Unsere kleine (lange) Geschichte:
Ich war in einer Fernbeziehung. Kurz nachdem sich mein Freund von mir getrennt hatte, weil seine Gefühle nicht reichen würden, stellte ich fest, dass ich schwanger war. Mir war sofort klar, dass ich dieses kleine neue Leben behalten würde. Ihm war sofort klar, dass er es nicht will und ich es wegmachen müsste. Es begann eine Zeit der Vorwürfe und des emotionalen Terrors, er versuchte mich immer wieder zu bedrängen. Ich konnte dieses neue Leben nicht beenden und habe mich dafür entschieden.
Der Anfang einer ständigen Berg-und-Talfahrt der Gefühle.
Ich habe also von Anfang an gewusst, dass ich allein mit meiner Kleinen sein werde. Und trotzdem habe ich immer wieder versucht, den Vater in seine Vaterrolle zu bringen, um Teil des Lebens meiner Kleinen zu werden. Er wollte nicht. Dann gab es doch immer wieder Anläufe der Verständigung, die aber scheiterten. So war die Schwangerschaft einerseits sehr anstrengend, andererseits natürlich aber auch sehr aufregend und wunderschön, das Leben in mir zu spüren. Freude und Trauer bestimmten beide diese Zeit – Tränen und Lachen waren immer ganz nah beieinander.
Dann kam mein kleines Mädchen vor 2 Monaten auf die Welt. Sie ist wundervoll. Ihr Vater war auch gleich da und ganz verzaubert und hingerissen. Er kam ein weiteres Mal, war voller Stolz und Ehrfurcht dem kleinen Wunder gegenüber. Und wir besprachen unsere Vorstellungen für die Zukunft des Babys und er äußerte, dass er sein möglichstes tun wolle für sie. Er wollte ein paar Wochen später für eine ganze Woche kommen und auch seine Mutter mitbringen, damit sie ihr Enkelkind kennenlernen kann. Er sendete einen Halbjahresvorrat an Windeln. Es schien alles so vielversprechend, dass wir es schaffen würden, eine gute Elternbeziehung aufzubauen.
Er kam nicht, sagte auch nicht ab, reagierte nicht auf Anrufe oder Nachrichten. Dann rief er irgendwann doch zurück. Er ist ebenso zerrissen wie ich, weiß nicht wie er mit der Situation umgehen soll, zieht es vor, keinen Kontakt zu ihr zu haben, weil es so weh tun würde, wenn er dann wieder gehen müsste... Eine Psychologin, bei der ich Rat suchte und der ich die Situation und ihn schilderte, meinte dass er evtl. an Borderline leiden könnte. Das würde zumindest seine positiven wie negativen emotionalen Extreme erklären, die sich auch vorher bereits deutlich äußerten. Das lässt aber auch jede Hoffnung schwinden, dass es besser werden könnte. Muss ich mir vielmehr nicht die Frage stellen, ob ich ihn dann nicht lieber möglichst von der Kleinen fern halte, damit sie da nicht reingezogen wird?
Als wir auf den Unterhalt zu sprechen kamen, fühlte er sich schnell in die Ecke des Bezahl-Vaters gedrängt. Dabei ist er es doch selbst, der sich darauf reduziert. Er ist selbständig, verdient das meiste Geld schwarz, offiziell verdient er also kaum was. Deswegen möchte er nur den Mindestunterhalt bezahlen, obwohl er locker mehr geben könnte. Aber hoffentlich zahlt er zumindest das. Denn ab und zu meinte er bereits er würde sich absetzen in außereuropäische Ausland, so dass ich ihn nicht finden würde...
Er meint, dass die ganze Situation ihn emotional so fertig macht, dass er nicht mehr arbeiten könne und ganz viele Kunden verloren hat. Er arbeitet übrigens u.a. als eine Art esoterischer Lebensberater (kein Witz), da erzählt er seinen Kunden wie sie z.B. mit solchen Situationen umgehen können, handelt aber selbst im genauen Gegenteil - der reinste Hohn.
Auch im Alltag mit dem Baby geht die Berg-und-Talfahrt weiter. Gerade wenn das Baby etwas Neues lernt oder einfach nur so unglaublich herzerweichend lächelt, tut es weh. Ich sitze da, schaue die Kleine an, bin überglücklich und möchte es unbedingt teilen... mit ihm, da er doch die andere Hälfte dieses kleinen Wesens ist und sehen soll, was er da grandioses hervorgebracht hat, aber es geht nicht... er zieht es vor, sie zu verdrängen, sie möglichst zu vergessen.... das tut so weh.
Traurigkeit überwiegt, manchmal flüchte ich mich auch in Wut. Dann wieder habe ich Mitleid mit ihrem Vater, da er so unfähig ist, mit dieser Situation umzugehen und es vorzieht in Selbstmitleid und Wut zu versinken. Dann wieder bin ich es, die in Selbstmitleid und Wut versinkt.
Es fällt mir noch immer schwer, das Ende der Beziehung zu akzeptieren, noch mehr aber, dass mein Baby ohne Vater aufwachsen soll. Da die Situation ja nicht seinen Vorstellungen des Kinderkriegens entspricht und er sie ja nicht wollte...
Es gelingt mir noch nicht, dazu zu stehen, dass ich alleinerziehend bin. So erzähle ich Bekannten, dass wir trotz Kind mit unserer Fernbeziehung weiter machen, weil wir beide unsere Freiheit bräuchten... Ist das Feigheit? Versuche ich mir selbst etwas vorzumachen, weil
ich mich an den Traum der glücklichen Familie festhalte? Habe ich Angst was sie denken oder lästern könnten bzw. schlimmer, dass sie mich bemitleiden könnten? Ich fühle mich nicht bemitleidenswert, aber schon komisch wenn alle mit Kindern um mich herum, Paare sind... Natürlich weiß ich, dass sie auch ihre Probleme haben, aber trotzdem sind sie zusammen, nicht allein... Es war nie mein Plan mit einem Baby allein zu sein.
Hattet ihr auch Probleme, dazu zu stehen, dass ihr alleinerziehend seid? Wie habt ihr gelernt, es zu akzeptieren und nicht als hässlichen Makel zu sehen?
Ich schaffe es nicht, loszulassen und kämpfe immer wieder darum, ihn zu einem Teil ihres Lebens zu machen, indem ich immer wieder nachhake und ihm schreibe. Ich sollte wohl besser damit aufhören und die Situation akzeptieren, wie sie ist, aber ich schaffe es (noch?) nicht.
Insgesamt ist die Situation mit meiner Kleinen sehr gut und wunderbar, ich liebe sie sehr, sie ist wundervoll und vergleichsweise sehr pflegeleicht und lieb. Es geht ihr gut und auch mir geht es die meiste Zeit gut. Ich habe Familie und Freunde, die für mich da sind. Und trotzdem fühle ich mich oft sehr einsam!
Ich bin total verliebt in sie und bestaune jede ihrer kleinen Entwicklungen. Manchmal könnte ich sie einfach nur stundenlang betrachten. Ihr Lachen und Staunen überwältigen mich, ihre Grimassen bringen mich zum Lachen.
Erstaunlicher Weise (ich bin selbst Scheidungskind und hatte viele Jahre den Kontakt zu meinem Vater auf ein absolutes Minimum reduziert) ist es mein Vater, der ihr nun das männliche Vorbild bietet und sie vergöttert und jedes Wochenende und unter der Woche in fast jeder Mittagspause kommt, um ihr seine Liebe zu schenken. Das macht mich sehr glücklich.
Aber manchmal bin ich sehr erschöpft und habe keine Geduld für meine Kleine. Dann lasse ich sie schreien, statt sie zu trösten. Bekomme dann aber sehr schnell ein schlechtes Gewissen und fühle mich schuldig. Zwinge mich dann schließlich, mich zusammen zu reißen. Wie schaffe ich es, meine Erschöpfung und Frustration nicht an ihr auszulassen?
In mir wütet ein Chaos der Gefühle und Gedanken (wie man wohl auch der kleinen Geschichte anmerkt), das ist verwirrend und anstrengend. Viel Raum zum Durchatmen und Abstand nehmen habe ich logischer Weise nicht, durch die Kleine. Ich verteufle ihn nicht, dafür liebe ich dieses wundervolle kleine Baby, das Ergebnis unserer schönen gemeinsamen Zeit, viel zu sehr. Aber ich fühle mich verloren und durcheinander und möchte lernen, wieder Klarheit zu erlangen und ohne Traurigkeit sein zu können.
Wie geht man mit diesem Durcheinander der Gefühle um? Wie habt ihr das gemacht?
Wie kommt man darüber hinweg? Wie habt ihr das geschafft?
Wie verbittert man nicht??
Ich weiß, die Zeit heilt alle Wunden...... Aber das hilft mir derzeit noch nicht so sehr. Es wird im Rückblick so sein, klar...
Ich weiß auch, dass die Kleine für alles entschädigt, trotzdem fühle ich mich oft einfach nur einsam und verloren.
Was tut ihr, um mit eurer Situation klar zu kommen???
Wie habt ihr gelernt zu akzeptieren, dass ihr alleinerziehend seid?
Wie habt ihr Trost gefunden?
So viele Fragen... Danke fürs Zuhören, es hat gut getan einfach mal alles von der Seele zu schreiben...