Huhuu,
mit meinen 28 Jahren bin ich bisher jeden Morgen mit der völligen Überzeugung aufgestanden, dass alles schön ist wie es ist und ich nichts ungeschehen machen würde. Klar habe ich auch „Fehler“ gemacht, aber alles hat sich immer irgendwie gelöst und es gab keinen Grund etwas zu bereuen. Wenn mal etwas schief lief, war es immer der Start für etwas schönes. Nichts was mich wirklich aus der Bahn geworfen hätte oder nicht im Endeffekt eine gute Wendung genommen hätte. Wenn es um Unzufriedenheit ging war mein persönliches Statement immer: „Ich könnte heute sterben und wäre glücklich über jeden Tag den ich erlebt habe“ - keine verpassten Chancen oder unerfüllbare Träume.
Ich habe einen „gut bezahlten“ Job den ich bewusst gewählt habe und noch heute gern mache (okay … 10 Jahre ist nun auch noch nicht ewig), viele Hobbys auf verschiedenen Gebieten (ja, Sport eher weniger), Freunde auf die ich mich verlassen kann und keine massiven „Störfelder“ in meinem Leben.
Ich mag Chaos und habe es trotz meines Prokrastinationsdrang geschafft ein im Gesellschaftsbild „geregeltes Leben“ zu führen. Hier und da mit ein paar extremen Ticks und unüblichen Eigenarten - aber doch so, dass ich „als gesellschaftlich integriert“ gelte
Nun bin ich Schwanger … ohne Partner. Aus einem unterhaltsamen Sommerflirt entsteht nun diesen Sommer ein Kind - bzw. wächst es ja jetzt schon - in mir. Der zukünftige Papa (300 km entfernt) war alles andere als erfreut und nach ein paar Telefonaten im kritischen 12 Wochen Zeitraum herrscht nun Funkstille.
Eine Abtreibung kam für mich trotz „ungeplant“ nach dem ersten Schock nicht infrage, nun bin ich „selbst schuld“ an meiner Situation.
Und an was ich jetzt alles denken muss…
Wohnung, Arzttermine, Hebamme, ggf. Geburtshaus, Info Arbeitgeber, Elterngeld/-zeit, Kindergeld, Unterhalt, Kinderbetreuung, Erstausstattung, Ernährung … um mal nur das „Greifbare“ zu nennen.
Hinzu kommen die ganzen „Luxusprobleme“ - Wem sag ich es wann, wie gehe ich mit „doofen Fragen“ um, wie reagier ich auf erfreute Menschen obwohl ich mich noch nicht wirklich freue, wem stehen welche Infos zu, was mach ich wann …
Ja ich habe einige „Listen“ … Sachen um die ich mich kümmern muss, Dinge die ich fürs Baby kaufen muss, Finanzsituation, aktuelle Ausgabenübersicht … hinzu alle Listen die ich ehh schon immer führe um den Überblick über 1000 Aufgaben zu behalten.
Ich fühl mich grad massiv überfordert … und absolut antriebslos. Bisher war ich selten zuhause, täglich Termine neben der Arbeit und nun nehme ich sogar Termine ohne abzusagen nicht wahr … sitze abends zuhause und lasse unnütz Zeit verstreichen. (Selbst im Job fällt es mir schwer mich auf wichtiges zu konzentrieren.) Erledigungen werden verschleppt, Zeit vertrödelt, Gespräche verschleppt. Ich mal grad gedankliche Horrorbilder in den schönsten Farben!
Ich weiss … mit Ende 20 Schwanger ist okay, ohne Partner heute nicht mehr unüblich und finanziell geht es mir nicht sooooo schlecht. Trotzdem kann ich mich noch nicht richtig freuen. Klar gibt es Tage an denen ich denke „wird schon alles gutgehen“ - aber seit 2 Wochen ist es eher eine Last. Die Angst, dass ehh alles schief läuft und ein Umfeld was sich freut - ja es geht mir auf die Nerven wenn Menschen sich über meine Schwangerschaft freuen und auch noch erwarten, dass ich vor Glück platze. Tue ich eben nicht … und im lügen war ich schon immer schlecht
Habe mich dann letzte Woche endlich bemüht mal zu „rechnen“ wie es nach dem Mutterschutz weitergehen kann - Elternzeit mit Elterngeld hieße aufstockend Alg2 bzw. Wohngeldvorrang … Glückwunsch. Ja, dass lässt mich noch mehr verzweifeln … es ist so krass!! Durch den Schock hatte ich dann kurzfristig einen „Caritas“-Termin vereinbart. Ergebnis: Aktuell habe ich 100 Euro im Monat zuviel für Unterstützung Erstausstattung - was nach der Geburt wird interessiert dort nicht. Informativ war es leider auch nicht. Alles was die Dame mir erklärt hat war mir bekannt und im Bezug auf diverse Fragen meinerseits hatte sie kaum eine konkrete Antwort und sagte nur zu welchen Behörden ich dafür müsste (DAS was mir bekannt) und immer „jetzt genießen Sie erstmal ihre Schwangerschaft, es ist doch noch Zeit“ und „warten sie mal ab, vllt wird es gar nicht so schlimm“ … ähm … ja nein ist klar … ich kann rechnen (habe selbst mal im Jobcenter gearbeitet)
Wie genießt man seine Schwangerschaft wenn einen Existenzängste quälen? Wie macht man das in der Elternzeit? Wie kann man seine Ausgaben um 1/6 kürzen plus zusätzliche Ausgaben durch Kind bzw wieviel „kostet“ ein Kind im Monat zusätzlich?
Jaaaa … ich sehe euch schon die Augen Verleihern Nein, bisher habe ich mir nie Gedanken um Geld gemacht - es lief alles ohne große Überlegungen mit +-0 … Geld war „Mittel zum Zweck“ und nichts was für mich wichtig war. Ich kam immer hin ohne großen Luxus, aber auch ohne Haushaltsplan. Es hat bisher für mich gereicht und ich musste keine Existenzängste haben.
Ich bin einfach schockiert, dass wir im Sozialstaat Deutschland heutzutage „Geburtenrückgang“ beklagen und gleichzeitig ein System bieten wo eine bisher vollberufstätige Person das 2 Monate alte Kind in 9-10h/Tag Betreuung geben müsste um nicht in die Privatinsolvenz getrieben zu werden.
Sorry, da fällt mir nicht mehr viel zu ein. Es macht mich tieftraurig - ändert aber auch nichts an meiner jetzigen Situation.
Ich habe mich unabhängig von den finanziellen Auswirkungen für das Kind entschieden, allerdings war ich da offensichtlich enorm blauäugig!
Soooooo … das musste jetzt einfach mal alles raus. Ja ich hoffe auch, „dass es schon irgendwie geht“ und dass meine depressive Motivationslosigkeit nur durch „die Hormone“ verursacht wird.
Lg und danke fürs „ewiglangen Meckertext“ lesen
Chaosclown
PS: Und ja, ich bin eigentlich witzig, unterhaltsam und sehr lebenslustig - klappt nur grad irgendwie nicht