Sozialleistungen: Für alleinerziehende Mütter lohnt sich Arbeit nicht

  • Heute in der Westdeutschen Zeitung folgender Artikel auf dem ich mich bei der Chefredaktion beschwert habe:


    http://www.westdeutsche-zeitung.de/?redid=739924


    Evtl. können sich ja noch einige alleinerziehende Väter anschließen:


    Hier meine Mail von heute an die beiden Chefredakteure:


    martin.vogler@westdeutsche-zeitung.de
    wolfgang.radau@westdeutsche-zeitung.de


    Sehr geehrte Herren,


    als alleinerziehender Vater fühle ich mich von dem obigen Artikel diskriminiert!


    Man hätte auch geschlechtsneutral schreiben können:


    Arbeiten für Alleinerziehende lohnt sich nicht!


    Desweiteren ist die Studie falsch, über die sie berichten. Dieses hätte ihr Redakteur eigentlich überprüfen müssen.


    Im Artikel heißt es wortwörlich:
    "Laut der Untersuchung erhält eine alleinerziehende Mutter, die zwei Kinder hat und auf 400-Euro-Basis hinzuverdient, 1660 Euro im Monat. Bei einer vergleichbaren regulären Beschäftigung wären es nach den Berechnungen des Instituts dagegen knapp 1500 Euro, in Ostdeutschland sogar nur 1400 Euro." Zitat ende.


    Dieses ist falsch: Bei einem Nettolohn von 1500 Euro werden 310,00 Euro nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Das ist fakt und das können Sie gerne überprüfen. Also demnach steht sich der Alleinerziehende um 310 Euro besser als ohne Zuverdienst. Auch bei einem 400 Euro verbleibt ein Freibetrag von 160 Euro. Die ersten 100 Euro sind voll frei, alles darüber bis 800 Euro 20 % und bis 1500 Euro 10 %. Dieses gilt aber für Mann und Frau. Ob dieses ein Anreiz ist zu arbeiten, möchte ich dahingestellt lassen. Sicherlich fördert es auch indirekt auch die Schwarzarbeit. 4 mal Gartenpflege und 4 mal Autowaschen für den reichen Nachbarn im Monat, ist ungefähr das Gleiche.


    Ich bitte darum, dass ihre Redaktion vorab mal recherchiert, bevor sie eine Studie einfach so unkommentiert veröffentlicht!


    Richtig wäre vielmehr zu schreiben, dass Alleinerziehende steuerlich bereits sehr schlecht gestellt sind. Ein Beispiel meinerseits:


    Bruttoeinkommen 2381 Euro
    Lohnsteuerklasse II 320,00 Euro
    abzgl. SV-Beiträge = 1580,00 Euro netto.


    Ich bekomme ALGII für mich und meine Kinder in Höhe von 398,00 ergänzend zum Einkommen. Das zum Schwachsinn des ganzen Systems!


    Ein Kinderloser mit Steuerklasse I würde 335,00 Euro Lohnsteuer bezahlen bei gleichen Bruttolohn. Ein Verheirateter mit STK III wäre mit 110,00 Euro dabei.


    Schlußfolgerung: Aufgrund der hohen Steuerbelastung und das nichtgreifen der Kinderfreibeträge bei niedrigen Einkommen sind in Deutschland immer mehr Bürger auf ergänzendes ALGII angewiesen. Und nicht zu vergessen die stets steigenden Mieten und Heizkosten, welche den Bürger ebenfalls ins ALGII bringen.


    Die Dunkelziffer wieviele in Deutschland ohne ergänzendes ALGII auskommen, obwohl es ihnen zusteht würde ist unbekannt, das könnten Sie mal recherchieren.


    Außerdem wäre es langsam an der Zeit, das Wort HARTZIV aus dem Sprachgebrauch zu streichen. Denn es handelt sich um Leistungen nach dem SGBII, Grundsicherung für Arbeitssuchende, oder schreiben sie einfach ALGII-Leistungsbezieher. Viele ALGII-Leistungsbezieher finden es beschämend, mit einem rechtskräftig Verurteilten ständig benannt zu werden.


    In Zukunft erwarte ich von ihrer Redaktion eine geschlechtsneutrale Berichterstattung.


    Mit freundlichem Gruß

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  • Danke Robert.... der Zeitung piepts ja wohl!


    Und dann noch so beschissen recherchiert... ich könnte mich grade aufregen!


    LG Schmetterli

    Die meisten Menschen sind unglücklich, weil sie, wenn sie glücklich sind, noch glücklicher werden wollen (Ingrid Bergmann).
    Das Schwierigste am Leben ist, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. In meinem Fall verkehren sie nicht mal auf freundschaftlicher Basis.

  • Mein Leserbrief:


    Sehr geehrte WP-Reaktion,


    der Artikel vom 25.01. hat mich sehr verwundert.


    a) gibt es auch alleinerziehende Väter (Gleichstellung) mit den gleichen Problemen
    b) lohnt sich arbeiten immer - denn Berufserfahrung ist das beste Mittel zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit oder geringfügiger Beschäftigung
    c) mein Beispiel ca. 65 € ergänzendes SGB II (mit einer Menge Papierkram)
    d) wäre ich in Steuerklasse III statt II hätte ich 94 € im Monat mehr und wäre nicht auf SGB II angewiesen


    Die steuerliche Ungleichbehandlung der "Ein-Eltern-Familie" mit Steuerklasse II zu den Hauptverdienern der Familien mit Steuerklasse III ist das Problem. Ein deutscher Durchschnittsverdiener 2500 € Brutto 1 Kind hat 196 € im Monat mehr Netto - im Jahr über 2.000 €.


    Mit freundlichen Grüßen


    xyz (Mutter einer 3jährigen Tochter)*

  • Hallo Lena,


    ist zwar OT, doch hast du schon mal durchgerechnet, ob für dich Wohngeld nicht die bessere Alternative wäre?

  • und hier die Antwort des Chefredakteurs... Kommentar überflüssig



    Sehr geehrter Herr XXX,


    Haben Sie vielen Dank für Ihre ausführliche Mail vom 26. Januar. Da die Gruppe der alleinerziehenden Mütter sicherlich größer ist als die der alleinerziehenden Väter, haben wir die Mütter ausgewählt, um das Problem an ihrem Fall aufzuzeigen.


    Die komplette Studie ist noch nicht veröffentlich, sodass ich Ihre Rechnung derzeit nicht nachvollziehen kann.


    Eine "geschlechtsneutrale Berichterstattung", wie Sie sie erwarten, finden Sie in keiner vergleichbaren deutschen Publikation. Das ist keine Diskriminierung, sondern eine Vereinfachung, die der Verständlichkeit dient. Sie selbst schreiben in Ihrer Mail - wie ich finde völlig korrekt - vom "reichen Nachbarn". Jeder versteht, dass damit selbstverständlich auch die reiche Nachbarin gemeint sein könnte.


    Mit freundlichen Grüßen


    XXX


    Mod Mitteilung.
    Detaillierte Angaben zur Person gelöscht

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    Einmal editiert, zuletzt von Segelpapa ()

  • Ah ja, alleinerziehende Väter haben dieses Problem nicht zu haben... :hae:


    das hat er ja nicht gesagt. Aber er hält offensichtlich nichts von der gesetzlich angeordneten Gleichsetzung von Mann udn Frau (also die, die zu diesen ätzend langen Formulierungen wie "sehr geehrte(r) Herr/Frau xyz" oder "der/die Arbeitnehmer(in) führt. ).


    Gesagt hat er eigentlich eh garnichts.. außer, das es mehr AE Mütter als Väter gibt. :D

    Einer muss mal anfangen mit dem aufhören...

  • Eine "geschlechtsneutrale Berichterstattung", wie Sie sie erwarten, finden Sie in keiner vergleichbaren deutschen Publikation. Das ist keine Diskriminierung, sondern eine Vereinfachung, die der Verständlichkeit dient.


    Journalistisch gesehen hat er Recht, so wird es gehandhabt. In der Regel werden eine oder mehrere Personen ausgewählt, um daran die grundsätzliche Problematik aufzuzeigen.


    Ob das nun gut oder schlecht ist, bleibt natürlich dahingestellt...

  • Journalistisch gesehen hat er Recht, so wird es gehandhabt. In der Regel werden eine oder mehrere Personen ausgewählt, um daran die grundsätzliche Problematik aufzuzeigen.


    Die TAZ hat gezeigt wie man es besser machen, siehe link weiter oben. Um die Diskriminierung ging es mir ursprunglich garnicht, aber um die ganze Sache ein wenig zu überspitzen, habe ich dieses als Einleitung gewählt.

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  • das hat er ja nicht gesagt. Aber er hält offensichtlich nichts von der gesetzlich angeordneten Gleichsetzung von Mann udn Frau (also die, die zu diesen ätzend langen Formulierungen wie "sehr geehrte(r) Herr/Frau xyz" oder "der/die Arbeitnehmer(in) führt. ).


    Finde ich auch ätzend. Das kann man/frau sich verkneipfen. Ich brauchte auch nur einen Aufhänger als Einleitung der Mail, da paßte das halt gerade. Es würde ja reichen "Für Alleinerziehende lohnt sich Arbeit nicht". Damit wären ja alle gemeint, ob Mann, Frau oder sonst was....
    In dem TAZ-Artikel steht es ja geschlechtsneutral.


    Mir ging es vielmehr um die fehlerhafte Studie des Kieler Institutes für Weltwirtschaft.


    Gestern hatte ich noch ein längeres Gespräch mit der BILD in Berlin zum Thema Alleinerziehend und ALGII, aufgrund einer eingesendeten E-Mail an die BILD. Die wollen evtl. ausführlich über die Problematik berichten. Dort habe ich auch insbesondere auf die Steuerproblematik hingewiesen. Steuern zahlen, aber auf ALGII angewiesen sein. Mir stinkt nämlich ziemlich sehr, wie Arbeitnehmer mit etwas mehr wie ALGII gegen die HARZIS aufgehetzt werden zur Zeit, ohne über die Hintergründe zu berichten.

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  • Mir stinkt nämlich ziemlich sehr, wie Arbeitnehmer mit etwas mehr wie ALGII gegen die HARZIS aufgehetzt werden zur Zeit, ohne über die Hintergründe zu berichten.


    Also ich les BILD nun wirklich nicht, sehe aber beim einkaufen oft genug die Überschriften. ( ZUmal wir direkt im Haus einen Kiosk haben, komm also täglich daran vorbei). Und mit einer der größten Hetzer ist doch genau die BILD... ich bezweifel ernsthaft, das die wirklich einen "Gegenartikel" bringen. Damit vertreten sie ja nicht merh die öffentliche Meinung *Hust*

    Einer muss mal anfangen mit dem aufhören...