Perfektionismus

  • Hallo Zusammen,


    ich habe ein Problem mit meinem Sohn.


    Heute morgen hat er mit seinem Kindermesser ein Brötchen aufgeschnitten. Das Ergebnis konnte sich wirklich sehen lassen.
    Er fand das allerdings nicht, weil es nicht hunderprozent gerade war. Er hat geheult, war todverzweifelt weil das Ergebnis seiner Meinung nach total schrecklich war.


    Vorhin wollte er seinen Bruder malen. (Hab in einem anderen Thread mal gepostet was er in seinem Alter für tolle Bilder malt) Er hat den Kopf gemalt, zwei große Augen, einen Hals, den Bauch und zwei Beine mit Füßen, dann sagte er " der ist zu groß geworden", hat dann das Bild wütend zerknüllt geweint und es weggeschmissen.


    Ich war echt entsetzt. Er hatte das alles für sein Alter super gut gemacht. Aber er selber sah das gar nicht so und war richtig wütend und traurig.
    Ich habe ihm versichert, dass er das alles abslout super gemacht hat, aber darauf hat er nur noch wütender reagiert, konnte mir nicht glauben.
    Am Ende fiel mir nichts besseres mehr ein als zu sagen wie schade ich es finde, dass er zu sich selber so gemein ist.


    Wie geht man mit sowas um?

  • Hm, mir fällt im Moment nur was ganz Simples ein :


    Wie geht es Dir, wenn Du mit Dir und Deiner "Leistung" nicht zufrieden bist ? Hilft es Dir, wenn dann jemand sagt, das doch alles prima sei ?


    Ich würde versuchen, auf sein Gefühl einzugehen ( das ist mein ganz ganz großes Thema ..... ) und vielleicht versuchen, mit ihm zusammen herauszufinden, was eigentlich los ist...... Vielleicht geht es gar nicht um die schief aufgeschnittene Semmel oder die falschen Proportionen.

  • ich finde das einen tollen Zug-
    zeigt es doch, dass er mit sich selber zufrieden sein will, und es ihm (zumindest im Moment ;) ) nicht so wichtig ist, was andere denken....


    es gibt so viele Erwachsene, die überhaupt kein Gefühl dafür haben, was sie gut machen, und was schlecht... die permanente Rückmeldung von aussen brauchen,
    und dann oft total davon abhängig sind-


    wenn er nicht zufrieden ist, dann war´s nicht gut ;)

    Lieber Gruss


    Luchsie


    Dein Denken kann aus der Hölle einen Himmel und aus dem Himmel eine Hölle machen.


    Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug. (Epikur)

  • das kann man so und so sehen....


    Du vergleichst ihn mit anderen.... er sich vielleicht mit sich selber, und ist der Meinung, er kann es besser-


    Wenn das nicht auf alles, was er macht ausartet, würde ich mir keine Gedanken machen-
    jeder hat so Tage, wo er mit sich selber unzufrieden ist ;)

    Lieber Gruss


    Luchsie


    Dein Denken kann aus der Hölle einen Himmel und aus dem Himmel eine Hölle machen.


    Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug. (Epikur)

  • Hallo Lovrel,


    ich hab auch so ein Kind, das sehr hohe Ansprüche an sich selber stellt. Er ist aber schon 12 Jahre alt. Ich denke, man sollte es nicht überdramatisieren. Es ist ja auch eine Entwicklung, die sich da vollzieht.


    Seine Lateinlehrerin sagte mir mal, dass man ihn eher bremsen muss (was den Ehrgeiz angeht), anstatt ihn zu pushen. Also, wenn er mit mir kocht und z.B. die Milch abmisst und mich dreimal fragt, ob es gut ist (trotz Meßbecher :rolleyes: ) dann sag ich eben einfach, "Du siehst das doch selber, giess es doch einfach rein."


    Ich denke, solche Charaktereigenschaften sind nunmal da und haben irgendwo auch ihre Berechtigung... Vielleicht ist er beruflich vorbestimmt etwas zu tun, worin man superpenibel sein muss :-).

    Also mein Motto ist, ruhig bleiben. Die lernen irgendwann auch mal 5 gerade sein zu lassen, wenn sie erleben, dass das ok ist, denke ich.
    Bin selber auch so ein Exemplar - habe aber gelernt, dass es in manchen Bereichen (zb Fenstputzen :kicher ) mir reicht, wenn es mittelprächtig gemacht ist....


    Liebe Grüße
    bzf :sonne

  • in dem moment wo man klare,genaue vorstellungen hat,wie etwas auszusehen,zu sein hat,liegt die meßlatte sehr hoch.
    ich denke,das kennen wir erwachsene auch...
    jeder hat bereiche,wo durchschnitt oder mittelmaß einen in den wahnsinn treibt,weil man mehr will....
    dann gibt es wieder bereiche,da ist es einem egal oder man ist froh,wenns einigermaßen gelingt.
    ich kenne das zb auch von meiner tochter(12)
    sie zeichnet gerne..sie zeichnet wahnsinnig gut...
    hat genaue vorstellungen und wenn sie anfängt zu malen,höre ich mindestens 20 mal "schei..",dann wird das bild zerknüllt,geflucht,dann folgen schweigeminuten in denen sie nur da sitzt,dann startet sie neu..
    2 std später zeigt sie mir ein gezeichnetes auge...wahnsinn denke ich mir...wie echt sieht das aus...
    sie aber hat immer noch 20 sachen an ihrem bid auszusetzen..#in ihrem kopf hat sie das auge genau vor augen und sie ist erst zufrieden,wenn es genau,aber wirklich genau so aussieht wie sie es will.
    in anderen bereichen ist sie viel netter zu sich...
    ich finde das normal..
    frust gehört dazu,denn manchmal dauert es sehr lange,ehe etwas gelingt-gelingt in dem sinne,dass es genau so ist,wie man es will.
    ehrgeiz finde ich gut..das gefühl,es gepackt zu haben,ist genial und beflügelt.
    bis dahin dauert es meistens und abgründe tun sich auf..
    aber wenn man es gepackt hat,dann ist es einfach nur gut...man ist stolz und bricht auf zum nächsten projekt.
    lovrel,du scheinst mir auch eine zielstrebige,ehrgeizige person zu sein..
    du willst auch alles gut machen...
    eigentlich müsstest du das doch verstehen..
    du forderst es nicht ein...das ist wichig....
    aber wechselmal deinen ansatz...du findest er ist zu hart zu sich...
    frag ihn sattdessen mal,was er sich genau vorgestellt hat und das du das gefühl kennst,wenn man genaue vorstellungen hat und es nicht klappt..
    ermutige ihn,es nochmal zu probieren...zeig ihm worauf er achten könnte...lob ihn für seine ausdauer...

    ...Wer immer nur der Herde folgt,braucht sich nicht zu wundern,wenn er nur Ärsche vor sich hat...

  • Zitat

    ,dann wird das bild zerknüllt,geflucht,dann folgen schweigeminuten in denen sie nur da sitzt,dann startet sie neu..


    Genau das ist der Punkt. Er statet nicht neu sondern der Frust sitzt so tief, dass er aufgibt.


    Mir gehts auch erstmal gar nicht darum mir Sorgen und Gedanken zu machen. Sondern meine Frage war, wie man da am besten reagiert.
    Es ignorieren?, etwas dazu sagen?, trösten?, ....


    Meine Momentane Idee ist es dem mit Humor beizukommen, z.B. seine Aussage zu übertreiben etc..... wobei das ein sehr schmaler Grad ist ... ich bin mir nicht sicher, dass ich es so hinbekomme, dass er sich nicht noch zusätlich veräppelt vorkommt...... er ist da echt super empfindlich und fühlt sich sehr schnell angegriffen.

  • Lobe ihn ,sag das "du" es toll findest wie "er" das gemacht hat und bestärke ihn darin nicht immer gleich aufzu geben wenn etwas mal nicht so klappt !Gib ihm Beispiele von dir z.b. ein Kuchen der nicht so gelungen ist wie er sein sollte etc. !Wenn man immer wieder lobt und zeigt das auch den Erwachsenen etwas misslingt dann kann das mit der Zeit schon aufbauend wirken!

  • Mir gehts auch erstmal gar nicht darum mir Sorgen und Gedanken zu machen. Sondern meine Frage war, wie man da am besten reagiert.
    Es ignorieren?, etwas dazu sagen?, trösten?, ....


    Ich finde das auch schwierig und das Blätter zerknüllen und in die Ecke schmeißen hatten wir auch schon... Zwischenzeitlich wollte er (Sohn,12 J.) gar nicht mehr malen, weil er sich auch mit seinem großen Bruder vergleicht.


    Zu Deiner Frage: Vielleicht ihm vermitteln, dass es ok ist, auch mal frustriert zu sein? Er ist noch im Kindergartenalter, richtig? Da sollte der Spaß im Vordergrund stehen nicht die Leistung, finde ich... Wird ihm das von außen vermittelt, dass das, was er tut, nicht gut genug ist (Bruder, Kindergarten etc.)?


    Auf jeden Fall zweifelt er ja an sich aus irgendwelchen Gründen. Gib ihm einfach die Sicherheit, dass er in Ordnung ist, wie er ist. Mach was Schönes mit ihm, wobei der Spaß im Vordergrund steht. So kleine Kinder erreicht man vielleicht nicht so gut auf der direkten Ebene ... Vielleicht findest Du ein passendes Kinderbuch dazu, wenn Du gerne mit ihm darüber reden möchtest? Von weitem gesehen, kann man ja nur mutmaßen. Ich wünsche Dir, dass Du etwas findest, dass für Euch passt :blume


    Liebe Grüße
    bzf :sonne

  • Der Kuchen.


    Die Idee mit dem Kuchen ist schön. Allerdings würde ich ihm das nicht nur erzählen, ich würde absichtlich einen versemmeln, ihn vielleicht versalzen o.Ä.
    Zeig ihm wie Du damit umgehst.


    "Oh, der Kuchen schmeckt nicht, oder? Dann back ich einen Neuen, ist nicht schlimm."


    Ich würd versuchen als "gutes Vorbild" voran zu gehen, damit er sieht und nicht nur hört dass es nicht schlimm ist wenn einmal etwas nicht funktioniert oder seinen Vorstellungen entspricht.


    Ich schätze mit dem Humor begibst Du Dich auf Glatteis wenn er empfindlich ist. Aber Du könntest ihm nahe legen, dass er vielleicht übertrieben reagiert.
    Nicht durch Worte, die können verletzen. Aber aus der Situation heraus. Ihr malt, Dein Sohn findet Dein Bild vielleicht ganz toll, Du sagst Du findest es gar nicht gut, zerknüllst es, verschränkst die Arme und tust nichts mehr. Vielleicht kannst Du ihn dann fragen was er empfindet wenn Du so handelst und das dann auf ihn übertragen.


    Ist nur eine Idee...ich wüsste nicht was ich sonst tun könnte wenn ich gegen eine Wand rede.

    Sie mag vielleicht klein sein, aber sie ist die ganz große Liebe...


    An seinen Vorfahren kann man nichts ändern, aber man kann mitbestimmen, was aus den Nachkommen wird.
    - François de La Rochefoucauld -

  • Auf jeden Fall zweifelt er ja an sich aus irgendwelchen Gründen. Gib ihm einfach die Sicherheit, dass er in Ordnung ist, wie er ist. Mach was Schönes mit ihm, wobei der Spaß im Vordergrund steht. So kleine Kinder erreicht man vielleicht nicht so gut auf der direkten Ebene ... Vielleicht findest Du ein passendes Kinderbuch dazu, wenn Du gerne mit ihm darüber reden möchtest? Von weitem gesehen, kann man ja nur mutmaßen. Ich wünsche Dir, dass Du etwas findest, dass für Euch passt :blume



    Das finde ich einen sehr, sehr guten Ansatz.


    Was ich noch fragen wollte ( vielleicht gleich zu Beginn...... ;) ) : War das, was Du beschreibst, eher eine Ausnahmesituation oder kommt das öfter vor ?

    Einmal editiert, zuletzt von Minzemaunz ()

  • Es kam schon öfter vor, nur gestern waren es gleich zwei Situationen an einem Morgen. Da ist es mir extrem aufgefallen.


    Ich selber habe keine Probleme Fehler zuzugeben. Kinder spiegeln einen ja gerne mal und merken es sofort wenn z.B. die Mama mal vergisst die Schuhe vor der Tür auszuziehen, oder sich mit der Teetasse in der Hand vom Esstisch entfernt. :pfeif Habe mich in solchen Situationen dann meist entschuldigt und ihm Recht gegeben. (Oder ich konnte einen guten Grund nennen warum ich das darf und er nicht....z.B. ich putze hier ja auch etc. )


    Neulich ist mir mal die Schlagsahne so gar nicht gelungen. Naja einen Wutanfall oder Heulkrampf habe ich da nicht bekommen. :D
    Da waren es dann meine Gäste die meinten "ach nicht so schlimm, sowas passiert schon mal." Womit ich mich dann auch gern zufrieden gab.
    Vielleicht sollte ich da aber mal aufmerksamer drauf achten wie ich in solchen Situationen reagiere.


    Mir fällt auf, dass wenn ihm im Alltag mal ein Missgeschick passiert (Becher umgeworfen etc.), dass er damit weitaus besser umgehen kann als wenn er offenbar ein genaues Bild von dem im Kopf hat was er tun will und dies dann nicht gelingt. Im ersteren Fall habe ich ihn dann schon oft selber sagen hören "ach, ist nicht so schlimm"

  • :thanks: Lovrel


    Das hört sich dann schon eher nach den zu hohen Ansprüchen an sich selbst an ..... dazu wurde ja schon viel gesagt ;)

  • Mir kommt da auf einmal so ein komischer Gedanke.....


    Gestern wollte ich mit meinem Sohn wieder malen und er wollte wieder den Halbbruder malen.
    Wieder fing er immer wieder von vorne an, weil der Hals zu lang war, der Bauch zu klein, das Bein zu lang...etc.
    Irgendwann sagte er bedrückt, dass er das nicht so schön kann wie die Next.
    Zunächst habe ich mir gar nichts dabei gedacht aber als ich hier vorhin im Forum einen anderen Thread las kam mir dieser Gedanke.


    Zuvor hat er immer gerne und so schön gemalt und jetzt auf einmal das.
    Ich kann mir nicht helfen mich zu fragen ob die Next da irgendwas gesagt oder gemacht hat was ihn so verunsichert hat?????

  • Irgendwann sagte er bedrückt, dass er das nicht so schön kann wie die Next.


    Nun ja, das hört sich für mich so an, als ob die Next malt und er sich mit ihr vergleicht...


    Das ist immer blöd, wenn sie sich mit jemandem vergleichen, der scheinbar begabter oder geschickter ist. Die Tendenz kenne ich auch von meinen Kindern. Bei uns ist es der große Bruder, der wirklich gut zeichnen kann - deswegen traut sich das Mittelkind bei uns mittlerweile gar nicht mehr zu malen. Allerdings hat es der große bei uns auch "gut" drauf, ihn zu kritisieren. Das finde ich total bescheiden, denn ich finde ja immer jeder kann auf seine Art schön malen... Jeder hat nunmal seinen eigenen Stil.


    Und wenn sich Kinder mit Erwachsenen vergleichen, ist das ja sowieso ein ungerechter Vergleich. Wobei ich damit nicht sagen will, dass Erwachsene besser sind - sie malen halt anders als Kinder. Und ob die Next etwas dafür kann, dass sie ihn so verunsichert, weiß ich nicht. Es kann ja auch sein, dass er einfach ihre Bilder schöner findet als seine... :frag


    Was kann man da machen? Bei meinem Sohn habe ich keine Lösung gefunden. Er hat irgendwann einfach für sich beschlossen, dass er nicht gerne malt und versucht nun seinen Bruder in anderen Dingen zu "schlagen". Ist halt bei uns Geschwisterrivalität. Vielleicht hat ja jemand hier eine Idee, wie man damit gut umgeht.


    Alles Liebe
    bzf :sonne