wie kann ich meiner tochter helfen?

  • die freundin meiner kleinen tochter (14) hat vorige woche versucht, sich das leben zu nehmen.


    mit tabletten - sie wurde gerade so gerettet, war auf der intensiv und ist seit heute morgen in einer psychatrischen klinik



    im abschiedsbrief, den meine tochter lesen durfte waren fam. belastungen, schulische belastungen und liebeskummer angegeben.



    die freundin, ging hier bis zum sommer jahrelang ein und aus - war manchmal tagelang bei uns - aus spaß nannte sie mich "tagesmutti"
    doch im juni/ juli hat sie hier 3 x was mitgehen lassen - ein ds-spiel und süßkram, eine kette und beim letzten mal geld. wir haben alles wieder, aber ich hatte ihr dann hausverbot ausgesprochen...



    die freundschaft der beiden bekam dadurch auch einen knacks. die freundin veränderte sich auch, alkohol, lügen, rumlungern - ich schob es mit auf die pubertät.



    nun am donnerstag der anruf von der mutter - die info zum traurigen "vorfall" - der besuch in der klinik, das lesen vom brief - meine tochter nimmt es wahnsinnig mit.
    zumal sie/ wir die einzige ist/ sind, die momentan kontakt zur familie der freundin hat.



    die schule wurde wohl auch informiert - und ja, die lehrer stürmten auf mein kind ein - wollten/ wollen informationen. hier werde ich morgen anrufen und um unterlassung bitten. sie sollen meine tochter nicht ausfragen, sondern sich an die familie wenden...



    seit donnerstag hat meine tochter nur noch kopfschmerzen, magenschmerzen - ist recht weinerlich und auch anhänglich. kennt man so nicht von ihr. durch den suizid-versuch ist auch hier wieder der suizid meiner cousine vor 3 jahren hochgekommen. sie war eine starke bezugsperson meiner kids. meine cousine hat auch mehrere versuche unternommen, bis sie sich von ihrem leiden selbst erlösen konnte.



    nun hat meine tochter angst um ihre freundin, was ist wen xyz es wieder macht, solange bis es klappt. yxz's ältere schwester hat es auch schon 2 x versucht ...
    dann macht sie mir vorwürfe, wegen meines hausverbotes - dann wäre xyz nicht so geworden...
    sie fragt sich ständig, ob sie irgendwelche anzeichen übersehen hat, macht sich selber vorwürfe...



    ich habe unseren therapeuten angerufen, bei dem die kids zur zeit der trennung waren, am 3.12. kann sie zu ihm - er will einige gespräche mit ihr führen
    morgen und übermorgen lasse ich sie zu hause - sie soll schlafen, zur ruhe kommen und "richtig" essen.
    am we gehe ich auf wunsch mit ihr ins kino - twilligt.



    und trotzdem fühle ich mich so hilflos. vor allem bin ich traurig und wütend darüber, dass so viele kinder/ jugendliche / erwachsene zu diesem schritt - als letzten ausweg / als hilfeschrei - gehen müssen???

  • Suizid beruht normalerweise auf einer Depression. Und Depression ist eine Krankheit. Schnupfen bekommt innerhalb von 14 Tagen weg, wenn man sich vernünftig verhält. Geht man zusätzlich noch zum Arzt, dauert es zwei Wochen ...


    Was ich damit sagen will: Man kann beim einer Depression nicht sagen, ob das eine oder das andere Tun oder Lassen eine andere Reaktion beim kranken Jugendlichen bewirkt hätte. Darüber nachzudenken, ob das Hausverbot ein Anstoß zum Nachdenken für das Mädchen war oder sie tiefer ins Loch gestürzt hat - das ist völlig vergebene Liebesmüh. Niemals wirst du darauf eine Antwort bekommen. Aber das Wichtigste, das Allerwichtigste hast du, hat deine Tochter getan: Ihr habt euch gekümmert. Ihr wart und seid Kontaktpersonen. Für das Mädchen, für die Eltern. Alle sehen das so: Eltern, Klassenkameraden, Lehrer, Umfeld. (Nur vielleicht das Mädchen nicht in ihrer durch die Krankheit verschobenen Wahrnehmung.)
    Depression ist eine Einsamkeitserkrankung. Der Depressive fühlt sich allein (gelassen) von seiner Umwelt, nicht angenommen, verstanden.
    Ihr seid dagewesen, auch wenn sie es anders empfunden hat. Ihr habt Grenzen gesetzt als Versuch der Hilfe - auch wenn sie es anders empfunden hat.


    Als "Laie" kann man nur wenig machen. Ärzte können auch nur wenig machen und müssen ebenfalls den Weg des "try and error", des Versuchs und Irrtums gehen.
    Die Diebstähle sind (leider) ein oft auftauchendes Phänomen. Es ist der krankhafte Versuch, eine enge Freundschaft am Leben zu erhalten. Dabei ist es eine Perspektive-Verschiebung. Nur: Wahrnehmen kann man das als Laie nicht. Vor allem nicht, wenn man emotional mit der Person verbunden ist. Da ist die (medizinische) Hilfe schlicht nicht möglich. Du kannst das nicht. Deine Tochter kann das nicht. Die Eltern können das nicht. So sieht die schreckliche Wahrheit aus.


    Was Ihr könnt, ist die stützende Begleitung. Setzt Euch über die Eltern mit den Ärzten in Verbindung. In einer bestimmten Phase der notwendigen Therapie kann es gut sein, wenn eine Freundin auftaucht und einfach da ist.


    Die gute Nachricht: Depression im Teenageralter ist absolut gut heilbar. Es braucht seine Zeit, aber es geht.
    Und sag deiner Tochter, dass sie absolut nichts kann für das, was ihrer Freundin passiert ist. In der Pubertät verschieben sich einzelne Dinge im Hirn, neue Verbindungen werden geknüpft. Und manchmal kommt es dabei zu einem Kurzschluss, der dann Auslöser für so Dinge wie Depression ist. Oder dass jemand "seltsam" wird für eine gewisse Zeit. Ändern kann man daran nichts, man kann es nur ertragen.
    Ich wünsche dir und euch viel, viel Kraft.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

    Einmal editiert, zuletzt von Volleybap ()

  • Grundsätzlich stimme ich Volleybap 100%ig zu.


    Nur an diesem einen Punkt scheiden sich unsere Gesiter...

    Und sag deiner Tochter, dass sie absolut nichts kann für das, was ihrer Freundin passiert ist.

    Sicher, du kannst das deiner Tochter sagen. Nur wird das etwas für Sie änderen?
    Ich befürchte eher nicht, weil IMHO weiß sie das zumindest rational. Sie hat ja weder ihrer Freundin dazu geraten noch hat sie die Tabletten besorgt oder eine, wie auch immer geartete, Handlung verübt. Sie ist somit weder durch aktives Tun noch durch Unterlassen (sie wusste ja von gar nichts) an dem Suizid-Versuch schuld.
    Das ist die rationale, kognitive Ebene.


    Anders sieht es auf der emotionalen Ebene aus.
    Hier fühlt sie sich wahrscheinlich doch schuldig. Höchstwahrscheinlich denkt sie:"Ich hätte für meinen Freundin da sein müssen". "Ich hätte es erkennen / spüren müssen." "Wenn ich mich damals anders verhalten hätte, dann wäre alles anders gekommen."


    Ehrlich gesagt, befürchte ich, daß jede Antwort welche du deiner Tochter gibst einfach nur neue Fragen bei ihr aufwerfen wird. Fragen auf welche sie eine Antwort erwartet. Fragen die auch dich quälen können...


    Ich würde dir daher raten, daß du mit deiner Tochter zu einer Beratungsstelle gehst. Nenn es "Familienhilfe", nicht "Therapie". Gib ruhig zu, daß auch du dich mit der Situation überfordert fühlst und du selbst an deine Grenzen gerätst. Das ist nix Schlimmes. Mache einfach einen Termin bei einer Beratungsstelle. Dort arbeiten geschulte Familienpsychologen, die mit einer solchen Situaion besser umzugehen wissen. Das wird dir helfen, aber ganz besonders deiner Tochter.


    Ich würde das auch nicht zu lange hinaus zögern. Je früher ihr dort seid, umso schneller können die doch sehr drängenden Fragen geklärt werden.


    Ich wünsche euch beiden ganz viel Kraft für die nächsten Tage,
    PapaT

    .








    Wenn dich etwas nervt ändere es!

    2 Mal editiert, zuletzt von PapaT ()

  • volleypap hat das sehr gut beschrieben und stimme hier voll zu.


    Problematisch sind die eigenen Schuldgefühle, die in einem aufsteigen - bei der Freundin und bei Euch. Doch niemand kann dem Mädchen die Eigenverantwortung für ihr Leben abnehmen, ihr ist dies in ihrem Alter auch noch gar nicht bewusst (- manchen Erwachsenen auch nicht). Hier ist eine dauerhafte starke Unterstützung mit langsamer Hinführung unumgänglich. Um ihr dies fachlich vermitteln zu können ist eine langfristige Therapie nötig. Dabei die Unterstützung von Euch - das ist mehr, als manche jemals erhalten.


    Auch für Euch ist eine psychologische Beratung ratsam, um eben diese zermürbenden Gefühle fachlich in die richtigen Schubladen zu kriegen.


    Allen Betroffenen wünsche ich viel Kraft und Segen, diese Zeit erfolgreich zu bestehen.


    Alles Liebe Sabia

  • hui, schwierig . Erinnert mich an meine Jugend, Ich war 13 und landete auch nach ner Packung Pillen im KH .. mein bester Freund ist dann auch zusammengebrochen, hatte Schuldgefühle usw ..


    Ihm (sowie mir auch) haben auch Gesprächs-Therapien geholfen das alles zu verarbeiten (einzelgespräche, aber auch gespräche mit uns allen zusammen).. außerdem war auch noch eine Musik-sowie Kunsttherapie am Laufen, vllt wäre sowas ja auch was für deine Tochter ?


    Alles Gute euch :troest

  • das einzigste was du tuen kannst ist für sie da sein. sie erst mal zuhause lassen finde ich gut. es wird bestimmt auch noch kommen das sie wütend ist auf ihre freundin wieso hat sie........ manchmal ist das empfundene nichts tun wirklich das beste was man machen kann. einfach da sein in arm nehmen und zuhören. ich schick euch beide mal eine menge kraft rüber.

    mein hirn weigert sich ständig, so langsam zu denken, wie meine finger tippen können. meine finger sind so damit beschäftigt, sich zustreiten, wer als erstes auf die tasten darf, das die nicht mal merken wie sie den gedanken hinterherhinken

  • Ich denke auch, laß sie Ruhe finden, hör ihr zu, nimm sie ernst, hilf ihr, alternative Betrachtungsweisen zu finden, ohne ihr etwas einreden zu wollen und vor allem rede mit ihr darüber, wie ihr der Freundin jetzt helfen könnt. Das Gefühl der Hilflosigkeit ist das Schlimmste an der ganzen Situation. Da müßt ihr beide wieder rausfinden. Alles gute für Euch drei.

  • Hi Wir-sind-es,


    ich versuche meinen Kindern vor zu leben, dass alles was lebt sterben und aller Reichtum vergehen wird. Nur Handlungen sind von Dauer. Ein Lächeln, ein mal geschenkt, kann nie wieder genommen werden. Deshalb kommt es drauf an, was man heute tut. Wenn ich heute als guter Mensch handele und Gutes tue, dann ist das getan, und wird für immer getan sein. Und erfreulicher weise: Gutes tun macht Glücklich! Ist wissenschaftlich erwiesen und ich kann es jeden Tag bestätigen! :Flowers


    Suizid ist nicht mal so selten. Tatsächlich sterben in Deutschland jedes Jahr wesentlich mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle. Das Risiko an einer tödlichen Depression zu erkranken ist also viel höher, als im Straßenverkehr. Trotzdem machen sich die Leute mehr Gedanken über ABS und Fahrrad-Helm als über ihre seelische Gesundheit. :wow


    Erklär Deiner Tochter, dass ihre Freundin sterben wird. Heute oder in 100 Jahren: irgendwann wird sie sterben. Das ist traurig aber völlig unumgänglich! Und das gilt auch für Dich und Deine Tochter. Lebt bis dahin so, wie Ihr es von Euch erwartet. Wenn Du so bist, wie Du sein möchtest, dann hast Du Dein Leben wirklich genossen. :blume


    LG


    Flo (der noch viel an sich arbeiten muss, aber auf einem guten Weg ist :D )

    Mein Traum: automatische Fabriken die alles produzieren was wir brauchen. Niemand muss arbeiten und alle haben Zeit für Kinder, Eltern und Freunde.
    Mein Alb-Traum: diese Fabriken gehören den Reichen und wir Menschen leben abhängig in Knechtschaft.