Schulkids von heute tun mir irgendwie leid....

Hallo,
mir geht es wie Dir.

Was ist heute noch Kindheit?
Ich habe selbst zwei Kinder (9 und 11).
Die sind vormittags in den Schulen (GS und Gymi)
haben manchmal nachmittags Unterricht
und müssen ansonsten echt pauken,
vor allen Dingen mein Sohn für das Gymi.
Es wird viel verlangt.

Ich tue aber auch ALLES, dass meine Schätze
sich individuell entwickeln können, presse sie also
nicht in irgendwelches Ganztagssachen.

Jede kostbare freie Minute sollen sie entscheiden können, was sie
mit wem machen können und wo.

Ich finde es nicht gut, wenn Kinder von morgens bis spätnachmittags
in der gleichen Einrichtung sind und immer die gleichen Wände sehen.
Und immer die gleichen Kinder und Pädagoginnen um sich rum haben.

Das schränkt meiner Meinung nach viel zu sehr ein.

Bitter ist es aber, dass man als AE dann nicht so viel arbeiten kann und
die kleine Familie folglich weniger Geld hat.

Ach ja, und zu den Ganztagsschulnoten.
Die würde bei etlichen Kinder viel schlechter werden.
Wer lernt denn dort intensiv mit ihnen, bis sie es kapiert haben???
Übernimmt die Schule dann die Verantwortung für die Noten oder wie ist das?

Tja, das mit der Ganztagsschule ist so ne Sache ... wir haben bei uns 2 Gymnasien, eines davon ist bereits GTS, das andere (auf das meine Tochter geht) hat nun die Genehmigung und entsprechende Gelder bewilligt bekommen und wird im Laufe des nächsten Schuljahres nach einigen Umbaumaßnahmen ebenfalls zur GTS. Selbst wenn ich ein Problem damit hätte ... ich könnt das gar nicht ändern, es sei denn, ich schick mein Kind auf ein anderes Gymnasium in die nächste Stadt (welches ebenfalls einen Antrag auf GTS laufen hat ...)

Ich seh das aber nicht ganz so dramatisch. Dank G8 hätte meine Tochter ohnehin ab nächstem Schuljahr 3x wöchentlich nachmittags Unterricht, sprich Schulschluss zwischen 15:00 und 16:00 Uhr. (Momentan 1x bis 15:00 Uhr). Vorteil: an Tagen, an denen bis 15 Uhr Unterricht ist, dürfen keine Hausis für den nächsten Tag aufgegeben werden. Ist aber Augenwischerei, denn die Hausaufgaben werden dann eben für den übernächsten Tag aufgegeben ... und summieren sich entsprechend, wenn sie nicht gleich erledigt werden. Dank Einführung der Doppelstunden seit dem laufenden Schuljahr hat sich die Hausaufgabensituation aber super entspannt. Meistens sinds 2 Fächer, in denen sie was aufkriegt, dauert im schlimmsten Fall ne Stunde, in aller Regel ist sie aber innerhalb von ner halben Stunde damit durch. Mit GTS hat sich das Thema Hausaufgaben für uns erledigt, die wirds dann so nicht mehr geben. Klar, lernen muss sie zu Hause für das ein oder andere Fach immer noch, aber sie da mit permanentem "Du musst das aber jetzt noch üben" Methodik durch die Schule zu quälen hab ich nie gemacht und werd es auch nicht. Wenn ich merken sollte, das Gymmi ist nix für sie, wäre es mir lieber, sie legt nen gescheite Mittlere Reife Abschluss hin, als ein gequältes Abi. Leider steh ich mit dieser Meinung relativ alleine da. Alleine in der Klasse meiner Tochter sind fast die Hälfte der Schüler gegen die Empfehlung der Grundschule auf dem Gymmi und tun sich entsprechend schwer, sowohl im Unterricht als auch bei den Hausaufgaben. Die Hausaufgaben sind ausgelegt, das pro Fach durchschnittlich 20 Minuten benötigt werden sollen. Das passt auch - seh ich bei meiner. Klar gibt auch mal Tage an denen es nicht so rund läuft, aber in aller Regel kommt sie mit dem vorgegebenen Zeitrahmen locker aus. Und dann höre ich immer wieder, wie über die stundenlangen HAs gestöhnt wird - vornehmlich von den Eltern, die ihr Kind gegen den Rat der Grundschule aufs Gymmi geschickt haben. Falscher Ehrgeiz der Eltern, meiner Meinung nach. Und dieser Ehrgeiz treibt in unserer Klasse Blüten, die ich nicht für möglich gehalten hätte ... aktuell hab ich als EB mit einem Fall zu tun, wo es um ein "erkauftes" Attest bezüglich LRS geht. Der fraglichen Schülerin wurde der Notenschutz jetzt aberkannt, weil sie dank diesem in Deutsch auch ohne Notenschutz ein Zweierkandidat ist (vorher dank Notenschutz durchgehend Einser, bei ner Zwei ist sie in Tränen ausgebrochen) und das Mädel im Vorlesewettbewerb der Unterstufe den dritten Platz belegt hat. Das ebenfalls vorliegende Attest bzgl. Dyskalkulie wird gerade amtsärztlich geprüft, hier ist sie halt wirklich kein Überflieger. Und war es auch in der Grundschule nicht, aber schon damals hat die Klassenlehrerin Zweifel an dieser Diagnose geäussert...

Egal, ich schweif vom Thema ab ... bei uns beginnen gerade viele Sportvereine die Trainingszeiten den GTS Zeiten anzupassen. Genauer gesagt: die Gruppen werden in Altersstufen neu aufgeteilt. Ziel ist es, die Trainingseinheiten für 5. Klässler und höher nicht vor 17 Uhr stattfinden zu lassen. Wird nicht überall klappen und hat auch einige seltsame Auswüchse (meine Tochter hat ab Sommer statt einmal die Woche 90 Minuten dann 2x die Woche 45 Minuten Training, das wird für uns vermutlich so nicht funktionieren) aber im Grunde wird da Hand in Hand mit den Schulen gearbeitet.

Fakt ist: Mit G8 ist der Unterrichtsstoff nicht an 5 Tagen die Woche vormittags zu bewältigen. Die Alternative wäre Samstagsunterricht (den gabs bei uns damals auch), und mir persönlich wäre diese Alternative definitiv nicht lieber! Ich stelle mir gerade vor, um wieviel schwieriger der Umgang mit dem nicht-betreuenden Elternteil dadurch wird, wenn Kind Samstags noch 6 Stunden Unterricht hat.... von diversen anderen Plänen, die man am WE ja gerne hat, mal ganz abgesehen. Wir haben in unser Wochenende eine Übungseinheit Mathe eingebaut, die an festen Zeiten mit meinem Bruder stattfindet. Klappt zig mal besser, als wenn ich mit ihr lerne (ich mach das im Gegenzug mit meinem Neffen in Englisch) und seitdem wir diese Art "Nachhilfe" (ist eigentlich eher ne Wiederholung des Lernstoffs der Woche, zumindest bei meiner Tochter) eingeführt haben, klappt es deutlich besser in Mathe.

Wir sind noch samstags in die Schule getrabt.
Wir hatten nachmittägliche Klassenveranstaltungen, genannt Pioniernachmittag oder FDJ-Gruppenversammlung.
Wir hatten täglich in allen Stunden nahezu pausenlos Frontalunterricht. Eigenes Entdeckertum wurde nicht gefördert.
Wir hatten wiederzugeben, was uns vorher eingebläut worden war.
Wir hatten nicht die Infomöglichkeiten, die es heute gibt.

Aber wir hatten auch einen Bildungsplan vom Kleinkindalter bis zum Abi. Wir wurden im Kiga umfassend auf die Schule vorbereitet und waren in der 1. Klasse nicht damit überfordert, Schreibschrift und Druckschrift auf einmal zu lernen, Mengen zu unterscheiden und Kreise auszuschneiden.

Ich finde nach wie vor, dass zuviel Potential im Vorschulalter verplempert wird, dass Kinder ausgebremst und nicht richtig gefördert werden. Und dann fällt G8 natürlich schwer.

Vergleichen kann man früher und heute sowieso nicht.
Ich jedenfalls beneide meine Kinder manchmal um die Möglichkeiten, die sie heute haben und die wir nicht hatten.

Zitat von Czeltik

Man muss nicht alles wissen aber wissen wo man es herbekommt... :brille

Keine Sorge, Schüler wissen, wo sie sich im Netz informieren können. Nur leider glauben sie, mit copy & paste ist es getan. Sie lernen nicht mehr, dass es anstrengend ist, sich Infos zu beschaffen und auszuwählen. Sie kriegen so viel präsentiert und fertig zubereitet vor die Nase gestellt, dass es ihnen oft zu mühsam ist, wenn sie sich selber anstrengen müssen.

Das ist bei uns wirklich total anders. Meine Tochter hat durch die Ganztagsschule VIEL mehr Freizeit als vorher. Sie ist um 15.45 Uhr daheim, und wie hast du so schön gesagt, die Schultasche wird in die Ecke gefeuert, und bis zum nächsten Morgen nicht mehr angesehen. UND wir haben keine mittäglichen Hausaufgabenkatastrophen mehr, die sich durch gelegentliche Totalverweigerung durchaus mal bis abends hinziehen konnten.

Abgesehen davon ziehen ja nicht alle GTS (gerade in den frühen Klassen) den Unterricht bis nachmittags gnadenlos durch, sondern machen ganz viele zusätzliche Kurse und AG's, mit Dingen wie Hip Hop (das steht gerade hoch im Kurs bei meiner Tochter) oder Sport oder Kunst oder, oder...

Bei uns gibts ja noch die sogenannte Band-Class, an dem ein kompletter Tag für Proben, Musikunterricht (den ich mir sonst niemals auch noch leisten könnte) verwendet wird.

Also ich persönlich bin im Sinne meiner Tochter schwer begeistert von der GTS, weil sie nun unendlich viele Dinge tun KANN (aber nicht muss), und trotzdem den Nachmittag ab vier Uhr "chillen" (dass ich das noch mal sage :ohnmacht: ) kann.

Liebe Grüße MacKayla

Zitat

Wie soll denn ein Kind selbständiges Lernen und Arbeiten angewöhnen, wenn ständig bei jeder Schwierigkeit Mami oder Papi oder die Lehrkraft hilft?? :kopf

:daumen Sehe ich genauso! Aber leider gibt es ne Menge Eltern, die das anders sehen. Ich fands immer belustigen, wenn an jedem Elternabend in der Grundschule von der Lehrerin drum gebeten wurde, die Kinder doch bitte ihre Hausaufgaben selbst erledigen zu lassen. Sämtliche Eltern saßen mit Unschuldsmiene da nach dem Motto "Wer macht denn wohl sowas böses?" Bei einigen Kindern war es schon auffällig, daß die HAs immer aufs Komma genau saßen und in den Klassenarbeiten dann sämtliches Wissen auf einmal wie weggeblasen war ...

Wir haben gerade heute die neuesten Planungen hinsichtlich Unterrichtsgestaltung der neuen GTS bekommen, und ich muß sagen, wenn die das so in die Tat umsetzen, hört sich das wirklich nicht schlecht an. Jahrgangsbezogen werden vielfältige AGs angeboten, einige davon als sogenannte Wahlpflichtfächer, für die es zwar keine Benotung aber Teilnahmepunkte gibt, eine bestimmte Mindestpunktzahl ist dann (angeblich) Voraussetzung für die Zulassung zu Sek II. Find ich nicht schlecht, weil da eigentlich für jeden was dabei ist, von div. Sportarten über Naturwissenschaften, Fremdsprachen bis hin zu heiss begehrten Astronomie AG (die Schule hat eine eigene Sternwarte). Mal schauen ob Töchterlein in der 8. Klasse (wird ab dieser Jahrgangstufe aufwärts angeboten) dann immer noch so begeistert davon ist. Die AG findet nämlich Freitags abends statt, mit gelegentlichen Übernachtungen Ausserdem sind für die jüngeren Jahrgänge ausreichend Freiräume fürs Toben und beaufsichtigte Spielen eingeplant. Die Mittagspause ist 75 Minuten auch ok und wird in zwei Schichten für Unter- und Mittelstufe abgehalten, die Oberstufe hat ohnehin ihre eigene Mensa und auch einen komplett anders ausgelegten Stundenplan. Naja, bin mal gespannt, was von diesen großartigen Plänen am Ende übrig bleibt ... bisher hat an dieser Schule lange nicht alles geklappt, was vollmundig verkündet wurde ...