Wer hat Recht? Im Dunstkreis von Kindesmisshandlung, Gutachten und Gerichtsentscheiden. Ein Fallbeispiel

  • Ein ganz düsteres Kapitel in der deutschen Rechtsgeschichte wird gerade fortgeschrieben und schlägt zumindest in Rheinland-Pfalz so hohe Wellen, dass die Lokalpresse berichtet und der SWR es mit in die Nachrichtensendung aufnimmt. Eine Mainzer Rechtsmedizinerin, seit Jahren mit Gutachten von Gerichten beauftragt, hatte Untersuchungen in einem besonderen Fall angestellt. Im Gutachten kam sie zu dem Schluss, dass ein starker Verdacht auf Kindesmisshandlung bestehen würde. Aufgrund dieses medizinisch fundierten Verdachts nahm das Jugendamt zwei Kinder einer Familie in Obhut. Es gab ein Gerichtsverfahren, ein Gegengutachten eines Kinderarztes, eine zweite Instanz. Die Gerichte folgten dem Gegengutachten und sprachen der Rechtsmedizinerin gegenüber ein eklatantes Versagen im Gutachten aus. Sie verlor daraufhin ihren Job an der Universität Mainz, wurde nicht mehr mit Begutachtungsaufträgen versehen. Wurde in der BILD-Zeitung übelst beschimpft. Aufgrund spezifischer juristischer Feinheiten konnte sie gegen die ergangenen Urteile keinen Widerspruch einlegen. Das hätten die Behörden tun müssen, die sie beauftragt hatten.

    Der betroffenen Familie, denen die Kinder vom JA weggenommen wurden, hatten einen Schadenersatz von einer Behördenversicherung erhalten im niedrigen sechsstelligen Bereich. Den versucht die Versicherung nun von der Medizinerin zurück zu holen. Erst dadurch ist sie wieder Verfahrensbeteiligte. Und konnte Anträge stellen. Zum Beispiel den Antrag, Gutachten und Gegengutachten durch ein drittes Gutachten überprüfen zu lassen. Das ist jetzt geschehen. Und das Ergebnis ist erschreckend. Das neue Gutachten bestätigt den starken Verdacht der Rechtsmedizinerin im Gutachten von 2013. Nachzulesen ist die Geschichte hier. Achtung, Warnung: Es ist in den beschriebenen Einzelheiten des Verfahrens eine harte Geschichte:


    Fehlurteil nach Kindesmisshandlung? Rechtsmedizinerin: „Ich hatte Recht“ (merkurist.de)


    Das aktuell laufende Verfahren ist noch nicht beendet. Aber es zeigt bereits jetzt die hohe Problematik in solchen Verfahren: Was muss, was kann getan werden, um Kinder zu schützen? Sind die Kinder damals zu Unrecht den Eltern weggenommen und zum Glück wieder zurückgeführt worden? Sind einer fehlerhaft beurteilenden Gutachterin "endlich" die nötigen Grenzen aufgewiesen worden? Wie hoch ist die Sachkompetenz von Gerichten? Sind Kinder etwa Tätern wieder ausgeliefert worden?

    Als Außenstehender kann man diese Ereignisse nur beobachten und hoffen, dass "die richtige Entscheidung" nun getroffen wird.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

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  • Ohne jetzt im Link gelesen zu haben - ich weiß nicht, ob ich mir das jetzt vor der Arbeit noch antun kann - das ist doch jetzt mindestens 10 Jahre her. Müssten nicht die betroffenen Kindern spätestens jetzt selbst sagen können, was stimmt, oder nicht?

    LG
    CoCo




    Halte mich fern von der Weisheit, die nicht weint; von der Philosophie, die nicht lacht und von der Größe, die sich nicht vor Kindern verneigt.
    ~ Kalil Gibran ~

  • Die Kinder jetzt zu befragen würde auch sicher ein schwieriges Unterfangen werden.


    Ansonsten finde ich es wie die Rechtsmedizinerin fragwürdig, dass nicht noch ein drittes Gutachten erstellt wurde. Auch würde ich von meinem Verständnis her ein Gutachten von einer bis dato unbescholtenen und unabhängigen Rechtsmedizinerin als höherwertiger einstufen als das vom Kinderarzt.


    Das der Richter sich selbst als dritte Meinung für fundiert genug hielt. Hm...ich empfinde das schon als sehr merkwürdig.


    Ich finde es viel zu brisant und vielleicht auch wegweisend, wenn man mit einer Rechtsmedizinerin so umgeht. Auch wenn sie falsch lag.


    Überlegen dann nicht Rechtsmediziner irgendwann dreifach, ob es auch reicht für einen Verdacht?