Wie mit der Trauer umgehen?

  • Hallo!



    Wie einige ja vielleicht schon mitbekommen haben liegt mein geliebter Papa im KH intubiert und beatmet auf der Intensivstation. :heul


    Habe letzte Woche Sonntag einen Krankenwagen gerufen und gedacht, es wäre nur eine Verschlimmerung seiner seit 40 Jahren bestehenden Sarkoidose.


    Aber dem war leider nicht so. Montag nacht kam ein Anruf von meiner Mutter er würde jetzt auf die Intensivstation verlegt werden. Dienstag morgen wurde er intubiert.


    Ich arbeite in diesem KH (ist eine Uniklinik) und bin seitdem freigestellt von der Arbeit, weil ich echt keinen klaren Gedanken fassen konnte.


    Er hat eine bakterielle und eine virale Lungenentzündung und hat/hatte deswegen eine Sepsis (Blutvergiftung). Es stand die ersten Tage sehr schlimm um ihn. Seit vorgestern ist er soweit stabil.


    Ich habe die ersten Tage nur geweint und war logischerweise total neben der Spur.


    Mittwoch abend habe ich meine Mutter in das selbe KH bringen müssen weil sie psychisch dekompensiert (durcheinander) war durch die ganze Situation. Ich wusste mir nicht anders zu helfen als sie über Nacht da zu lassen.


    Heute hat sie wohl zu Verwandten gesagt die zur Zeit bei ihr sind, daß sie mir das nie verzeihen wird. Okay, muss ich wohl mit Leben.


    Ich hätte sie aber auch nicht mit Beruhigungsmitteln alleine lassen können, wenn ein Anruf vom KH gekommen wäre wegen meinem Papa.


    Seit diesem Tag versuche ich mich unheimlich zusammen zu reissen, damit ich wenigstens noch stark bin.


    Meiner Tochter (7 Jahre) hab ich vorgestern erklärt was alles passieren kann mit Opi. Sie war geschockt und hat erst nicht drüber gesprochen, gestern brach dann alles aus ihr heraus. :heul


    Mein Vater ist ihre männliche Bezugsperson.


    Ich bin mit der Situation an sich total überfordert weil ich zum Glück noch niemanden (also Angehörigen) verloren habe.


    Dazu arbeite ich auch noch im Herzkatheter-OP und bin deswegen auch sehr oft auf der Intensivstation unterwegs. Macht das ganze nicht einfacher, weil man guckt auf die Überwachungsmonitore und weiss wie es steht.


    Seit gestern kann ich nicht mehr weinen. War gestern abend und heute bei ihm und sah ihn an und fühlte mich leer. Keine Gefühlsregung, keine Tränen in den Augen wie sonst.


    Ist das normal?


    Es macht mir Angst.


    In den nächsten Tagen wird ein CT vom Schädel gemacht um eventuelle Hirnschäden auszuschließen bevor man ihn wach werden lässt. Die Lungenentzündung geht zurück, die Werte werden besser, aber er hat ein Testament in dem steht, daß er nicht mehr will wenn er Hirnschäden hat.



    Ich bin im Moment innerlich tot.


    :hilfe:wink

  • Oh man das tut mir ja total leid!! Echt schlimm, was Du/Ihr da im Moment durchmacht.
    gehe doch mal zu einer Beratungsstelle. Die wissen sicher wie man mit allem umgeht, was normal ist was nicht
    und wer Dir helfen kann....


    Viel Glück!!

  • Weil er mit der Sättigung für ca. 2 Stunden auf 27 war.


    CRP war Dienstag nicht mehr messbar. Sättigung bei seit heute 75% Beatmung um die 85-88.


    Er hat tachykarde Rhythmusstörungen. Und Vorhofflimmern. Einmal wurde kardiovertiert mittels Defi. Er hat nicht reagiert...


    Er lag im Co2-Koma und wurde dann intubiert. Hat ein Gerät in den Leisten das die Co2 Werte wieder hinbekommt (Werte fast normal), hängt an der Dialyse weil er überwässert.


    Bekommt Arterenol (Katecholamine) usw.


    :heul

  • Deine Gefühlsstarre ist eine Selbstschutzfunktion. Dadurch kannst du funktionieren. Das geht vorbei und ist ganz normal. Ich wünsche deinen Eltern gute Besserung und dir viel Kraft!

    Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war,
    stets kannst du im Heute
    von Neuem beginnen.


    Buddhistische Weisheit

  • Au weia,
    ja da hat er ja alles Üble mitgenommen :(


    Aber soll ich Dir trotzdem was sagen? ( So als Intensivkrankenschwester?)


    Auch wenn er wirklich verdammt viele schlechte Voraussetzungen hat, wieder ganz gesund zu werden:
    Wir hatten VIELE Patienten, die sowas überlebt haben!
    Man glaubt gar nicht, was der menschliche Körper alles so aushält.


    Bleibt nur zu hoffen, das er keinen Apoplex hatte durch die Flimmerei. Ansonsten:
    Halt durch, das ist ne fiese Zeit. Und auch wenn Deine Ma jetzt etwas geknickt ist, wegen der Übernachtung im KH.
    Sie wird Dich später verstehen. Die ist auch verdammt durcheinander.


    Ich drück Dich!
    Hälst Du mich auf dem Laufenden?
    Wann läuft das CT?


  • Meiner Tochter (7 Jahre) hab ich vorgestern erklärt was alles passieren kann mit Opi. Sie war geschockt und hat erst nicht drüber gesprochen, gestern brach dann alles aus ihr heraus. :


    :hilfe:wink


    Meine jüngste (nun 6) hat ihren Opa vor fast genau 2 Jahren verloren. Er war krank, und zuletzt in einem Hospiz.....sie hat ihn besucht, bis zur letzten Stunde, und hat dann verstanden: Nun geht es Opa besser.


    Sie hat aber auch im letzten 3/4 jahr 2 Menschen verloren...denen sie nahe war.


    Jeweils bei der Mitteilung....Opa, X...Y ist nun tot...rastete sie komplett aus, vor 2 Jahren, wie auch dieses Jahr. Und sie weint oftmals noch um die Verluste


    Versuche das Kind langsam vorzubereiten, auch für die Zukunft...der Tod gehört zum Leben....und ich denke, je klarer und leichter man drüber spricht, umso leichter wirds für die Kinder

    [font='Comic Sans MS, sans-serif']Vergiß die Welt, aus der Du kommst, akzeptiere die Welt, in der Du nun lebst

  • Das CT läuft vielleicht morgen oder übermorgen.


    Wollen erst auf den Prof. warten. Mein einziger Vorteil ist, daß ich alle Ärzte und Schwester kenne und mit dem Prof. selbst schon am Tisch stand. So kann ich mich ohne Probleme immer an jemanden wenden und kann dort kommen und gehen wann ich will.


    Ja er hat alles Üble mitgenommen. :( Er hat das Cytomegalie-Virus erwischt.


    Ja der Arzt heute morgen sagte auch, daß es manchmal "Wunder" gibt. Und deine Kolleginnen ( ;) ) meinten das auch.


    Das Verhältnis mit meiner Mutter ist auch noch nie so toll gewesen, mein Papa stand immer zwischen uns und musste uns trennen.


    Ja das mit dem Apoplex ist auch meine Horrorvorstellung.


    Naja ich halte dich auf dem Laufenden (falls ich es vergesse, einfach anschreiben).



    :thanks:

  • Mann, wenn wenigstens einer der beiden stabil wäre!


    Es sieht schlecht aus für Deinen Vater, auch dann wenn er jetzt nochmal den Dreh rauskriegt und vielleicht zu sich kommt.


    Ich finde, du solltest Dir ein wunder-wunderschönes Buch besorgen: "Servus Opa sagte ich leise" von Elfie Donelly - es wir nicht nur Deiner Tochter helfen.


    Alles Gute!

  • Ja der Arzt heute morgen sagte auch, daß es manchmal "Wunder" gibt


    Ja, wir wundern uns täglich auf Station!
    Manchmal dauert das nur einfach sehr lange, bis sich ein Mensch wieder erholt hat.
    Das Schlimmste ist zuzusehen, wie die Angehörigen den Mut verlieren.
    Und das Schönste ist, wenn sie ihn mit kleinen Fortschritten wiederbekommen :-)


    Halt durch,
    und versuch Dich Deiner Mutter anzunähern, ihr braucht euch jetzt!!
    Ich melde mich dann !


  • Ja das ist es ja eben auch. Er hat eine seit 40 Jahren schwer kranke Lunge die durch die Lungenentzündung jetzt noch mehr geschädigt wird.


    Wenn er wieder wach werden sollte (was nächste Woche geplant ist, also der Versuch der Extubation, je nachdem was das CT sagt), dann kommt er sehr wahrscheinlich nur mit nem Luftröhrenschnitt nach Hause.


    Und vor der Geschichte jetzt mit dem KH bekam er auch schon permanent Sauerstoff und konnte nur noch das Nötigste tun (1 Std. für sich im Badezimmer fertig machen).



    Ich frage mich einfach ob das dann noch ein Leben ist. Aber das weiss man ja eben alles nicht vorher, wie es nachher wirklich wird.


    Danke für den Buchtip werde danach mal schauen.


    :thanks:

  • Ich habe vor 5 Jahren miterleben müssen, wie der Vater meiner Tochter fast gestorben wäre. Blinddarmdurchbruch, Blutvergiftung, hätte er nur eine Stunde länger gewartet, bis er den RTK gerufen hätte, wäre er jetzt tod!
    Es ging ihm erst ganz gut, hat mich noch selber aus dem KH angerufen. Am nächsten Tag sollte er nochmal operiert bzw. der Bauchraum gespült werden, wegen des ganzen Kots im Bauchraum...dabei hat seine Lunge versagt, er hatte auch einen kurzen Herzstillstand, bekam Fieber uvm...er wurde dann in ein künstliches Koma versetzt. Sein Körper schied die ganze Flüssigkeit nicht mehr aus, seine Nieren drohten zu versagen, das ganze Herz-Kreislaufsystem war kurz vor dem Zusammenbruch.
    Hinzu kam noch, dass ich die Gesundheitsfürsorge für ihn bekommen sollte, da ich die am nahesten stehende Person war. Das war für mich das schlimmste, die Verantwortung tragen zu sollen und zu entscheiden, was weiter passiert, unter anderem war ein Luftröhrenschnitt angedacht...
    Mir ging es damals ähnlich wie dir....erst war ich völlig fertig, von Verlustängsten geprägt, panisch...hab mir damals eine Freundin hier her geholt, hab mir alles raus geschrieen... und dann kam dieser betäubte Zustand, so wie du ihn beschreibst. Ich hatte 2 kleine Kinder, erklären konnte ich ihnen die Situation noch nicht, musste einfach funktionieren..und irgendwann hab ich das dann auch. Es ist erstmal komisch, so leer zu sein, aber wie Vilette schon sagt, das ist eine Schutzfunktion des Körpers.
    Dass du mit deiner Tochter darüber geredet hast, was passieren kann, ist gut. Denn sie spürt sowieso, das was nicht stimmt und mit der Wahrheit kommen Kinder immer am besten klar.


    Ich drücke dir und deinen Eltern ganz fest die Daumen, dass dein Vater wieder auf die Beine kommt!
    Und mach dir wegen deiner Mutter nicht zu viele Sorgen! Es ist ein Ausnahmezustand und mit etwas Abstand, wird sie vielleicht verstehen, warum du so gehandelt hast!

    If life fucks you, just lean back and enjoy! :brille

  • Sajoam:


    Ja das ist ja auch noch was was mir passieren kann.


    Im Testament haben sich meine Eltern gegenseitig reingeschrieben, wenn ihnen was passiert. Wenn beide nicht mehr etwas entscheiden können dann komme ich an nächster Stelle.


    :heul Die Ärzte haben mich schon drauf vorbereitet, daß je nachdem wie das mit meiner Mama weitergeht ich dann entscheiden muss.


    Gut man entscheidet ja nicht alleine sondern mit den Ärzten, aber trotzdem ist es ein sch***-Gefühl.


    Und ich will das gar nicht entscheiden.



    Diese Fragen von meiner Maus sind so schlimm: "Mama, ich weiss gar nicht was ich ohne den Opi machen soll.", "Mama, ich will nicht das der Opi tot wird."


    :heul

  • Ich frage mich einfach ob das dann noch ein Leben ist. Aber das weiss man ja eben alles nicht vorher, wie es nachher wirklich wird.


    Danke für den Buchtip werde danach mal schauen.


    :thanks:



    Sorry, wenn auch grad unpassend für Eure Situation ist, aber viell hilft es anderen.


    Meine Eltern haben sowohl eine Patientenverfügung, so wie auch einen Bestattungsvertrag abgeschlossen- Und ich finde das gut-Und würde jedem nur raten, sowas seinen Eltern auch nahezulegen, bzw. selber schon zu machen

    [font='Comic Sans MS, sans-serif']Vergiß die Welt, aus der Du kommst, akzeptiere die Welt, in der Du nun lebst

  • Gut man entscheidet ja nicht alleine sondern mit den Ärzten, aber trotzdem ist es ein sch***-Gefühl.

    Oh ja, das ist es...ich verstehe dich da total! :troest
    Was deine Tocher angeht: Sei einfach empathisch...sag ihr ruhig, dass du das auch nicht weißt, weine mit ihr, wenn du das kannst! Denn so merkt sie, dass sie mit ihren Gefühlen nicht alleine ist!
    In solchen Situationen muss man nicht immer nur stark sein. Manchmal hilft es den Kindern auch sehr, zu sehen, dass es Mama genau so geht! Und es schweißt ungemein zusammen.

    If life fucks you, just lean back and enjoy! :brille

  • Hast du denn eigentlich auch jemanden für dich? Eine Freundin, die dir mal zuhört oder dich in die Arme nimmt?

    If life fucks you, just lean back and enjoy! :brille

  • Ja ich hab schon mit 2-3 Leuten telefoniert und die rufen auch mal an und fragen wie es geht und betreuen die Kleine wenn ich ins KH muss.


    Aber ich muss sagen, daß ich im Moment froh bin wenn mich niemand in den Arm nimmt, weil ich glaub ich dann aus dem :flenn nicht mehr rauskommen würde.

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  • Schlimm was Du/Ihr da durchmachen müßt im moment!


    Das Deine Mama "böse" ist mit Dir, ist vielleicht auch "nur" durch ihre Überforderung entstanden?? Ich finde Du hattest gar keine andere Wahl und das absolut richtige gemacht!


    Ich glaube es ist für uns Eltern furchtbar schlimm, seine Kinder "leiden" zu sehen und das auszuhalten kostet bestimmt unsagbar viel Kraft! Aber ich denke die Reaktion deiner Maus ist völlig "gesund" und richtig damit umzugehen!


    Das ihr euch zusammen Geschichten über Opa erzählt habt, hat mir einen Schauer über den Rücken gejagt und finde ich wunderschön.


    Ganz großen Respekt wie Du das alles meisterst! Diese Selbstzweifel die Du hast kenne ich aber zugut, leider bringen sie nichts ausser das sie ganz viel Kraft rauben.
    Allerdings hab ich auch kein Rezept wie man das aufhört :( schaffe ich auch nicht.


    Vielleicht könnten Dir kleine Inseln ( ein Bad mit schöner Musik, Spaziergang im Wald...) etwas Kraft zurückgeben? Auch, oder gerade jetzt, steht es Dir zu, Dir was gute zu tun!


    Ich weiß nicht ob es ein Patent für richtiges Trauern gibt, jeder trauert anders.
    Ich glaube ich könnte ganz ganz lange nicht weinen, aber eines kommt bei mir in deinen Threats ganz deutlich an, Gefühlskalt bist DU bei weitem nicht!
    Von mir selber kenne ich, wenn zuviele Gefühle da sind schaltet das Herz auf "standby" um weiter funktionieren zu können, als Schutz sozusagen, aber die Gefühle sind trotzde da!


    Ich wünsche Dir unendlich viel Kraft diese schwere Zeit zu bestehen und eine große Portion Selbstvertrauen, in die Dinge die Du tust und vielleicht entscheiden mußt , ich finde Du machst das alles ganz toll!


    Liebe Grüße


    Tanja

    Wenn alles um mich herum normal ist, bin ich froh das ich bekloppt bin!

  • Neuester Stand heute morgen nach dem Gespräch mit dem Prof./Leiter der Med. Klinik:


    Morgen wird die Tracheotomie gemacht um ihn von der Intubation weg zu bekommen. :(


    Wir haben eine kleine Chance, daß er wieder ganz der Alte wird. Aber es ist nach wie vor kritisch aber zur Zeit stabil.


    Dann diese Woche craniales CT um Hirnschäden auszuschliessen (oder eben nicht).


    Jetzt heisst es wieder warten, warten, warten. :wand


    So langsam sieht man auch, daß seine Wangen ganz eingefallen sind. Seit gestern.



    Ich mag nicht mehr. :heul



    Naja wenigstens brauch ich mir um meinen Job keine Gedanken machen. Er ist ja mein Chef und ich bin erst 4 Wochen da. Er meinte ich solle zu Hause bleiben und mich um mein Kind kümmern und auch sie unterstützen wegen Opi und wenn jemand deswegen meckert, soll ich zu ihm kommen.


    Wenigstens darüber muss ich mir keine Sorgen machen.

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