Umgang immer wieder hinterherlaufen?

  • Hallo,
    ich bin momentan sehr unsicher bei dem Thema und vermutlich auch zu emotional verstrickt, um da eine vernünftige Entscheidung treffen zu können, deswegen wollte ich hier gerne um Rat bitten.


    Der Vater von meinem großen (5 Jahre) hat mich damals direkt zu Beginn der Schwangerschaft verlassen, weil bei ihm zeitgleich wohl eine heftige depressive Phase anfing, von der ich nicht beurteilen kann, wie sehr sie immer noch präsent ist. Die ersten 2 1/2 Jahre gab es kaum Umgänge, es bestand nicht wirklich Interesse von seiner Seite aus. Mein damaliger Partner war für den Kleinen denke ich schon eine wichtige männliche Bezugsperson, auch wenn er natürlich wusste, wer sein Papa ist, aber er hat ihn eben kaum gesehen und selten gefragt. Mit dem damaligen Partner habe ich ebenfalls einen Sohn, leider ging auch diese Beziehung in die Brüche und die Trennung war damals sehr unschön, zu dem Großen hat er seitdem keinen Kontakt mehr, den Kleinen sieht er regelmäßig jedes zweite Wochenende.


    Der Vater vom Großen hat sich damals einige Monate vor der Trennung plötzlich wieder gemeldet und nach und nach kamen ein paar Umgänge zustande. Er wollte ihn nicht alleine sehen, aber wir haben öfter mal zusammen etwas unternommen und es war für den Großen so auch leichter zu akzeptieren, dass der Papa vom Kleinen eben nur ihn sieht und er hat ja seinen Papa, den er dann sieht. Der Vater war während der Umgänge eher in sich gekehrt, meistens mit seinem Handy beschäftigt, ich habe zwar versucht mich zurückzuziehen, bin aber leider erste Ansprechpartnerin geblieben. Der Große hat immer darauf bestanden, dass ich dabei bin, ich hätte den beiden gerne eine Chance gegeben, sich einfach mal alleine kennenlernen zu können, aber da auch der Vater daran nichts ändern wollte, haben wir es irgendwie so gelassen. Es war auch ok für den Großen, sein Papa war irgendwie greifbar, er hat ihn immer mal wieder gesehen und es war friedlich.


    Dann kam irgendwann seine neue Freundin mit zu den Umgängen und für mich hat es sich einfach immer seltsamer angefühlt in der Konstellation. Ich habe nochmal versucht, einen Umgang ohne mich herbeizuführen, 2 mal waren sie dann ne Stunde mit ihm auf dem Spielplatz nebenan und danach kam gar nichts mehr von ihm. Ich bin den Umgängen noch ein paar Mal hinterhergelaufen, dann war es irgendwann ganz vorbei. Das war vor etwa 10 Monaten. Der Große hat auch gar nicht nach ihm gefragt, manchmal hat er ihn erwähnt, vor allem in der Kita dann so Geschichten erzählt, wie sein Papa wäre so stark und könnte Autos hochheben oder Ähnliches. Manchmal hat er auch gefragt, ob sein Papa ihn lieb hat, ein ja hat ihm aber völlig gereicht. Aber so langsam merke ich schon, dass er immer mal wieder nachfragt, besonders an den Wochenenden, wo der Kleine bei seinem Papa ist. Er äußert ausdrücklich den Wunsch, ihn zu sehen. Neulich hat er angefangen den Vater vom Kleinen Papa zu nennen und man spürt immer wieder die Enttäuschung, wenn der Kleine erzählt, was sein Papa mit ihm macht oder kann oder ihm schenkt. Vor etwa 3 Monaten habe ich nochmal den Kontakt gesucht, wir haben uns auch einmal getroffen, er hat versprochen sich zu melden und nun wieder nichts. Ich habe ihm dann nochmal einfach Kleinigkeiten aus dem Alltag berichtet, die ich irgendwie bemerkenswert fand, auch darauf keine wirkliche Reaktion.


    Ich bin nun vollkommen hin und her gerissen, ob ich mich wegen Umgängen melden soll. Es tut mir so leid für den Großen. Aber einerseits ist es unendlich schwer für mich, über meinen Schatten zu springen, ihm da hinterherzulaufen. Die Trennung war sehr schlimm für mich damals und auch, so vollkommen unerwartet mit allem alleine da zu stehen. Ich bin wütend über 0 Unterstützung von ihm und einfach ganz ehrlich auch ein bisschen zu stolz, ständig um Umgang zu betteln. Das ist wohl mein persönliches Problem, was ich evtl. überwinden könnte. Aber das andere ist auch... mein Vater war komplett genauso, sowohl ich als auch meine Mutter sind ihm immer wieder wegen Umgängen hinterhergelaufen, von sich aus kam nie etwas. Und dieses Gefühl darum zu betteln lieb gehabt zu werden, war für mich sehr schwer und ich arbeite da noch heute dran, das zu verdauen. Ich hätte im Nachhinein gar keinen Kontakt viel weniger schlimm gefunden und auch einfach irgendwann aufgehört den Fehler bei mir zu suchen. Ich möchte meinem Großen das einfach ersparen. Aber es ist auch schwer auszuhalten, dass er seinen Papa vermisst und ich theoretisch die Umgänge herbeiführen könnte. Ich weiß einfach nicht, wie ich mich da am besten verhalten soll und wäre für eure Meinungen sehr dankbar.

  • Hallo,


    ich glaube nicht, dass DU auch nur theoretisch Umgänge herbeiführen könntest. Wenn der Vater wollen würde, würde er sich auch melden und praktischen Umgang herbeiführen. Er ist der einzige, der dazu in der Lage wäre.
    Ich würde ihm - als letzten Versuch allerdings - einen Brief, e-mail o.ä. schreiben, ihm die Situation schildern und um Mitteilung bitten, wie er dazu steht. Kommt nix, kannst auch nix machen. Abhaken, so lange bis er sich meldet. Es ist seine Entscheidung, er ist erwachsen.


    Das ist natürlich ne ganz doofe Situation für den großen Jungen. Der kleine wird regelmäßig abgeholt und er selber nicht. Haben die beiden (also der Vater vom zweiten und dein großer Sohn) keinen Bezug mehr zueinander?
    Ich glaube - je nach Verhältnis - würde ich da ansetzen und den Ex-Freund, mit dem ja der Große aufgewachsen ist, um ein Gespräch diesbezüglich bitten. Vielleicht wäre es ja wenigstens ab und an mal möglich, beide Kinder zu nehmen? Die Kinder sind ja auch Geschwister.
    Wenn er nein sagt - kann ich irgendwo auch verstehen, ist ja nicht sein Sohn, ist es halt so. Aber ich würds probieren wollen.


    Hinterherlaufen ist überhaupt keine Option. Wer nicht will, der hat schon.

    Grüsse Tani :wink



    Du bist nicht das was Du sagst, sondern das was Du tust!

  • Naja... so lange mein Kind das möchte, ist hinterherlaufen für mich schon eine Option. Schwierig ist dabei natürlich, auf Dauer wertfrei mit dem Vater des Kindes umzugehen, wenn dieser sich immer wieder verweigert. Aber so lange und so oft mein Kind nachfragt, würde ich versuchen, Kontakt herzustellen.


    Irgendwann ist der Große auch alt genug, dass er seinen Papa mal selber anrufen kann. Bei uns wurde es ab da besser. Auch meine Jüngste hat heute Kontakt zu ihrem Vater, ohne dass ich davon viel mitbekomme.

    Finde Dein Licht und finde Deine Schatten. Erst dann wirst Du zu Deiner Mitte finden.

  • In der speziellen Konstellation mit einem (zumindest wohl phasenweise) depressiven Vater, würde ich ihm schon "hinterherlaufen" - zumindest wenn es dem Kind wichtig ist. Gibt es die "Freundin" noch - vielleicht könntest du sie mit ins Boot holen zur Regelung der Umgänge, wenn es dem Vater schwer fällt? Auf jeden Fall würde ich versuchen, zumindest ab und an Kontakt herzustellen. Schade, dass der Vater so ist (ob nun bedingt durch die Krankheit oder nicht) - aber da er wohl auf hinterherlaufen reagiert, aber selbst zu lethargisch ist, um Kontakt von sich aus herzustellen, wurde ich es wohl tun.

  • Beim Vater vom Kleinen habe ich da leider keine wirkliche Chance. Wir können zwar inzwischen friedlicher miteinander umgehen als ich nach der Trennung jemals geglaubt hätte, aber davon wären wir noch zu weit entfernt. Er hat auch keinen wirklichen Bezug mehr zum Großen.


    Ich glaube halt auch, dass das größte Problem für den Großen darin liegt, dass er immer wieder vorgehalten bekommt, dass der Kleine regelmäßig zu seinem Papa geht (der für ihn ja auch mal sowas Ähnliches war), sein Papa aber einfach nie Zeit für ihn hat. Sie sind auch altersmäßig sehr dicht beieinander und so generell immer mal wieder im Konkurrenzkampf, in einer konkreten Konfliktsituation setzt der Kleine seine Papa-Trumphkarte manchmal auch richtig ein. Das kommt jetzt nicht ständig vor, aber wenn dann trifft es ihn glaube ich schon sehr. Eine ganze Zeitlang ist die Oma an den Wochenenden dann mal eingesprungen und hat etwas mit ihm unternommen, momentan zieht sie sich aber aus ganz anderen eigenen Gründen auch ein bisschen zurück. Ich versuche halt, dass ich mir dann sehr bewusst Zeit mit ihm nehme, aber ich will jetzt auch nicht übertriebene Unternehmungen planen oder so, weil der Kleine immer noch einige Probleme hat, nach den Umgängen wieder hier anzukommen. Dort wird glaube ich schon sehr schlecht über mich geredet (und zum Teil sogar über den Großen) und der Wechsel ist für ihn sehr schwer. Gerade deshalb ist der Papa bei Streitsituationen hier halt der Held und das für den Großen noch seltsamer.


    Es ist schon so, dass Umgänge stattfinden, wenn ich nur oft genug nachhake. Er verweigert sich da nicht, er zeigt nur absolut gar kein eigenes Interesse. Und wenn er mal grundsätzlich einem Treffen zugestimmt hat, muss ich nochmal ewig hinterherlaufen wegen seinem Dienstplan, bis wir einen Termin vereinbart haben. Ich denke momentan wäre das noch egal, der Kleine würde ja nicht so direkt mitbekommen, wie die Umgänge nun verabredet wurden. Aber ich frage mich halt einfach nur, ob es so gesund ist, sich an diesen Zustand zu gewöhnen, ich werde ja nicht ewig diejenige sein, die die Umgänge für die beiden verabredet. Und dazu kommt einfach diese seltsame Umgangskonstellation. So ist die Prioritätenliste bei den Umgängen Handy > Freundin > ich > Leute um uns herum > der Große. Das ist doch auch keine Situation, die auf Dauer das Selbstbewusstsein stärkt? Ich denke schon, dass er sich mehr mit dem großen beschäftigen würde, wenn ich als Ansprechpartnerin wegfallen würde (der lässt einem auch eigentlich keine Wahl und holt sich die Aufmerksamkeit :D ), Umgänge alleine wollen aber weder Kind noch Vater.