Fragen/Gedanken zur Ausbildung meines Sohnes

  • Ich bin gerade in einer Situation wo ich nicht so Recht weiter weiß.


    Mein Sohn (17) hatte vor 1 Jahr seinen Hauptschulabschluß auf einer Sprachheilschule gemacht. Er redet nicht viel und ist eher der stille Typ. Weil er schon damals keinen Ausbildungsplatz fand, machte er ein zusätzliches Jahr an einer Berufsbildenden Schule mit dem Schwerpunkt Agrarwirtschaft. Den Hauptschulabschluß wiederholte er, um sich zu verbessern, schaffte aber nur eine 4 in allen Hauptfächern, besonders in Mathe hatte er starke Probleme. In den praktischen Fächern hatte er im Gesamtschnitt aber eine glatte 1 !!!


    So, nun wollte er Gärtner im Garten und Landschaftsbau werden und absolvierte über die Schule ein Praktikum von 1 Woche und 3 Wochen im selben Betrieb. Die gaben im als Note eine 1 und wir waren beide sicher, dass er dort einen Ausbildungsplatz bekommt. Aber am Ende gab es eine Absage. Dann schlug das Arbeitsamt einen weiteren Betrieb vor. Dort arbeitete er vor 1 Woche auf Probe. Vorher machte er einen theoretischen Test, den er auch bestand. Auch dort wurde er gelobt, aber bekam dennoch eine Absage. Viele andere Bewerbungen wurden direkt mit Absagen beantwortet oder es wurde nach einem Auswahltest abgesagt.


    Er selber zeigt pubertätsbedingt leider wenig Initiative. Ich habe ihm oft geraten, Betriebe angerufen, hinzugehen und nachzufragen, ob sie ausbilden. Aber er vergisst es oder hat keine Lust. Es liegt nicht daran, dass er nicht könnte, denn er hat sich bei den Praktikumsbetrieben auch ohne mich vorgestellt.


    Als "Rückfallposition" bot die Beraterin von der Arbeitsagentur schon vor Monaten eine REHA-Ausbildung an. D.h. er würde eine normale Ausbildung machen, aber dabei unterstützt werden. D.h. er geht 2 1/2 Tage in den Betrieb, 1 1/2 in die Berufsschule und 1 Tag in die REHA-Stelle, wo Nachhilfe gegeben wird und Sozialkontakte geknüpft werden. Nachdem er nun nichts gefunden hat, hat er dort einen Vertrag unterschrieben.


    Nun ist es so, dass die REHA Beraterin seinem Wunsch als Gärtner im Garten und Lanschaftsbau nicht nachkam. Sie meinte, die Betriebe, mit denen sie zusammen arbeiten seien viel zu weit weg. Er wäre dann bis zu 3 Stunden täglich unterwegs und der Beruf sei auch nichts für ihn, da dort ein rüder Umgangston herrscht und sie ihn eher sensibel einschätzt. Außerdem wäre er körperlich ihrer Ansicht nach dem Beruf nicht gewachsen. Sie schlug nun Gärtner im Zierpflanzenbau vor.


    Das gefällt ihm aber gar nicht, denn dabei handelt es sich schon um einen anderen Beruf. Anstatt beim Kunden den Garten zu gestalten, was sehr abwechslungsreich ist, würde er in einem Gewächshaus arbeiten und nur Blumen aufziehen. Nur widerwillig hat er sich überzeugen lassen, dort einen Probearbeitstag zu machen, um sich wenigstens den Betrieb einmal anzsuchauen. Die REHA Beraterin meinte, der Betrieb sei ideal, da er nur wenige km entfernt ist, es dort schon einen ähnlich ruhigen Azubi gebe wie ihn und die Ausbilder und Besitzer des Betriebes sehr nette Menschen wären, die gut mit seiner Art zurecht kämen.


    Ich weiß nun nicht so Recht, wie ich mich verhalten soll. Auf der einen Seite denke ich, dass mein Sohn das machen sollte, was er möchte und nicht was andere ihm raten und darauf bestehen sollte, nur im Wunschberuf eine Stelle zu bekommen. Er würde das aber bei der REHA Beraterin nicht durchsetzen. Soll ich selber aktiv werden? Auf der anderen Seite denke ich mir, er hat sehr wenig Eigeninitiative gezeigt und nun hat er einen sicheren Ausbildungsplatz, der ihm zwar nicht so gefällt, aber er hätte ja selber mehr suchen können. Deswegen könnte ich mich auch zurückhalten und mir denken, er muss das jetzt alleine regeln und wenn er den Mund nicht aufkriegt, macht er eben eien Ausbildung, die nicht unbedingt sein Wunschtraum ist.


    Er war auch anfangs absolut gegen die REHA-Ausbildung, weil er dort weniger Vergütung bekommt, als bei einer "Normalen" Ausbildung. Damals habe ich ihm gesagt, dass er sich dann selbst kümmern muss. Dabei habe ich ihn nicht sich selbst überlassen. Ich habe ihm Adressen rausgesucht, bei der Bewerbung geholfen. Da war er auch motiviert. Aber von selbst kümmert er sich gar nicht und ihm passt es auch nicht, dass er jetzt diese REHA AUsbildung machen muss. Und selbst jetzt habe ich ihm Adressen rausgesucht und ihm gesagt, dass er dann auch jetzt noch eine Alternative suchen kann. Aber er muss dorthin gehen und anrufen, aber ohne mich. Und wenn ich ihn dann frage am nächsten Tag, hat er es "vergessen". Deswegen bin ich gerade an einem Punkt wo ich mir denke, ich hab genug für ihn getan, er hat eine Ausbildung und wenn ihm die nicht passt, muss er selber nach Alternativen suchen.

    Sei einfach Du selbst, alle anderen gibt es schon

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  • Erst Mal Danke, das kannte ich noch nicht.


    Ich hatte ihm mal ein FSJ vorgeschlagen, aber als er sah, dass die meisten Stellen weit weg von zu Hause sind, war er ganz entrüstet. Er geht doch nicht unter der Woche woanders hin. Das kommt gar nicht in Frage. Er will zu Hause wohnen bleiben. Damit war das Thema erledigt.

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  • Vielleicht reizt ihn das Thema genug, daß er dafür auch mal von zu Hause weggehen würde. Ich kann mir vorstellen, daß ihm das gut täte, sofern er dort gut angenommen würde. Mit etwas Sucherei findet man eine Menge tolle Projekte, teilweise auch im Ausland - mit Abenteuerfeeling. :-)

  • Hallo,


    ich repräsentiere hier in dem Falle mal die "Gegenseite". Ich bin Ausbildungsbetrieb. Im Agrarbereich. Ganz ehrlich interessieren die Noten bzw. der Abschluss relativ wenig. Selbst ohne Abschluss kann man sich über ein EQJ in eine Ausbildung "hineinarbeiten". Gerade, wenn es in den Unterlagen deines Sohnes Hinweise auf eine praktische Begabung gibt, werden seine Bewerbungen ganz sicher auf Interesse stoßen. ABER...ganz großes ABER: Er muss Bewegung, Interesse und Initiative zeigen. Ich meine, an irgendwas muss der Betrieb ja die evtl. Erfolgschancen der Ausbildung festmachen können. Wenn er nun fest ortsgebunden, mit suboptimalen Schulleistungen versehen und dann noch demotiviert rüberkommt...sorry. Leider lerne auch ich immer wieder solche Kandidaten kennen....inzwischen lehne ich dann auch nach dem Praktikum dankend ab, ein Lehrling ist im Gegensatz zu einem Arbeiter eben eine Investition, der kostet im Regelfalle mehr als er bringt, dafür sollte eine gewisse Erfolgsaussicht bestehen.


    Vielleicht könnte man ihm eine Ausbildung auswärts doch noch nahebringen, das erhöht die Chancen. Die REHA_Ausbildung als Alternative möchte er ja auch nicht, er scheint sich also berufsmäßig schon sicher zu sein. Evtl. nochmal gemeinsam erarbeiten, WARUM er machen will, was er machen will. Dann kann er das dem zukünftigen Lehrbetrieb gegenüber besser klarmachen. MIR gefällt es immer gut, wenn die Bewerber wissen, WARUM sie eigentlich DIESE Ausbildung wollen.


    LG Jana

  • Das Problem ist, er hat beim Arbeitsamt einen Test gemacht und da kam heraus, dass er schon ein Intelligenzdefizit hat. Auch damals schon beim Psychologen. Sein Traumberuf ist eigentlich KFZ-Mechatroniker. Da hat er auch sein erstes Praktikum gemacht. Den Beruf würde er am liebsten machen, aber sowohl Lehrer, als auch ich haben versucht ihn davon abzubringen. Er hätte in dem Beruf keine Chance, da die mathematischen Anforderungen extrem hoch sind und er in Mathe extreme Probleme hat und sehr lange braucht, bis er etwas versteht.


    Dann wollte er Einzelhandelskaufmann werden und hatte sich beworben. Er wurde auch oft eingeladen und jede Einladung ist nach dem Vorstellungsgespräch gescheitert. Er spricht nur wenig und hat Schwierigkeiten, komplexere Sachen sprachlich auszudrücken. Nach den Misserfolgen wollte er zum McD, weil ihm das Unternehmen gefiel. Dort fiel er im Test durch. Dann haben Lehrer, Arbeitsamt und ich uns mit ihm zusammen gesetzt und sind auf Gartenbau gekommen.


    Nach den Praktika war er auch begeistern von diesem Beruf. Es ist so, er hat viele positive Seiten. Er ist extrem zuverlässig, fleißig und pünktlich. Er macht, was man ihm sagt und er kommt gut im Team mit anderen zusammen klar. Er ist einfach ein guter und netter Kerl, der auch sehr beliebt ist bei seinen Freunden. Aber er ist auch sehr naiv und noch kindlich und macht jeden Scheiß mit, den andere in dem Alter nicht mehr mitmachen würden. Hobbys hat er gar keine und er lässt sich auch nicht motivieren, in einen Verein zu gehen. Er war ein paar Jahre bei der Jugendfeuerwehr, aber da ist er dann trotz Gegenmotivation von mir, ausgetreten.


    Er weiß vielleicht auch gar nicht was er will und was nicht. Deswegen schlugen wir ihm nach der Hauptschule das EIBE-Jahr vor. Dort schlagen ihm auch alle den Gartenbauzweig vor. Ich glaube, die Absagen kamen, weil er auch viel zu still ist, den Chef nicht fragt wenn er was nicht versteht usw. Er wirkt einfach noch unfreif.


    Mir wäre es auch lieber, er würde auswärts noch ein FSJ o.ä. machen, aber er möchte definitiv nicht weg. Er möchte eine Ausbildung machen und zu Hause wohnen bleiben. Darin ist er stur und mit Druck geht da auch nichts.


    In einem nicht ganz so anspruchsvollen Beruf würde er wahrscheinlich sehr gut abschließen, aber sein Wunschdenken entspricht in vielen Dingen nicht seinen Fähigkeiten. Er kann sich und seine Fähigkeiten nicht gut einschätzen und das ist der Grund, warum er so oft auch einen Berufswunsch wechselte. Aber ich habe ihn immer unterstützt und versucht, dass er sich seiner pos. Fähigkeiten bewusst wird. Das ist tlw. auch gelungen.


    Ich denke, die REHA AUsbildung ist nicht so schlecht für ihn und auch andere aus seiner Klasse sind dort. Aber die Frage ist, ob er in dem Bereich Zierpflanzenbau glücklich wird, wo man im Prinzip stupide, eintönige Arbeit macht. Das denkt er wohl auch, aber es gibt im Moment keine Alternative für ihn und er bringt nicht die Initiative auf, danach zu suchen. Morgen schaut er einen Tag in den Betrieb rein. Ich hoffe, dass er vielleicht da irgendwie eine Motivation findet.


    Andere haben gar keinen Abschluss und keinen AUsbildungsplatz. Eigentlich könnte er mehr als zufrieden sein.

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  • Andere haben gar keinen Abschluss und keinen AUsbildungsplatz. Eigentlich könnte er mehr als zufrieden sein.

    Schlimmer geht immer - das zählt nicht.


    Biete im erstmal ein FÖJ als mögliche Alternative zum Zierpflanzenbau an und laß ihn überlegen, was ihm lieber wäre. Und rede mit ihm darüber, wie es um das Thema Ausziehen und selbständig werden allgemein steht. Er soll ja nicht für immer bei Euch wohnen bleiben, oder? Werdet mal konkret, damit ihm klar wird, das aufgeschoben nicht aufgehoben ist. Vielleicht ist er dann eher bereit, mal woanders hinzugehen, wenn er ja doch früher oder später raus muß. War er überhaut schon mal von Euch weg - Klassenfahrt, Jugendfreizeit o.ä.?

  • Hmm schwierig...


    Aber ich würde bei einem ohnehin schon stillen 17-jährigem Jungen nicht versuchen ihn zu überreden, weit weg von zu Hause seine Ausbildung zu machen. Das verunsichert Ihn ja dann noch mehr.
    Eigentlich klingt diese REHA-Ausbildung ja echt super. Aber wenn es so gar nicht sein´s ist, ist natürlich auch blöd.
    Aber wenn er wirklich null Gefallen daran hat, dann soll er den Popo hoch bekommen und aktiv weiter suchen. Du kannst Ihm ja helfen, aber dort anrufen und sich vorstellen, das muss er eh selber machen. Kein Betrieb stellt jemanden ein, wo der Papa für den Sohn anrufen muss. Eigeninitiative muss schon sein.
    Wenn er das nicht macht, dann kann die Ausbildung zum Gärtner Zierpflanzenbau ja doch nicht so schlimm sein für Ihn.


    Aus deiner Beschreibung von deinem Sohn, würde ich Ihm raten, diesen Gärtner Zierpflanzenanbau zu machen. Dort hat er wahrscheinlich weniger Kundenkontakt als im GaLaBau.
    Gerade wenn die Kommunikation sein "Problem" ist, wird er da wahrscheinlich erstmal glücklicher. Wer weiß, wenn sich das nach der Pupertät gibt und er aufgeschlossener wird, dann ist der Weg in den GaLaBau bestimmt nicht komplett versperrt.

  • Dein Sohn ist ein durchaus schwieriger Kunde.


    Mein Ex hat genau das Gleiche durch, nur hat ihm das nicht geholfen. Er wurde auch im Gartenbereich vermittelt.
    Nach der Ausbildung ist er in die harte Realität gefallen... in der Ausbildung als Behinderter behandelt worden, in der Arbeitswelt, war er der Gesunde. Das wird Deinem Sohn wohl auch passieren. Dann musst ihn auffangen und erneut motivieren oder versuche die Tatsache der REHA- Ausbildung für Euch zu nutzen und Atteste usw. zu sammeln, die einen GdB gerechtfertigen.


    Ansonsten lass Deinen Sohn mal machen, evtl. wacht er auf und braucht die Zeit um sich weiterentwickeln zu können. Schlage ihm doch auch mal diesen Bundesfreiwilligen Dienst vor, der kann unter Umständen auch wohnort nah durchgeführt werden.

  • Bundesfreiwilligen Dienst - gute Idee. :daumen Hatte ich gar nicht mehr auf dem Schirm.

  • Also das hilft mir schon mal weiter. Ich lass ihn einfach machen und biete ihm nur an, wenn er durch Eigeninitiative was findet, dass ich ihn unterstützte. Ansonsten muss er die Ausbildung machen. Es ist nicht unbedingt für Behinderte, sondern dort sind zahlreiche "normale" Jugendliche, die überwiegend keinen Abschluss haben und ist irgendwie eine Art kooperative Ausbildung wo auch behinderte sind.

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  • Er war dort und durfte einen ganzen Tag arbeiten. Er weiß jetzt, wie Geranien aussehen, nachdem er 500 Stück zurecht gestutzt hat und im Gewächshaus ist es tatsächlich heiß.


    Aber das beste ist, ihm scheint es zu gefallen, denn er hat bei der REHA Betreuerin angerufen und zugesagt. Er hat wohl auch keinen "Bock" noch etwas anderes zu suchen.

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  • So, heute Ausbildungsvertrag unterschrieben. Chefin hat nochmal betont, dass ihr Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Ordentlichkeit sehr wichtig sind. Würde er das nicht wollen, brauche er gar nicht unterschreiben ;-)


    Und wie es der Zufall will: Im Radio kam dann auf der Rückfahrt die Meldung, dass in Hessen noch mehr als 13.000 Juegendliche ohne Ausbildung sind. Da hat er zu mir grinsend gesagt "Jetzt ist es einer weniger ..."

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  • Ne, ich versteh ihn ja. Er ist todunglücklich. Das bringt dann nichts mehr.
    Er hat am Montag schon ein Vorstellungsgespräch in einem anderen Betrieb, weil ich ihm geraten habe, seine Unzufriedenheit nicht mir, sondern der Betreuerin in der REHA-Stelle mitzuteilen.

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