Inobhutnahmen von Jugendämtern 2012

  • Um das Ganze ein wenig zu objektivieren: es gibt viel zu wenige Mitarbeiter für die erforderliche Arbeit. Zumindest ist das bei unserem Jugendamt so, und ich denke, das ist kein Einzelfall.


    Das ist in meiner Abteilung nicht anders. Trotzdem muss ich mit den mir gegebenen Mitteln qualitativ hochwertige Arbeit und unbrechungsfreien Betrieb sicherstellen. Im Gegensatz zu einem Jugendamt geht es bei mir aber "nur" um Geld in Form von bspw. Betriebsausfall und nicht um das weitere Leben von Menschen und Familien. Da sollte die Sorgfalt - in jede Richtung - viel höher sein.

  • Gehören dazu auch die Fälle, in denen die Eltern ihre Kinder freiwillig in eine Einrichtung geben?


    In meinem Fall wurde nämlich keine Inobhutnahme durchgeführt, d.h. Aufenthaltsbestimmungs- und Sorgerecht liegen nach wie vor bei mir und ich habe die Entscheidungsfreiheit, meine Tochter jederzeit nachhause zu holen.


    Vielleicht sollte man nicht nur die jetzigen Kosten sehen, denn durch eine stationäre Unterbringung wird die Laufbahn eines Kindes mitunter in die richtige Bahn gelenkt. D.h. es kann sein, dass eine kriminelle Laufbahn mit "Personenschaden" anderer vermieden werden kann, möglicherweise bekommen Kinder so die Chance auf eine Ausbildung und verdienen ihr eigenes Kind, wohingegen sie bei Verbleiben in der Familie vielleicht nicht einmal einen Schulabschluß schaffen und später vielleicht Jahre in Harz IV rutschen. Dann rechnet sich das für den Staat im Ganzen doch wieder. Aber ich glaube, da denkt niemand drüber nach, der sich nur über die Kosten aufregt.

    Sei einfach Du selbst, alle anderen gibt es schon

  • Guck Dir mal den weiteren Weg von Heimkindern an verglichen mit denen, die in ihren problematischen Herkunftsfamilien verbleiben. Da sieht es für letztere im Mittel deutlich besser aus.

  • Guck Dir mal den weiteren Weg von Heimkindern an verglichen mit denen, die in ihren problematischen Herkunftsfamilien verbleiben. Da sieht es für letztere im Mittel deutlich besser aus.


    Wo kann man sich das anschauen?

    Nicht Fleisch und Blut,

    das Herz macht uns zu Vätern.


    Friedrich Schiller


  • Wo kann man sich das anschauen?

    Habe leider keinen Link zur Hand und meine Datenbank ist endlich. Solche Studien sind auch schwierig zu finden und meine Zeit für Recherche begrenzt. Meine Info setzt sich aus mehreren Quellen über die Jahre zusammen, teils mündliche Auskünfte, teils Übersichtsberichte, die ich nicht gespeichert habe. Darum bleibt es eine Hypothese, die jetzt belegt oder widerlegt werden kann.

  • Ich bevorzuge eindeutig belegbare Aussagen gegenüber vagen Hypothesen. Das wäre doch ein guter Vorsatz für zukünftige Beiträge? Oder aber, es ist aus dem jeweiligen Beitrag ersichtlich, dass es sich eher um eine Vermutung als um eine nachvollziehbar belegte Aussage handelt? Das wäre zumindest ehrlicher.

  • Das wäre zumindest ehrlicher.


    Nein, wäre es nicht. Es ist davon auszugehen, daß Menschen im Regelfall Meinungen und persönliche Einschätzungen äußern. Ein hieb- und stichfester wissenschaftlicher Beleg hinter einer Aussage ist die absolute Ausnahme.

  • Herr Doktor, das ist doch Humbug.


    Wenn ich schreibe "ich denke, das sieht soundso aus", dann ist klar erkennbar, dass es sich um eine Meinung handelt. Dein Beitrag jedoch erweckt - bewusst oder unbewusst - den Anschein, eine belegbare Tatsache zu sein. Insbesondere wenn Du dann auch noch Phrasen wie "sieht es für letztere im Mittel deutlich besser aus" benutzt. Denn "im Mittel" legt ja wohl eine statistische Erhebung zugrunde, oder?


    Das ist weder seriös noch hilfreich.


    Und wenn es in den - wie Du es so schön nennst problematischen - Herkunftsfamilien zu sexueller, körperlicher oder seelischer Gewalt kommt, wenn Kinder vernachlässigt werden, schimmeliges oder gar kein Brot in die Schule bekommen, dann ist das also nach Deiner Meinung nach "im Mittel" besser als wenn sie in einer Pflegefamilie oder in einer familiären Jugendhilfeeinrichtung aufwachsen können?


    Vielleicht ist es sogar besser, wenn sie dort verhungern, verdursten oder totgeschlagen werden? Bei diesen Fällen ist dann immer der Aufschrei groß, warum das Jugendamt denn geschlafen und nicht eingegriffen hat.

  • Ich glaube das auch nicht, denn in den meisten Herkunftsfamilien erhalten die Kinder kaum Unterstützung.


    In einer stationären Einrichtung ist doch die Unterstützung viel besser und ich habe heute dort bei der "Abgabe" meiner Tochter zig Namen gehört, von Kindern, die jetzt gegangen sind und hier oder dort eine unterstützte Ausbildung machen.


    Also von daher gebietet schon die Logik, dass es so einfach besser laufen muss.

    Sei einfach Du selbst, alle anderen gibt es schon

  • Dein Beitrag jedoch erweckt - bewusst oder unbewusst - den Anschein, eine belegbare Tatsache zu sein.

    Es ist ja auch belegbar. Ich habe bloß den Beleg hier nicht geführt. Nochmal: Hier schreibt lange nicht jeder "ich denke ..." usw. sondern schlicht seine Ansichten und Einschätzungen. Anstatt sich hier künstlich zu echauffieren, könntest Du selber mal nach Statistiken suchen.


    Vielleicht ist es sogar besser, wenn sie dort verhungern, verdursten oder totgeschlagen werden?

    :laber


    Also von daher gebietet schon die Logik, dass es so einfach besser laufen muss.

    Nicht die Logik, sondern Wunschdenken. Der Sachverhalt ist zu komplex für eine streng logische Betrachtung. Würde man Deiner Argumentation folgen, müßten übrigens alle Kinder, die nicht entsprechend der pädagogischen Standards erzogen werden, in staatliche Obhut genommen werden. Guck mal unter Lebensborn, wie sowas läuft. :kopf


    Versucht doch bitte mal, bei einer sachbezogenen Argumentation zu bleiben, anstatt hier speziell meine Formulierungen zu sezieren.
    Alternativ meinethalben Feuer frei für kopflose Hetzerei ohne ernstzunehmenden Sachbezug - wenn´s Spaß macht.

  • Sagen wir es mal anders.


    Anforderungen an einen Auszubildenden sind Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ordnungssinn, Einhalten von Regeln, tlw. auch gute Noten, und vieles mehr.


    Erreicht wird dies durch Eltern und Schule durch Vorleben, Erziehung, Wissensvermittlung.


    Kinder, die in einem schlechten Elternhaus leben, erfahren die Unterstützung nicht. Erziehung findet meist gar nicht mehr statt. Ich stelle mir das Idealbild eines schlechten Elternhauses so vor, dass der arbeitslose Vater mit der Bierflasche im Suff auf der Couch liegt und ab und zu seiner Kinder verprügelt. Die Mutter schaut zu und ist depressiv und machtlos. Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Das Chaos herrscht. Also beste Voraussetzungen für eine Ausbildung ???


    In einer Einrichtung bekommen die Kinder einen geregelten Tagesablauf, Unterstützung in der Schüle und bestmögliche Förderung. Erziehung findet statt und die Kinder lernen Zuverklässigkeit und Regeln einzuhalten. Das sind gute Voraussetzungen für eine AUsbildung.


    In der Einrichtung, die ich kenne, gibt es auch extrem delinquente Jugendliche, die in einer Außengruppe in Finnland leben. Zum Essen kaufen müssen sie 12 km einfache Strecke zu Fuß laufen, wenn sie es warm haben wollen müssen sie Holz hacken. Selbst diese Kinder, die sonst absolut chancenlos wären, bekommen danach meist eine Ausbildung vermittelt.


    Eine Erziehung muss nicht entsprechenden pädagogischen Standards nach erfolgen, das habe ich nie gesagt. Alle Eltern und auch Erzieher sind Menschen und machen Fehler. Es geht nur um die Kinder, die in Einrichtungen leben. Das ist das Thema des Beitrags. Unterstellt man, dass sie dort sind, weil das Elternhaus nicht mehr in der Lage ist, Erziehung zu leisten (und nicht nur Probleme bei der Einhaltung pädagogischer Standards hat), dann unterstelle ich, dass meine Annahme eher zutrifft.


    Insgesamt ist in dieser Einrichtung die Quote nicht vermittelter Kinder sehr gering. Sicher werden wenige von denen ein Studium beginnen.


    Es gibt da einen netten Satz zu Studien: Glaube keiner Studie, die Du nicht selber gefälscht hast.


    So halte ich es. Von daher glaube ich, nicht wissend, dass die meisten Kinder, nicht alle, so eine bessere Zukunft haben und den Sozialstaat auf lange Sicht entlasten und die Kosten auf diese Weise hereingeholt werden.

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    3 Mal editiert, zuletzt von Micha67 ()

  • Guck mal unter Lebensborn, wie sowas läuft.


    Ich habe da mal nach geschaut. Der Lebensborn e.V. war ein Institution im 3. Reich. Was soll man sich da anschauen?? Was hat das mit heute zu tun? Ich verstehe gerade nicht was du sagen möchtest. Stehe gerade auf dem Schlauch.

    Nicht Fleisch und Blut,

    das Herz macht uns zu Vätern.


    Friedrich Schiller


  • Er meint, meine Argumentation liefe darauf hinaus, ALLE Kinder in Heimen unterzubringen, die nicht nach Standard erzogen werden, so wie es damals auch war und das dies nicht zum Erfolg geführt hat.


    So war meine Argumentation aber nicht gedacht, sondern nur eben auf die Kinder, die lt. Statistik in Obhut genommen wurden.


    Also total falsch verstanden und m.E. selbst dann mit einem unpassenden und unschönen Beispiel versucht zu wiederlegen.


    Wie es gemeint war, kann man meinem vorherigen Beitrag entehmen.


    Ansonten ist hier der Punkt, wo das Thema wieder entarten wird und irgendwo in der Geschichte landet, wo es nichts verloren hat. Damals wurde auch Kinder in Heimen untergebracht, denen es zu Hause gut ging. Das kann man mit heute nicht vergleichen, wo die "Fehlerquote" falscher Inobhutnahmen sicher nicht mehr mit denen im 3. Reich verglichen werden kann und darf.

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    Einmal editiert, zuletzt von Micha67 ()

  • Von daher glaube ich, nicht wissend, dass die meisten Kinder, nicht alle, so eine bessere Zukunft haben und den Sozialstaat auf lange Sicht entlasten und die Kosten auf diese Weise hereingeholt werden.


    Auf einen Teil der Kinder trifft das zu, auf die anderen nicht. Nach meiner Einschätzung stimmt das Kosten/Nutzen-Verhältnis derzeit nicht. Viele Heime sind weit entfernt von den hohen qualitativen Standards der von Dir erwähnten Einrichtung. Diese mangelhaften Heime unterbieten noch die Qualität der Erziehung der Herkunftsfamilien. Die Erklärung dafür ist einfach. Ein Heim muß viel mehr leisten, als die Eltern, weil es den Verlust der elterlichen Bindung kompensieren muß. Daran scheitern viele Heime und das macht die Kinder kaputt. Äußere Strukturen reichen da bei weitem nicht aus, wenn die Kinder seelisch nicht vollständig aufgefangen werden.


    Zur Frage der Ausbildungsfähigkeit sind - wie erwähnt - neben den Eltern immer auch die Schulen in die Pflicht zu nehmen, die genauso zum Versagen vieler Jugendlicher beitragen. Es wäre in vielen Fällen sinnvoller, mehr Sozialarbeiter in die Schulen zu schicken, als Kinder aus ihren Familien herauszunehmen. So könnte viel an mangelhafter Erziehung kompensiert werden. Notfalls kann man auch soweit gehen, hochproblematische Kinder verpflichtend ganztags zu beschulen, wenn der Staat das dann auch entsprechend konzeptualisiert. Da sind noch viele unzureichend genutzte Möglichkeiten.

  • Notfalls kann man auch soweit gehen, hochproblematische Kinder verpflichtend ganztags zu beschulen, wenn der Staat das dann auch entsprechend konzeptualisiert. Da sind noch viele unzureichend genutzte Möglichkeiten.


    Das wird, zumindest hier in der Gegend, vielfach praktiziert. Jedoch geht das nicht als Zwangsmaßnahme, sondern nur auf Freiwilligkeit der Eltern. Diese müssen dann von der Sinnhaftigkeit überzeugt werden, was vielfach gelingt.
    Es hört schon dort auf, wo die Eltern nicht mitmachen wollen (siehe z.B. meine Ex, die Kinder u.a. nicht betreut haben möchte obwohl sie es selber nicht kann). Entweder schafft man es dann sie freiwillig zu zwingen (durch Druck von SPFH oder JA) oder es bleibt nichts anderes, als sie aus der Familie herauszunehmen.


    Die ganzen Hilfemaßnahmen greifen nämlich nur, wenn die Eltern mitmachen und den Sinn erkennen. Ist ja nicht so, daß die Maßnahmen nicht existieren würden.

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    Friedrich Schiller


  • Ein weiteres (gerade aktuelles, letzte Woche passiert) Beispiel für eine mehrfache Inobhutnahme in unserem Kreis:
    KM hat sich umgebracht, beide KV kümmern sich nicht (waren schon getrennt). Fünf Kinder. Die einzige Verwandte, die Großmutter, hat bereits mehrere Pflegekinder und kann die Enkel daher nicht aufnehmen. Also hat das JA die Kinder in Obhut genommen.


    Inobhutnahme ist eben nicht einfach nur eine "arrogante" hoheitliche Maßnahme gegen den Willen der Eltern, sondern in vielen Fällen dringend erforderlich, um akute Gefahr für Leib und Leben der Kinder abzuwenden.

  • Es ist interessant, dass wir just vor zwei Tagen genau dieses Thema in der Schule begonnen haben und ich wieder mal feststellen musste, dass die weit verbreitete Meinung über das Jugendamt und seine Arbeitsweise sehr oft nicht der Realität entspricht und dass von den Jugendämtern häufig ein viel zu schlechtes Bild gezeichnet wird. Ich jedenfalls bin froh nicht in einem Jugendamt arbeiten und Fälle entscheiden zu müssen, wo gute Schauspieler geziehlt das Jugendamt zu täuschen versuchen und wo Sachbearbeiter in die psychischen Zusammenhänge von überforderten Erwachsenen hineinsehen und dann Entscheidungen treffen müssen.


    Als Unbeteiligter hat man leicht reden, aber wenn ich sehe, wieviel Kinder vernachlässigt, gedemütigt und misshandelt werden, dann erscheint mir diese Zahl keineswegs zu hoch.