Wie mit Demenz umgehen?

  • Bei meiner Oma (77) wurde vor einiger Zeit Demenz festgestellt. Damit hat sich auch für die restliche Familie einiges geändert. Sie ist zweimal täglich bei meinen Eltern zum Essen, sonst vergisst sie es einfach, alleine macht sie nichts mehr. Ich helfe meinen Eltern so gut ich kann, kann wegen Junior aber auch nicht so helfen, wie ich vielleicht manchmal möchte. Durch die Demenz sind einige Eigenheiten von ihr noch stärker geworden. Sie quietscht z.B. bei jeder Gelegenheit unfassbar laut "Huuuu", wird auf einmal für ihre Verhältnisse unglaublich körperlich (steckt einem ständig die eiskalten Hände in den Nacken, kneift, trommelt auf dem Kopf wenn sie an einem vorbeigeht...) und mischt sich pausenlos in alles ein. Lästereien und komische Äußerungen krieg ich schon gar nicht mehr mit. Man fühlt sich wirklich wie in "Und täglich grüßt das Murmeltier", die täglichen Gespräche sind immer die gleichen, derselbe Wortlaut, derselbe Ablauf. Die Pflege meiner Oma bleibt komplett an meiner Seite der Familie hängen (Eltern, Schwester, ich). Mein Onkel und seine Familie hält sich komplett zurück.


    Mit der Tatsache, dass sie krank ist und nicht mehr die Alte ist, hab ich mich abgefunden, das hab ich bei meiner Uroma schon mitbekommen (wir haben sie damals in unserem Haus gepflegt). Mit was ich nicht klar komme, sind diese Eigenarten, die sie entwickelt/die sich verstärken. Ich ertappe mich oft dabei, dass ich einfach unglaublich genervt bin, wenn mal wieder so ein "Huuuuu" kommt oder ähnliches. Meine Eltern sind davon auch genervt, können damit aber wohl besser umgehen als ich.


    Hat hier vielleicht jemand Erfahrung damit und kann mir Tipps geben, wie ich lernen kann, besser damit umzugehen?

  • Ich denke der beste Weg ist immer, der Erkrankung zu folgen. Sie akzeptieren und vor allem damit auseinander setzen was im Körper der Person vor sich geht und in Zukunft passieren wird. Betrachtet die Welt aus IHRER Perspektive und setzt euch damit auseinander was sie fühlt und mit welchen Erinnerungen sie konfrontiert ist. Ein Erkrankter geht in seinen Erinnerungen und Gedanken immer weiter zurück mit Fortschreiten der Krankheit. Es könnte ihr helfen wenn sie genau darin unterstützt wird. Biografiearbeit ist ein Stichwort.


    Wenn man weiß WARUM ein Mensch so handelt fällt es leichter, dies so zu akzeptieren.
    Das ihr aber dennoch genervt seid, ist das Normalste der Welt und auch das muss akzeptiert werden. Findet unabhängig von deiner Oma die Möglichkeit um euren Gefühlen Raum zu geben. Das kann auch in einer Gesprächsgruppe stattfinden. Eine Art Selbsthilfegruppe für Angehörige.
    Ich wünsche euch ganz viel Kraft!!

  • Hallo, ich finde es sehr schön, wie ihr euch um eure oma kümmert. das ist heutzutage ja nicht mehr so selbstverständlich. ich kann dir ein buch empfehlen. ich habe es noch nicht gelesen, wollte es mir aber auch schon kaufen und denke es ist ganz gut. das buch heißt: das herz wird nicht dement" in dem buch stehen auch tipps für angehörige... hier ist auch noch ein sehr schöner film zum thema den ich empfehlen kann. er heißt: "vergiss mein nicht". lg

    " Während wir noch traurig sind über etwas, das geschehen ist, wächst ganz tief in uns schon der neue Mut für das, was sein wird.
    Leise, beharrlich, unaufhaltsam." (Verfasser unbekant)

    Einmal editiert, zuletzt von snow ()

  • RESPEKT für alle, die demente familienangehörige pflegen!


    ich habe das mehrmals in meiner eigenen familie erlebt und kann daher sagen,.............es geht nicht ohne professionelle hilfe!


    meine mum hat meine demente omi zu hause gepflegt und hat ihre eigene gesundheit dafür "geopfert"!


    "sie ist meine mutter!" war immer ihre "entschuldiung", wenn ich sie gebeten habe, sich hilfe zu holen.


    als es dann nicht mehr händelbar war, dann gab sie meine omi ins heim, meiner mum ging es auch besser und wir konnten uns zusätzlich zur heimbetreuung gut um meine omi im wechsel kümmern.


    sogar sohni leistete seinen beitrag...........1x in der woche ging er mit seiner kiga-gruppe und seiner erzieherin in "tick-tack-omis-zu-hause" und sang den netten omis und opis liedchen vor...........................er war immer so stolz! [Blockierte Grafik: http://board.insel-monarchie.de/images/smilies/grandma.gif] seine tick-tack-omi wohnt im "omiheim"!

  • snow, meine Mama hat den Film schon gesehn und war total begeistert davon, er lief wohl neulich im ZDF oder so. Ich werd mal gucken, dass ich ihn mir irgendwoher organisier.


    anri, das mit dem zurückgehen in den Erinnerungen hab ich bei meiner Uroma beobachten können (da war ich aber erst 10 oder 11 glaube ich). Sie hatte immer wieder Momente, in denen sie z.B. die Hand meines Papas gegriffen hat und ganz erschrocken gesagt hat, er soll Brot und Konservendosen kaufen, weil der Krieg ausbricht. Ihr Mann ist damals im Krieg erst gefangen genommen worden und dann in Gefangenschaft gestorben, sie hat den Krieg allein mit 2 Kindern erlebt, das ist da alles wieder hochgekommen. Ich hoffe, dass es bei meiner Oma noch eine Weile dauert, bis es soweit ist. Sie hat aber schon immer viel von früher erzählt, also bin ich wenigstens so ein bisschen drauf vorbereitet, was da kommen könnte.


    lotta, meine Mama ist zum Glück mittlerweile vernünftig genug zu erkennen, wann es nicht mehr geht (sie ist gesundheitlich selber ziemlich angeschlagen). Meine Schwester arbeitet als Altenpflegerin in einem Heim gegenüber der Wohnung meiner Eltern, dort kann meine Oma ein Zimmer haben, wenn es gar nicht mehr geht. Da wäre sie dann nicht so isoliert von der Familie, wie es vielleicht in einem anderen Heim wäre.
    Junior geht damit mittlerweile recht gut um. Anfangs kam er überhaupt nicht damit klar, dass die Uri nun immer dabei ist, wenn wir oder er allein bei Oma und Opa ist. Wir habens ihm dann aber erklärt und mittlerweile hat er es verstanden. Er sagt der Uri aber immer noch ziemlich direkt seine Meinung (was er auch darf). Heute ist sie bspw. das erste Mal aus ihrerer Wohnung verschwunden, als Junior und ich sie abholen wollten. Wir haben dann nach ihr gesucht und sie irgendwann bei meinen Eltern gefunden, sie ist einfach eine Stunde früher alleine mit dem Bus gefahren (die Linie und Haltestelle wusste sie noch, die Wohnung im Haus hat sie nicht gefunden). Junior hat sich dann vor ihr aufgebaut und geschimpft, dass sie doch nicht einfach weglaufen kann, da macht sich doch jeder Sorgen ob was passiert ist :lach Das war schon fast wieder goldig.

  • mein kurzer verstand die ganze sache dann doch nicht! :(


    tick tack oma bekamm nicht mehr viel mit, wenn meine mum mit ihm zu besuch bei ihr war! ich konnte/wollte mein ömchen nicht mehr (im heim) besuchen. es ist nicht einfach, wenn das familienoberhaupt so ganz langsam "weich in der birne" wird und die würfel in der familientreppe einem "ungewollt" zu gespielt werden!

  • Viel wegatmen, und wie gesagt: auf keinen Fall auf professionelle Hilfe verzichten. Als Laie fehlt einem Abstand und Kenntnisse darüber, und ich kann schon nachvollziehen warum Angehörige da am Stock gehen bzw. ausrasten.
    Meine Uroma ist immer gern ausgebüchst, und mein Vater wird auch schusselig. Ursache steht noch nicht fest, u.U. war ein Unfall vor einem halben Jahr die Ursache.
    Meine Mutter hat selbst als AP gearbeitet, aber ohne den erwähnten Abstand und 24/7 - da hat man es nicht leicht. Er vergißt ständig Sachen und so, läßt Herd an usw. Und wiederholt sich auch ständig.
    Das eigentlich Traurige: Bei sehr kleinen Kindern ist es ja nicht viel anders, die sind auch praktisch hilflos. Nur bei denen wird es permanent "besser" und bei älteren kann man nur zuschauen wie es schlimmer wird. Das macht einen fertig.