Verliebt in einen Mann, der Trauer trägt

  • Ich habe mich vor wenigen Wochen in einen Mann verliebt, dessen Frau, die er sehr geliebt hat, vor erst gut zwei Monaten verstorben ist.


    Ich saß lesend auf einer Wiese, er kam auf mich zu und sprach mich an, wir redeten eine ganze Weile, er stellte sich namentlich vor und ich mich auch. Schließlich verabschiedete er sich mit den Worten "Hoffentlich sehen wir uns wieder!".


    Seitdem sind wir uns drei Mal über den Weg gelaufen, da wir in relativ naher Nachbarschaft wohnen. Wir haben uns jedes Mal ein paar Minuten unterhalten, begrüßen und verabschieden uns per Handschlag, aber bisher hat er nie vorgeschlagen, uns mal gemeinsam in einem Café zu treffen o. ä. Er ist aber jedes Mal äußerst charmant, allerdings ist er auch stets derjenige, der das Gespräch dann beendet. Nun fliegt er für einige Tage allein nach Rom um sich etwas Gutes zu tun und meinte, er würde anschließend davon berichten.


    Ich weiß einfach nicht, wie ich mich verhalten soll. Der Verlust seiner Frau ist ja noch ganz frisch und ich weiß nicht, ob seinerseits Gefühle für mich da sind und wenn ja, wie tief sie gehen. Er ist mein Traummann, aber ich möchte ihn zu nichts drängen. Es ist mir klar, dass er viel zu verarbeiten hat, aber auf der anderen Seite soll er auch wissen, dass ich für ihn da bin und sehr viel für ihn empfinde.


    Mich würde Eure Meinung interessieren, inwiefern ich mich weiter vorwagen oder zurückhalten sollte. Wäre es besser, wenn derzeit von mir keinerlei Initiative ausgeht oder soll ich ihn fragen, ob er mal Lust auf einen gemeinsamen Cappuccino (natürlich nicht in meiner Wohnung!) hätte?


    Seine Kinder sind übrigens erwachsen und längst aus dem Haus, meine auch.


    Liebe Grüße


    LatteMacchiato

  • Schwere Frage - und große Aufgabe.
    Ist das erste was ich dachte.


    Ich würde ihm die Inititiave überlassen, und sehr viel Zeit einplanen.


    Kommt natürlich auch drauf an, wie die Frau gestorben ist, plötzlich und überraschend? Lange krank und erwartet? Das spielt ne große Rolle, wie der tot verarbeitet werden kann. Aber Trauer läuft dennoch immer in Typischen Phasen ab, und auch die, dass man sich im ersten Schock des Alleinseins jemand neues sucht kann dazugehören, und später Schuldgefühle hervorrufen...

  • sehr schwere situation


    ich würde ihm die initiative überlassen und meinerseits "präsenz" signalisieren ( also in dem sinne, das man sich gerne unterhält,trifft usw)


    ansonsten unterschreibe ich mal bei schlotterlotte


    lg rübli :knuddel

  • Hallo,


    spontan würde ich mal sagen, warte ab, was kommt. Lass ihn die Initiative ergreifen. Er trauert sehr noch über den Tod seiner geliebten Frau, ist erst 2 Monate her... ich könnte mir vorstellen, dass er sich noch nicht auf was neues einlassen kann. Er fühlt sich vielleicht überrumpelt, wenn Du zu direkt bist... ihr lauft euch ja ohnehin öfters über den Weg... und wer weiss, vielleicht lädt er Dich ja mal auf nen Kaffee ein. Ihr versteht Euch ja allem Anschein nach gut, er hat relativ viel schon von sich preisgegeben in der kurzen Zeit.


    Warte einfach mal ab würd ich vorschlagen, wie er sich weiterhin verhält.

    Grüsse Tani :wink



    Du bist nicht das was Du sagst, sondern das was Du tust!

  • Ich würde Dir raten, zu überlegen, ob Du etwa noch 10 Monate "warten" kannst- falls ja, würde ich alles, wie bisher einfach laufen lassen, und mir für in 10 Monaten einen Termin in den Kalender setzen, und ihn dann (falls alles weiterläuft, wie bisher) offiziell zu irgendwas einladen-
    Das könnte Dir helfen, selber den "Druck" rauszunehmen-

    Lieber Gruss


    Luchsie


    Dein Denken kann aus der Hölle einen Himmel und aus dem Himmel eine Hölle machen.


    Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug. (Epikur)

  • Hallo Schlotterlotte,


    danke für Deine verständnisvollen Zeilen! Seine Frau war ein Jahr schwer krank, bevor sie starb. Nach ihrem Tod hat er sein Haus komplett renoviert, er meinte, anders ginge es nicht. Auf der einen Seite habe ich das Gefühl, dass er die Flucht nach vorne ergreift, aber Du kannst sehr Recht damit haben, dass ihn vielleicht auch Schuldgefühle einholen.


    Ich will ihn nicht verlieren - welchen Platz auch immer er in meinem Leben einnehmen würde.


    Vielleicht ist es tatsächlich besser, ihm die Initiative zu überlassen, auch wenn es weh tut und ich ihn einfach in die Armer nehmen möchte ...


    Liebe Grüße


    Latte Macchiato

  • Hallo Latte Macchiato,


    ich kann Dir hierzu nur aus eigener Erfahrung berichten.
    Ein Mensch, der erst kürzlich die Ehefrau verloren hat, braucht in erster Linie Menschen mit denen er sprechen kann.
    Nähe in Form irgendeiner näheren Beziehung kann er gewöhnlich noch nicht zulassen.
    Lass ihm die Initiative zu einer Einladung z.B Cafebesuch. Dies schließt nicht aus ihm zu sagen, dass Du Dich gerne mit ihm unterhältst.


    Als ich meinen Mann verlor, war ich speziell über Gespäche mit Menschen dankbar, die sonst nicht unbedingt zu meinem Umfeld gehörten. Mir fiel dann leichter auch über Alltägliches zu sprechen, tw. meine Trauer im Griff zu behalten.


    Lass die Zeit für Dich arbeiten. Wenn dieser Mann Dich näher kennenlernen möchte, wird er es Dir zu verstehen geben.


    LG WEE

  • Hallo Ihr Lieben,


    danke Euch. Es beruhigt mich, dass alle Eure Ratschläge in die gleiche Richtung zielen, nämlich vorerst nur "Präsenz" und das Interesse an gemeinsamen Gesprächen zu signalisieren, aber nichts aktiv zu unternehmen, sondern ihm die Schritte zu überlassen. Ich denke, er hat Vertrauen in mich, denn er erzählte mir in unserem ersten Gespräch fast sein ganzes Leben im Zeitraffer. Er signalisierte auch deutlich, dass es momentan keine "andere" Frau in seinem Leben gibt, was nicht unbedingt selbstverständlich ist, da er sehr intelligent, warmherzig und attraktiv ist.


    Die Idee mit den 10 Monaten ist gut, wobei ich auch dann nicht erwarte, dass er seine Frau aus seinem Leben gestrichen hat, aber ich werde eher wissen, in welche Richtung die "Reise" verläuft ...


    Es ist schwer, weil ich ihn bei unseren kurzen Gesprächen auch immer berühren möchte, meine Hand kurz auf seine legen. Ich habe es einmal getan und er ließ mich gewähren, aber ich muss aufpassen, dass ich ihm nicht zu oft zu nahe komme.


    Liebe Grüße


    Latte Macchiato

  • Hallo Latte Macchiato,


    ich würde mich Ratschläge betreffend mal den anderen anschliessen.


    Aber ich schreibe aus einem anderen Grund.


    Diese Geschichte und wie Du das schreibst, hat mich sehr berührt.


    Da merkt man so richtig, die Zartheit und die Vorsicht und die Zuneigung.


    Ich wünsche Dir von ganzem Herzen das ihr Euch näher kommt und am Ende zueinander findet und das der Weg dahin gut ist und voller
    Freude.....



    Tilla

  • hallo LatteMacchiato



    zuerst einmal ein herzliches :welcome hier bei uns...



    ich kann dir / euch nur raten...zeit lassen...und zwar jedem, auf beiden seiten...


    ihm die zeit lassen zu trauern und den verlust seiner frau zu verarbeiten...was aber auch sehr lange dauern kann...


    ...und dir die zeit lassen und für dich schauen, was evtl. daraus entstehen könnte...




    ...ich spreche aus eigener erfahrung...


    ich habe meinen freund und den vater meines sohnes am 22.12.2006 durch einen autounfall verloren...und ich habe


    ( für mich persönlich gesehen ) sehr lange getrauert...


    ...seit einem halben jahr habe ich eine neue beziehung und ich trauere immer noch um meinen freund ( KV ) ...was nicht immer einfach


    ist für meinen neuen partner und auch nicht für mich selber...


    die trauer um einen geliebten menschen wird nie vergehen...sie schwächt ab....aber keiner kann einem sagen wie lange es dauern wird,


    bis es soweit sein wird...



    ...und es ist ein klein wenig was wahres dran, an diesem sogenannten " trauerjahr " ....ich habe es gebraucht...erst danach konnte ich ein stück


    weit wieder mein leben " geniessen " und es mit anderen augen sehen...




    ich war immer dankbar, wenn ich menschen / freunde gefunden habe, mit denen ich stundenlang reden konnte...dass hat mir teilweise geholfen


    vielleicht kannst du für ihn so ein mensch sein und werden....


    was daraus irgendwann mal entstehen wird ( freundschaft / liebe ) ...da würde ich nichts überstürzen, sondern es in ruhe angehen lassen...

    Das Leben ist wie ein Spiegel.
    Lächelt man hinein, lächelt es zurück.




  • Also wenn Sie vorher schwer Erkrankt war, hat er bestimmt einen Teil der Trauerarbeit schon während dieser Zeit bewältigen können.
    Genauso auch die Renovierung des Hauses auch ein Zeichen das er mit der Vergangenheit abschließt.


    Dann das deutliche Signalisieren :hae: also :hae: könnte auch gut sein das er einen Schritt von Dir erwartet.
    Wie deutlich hast Du signalisiert das es in deinen Leben zur Zeit keinen Mann gibt?
    Bei treffen immer nur auf der Straße hat man ja dann doch nicht immer die Ruhe und Zeit.
    Könnte mir auch Vorstellen das er die Gespräche frühzeitig abbricht damit kein Gerede entsteht :tuschel :tuschel ( Frau erst gestorben und schon mit einer anderen )


    Vielleicht wäre ein Treffen an einem Neutralen Ort, wo auch die Wahrscheinlichkeit das Euch jemand Bekanntes sieht geringer ist, besser und für ein längeres Gespräch geeignet.

    Probiers mal mit Gemütlichkeit mit Ruhe und Gemütlichkeit

    jagst du den Alltag und die Sorgen weg

  • Hallo Tilla, Milka und lustigevier,


    Ihr helft mir sehr mit Euren Antworten, aus denen teilweise ja auch Eure eigenen (leidvollen) Erfahrungen sprechen.


    Es stimmt, der Platz, an dem wir uns bisher begegnet sind, ist leider tatsächlich ein "Präsentierteller", es kommen und gehen ständig Leute vorbei, die ihn oder mich kennen. Bei unserem ersten Gespräch auf der Wiese (also einem abgelegeneren Ort) war nicht er derjenige, der das Gespräch beendete. Von daher kann es tatsächlich sein, dass er Gerede aus dem Wege gehen möchte. Aber ich sitze öfter auf der Wiese ... vielleicht "findet" er mich ja eines Tages wieder dort und wir haben mehr Ruhe und Zeit füreinander.


    Dass ich solo bin, weiß er, weil ich ihm erzählt habe, dass ich mir erst vor ein paar Wochen eine eigene Wohnung gekauft habe.


    Liebe Grüße


    Latte Macchiato

  • :D dann sag mal nebenbei das öfters bei dem schönen Wetter auf der Wiese zum lesen bist,
    wenn Er dazu bereit ist wird er dann schon mal vorbei schauen

    Probiers mal mit Gemütlichkeit mit Ruhe und Gemütlichkeit

    jagst du den Alltag und die Sorgen weg

  • Mach ich, lustigevier! :-)


    Noch eine Frage an Euch alle: Bisher habe ich ihm noch keine gute Reise gewünscht, weil ich nicht weiß, ob wir uns vorher noch mal begegnen. Falls nicht, soll ich ihm ein unverbindliches, aber nettes Kärtchen mit schönen Reisewünschen vor die Tür legen (falls ja, mit oder ohne meine Adresse u. Tel.-Nr. - beides hat er bisher nicht) oder würdet Ihr lieber die Finger davon lassen?


    Liebe Grüße


    Latte Macchiato

  • Das finde ich eine schöne Geste!


    Mach die Karte doch in einen Umschlag, auf dem deine Adresse eh steht ;)

  • Möchte nur kurz was wegen der Zeit sagen. 8 Wochen ist noch ganz frisch, aus meiner eigenen Erfahrung - nach 8 Wochen hatte ich den Verlust meiner Tochter noch nicht wirklich realisiert und wirkte stabil, der Einbruch kam einige Zeit später.


    Ich will damit nur sagen, dass es sein kann das die Trauer noch ganz massiv zuschlagen kann. (Muss nicht, aber kann durchaus sein.)


    Ich würds langsam angehen lassen.


    Drück Dir die Daumen.


    :wink

    Es ist besser,
    ein eckiges Etwas zu sein,
    als ein rundes Nichts.