Innere Zerrissenheit

  • Teil 1:
    Ich sags mal so, meine Tochter, also meine Kleine, kommt schon stark nach mir. Nicht nur im positiven Verhalten, sondern auch in einigen negativen Punkten. Ich war als Kind ähnlich schwierig und meine Mutter war sicher heilfroh, nur ein Kind gehabt zu haben. Wenn das in den Genen liegt, ist das also sicher eine Komponenten.


    Diese Bindungsstörung hat sie ja schon lange. D.h. es ist ja nicht so, dass wir erst seit 2 Jahren Probleme mit ihr haben. Nur hat sie dies anfangs anders ausgedrückt. Mit 3 nannte sie die Erzieherinnen Mama und zeigte stark distanzloses Verhalten. Sie hat nie wie andere Kinder gefremdelt. Natürlich habe ich das ernst genommen und es folgte der erste Besuch beim Psychologen. Es folgten verschiedene Spieltherapien, Ergotherapie, etc. Mit 4-5 wurde es aber dennoch schlimmer und es zeigte sich die ganze Bandbreite von ADHS Symptomen, dazu ging es da mit dem Klauen los. Erst noch Süssigkeiten im Kindergarten, später auch mal Geld und andere Dinge. Der KiGa "diagnostizierte" ADHS und wir sollten einen Integrationskindergartenplatz beantragen. Das haben wir auch gemacht. Sie hatte danach 2 Jahre eine spezielle Einzelbetreuung im Kindergarten. Es folgten wieder Psychologengespräche und wir wurden aufgeklärt. Erstmalig wurde auch die Bindungsstörung diagnostiziert. Uns wurde gesagt, die kann man nicht wirklich therapieren in dem Alter und für das Kind sei wichtig, dass es eine sicher Bindung habe und man ihm das zeigt. Sowohl meine Partnerin, als auch ich, haben das auch so versucht, ihr die Aufmerksamkeit gegeben, die sie brauchte. Trotz der Probleme lief es in der Familie harmonisch ab. Meine Große liebte ihre Schwester und plante und organisierte immer ihre Geburtstage, um es ihr besonders schön zu machen. Mein Sohn, der etwas hinten dran war, was die Entwicklung anging, hatte mit seiner kleinen Schwester eine treue Spielkameradin. Die beiden waren unzertrennlich. Mit 7 folgte erst die Einschulung, weil der Kindergarten sie nicht loslassen wollte, weil sie noch nicht schulreif war und noch den geschützen Rahmen brauche. Auch da hab ich mich überall rückversichert, welche Entscheidung die richtige ist und so stimmte ich zu. Keine Ahnung, ob es so gut war. Mit 7 erst kam sie dann in die Schule, aber auch hier zunächst in die Vorklasse. In diesem Jahre lief alles auf einmal super. Die Lehrerin war eine ältere, sehr erfahrene Dame und sie machte im Unterricht mit und wir hatten fast das Gefühl, wieder ein "normales" Kind zu haben. Sicher suchte sie vermehrt Aufmerksamkeit. Aber ich hatte das immer aufgeteilt und auch versucht, mit jedem Kind alleine etwas zu machen. So gab es auch am Abend 1 1/2 Stunden zu Bett geh Ritual. D.h. halbe Stunde der Kleinen etwas vorlesen oder spielen, dann meinem Sohn, dann die Große. Einfach auch, um jeden Kind zu zeigen, dass es seine alleinige Aufmerksamkeit bekommt. Daneben haben wir auch als Familie viel unternommen. Meine Partnerin war da schon 4 Jahre da und die Kinder liebten sie und meine Kleine fragte sie auch, ob sie Mama zu ihr sagen dürfe, da ihre Mutter damals noch sehr distanziert war, was sich erst in den letzten beiden Jahren gebessert hatte. Nach der Einschulung in die 1. Klasse mit 8 Jahren kam dann wieder der Rückschlag. Das Stehlen fing an und sie verteilte das Geld auf dem Schulhof, weil sie damit wohl Freundschaften kaufen wollte. Sie hatte damals ein sehr bestimmenden und dominierendes Verhalten, was ihr Freundschaften erschwerten. Sie wollten den Kindern aufzwingen, was zu spielen war und wenn sie nicht wollten, wurde sie beleidigend und die beginnenden Freundschaften mit Gleichaltrigen meist schon am Ende. So suchte sie sich jüngere Freunde, meinst 4-5 Jährige und spielte oft mit 2 kleinen Zwillingen die erst 2 waren und passte auch öfter auf sie auf, wenn deren Eltern einkaufen waren. Mit den Kleinen ging sie total liebevoll um. Sie hatte in der 1. Klasse ihre bisher einzige konstante Freundin kennen gelernt, die sie bis vor ein paar Wochen noch hatte. Gestern meinte sie, diese Freundschaft wäre im Streit beendet worden und die Freundin hätte den Kontakt abgebrochen. Auch da werde ich heute Abend mal den Vater besuchen, den ich gut kenne, ob man das nicht wieder hinkriegt, denn meine Tochter leidet sehr und das andere Kind legt immer wieder auf, wenn sie dort anruft. In der 2. Klasse zogen wir ins eigene Haus, nicht zuletzt, weil wir auf einen Neuanfang in einer anderen Schule hofften. Es war alles so verfahren, aber es gab auch noch andere Gründe (Vermieterstress). In den Herbstferien der 2. Klasse wechselte sie also in eine Schule am Nachbarort. Dort lief es erst einmal wieder super. Kein Stehlen mehr und eine erfahrene Lehrerin, die ihr sehr gut tat. Sie hatte sehr gute Noten, nur 1er und 2er. Die Klasse selber war dennoch schwierig, denn dort hatte man alle Problemfälle "angesammelt", um drei gut laufende Parallelklassen zu erhalten. Das wusste ich da noch nicht. Es lief also lange gut und meine Partnerin machte Mittags mit ihr HA und die beiden verstanden sich sehr gut. Anfang 3. Klasse kam dann der Schock: Die Lehrerin zog der Liebe wegen weg und eine junge Referendarin übernahm die Klasse. Die war hoffnungslos überfordert und konnte meiner Kleinen nicht mehr die Aufmerksamkeit geben, die sie schulisch brauchte. Die Noten sackten ab, sie wurde immer schwieriger in der Schule, das Stehlen nahm massiv zu, die Probleme zu Hause genauso. Dazu kam, dass sich mein Sohn langsam pubertätsbedingt von seiner Schwester löste und keine Lust mehr hatte, mit ihr zu spielen. Hier war der Krebs noch kein Thema und gegen Mitte der 3. Klasse wurde die ganze Situation so schlimm, dass meine Kleine schulische Erziehungshilfe bekam. Es wurde uns empfohlen, sie in einer Tagesklinik anzumelden und eine Diagnostik zu machen. Dort machte man erst einmal verschiedene Tests und das Thema ADHS wurde genannt. Von den 7 Monaten wo sie dort war, natürlich wieder eine andere Schule - die Klinikschule - , bekam sie 8 Wochen lang verschiedene Medikamente wie Medikinet, Strattera etc. Nachdem diese keine Wirkung zeigten, schloß man ADHS aus und diagnostizierte ebenfalls eine Bindungsstörung (Wie schon Jahre zuvor, aber ich wollte auch eine 2. Meinung haben). Gegen Ende der Behandlung empfahl man uns, Familienhilfe zu beantragen und meine Tochter wieder auf eine andere Schule zu geben. Eine Förderschule für Lernhilfe. Hintergrund war, dass sie aufgrund ihres Verhaltens kaum noch beschulbar war. Eine Schule für Erziehungshilfe wäre eigentlich angebracht gewesen. Daneben erwog ich den Besuch einer anderen Grundschule mit weniger Kindern im Nachbarort. Eben wieder ein Neustart, denn in der alten Schule wäre sie wieder in das alte Umfeld gekommen und das hätte den Therapieerfolg der Tagesklinig gefährdet. Dachten wir alle damals zumindest. Aber ich war auch unsicher, denn wer gibt sein Kind schon freiwillig in eine Sonderschule? Ich forderte einen runden Tisch ein, an dem die Direktoren der verschiedenen Schulen teilnahmen. D.h. ich telefonierte wirklich einige Tage rum auch mit den Mitarbeitern der schulischen Erziehungshilfe. Und ich erreichte meinen runden Tisch. Dabei haben wir dann alle 2 Stunden diskutiert, welche Schulform die beste für meine Tochter sei, wo sie den besten geschützten Rahmen und die meiste Aufmerksamkeit bekommt. Die Grundschule wollte sie nicht wirklich, weil sie dort als deutlich älteste in der Klasse Schwierigkeiten bekäme, die Erziehungshilfe argumentierte damit, dass sie dort im Augenblick das einzige Mädchen unter vielen sexuell auffälligen Jungs sei.. Alle waren sich einig, dass die Schule für Lernhilfe die richtige Schule sei. Ich war aber immer noch unsicher. Also hospitierte ich einige Tage stundenweise in der "künftigen" Klasse und lernte auch die dortige Lehrerin kennen. Ich bekam ein gutes Gefühl. Die Lehrerin war erfahren und ging sehr liebenvoll mit den Schülern um un die Kinder in dieser Klassen waren wohl im Vergleich zu anderen Klassen, strebsamer und wurden teilweise auf die Rückführung an eine Regelschule vorbereitet. Ich entschied mich schweren Herzens dazu und meine Kleine war nach einen Besuch dort ebenfalls angetan. Dazu bekamen wir an 5 Tagen die Woche Familienhilfe. Wirklich besser wurde damit aber kaum etwas, wenn ich jetzt so zurückblicke, obwohl viel an und mit uns gearbeitet wurde. Schulisch bekam sie eine sehr gute Bindung zu ihrer Lehrerin und nach anfänglichen Problemen und späterer, sogar eingeschränkter Beschulung von 2 Stunden am Tag, ging es mit ihr sehr gut. Nur mit den Fachlehrern war nichts zu machen. Sie ging einfach nicht hin und lies sich auf dem Pausenhof suchen oder abholen. Ende letzten Jahrend spitzte sich die Situation zu und die Familienhilfe war überfordert und empfahl eine stationäre Diagnostik. Dort ist sie jetzt seit einigen Wochen.


    Ich denke, dass auch die vielen Lehrer- und Schulwechsel ihren Teil zur Problematik beigetragen haben. Gerade der Wechsel in der 3. Klasse war sehr schlimm. Da haben fast alle Eltern und Kinder auf der Verabschiedung der Lehrerin geweint.

    Sei einfach Du selbst, alle anderen gibt es schon

  • Ich versuchs mal, sorry, war im Fluß und die 10.000 Begrenzung griff zu
    Teil 1:
    Ich sags mal so, meine Tochter, also meine Kleine, kommt schon stark nach mir. Nicht nur im positiven Verhalten, sondern auch in einigen negativen Punkten. Ich war als Kind ähnlich schwierig und meine Mutter war sicher heilfroh, nur ein Kind gehabt zu haben. Wenn das in den Genen liegt, ist das also sicher eine Komponenten.


    Diese Bindungsstörung hat sie ja schon lange. D.h. es ist ja nicht so, dass wir erst seit 2 Jahren Probleme mit ihr haben. Nur hat sie dies anfangs anders ausgedrückt. Mit 3 nannte sie die Erzieherinnen Mama und zeigte stark distanzloses Verhalten. Sie hat nie wie andere Kinder gefremdelt. Natürlich habe ich das ernst genommen und es folgte der erste Besuch beim Psychologen. Es folgten verschiedene Spieltherapien, Ergotherapie, etc.

    Mit 4-5 wurde es aber dennoch schlimmer und es zeigte sich die ganze Bandbreite von ADHS Symptomen, dazu ging es da mit dem Klauen los. Erst noch Süssigkeiten im Kindergarten, später auch mal Geld und andere Dinge. Der KiGa "diagnostizierte" ADHS und wir sollten einen Integrationskindergartenplatz beantragen. Das haben wir auch gemacht. Sie hatte danach 2 Jahre eine spezielle Einzelbetreuung im Kindergarten.

    Es folgten wieder Psychologengespräche und wir wurden aufgeklärt. Erstmalig wurde auch die Bindungsstörung diagnostiziert. Uns wurde gesagt, die kann man nicht wirklich therapieren in dem Alter und für das Kind sei wichtig, dass es eine sicher Bindung habe und man ihm das zeigt. Sowohl meine Partnerin, als auch ich, haben das auch so versucht, ihr die Aufmerksamkeit gegeben, die sie brauchte. Trotz der Probleme lief es in der Familie harmonisch ab. Meine Große liebte ihre Schwester und plante und organisierte immer ihre Geburtstage, um es ihr besonders schön zu machen. Mein Sohn, der etwas hinten dran war, was die Entwicklung anging, hatte mit seiner kleinen Schwester eine treue Spielkameradin. Die beiden waren unzertrennlich.

    Mit 7 folgte erst die Einschulung, weil der Kindergarten sie nicht loslassen wollte, weil sie noch nicht schulreif war und noch den geschützen Rahmen brauche. Auch da hab ich mich überall rückversichert, welche Entscheidung die richtige ist und so stimmte ich zu. Keine Ahnung, ob es so gut war. Mit 7 erst kam sie dann in die Schule, aber auch hier zunächst in die Vorklasse. In diesem Jahre lief alles auf einmal super. Die Lehrerin war eine ältere, sehr erfahrene Dame und sie machte im Unterricht mit und wir hatten fast das Gefühl, wieder ein "normales" Kind zu haben. Sicher suchte sie vermehrt Aufmerksamkeit. Aber ich hatte das immer aufgeteilt und auch versucht, mit jedem Kind alleine etwas zu machen. So gab es auch am Abend 1 1/2 Stunden zu Bett geh Ritual. D.h. halbe Stunde der Kleinen etwas vorlesen oder spielen, dann meinem Sohn, dann die Große. Einfach auch, um jeden Kind zu zeigen, dass es seine alleinige Aufmerksamkeit bekommt. Daneben haben wir auch als Familie viel unternommen. Meine Partnerin war da schon 4 Jahre da und die Kinder liebten sie und meine Kleine fragte sie auch, ob sie Mama zu ihr sagen dürfe, da ihre Mutter damals noch sehr distanziert war, was sich erst in den letzten beiden Jahren gebessert hatte.

    Nach der Einschulung in die 1. Klasse mit 8 Jahren kam dann wieder der Rückschlag. Das Stehlen fing an und sie verteilte das Geld auf dem Schulhof, weil sie damit wohl Freundschaften kaufen wollte. Sie hatte damals ein sehr bestimmenden und dominierendes Verhalten, was ihr Freundschaften erschwerten. Sie wollten den Kindern aufzwingen, was zu spielen war und wenn sie nicht wollten, wurde sie beleidigend und die beginnenden Freundschaften mit Gleichaltrigen meist schon am Ende. So suchte sie sich jüngere Freunde, meinst 4-5 Jährige und spielte oft mit 2 kleinen Zwillingen die erst 2 waren und passte auch öfter auf sie auf, wenn deren Eltern einkaufen waren. Mit den Kleinen ging sie total liebevoll um. Sie hatte in der 1. Klasse ihre bisher einzige konstante Freundin kennen gelernt, die sie bis vor ein paar Wochen noch hatte. Gestern meinte sie, diese Freundschaft wäre im Streit beendet worden und die Freundin hätte den Kontakt abgebrochen. Auch da werde ich heute Abend mal den Vater besuchen, den ich gut kenne, ob man das nicht wieder hinkriegt, denn meine Tochter leidet sehr und das andere Kind legt immer wieder auf, wenn sie dort anruft.

    In der 2. Klasse zogen wir ins eigene Haus, nicht zuletzt, weil wir auf einen Neuanfang in einer anderen Schule hofften. Es war alles so verfahren, aber es gab auch noch andere Gründe (Vermieterstress). In den Herbstferien der 2. Klasse wechselte sie also in eine Schule am Nachbarort. Dort lief es erst einmal wieder super. Kein Stehlen mehr und eine erfahrene Lehrerin, die ihr sehr gut tat. Sie hatte sehr gute Noten, nur 1er und 2er. Die Klasse selber war dennoch schwierig, denn dort hatte man alle Problemfälle "angesammelt", um drei gut laufende Parallelklassen zu erhalten. Das wusste ich da noch nicht. Es lief also lange gut und meine Partnerin machte Mittags mit ihr HA und die beiden verstanden sich sehr gut.

    Anfang 3. Klasse kam dann der Schock: Die Lehrerin zog der Liebe wegen weg und eine junge Referendarin übernahm die Klasse. Die war hoffnungslos überfordert und konnte meiner Kleinen nicht mehr die Aufmerksamkeit geben, die sie schulisch brauchte. Die Noten sackten ab, sie wurde immer schwieriger in der Schule, das Stehlen nahm massiv zu, die Probleme zu Hause genauso. Dazu kam, dass sich mein Sohn langsam pubertätsbedingt von seiner Schwester löste und keine Lust mehr hatte, mit ihr zu spielen. Hier war der Krebs noch kein Thema und gegen Mitte der 3. Klasse wurde die ganze Situation so schlimm, dass meine Kleine schulische Erziehungshilfe bekam. Es wurde uns empfohlen, sie in einer Tagesklinik anzumelden und eine Diagnostik zu machen.

    Dort machte man erst einmal verschiedene Tests und das Thema ADHS wurde genannt. Von den 7 Monaten wo sie dort war, natürlich wieder eine andere Schule - die Klinikschule - , bekam sie 8 Wochen lang verschiedene Medikamente wie Medikinet, Strattera etc. Nachdem diese keine Wirkung zeigten, schloß man ADHS aus und diagnostizierte ebenfalls eine Bindungsstörung (Wie schon Jahre zuvor, aber ich wollte auch eine 2. Meinung haben). Gegen Ende der Behandlung empfahl man uns, Familienhilfe zu beantragen und meine Tochter wieder auf eine andere Schule zu geben. Eine Förderschule für Lernhilfe. Hintergrund war, dass sie aufgrund ihres Verhaltens kaum noch beschulbar war. Eine Schule für Erziehungshilfe wäre eigentlich angebracht gewesen. Daneben erwog ich den Besuch einer anderen Grundschule mit weniger Kindern im Nachbarort. Eben wieder ein Neustart, denn in der alten Schule wäre sie wieder in das alte Umfeld gekommen und das hätte den Therapieerfolg der Tagesklinig gefährdet. Dachten wir alle damals zumindest. Aber ich war auch unsicher, denn wer gibt sein Kind schon freiwillig in eine Sonderschule? Ich forderte einen runden Tisch ein, an dem die Direktoren der verschiedenen Schulen teilnahmen. D.h. ich telefonierte wirklich einige Tage rum auch mit den Mitarbeitern der schulischen Erziehungshilfe. Und ich erreichte meinen runden Tisch. Dabei haben wir dann alle 2 Stunden diskutiert, welche Schulform die beste für meine Tochter sei, wo sie den besten geschützten Rahmen und die meiste Aufmerksamkeit bekommt. Die Grundschule wollte sie nicht wirklich, weil sie dort als deutlich älteste in der Klasse Schwierigkeiten bekäme, die Erziehungshilfe argumentierte damit, dass sie dort im Augenblick das einzige Mädchen unter vielen sexuell auffälligen Jungs sei.. Alle waren sich einig, dass die Schule für Lernhilfe die richtige Schule sei. Ich war aber immer noch unsicher. Also hospitierte ich einige Tage stundenweise in der "künftigen" Klasse und lernte auch die dortige Lehrerin kennen. Ich bekam ein gutes Gefühl. Die Lehrerin war erfahren und ging sehr liebenvoll mit den Schülern um un die Kinder in dieser Klassen waren wohl im Vergleich zu anderen Klassen, strebsamer und wurden teilweise auf die Rückführung an eine Regelschule vorbereitet. Ich entschied mich schweren Herzens dazu und meine Kleine war nach einen Besuch dort ebenfalls angetan. Dazu bekamen wir an 5 Tagen die Woche Familienhilfe.

    Wirklich besser wurde damit aber kaum etwas, wenn ich jetzt so zurückblicke, obwohl viel an und mit uns gearbeitet wurde. Schulisch bekam sie eine sehr gute Bindung zu ihrer Lehrerin und nach anfänglichen Problemen und späterer, sogar eingeschränkter Beschulung von 2 Stunden am Tag, ging es mit ihr sehr gut. Nur mit den Fachlehrern war nichts zu machen. Sie ging einfach nicht hin und lies sich auf dem Pausenhof suchen oder abholen. Ende letzten Jahrend spitzte sich die Situation zu und die Familienhilfe war überfordert und empfahl eine stationäre Diagnostik. Dort ist sie jetzt seit einigen Wochen.


    Ich denke, dass auch die vielen Lehrer- und Schulwechsel ihren Teil zur Problematik beigetragen haben. Gerade der Wechsel in der 3. Klasse war sehr schlimm. Da haben fast alle Eltern und Kinder auf der Verabschiedung der Lehrerin geweint.

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    Einmal editiert, zuletzt von Micha67 ()

  • Teil 2:
    Das Gespräch gestern verlief leider nicht so wie gedacht. Ich denke, dass wir zu viert da waren, war nicht so gut. Da würde ich mich wie vor einem Tribunal fühlen. Sie erzählte kaum etwas und wurde nach einigen Minuten ziemlich ungemütlich und ging weg. Wenigstens hatten wir Erwachsene dann die Möglichkeit, uns zu unterhalten. So eine Runde gibt es eigentlich selten, dass EX und Partner und meine Partnerin und ich uns zusammensetzen und die Probleme "unserer" Kinder besprechen. Der Partner meiner EX ist ein recht sachlicher Mensch und meinte dann auf einmal, meine Tochter sei eigentlich nicht sie selber, sondern eine Schauspielerin, die sich nur um die Probleme anderer kümmere, aber nie um ihre eigenen. Zudem hätte er Bedenken, dass sie in dieser Klinik richtig aufgehoben wäre, denn sie hätte erzählt, dass ein anderes Kind mit einer Spiegelscherbe auf sie losgehen wollte.


    Ich war innerlich ziemlich entrüstet ob der Vorwürfe und als dann sogar meine Partnerin und meine EX zu den ersten beiden Punkten zustimmten, bat ich beim Zurückbringen meiner Kleinen um ein Gespräch mit der Bezugsbetreuerin, die glücklicherweise vor Ort war. Die wusste gar nichts von dem Vorfall und meinte, dass dies nicht stimmen könnte und meine Tochter dazu neige, Geschichten zu erzählen und Gegebenheiten stark ausschmücke also quasi aus jeder Mücke einen Elefanten mache. Dann sagte sie etwas, was mich ziemlich nachdenklich machte. Sie sagte genau das, was der Partner meiner EX am selben Abend erwähnte. Sie sei eine Schauspielerin und würde auch Gefühle oft vorspielen. Man verspüre dann gar nicht das Bedürfnis ihr z.B. Trost zu spenden, weil es wie ein Schauspiel wirkt und die Begebenheit sich später oft als unwahr herausstellt. Wenn man sie dann darauf anspricht, dass man diesen Eindruck hätte, würde sie regelrecht ausrasten.


    Der andere identische Punkt war dann tatsächlich der, dass sie wenig an sich arbeiten würde, sondern extrem stark mit den Problemen ihrer Mitpatienten beschäftigt sei. Sie erzählt auch oft ausgiebig zu Hause von den Diagnosen der anderen Kinder, bis ich sie dann frage, wie es ihr denn geht. Dazu sagt sie dann meist nichts und so hatte sie sogar als "Wochenaufgabe", sich eben mehr um sich selbst und ihre Probleme, als die der anderen zu sorgen. Klar hatte ich eine Ahnung, dass da etwas dran ist, aber irgendwie habe ich das Gefühl, meine Tochter nicht zu kennen, so wie es andere auch empfinden. Nur, dass ich es nicht sehen oder verdrängen wollte. Dennoch hatte sie ja, so sagt meine EX, am Abend zuvor Gefühle äußern können.


    Ich merke immer mehr, wie kompliziert es ist, dass alles zu verstehen und richtig darauf einzugehen. Ich hatte ja zeitweise einen Funken Hoffnung, dass alles "wieder gut" wird, zumal sich die Kinder untereinander auch wieder gut verstehen. Aber das sind eben nur Wochenenderfahrungen, die der Alltag vielleicht wieder zerstören würde. Ich merke immer mehr, wie tief ich emotional in die ganze Problematik verstrickt, vielleicht dadurch sogar Teil des Problems bin. Vielleicht auch, weil man mir meine Unsicherheit anmerkt, weil sie es mir anmerkt. Ich glaube, es waren so viele, verschiedene Faktoren daran beteiligt. Ich habe gestern irgendwie den letzten Funken Hoffnung, es doch "selber hinzukriegen", aufgegeben. Dazu kommt, dass wenn ich nun auch voll hinter der Wohngruppe stehe, dass mich meine Tochter vermutlich erst einmal dafür hassen und mir Vorwürfe machen wird, ehe sie einsieht, dass es ihr hilft und gut für sie ist.

    Sei einfach Du selbst, alle anderen gibt es schon

    4 Mal editiert, zuletzt von Micha67 ()

  • mein Vater sich erschossen hat, als ich 9 war und ihn so gesehen habe. Auch nicht damit, dass gerade dadurch der Suizidversuch meiner Tochter mich total und heftig getroffen und 35 Jahre in die Vergangenneit zurückgeworfen hat.



    Ich sags mal so, meine Tochter, also meine Kleine, kommt schon stark nach mir. Nicht nur im positiven Verhalten, sondern auch in einigen negativen Punkten. Ich war als Kind ähnlich schwierig und meine Mutter war sicher heilfroh, nur ein Kind gehabt zu haben. Wenn das in den Genen liegt, ist das also sicher eine Komponenten.
    . .




    Noch mal ein Grund,warum Therapie für ALLE notwendig ist!


    Die beziehungs-und familiendynamische Fachliteratur belegt die schwerwiegende Folgen für die Kinder ,wenn Eltern selbst durch Konflikte und mangelnde Ressourcen in der eigenen Herkunftsfamilie in ihrer Elterlichkeit eingeschränkt sind(s.g. Mehrgenerationenperpektive)


    http://books.google.de/books?i…Dw&sqi=2&ved=0CIEBEOgBMAk

    "Aber wer einmal gelernt hat, Bewegungserscheinungen
    auf das Ganze des Seelenlebens zu beziehen, wird....
    immer von neuem über die Fülle der Zugänge zu
    Seelischem staunen, die sich ihm allenthalben
    eröffnen“


    (August Homburger)

  • Die Bindungsstoerung bildet sich ja im sehr fruehkindlichen Alter und soweit ich weiss kann man die auch nicht mehr vollstaendig "beseitigen". Man kann die Folgen minimieren, indem man emotionale Stabilitaet gibt, aber letztlich muss deine Tochter lernen damit umzugehen. Deine Tochter hat ja leider schon eine Menge hinter sich (und die Trennungen sind ja nur die Spitze des Eisberges). Fehldiagnosen, moeglicherweise das falsche Umfeld... wahrscheinlich waere eine SChule, wo der Lehrer/Lehrerin stabil fuer einige JAhre in der Klasse bleibt (Montessori, Waldorf?) ganz passend gewesen. Sie beschaeftigt sich mit den Problemen anderer, weil sie nicht stabil genug ist, an ihre eigenen Probleme dran zu gehen. Und die Schauspielerei wird damit zu tun haben, dass sie damit ihr Inneres "ueberspielt". Ist sie ein kreativer, intelligenter, sensibler, emotionaler Mensch? Vielleicht hilft dir Literatur ueber Hochsensibilitaet, sie besser zu verstehen.


    Ist das vielleicht auch ein Thema bei dir, dass du dich lieber mit den Problemen anderer beschaeftigst (deine Tochter, deine kranke Freundin etc etc) als an deine eigenen Themen dran zu gehen? Heil dich selbst, dann habt ihr eine bessere Chance.

  • @Malinidi


    Wie ich schon sagte, sie kommt stark nach mir und außer meinem Sohn ist es in unserer Familie inkl. Partnerin schon so, dass wir hilfsbereit sind und so erzogen wurden. Dazu gehört auch, dass man anderen hilft, wenn sie Probleme haben. Und ja, es kann sein, dass es von eigenen Problemen ablenken kann. Meine Große wird auch nicht ohne Grund einen sozialen Beruf gewählt haben, weil sie auch gerne anderen hilft. Sie erzählt nach der Arbeit auch gerne von den Problemen und Schwierigkeiten der Patienten und hängt sich emotional auch viel zu sehr in ihren Beruf rein. Dennoch erzählt sie auch von sich und ihrem Stress mit Kollegen (und Freunden und und und...). Ansonsten haben wir alle eine Vergangenheit, die mehr mit der Problembewältigung bei anderen zu tun hat, als mit uns selbst. Ich musste nach dem Tod meines Vaters diesen teilweise ersetzen und erlangte so eine sehr frühe Selbständigkeit und meine Partnerin musste nach der Erkrankung ihrer Mutter diese ersetzen und ihre drei Geschwister versorgen. Da gibt es also auch Parallelen, die sich gefunden haben. Wie ich auch schon sagte, muss ich erst zur Ruhe kommen, um mir darüber tiefere Gedanken zu machen. Ich denke, dass sich Menschen, mit ähnlicher Problemhistorie, gerne finden, weil sie einfach gleich ticken. Ob das gut ist, gilt es herauszufinden.


    Ich denke, so ganz unfähig waren wir in der "Erziehung" nicht ;-) Meine beiden Großen haben sich soweit gut entwickelt und bescheinigen uns auch, dass sie eine glückliche Kindheit haben/hatten. Die Kleine wird auch ihren Weg gehen, wenn die Weichen jetzt richtig gestellt werden. Die Großen waren relativ pflegeleicht und wenn es Probleme gab, war das mal Thema für ein paar Tage, dann war aber auch wieder lange nichts. Die Großen waren aber bei der Trennung in einem anderen Alter und konnten teilweise über ihre Gefühle reden. Das tun sie manchmal auch jetzt noch. In ihrem Leben gab es aber deutlich mehr Konstanten. Alleine schon in schulischer Sicht hatten alle immer nur einen Lehrer pro Schulform. Vor allem hatten die beiden Großen anfangs Mutter und Vater zusammen in den ersten wichtigen Lebensjahren. Könnte ich etwas nochmal tun, dann hätte ich die Trennung von meiner EX Frau noch mind. 2 Jahre hinausgezögert, bis die Kleine in einem Alter gewesen wäre, wo sie es hätte verarbeiten können.

    Sei einfach Du selbst, alle anderen gibt es schon

  • Jedes Kind ist anders. Manche sind sensibler als andere. Manche sind robuster. Einige stecken vieles weg, andere eher wenig. Konzentrier dich nicht so auf die Trennung. Bei einigen ist der andere Elternteil komplett weg. Bei anderen ist der andere Elternteil verstorben und die Kinder entwickeln sich dennoch normal. Weil andere es auffangen, oder weil sie einfach robuster geboren sind. Deine Tochter haette im Gegensatz zu den anderen mehr Zuwendung gebraucht, sie ist offensichtlich sensibler. Gibt es bei euch eine emotional stabile konstante Person in der Familie (Oma oder Tante oder so?). Ein dauerhaft enger Kontakt zu dieser Person waere vielleicht ein Punkt, um ihre resilience zu erhoehen, falls das noch nicht zu spaet ist... wenn sie eine Person in ihrem Leben hat, die ihr emotionale Stabilitaet bieten kann.

  • Malindi, woher weißt Du denn das die Tochter mehr als die anderen Kinder braucht??


    Bloss weil die nicht laut leiden???


    Es gibt soviele die alles in sich reinfressen und daran kaputt gehen!!


    Auch die anderen Kinder brauchen Zeit und Hingabe und der Sohn ist entwicklungsverzögert, der braucht also auch mehr Hilfe.


    Nichts ist schlimmer für Kinder als bewusst lebenslang die zweite, dritte Geige hinter einem Geschwisterkind zu leben!


    Und es kann ja wohl nicht so werden, dass zwei Kinder sich distanzieren und später kaum noch zu Besuch kommen, dafür das Eine.


    Sorry, Kinder sind gleichberechtigt und jedes hat das Recht auf Zuwendung!

    Es ist besser,
    ein eckiges Etwas zu sein,
    als ein rundes Nichts.

    Einmal editiert, zuletzt von Elin ()

  • @Malinidi


    Die einzige Konstante in ihrem Leben bin ich. Das hat auch unsere Familienhelferin immer wieder betont, dass diese Bindung zu mir die Wichtigste war, ist und sein wird.


    Sie bräuchte aber eine Vertrauensperson, die nicht so nah dran ist und nicht den erzieherischen Druck hat. Das sollte ja auch in gewissen Maßen die Familienhelferin sein.


    Als sie am WE bei ihrer Mutter war, hatte sie sich wohl nur geöffnet, weil ein Freund in meinem Alter zu Besuch war. Der ist Hundezüchter und kam wohl, um den Wurf Huskies zu begutachten. Der kam dann am Abend ins Gespräch mit meiner Tochter und ihm, obwohl völlig fremd, hatte sie sich geöffnet. Er hatte ihr dann noch beim Abschied 2 Gummihanteln geschenkt, die sie benutzen soll, wenn sie aggressiv wird, um den Druck abzubauen.


    Aber auch das ist schwierig, denn sie hat Probleme, an etwas dran zu bleiben. Sie hatte einen Stachelball von ihrer Therapeutin für ähnliche Zwecke bekommen und stolz präsentiert. Heute Morgen finde ich den Ball unterm Autositz. Das ist mit allem so, Sportvereine, Freunde, Gegenstände, sie hängt an nichts konstant, owbohl ich immer versucht habe, sie zu motivieren. Sie hatte auch nie ein Kuscheltier wie andere Kinder. Aber es gibt in unsere Familie keine Kälte oder so. Wir drücken Gefühle aus, weinen oder lachen wenn uns danach ist, nehmen uns oft in den Arm, mal mit Grund, mal einfach nur so, wenn uns danach ist. Selbst mein Sohn kommt mit seinen fast 18 Jahren noch seinen Gutenachtkuss bei uns abholen. In einer gefühlskalten Familie würde ich sowas verstehen, aber Geborgenheit, Nähe, Zuwendung, Aufmerksamkeit etc. Das bekommt sie ja alles bei uns...


    Aber um nochmal auf das Thema mit der Beschäftigung mit Problemen anderer zu kommen. Ich denke, dass ich den Kindern zu viel abgenommen habe, was wohl auch daraus resultiert. Mit 10 war ich relativ selbständig und habe auch viele Dinge für meine Mutter geregelt. Auf der einen Seite war es gut, weil es mir im späteren Leben half, aber es hatte auch Nachteile. Bei einem vielleicht blöden Beispiel, wurde mir das vor kurzem deutlich, als ich meinem Sohn einen Platten flickte und mir dachte, dass müsste er eigentlich selber hinkriegen und mir aber auch klar war, dass ich ja selber Schuld bin, wenn ich es für ihn mache. Ich konnte das schon mit 9, denn da war niemand, der das für mich gemacht hat, also habe ich mir alles selber beigebracht durch ausprobieren.


    Elin


    Klar leiden die auch und die Große brauchte bis vor 2 Jahren massive Hilfen. Mobbing in der Schule, Schwierigkeiten bei der ersten Ausbildung, psychische Probleme. Die letzten 2 Jahre geht es ihr zwar gut und sie hat viel Selbstbewusstsein durch ihren Beruf entwickelt. Aber sie hat immer noch Sorgen und Nöte, mit denen sie zu uns kommt und gerade in den letzten Wochen, wo ich mir Zeit nehmen kann, merke ich, dass ich sie früher oft "weggedrückt" hatte, weil ich einfach nur permanent genervt war durch die Probleme der Kleinen.

    Sei einfach Du selbst, alle anderen gibt es schon

  • Elin: jedes Kind ist anders. Jedes Kind braucht eine "andere" Hand. Dass das real nicht immer umsetzbar ist, ist was anderes.


    Micha: die Familienhelferin kann das nicht leisten. Und du hast genau recht: sie brauche eine Vertrauensperson, die nicht so nah dran ist. Gibt es da nicht irgendwen? Bei einigen kann das die Oma bieten. Oder eine Tante.


    Du bist meiner Ansicht nach mit vielem auf dem Holzweg. Die ganze Trennungssache, die Sache mit dem "ich nehme den Kindern zu viel ab"... das bringt dich nicht weiter. Damit hat das alles nichts zu tun. Versuch dich selbst zu heilen mit entsprechender Hilfe, dann kanst du fuer deine Kinder stark sein. Alles Gute.

  • Nun ist die Diagnose da und ich war nicht auf dem Holzweg.


    Ich möchte die hier nicht komplett ausbreiten. Nur so viel. Es ist schon eine psychiatrische Erkrankung vorhanden. Nicht nur die Bindungsstörung, die lt. Psychologin in der frühen Kindheit begründet ist. Durch die Bindungsstörung und ihr daraus resultierendes Verhalten hat sie viele negative Erfahrungen gemacht, die zu weiteren Erkrankungen geführt haben, u.a. auch Depressionen im Kindesalter. Die Psychologin redete fast eine halbe Stunde und ich war ziemlich schockiert, überrascht, traurig. was ich da so alles hörte und mir nicht immer bewußt war. In der Schule kam raus, sie ist in keiner Regelschule beschulbar. Nicht einmal in der Lern- oder Erziehungshilfe. Ihre extremen Stimmungsschwankungen müssen medikamentös mit Neuroleptika behandelt werden, da sie sonst weiter entgleist (Was mich beunruhigt ist, dass diese für Kinder keine Zulassung haben, aber wohl dennoch überall eingesetzt werden, aber wenn es ihr hilft, gibt es keine andere Wahl). Zudem ist aufgefallen, dass sie so extrem lügt, um aufzufallen, dass sie es selber nicht mehr unterscheiden kann, ob es wahr ist oder nicht. Ihr fehlt es nicht an Aufmerksamkeit, aber sie würde halt nie genug davon bekommen und viele Betreuer hätten gemeint, die Kleine würde einen aussagen wie einen Schwamm. Das ist nur ein Ausschnitt der mir schon meine Machtosigkeit vor Augen geführt hat, dass es einfach so zu Hause nicht mehr geht.


    Der Vorschlag ist, dass sie eine therapeutische Wohngruppe geht, wo permanente psychologische Betreuung vorhanden ist und sie auch notfalls bei Bedarf wieder in eine ansässige Psychiatrie verlegt werden kann. Anstatt einer normalen Schule soll sie in eine Schule für Kranke gehen, wo man bei Bedarf bis hin zur Einzelbeschulung gehen kann oder eben auch mit mehreren Kindern, je nach Bedarf und ihrer Verfassung. Der Mitarbeiter vom JA hat natürlich geschluckt, denn es gibt wohl nur wenige Einrichtungen bundesweit, die das bieten und er muss nun die Kostenfrage mit seinem Chef klären und hat wohl schon eine Einrichtung in Bayern im Auge.


    Im Anschluss sollten wir Eltern und Stiefmutter es der Kleinen beibringen, im Beisein der Psychologin und Sozialpädagogin. Es war sehr schlimm für uns alle und meine Kleine, von der ich eher einen Ausbruch erwartet hätte, weinte bitterlich und dann wir alle. Ich hätte am liebsten wieder alles revidiert, weiß aber, dass es sein muss.


    Meine Partnerin hatte dann der Kleinen angeboten mit ihr nach Draußen zu gehen. Sie waren beide fast 1 Stunde weg und redeten. Aber als sie zurückkamen, machte sie ein relativ glückliches Gesicht und wir haben uns alle 4 (Mit EX) gedrückt. Undenkbar unter anderen Umständen. Was genau sie der Kleinen gesagt hat, weiß ich nicht, aber es waren wohl sehr aufbauende Worte, die ihr Mut und Kraft gegeben haben.


    Es fühlt sich zwar immer noch an, als würde man das Herz herausgerissen bekommen, aber ich bin zuversichtlich, dass es der richtige Weg ist. Ich kenne auch keinen anderen und wie schon der JA Mitarbeiter meinte, hätten wir ja schon alles mögliche an ambulanten Maßnahmen ausgeschöpft.


    Und bitte nicht wieder zerreißen, wenn ich im ein oder anderen Satz zwischen den Zeilen wieder anders rüberkommen mag: Ich liebe meine Tochter sehr und ich will sie nicht loswerden. Ich will auch, wenn wir die Ruhe gefunden haben, an den anderen Baustellen arbeiten. Nur möchte ich sie zuerst auf einem guten Weg wissen.

    Sei einfach Du selbst, alle anderen gibt es schon

  • Es ist schon erschreckend, wie mich die innere Zerrissenheit im Leben begleitet.


    Die Kleine ist zu Hause und alle hatten wir Angst wie es ohne Hilfen läuft, bis sich ein Platz findet. Es läuft zu gut und ich weiß, dass der Schein trügt. In der Schule will man sie jetzt nicht mehr fordern, sondern sie soll einen schönen Ausklang bekommen und Zeit sich zu verabschieden.


    In wenigen Tagen ist der Termin in der Einrichtung. Es ist nicht nur eine therapeutische Wohngruppe, sondern eine
    Heilpädagogisch-therapeutische Wohngruppe
    Diese Gruppe ist speziell ausgelegt für Kinder mit Bindungsstörungen, Lernschwierigkeiten, fehlende Selbstkontrolle etc.
    http://www.diakonie-wuerzburg.…152.13308.0.0.6.html#tabs


    Wenn ich das so lese, habe ich das starke Gefühl, dass meine Tochter da perfekt hineinpasst und ihr wirklich geholfen werden kann. Besonders gut ist, dass die Kinder im Gegensatz zu anderen Einrichtungen alle 14 Tage nachhause dürfen und Elternarbeit groß geschrieben wird.


    Zerrissenheit dennoch, weil ich ein zum Zweifeln geneigter Mensch bin und immer wieder zweifle und denke, würde es vielleicht doch auch so klappen. Und ich weiß, je näher der Termin rückt, wird meine Kleine versuchen, mich zum Zweifeln zu bringen. Das tut sie jetzt schon. Ich verstehe das, denn alles wird neu für sie sein und sie hat Angst davor. Ich weiß aber auch, dass sie vor der Diagnostik Angst hatte und dann nach fast 3 Monaten beim Abschied aus der Klinik bitterlich geweint hat, weil sie dort viele Freunde gefunden hat, die sie gerade sehr vermisst. Sie wird dort sicher auch viele oder besser wenige gute Freunde finden, die sie länger als ein paar Wochen im Leben begleiten...

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  • Habe den Link gelesen und es sieht auf den ersten Blick gut aus. Familienähnliche Strukturen und Kinder zwischen sechs und sechszehn klingt human.

  • Heute waren wir da und konnten uns die Einrichtung genau ansehen. Leider hatte man uns vergessen und man war unvorbereitet, was sicher auch gut ist. D.h. wir sahen auch das zukünftige Zimmer der Kleinen. Alles ist nach heilpädagogischen Prinzipien eingerichtet und aufgeteilt. 1 Betreuer hat maximal 2-3 Kinder. Eine Psychologin hat sogar dort im selben Haus ihr Büro und ist halbtags für die Kinder verfügbar. Es gibt ein Kooperationsverhältnis mit der Psychiatrie der Uniklinik. Die Beschulung findet zunächst in der Klinikschule statt und ist flexibel von z.B. 2-3 Kindern bis hin zu mehreren und späterem Wechsel in die Regelschule. Es gibt glaub ich 8-9 Kinder von 8-18, wobei die Jungs alle noch sehr jung sind und der Schwerpunkt der älteren Kinder auf Mädchen liegt. Sie hat dann noch die Ferien um sich einzuleben, ohne den Schuldruck und man legt Wert darauf, dass sie gleich die erste Freizeit mit fährt. So hat sie gleich Gelegenheit, ihre Mitbewohner kennen zu lernen. Es finden auch regelmässige Elterngespräche statt und wir hatten auch klar schon ein Ziel definieren "dürfen", dass auf die spätere Rückführung in die Familie hingearbeitet wird, auch wenn das natürlich ein Thema von mehreren Jahren sein kann. Aber es ist eine sehr gute Perspektive. Begeistert war meine Kleine natürlich trotzdem nicht. Ihr geht es jetzt dennoch besser als noch vor ein paar Wochen. Da der Entscheidungsträger heute nicht da war, mussten wir uns damit begnügen, dass wir eine Entscheidung ob und wann sie aufgenommen wird, nicht bekamen. Am Schluß bekamen wir noch die Empfehlung, was für mich selbstverständlich ist, dass wir in unserer Entscheidung standhaft bleiben müssen und keine Unsicherheiten zeigen sollen.
    Sogar meine EX ist gekommen, wo sie sonst eher durch Abwesenheit glänzt. Wir hatten sogar einen sehr schönen Tag, konnten uns die Stadt noch ansehen. Ach ja, und es gibt sogar einen Shuttlebus, der sogar bis fast vor unseren Wohnort fährt. Familienähnlich ist es schon deswegen, weil das Essen nicht geliefert, sondern von einer Hauswirtschafterin gekocht wird. Am WE kochen die Kinder mit dem Betreuern selbst.
    Mit dem, was man sich im Allgemeinen unter einem "Heim" vorstellt, hat das hier rein gar nichts mehr zu tun...

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    Einmal editiert, zuletzt von Micha67 ()

  • Der Start in die nächste Runde hat begonnen.


    Gestern habe ich meine Kleine in die Einrichtung gebracht.


    Ich hab vorher noch versucht, ihre Gefühle zu erkunden, aber sie sagt nur, für sie es ist es klar, es müsse halt sein und sie möchte es positiv angehen.


    Als wir dann ankamen, es war schon ungewohnt, standen schon eine Horde Kinder am Fenster und begrüßten meine Tochter. Sie wurde total liebevoll aufgenommen und ich hatte das Gefühl, ich war schneller vergessen, als ich befürchtete. Schon war sie unterwegs mit ihren neuen "Freundinnen". Vorteil oder Nachteil, wenn man so schnell Kontakte knüpfen kann. Ich weiß es nicht.


    Der Abschied, wie ich es gerne mag, kurz und schmerzlos und jede Träne verdrückt. Sie auch. Darauf eines der Kinder "Mein Vater hat geflennt ohne Ende, als er mich gebracht hat, so ein Weichei". Wir lachen alle und ich fahre. Zum Abschied noch kurzes Winken am Fenster und schon war sie weg. Tränen wollten auch jetzt keine kommen. Einmal die Woche anrufen für 15 Minuten und in 3 Wochen wieder zu Hause. Es geht gleich für 10 Tage in Urlaub.


    Nur heute Abend, da konnte ich es nicht zurückhalten. Hatte zur Ablenkung Hausputz gemacht und als ich dann in das fast leere Zimmer ging, überkam es mich. Die Große wie immer nach der Arbeit im Bett vorm Fernseher. Sohnemann telefoniert mit Freundin. Irgendwie beängstigend ruhig und ich denke mir, so ähnlich fühlen sich Eltern, wenn ihre Kinder ausziehen. Nur so ähnlich.


    Aber ich hoffe, dass es ihr gut geht und so ist jetzt Zeit, die anderen Baustellen anzugehen.

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  • Ja, ich bin abgeschrieben :rolleyes2:


    Heute am Anruftag war sie total aufgedreht. Sie waren im Skaterpark, sie war beim Frisör und hat mir am Telefon zusammen mit der Freundin etwas vorgerülpst.


    Ich habe gehofft, ich werde mehr vermisst, aber quatsch: Ich freue mich, wenn sie mich nicht vermisst, denn dann gehts ihr ja gut.

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  • Hallo zusammen,
    ich war lange nicht mehr hier und da ich meinen PNs entnehmen kann, dass dieses Thema noch in einigen Köpfen existiert, möchte ich gerne ein Update geben, was in fast 1 Jahr so alles passiert ist.


    Es hat sich in der Tat sehr vieles verändert, die ganze Familie hat sich verändert und auch die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander.


    Die massiven Probleme meiner Tochter haben sich fast in Luft aufgelöst. Es gab keinen Suizidversuch mehr und auch das Thema Ritzen ist bis auf ein paar Ausrutscher Geschichte. Wenn sie diese Ausrutscher hat, denkt sie sich gute Ersatzstrategien aus, so ihre Psychologin, bei der sie regelmäßige Termine hat und die täglich in greifbarer Nähe ist, wenn es Probleme gibt. Die schulischen Probleme sind immer noch vorhanden und eine Regelschule ist bei ihr noch kein Thema, wird es auch wohl nicht mehr werden. Stattdessen wird sie im Heim intern in einer kleinen Gruppe handlungsorientiert unterrichtet, weil man eine Störung des Sprachverständnisses festgestellt hat. Sie selber fühlt sich sehr wohl dort, hat wie sie sagt endlich richtige Freunde gefunden, mit denen sie über alles reden kann. Anfangs hat sie oft gefragt, wann sie wieder nachhause kann. Aktuell fragt sie gar nicht mehr und die Empfehlung ist auch, dass sie dort mindestens noch die Schule beendet, was noch weitere 2 Jahre bedeuten. Ich habe vor allem gemerkt, dass es Dinge gibt, die ich richtig gemacht habe, weil man es dort auch so handhabt und es auch Dinge gibt, die ich vielleicht zu eng gesehen habe. Ich versuche also schon herauszufinden, warum es dort besser läuft als zu es früher zu Hause war. Sicher ein Punkt ist, dass die Erzieher nach Feierabend nachhause gehen und alles vergessen können, was an dem Tag schlecht gelaufen ist. Zudem ist Konsequenz ein Thema. Darin war ich wohl nicht wirklich gut und das ist sicher ein Grund meines erzieherischen Versagens. Unser Vertrauensverhältnis besteht nach wie vor, was mich sehr freut. D.h. sie erzählt mir auch Vieles aus ihrem Leben dort und bittet mich um Rat. Gerne versucht sie aber Betreuer und mich gegeneinander auszuspielen. Jedenfalls haben alle sie dort schon sehr ins Herz geschlossen, weil sie sehr viele positive Eigenschaften hat und ich versuche sie, mit meinen begrenzten Möglichkeiten, weiter zu fördern. Auf jeden Fall konnte es sicher nur so gut laufen, weil es sich bei dieser Wohngruppe um eine vorbildlich geführte Einrichtung handelt. Die Kinder fahren mehrmals im Jahr zusammen auf Freizeiten, werde auch motiviert außerhalb der Einrichtung Kontakte zu Vereinen und Jugendgruppen zu knüpfen und die Elternarbeit wird ernst genommen.
    Wenn sie dann zu Hause ist, alle 2 Wochen, läuft es sehr gut. Aber das liegt sicher daran, dass der erzieherische Alltag nicht mehr in meiner Hand liegt. Selbst der Hass unter den Geschwistern ist nicht mehr vorhanden. Meine erwachsene Tochter freut !!! sich sogar auf ihre Schwester, geht mit ihr shoppen, etc. Ihre Mutter besucht sie nun kaum noch, eigentlich nur alle paar Wochen für 1-2 Stunden. Sie wirft meiner Tochter nun vor, sie käme nur wegen dem Geld. Da muss sie sich nicht wundern, denn sie hat auch – begründet oder nicht, sei dahingestellt – ein schlechtes Gewissen, dass sie mit Geldgeschenken zu kompensieren versucht.
    Mir war besonders wichtig, dass meine Tochter sich dort wohl fühlt und meine anfängliche Sorge, sie müsste dort sehr leiden, hat sich als unbegründet herausgestellt. Sie hat jetzt endlich eine langfristige Perspektive und auch die familiären Beziehungen sind auf einer positiveren Ebene angelangt. Ich habe mich auch verändert, glaube, viel gelassener geworden zu sein, ruhiger und weniger nachdenklich und mit weniger Zukunftsängsten.
    Ich verbringe unter der Woche viel Zeit mit meinem Sohn, weil wir uns damals fast „verloren“ hätten. In den Zeiten zwischen den Besuchen ist es sehr ruhig geworden und ich habe es geschafft, auch etwas für mich zu tun, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.
    Wie es dann weitergeht wird die Zukunft zeigen. Die Kleine geht seit geraumer Zeit in ein Altenheim und hilft dort mit, was ihr sehr gut gefällt. Sie möchte vielleicht in die Fußstapfen meiner erwachsenen Tochter treten (oder auch nicht, in dem Alter ist das ja noch flexibel) und denkt schon darüber nach, nach der Schule mit ihren Freundinnen eine WG zu gründen.
    Ich könnte sicher noch viel mehr schreiben, aber ich denke das genügt sicher, um einen Eindruck zu bekommen, wie das Thema dieses Threads noch von Bedeutung ist: Gar nicht mehr, denn innere Zerrissenheit empfinde ich nicht mehr.

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