihre Ausstrahlung bewirkt doch, wie wir uns verhalten.


    Aber an dieser Ausstrahlung kann man was verändern!


    In meinem Fall war es so, dass sich dieses Verfahren super bewährt hat und es mir innerhalb weniger Wochen gelang, mich von diesen schlechten Verhaltensmustern zu verabschieden. Seither kommt sie an mich emotional nicht mehr heran und mir geht es sehr gut. Ich bekomme noch Herzklopfen und der Blutdruck steigt... aber wenn ich das merke, visualisiere ich nur kurz mein Ziel-Ego und schwups... ist es da und hilft mir durch die Situation.


    Liebe Grüße

  • Vielen Dank Myronn, das hört sich nach einer sehr guten Strategie an! Endlich mal ein handfester Tipp für den Alltag.
    Ich werde das auf jeden Fall versuchen. Dieses Imaginieren geht ja schon ein wenig in Richtung Autosuggestion, was ich als Teil des autogenen Trainings schon kennengelernt habe. Bin bisher nur nicht auf die Idee gekommen, das in diesem Zusammenhang einzusetzen, da ich das auch schon länger nicht mehr praktiziert habe.


    Ein Grund, weswegen ich die Empfehlungen der Therapeutinnen manchmal angezweifelt habe war, dass die alle selbst keine Kinder haben und da ist ein "Seien sie konsequent!" einfach gesagt. Deshalb ist mir eure Einschätzung hier als Eltern - und als Alleinerziehende - auch wichtig. Ihr kennt die Schwierigkeiten im Alltag, wenn man allein verantwortlich ist für alles und keine Unterstützung hat. Und Danke auch, dass ihr mich daran erinnert habt, die Suche nach einem passenden Therapeuten für mich wieder aufzunehmen, das habe ich auch wieder schleifen lassen in den letzten Monaten... Ich bin zwar nicht mehr akut in einer Depression, aber mein Antrieb, meine Kraft ist noch eher schwach, muss mich für alles aufraffen. Manchmal ist es gut, die Dinge gesagt zu bekommen, die man gern beiseite schiebt...

  • Ein "Therapeut" hat meiner Ex-Frau und mir mal gesagt: Naja, dann muss Ihr Kind eben mit Gewalt dahin gezwungen werden wo er hin soll... wenn Mama-Zeit ist, dann ist eben Mama-Zeit, egal ob er brüllt und schreit. Daran muss er sich schon gewöhnen. O-Ton Ende ...


    Versuche das mal mit der Ziel-Sonne! Es klappt erstaunlich gut. Und es ist einfach ein super geiles Gefühl, wenn es zum ersten Mal klappt. Man sitzt da und denkt: WOW! Das war jetzt ich??? :)

  • Du willst damit andeuten, dass nicht überall, wo Therapeut drauf steht, auch Therapeut drin ist..? ;)
    Schwarze Schafe gibt es leider in jedem Metier, deshalb verlasse ich mich im Zweifelsfall auch lieber auf meine Intuition, als auf den Rat Anderer, egal was auf deren Türschild steht... Aber ich hole mir gern verschiedene Meinungen und Anregungen ein um den Horizont meiner Intuition zu erweitern.
    Und das mit den Ziel-Ego ist eine gute Anregung.

  • Hallo Sonne!


    Wie läuft es derzeit bei euch zu Hause?


    Bei uns läuft es richtig gut. Wir haben viele Schritte nach vorn gemacht und konnten uns beide mit großen Schritten annähern. Ich genieße es. Zumal ich selbst auch mich in meine Mutterrolle gefunden habe - das ist aber eine andere Geschichte.
    Nun hat Dropsie bald Geburtstag und ich mache mir so langsam meine Gedanken, welche Wünsche ich ihr erfüllen kann.


    Dropsie ist auch wieder sehr zugänglich und fühlt sich selbst auch wieder wohl. Viele ihrer Arbeiten machen wir gemeinsam. Schultasche kontrollieren, Schulsachen kaufen, Kleidung zurecht legen und sowas alles. Wir haben beide viel Spaß dabei und empfinden es selbst nicht, als Arbeit oder Pflicht.
    Dennoch halte ich an den Regeln und der Konsequenz fest und es läuft.

  • Danke der Nachfrage, es lief ganz passabel bis auf eine Situation.
    Allerdings ist sie seit 4 Tagen richtig krank (über 39°, Mandeln dick und alles tut weh), da haben wir dann keine Probleme.
    Sie ist dann immer sehr tapfer und auch kooperativ und ich "darf" sie verwöhnen, ohne dabei inkonsequent zu sein.

  • Hallo Sonne!


    Ich denke, kleine "Ausreisser" sind völlig normal. Die hat jeder in der Familie.
    Ich denke mir immer, dass ich doch ein tolles Kind habe: Sie lügt nicht, sie stiehlt nicht, sie gibt ihr Bestes in der Schule, sie ist ehrlich und sie hat Vertrauen zu mir und weiß, dass sie jederzeit zu mir kommen kann.
    In einer schwierigen Situation ist es manchmal schwierig genau an die Punkte zu denken. Aber nach der Situation kommen sie ganz schnell wieder schnell in den Kopf.


    Ich wünsche deiner Tochter aber gute und schnelle Besserung. Klingt nach einer fiesen Mandelentzündung und ich hoffe, dass sie schnell wieder auf die Beine kommt.