Hallo!
Habe folgendes im Internet gefunden. Nun meine Frage, muss man einem Erziehungsgutachten zustimmen?
Bundesverfassungsgericht: Familiengerichtliche Gutachten dürfen nicht erzwungen werden
Im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 02.04.2009, 1 BvR 683/09 stellt das Gericht fest:
[...]
Denn
die Mitteilung lässt befürchten, dass das Amtsgericht von einer
Verpflichtung der Kindesmutter zur Mitwirkung bei der Begutachtung
ausgeht. Dies stünde nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Danach
fehlt es an einer den mit der Exploration verbundenen Eingriff in den
Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) rechtfertigenden
verfassungsrechtlich gebotenen klaren und unmissverständlichen
gesetzlichen Grundlage (BVerfGK 1, 167 <170 ff.». Das
Gericht hat daher keine Befugnis, die Untersuchung der Beschwerdeführerin zu 1)
zu erzwingen.
Bedenken
begegnet auch der Hinweis, das Gericht könne bei mangelnder Mitwirkung
an der Begutachtung nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung davon ausgehen,
dass die Kindesmutter erziehungsungeeignet und -unfähig sei. Denn
dies deutet darauf hin, dass das Amtsgericht den Charakter des
vorliegenden
Sorgerechtsverfahrens als ein Verfahren der
freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Amtsermittlungsgrundsatz übersehen
hat. Infolge der damit verbundenen Ermittlungspflicht des Gerichts ist
den Beteiligten keine subjektive Beweislast (Beweisführungslast)
auferlegt (vgl. Briesemeister, in: Jansen, FGG, 3. Aufl. 2006, §
12
Rn.
13). Zudem geht das Amtsgericht offenbar davon aus, der Kindesmutter
obliege die Feststellungslast für ihre Erziehungseignung und
-fähigkeit. Dies entspricht jedoch nicht der Rechtslage. Zwar richten
sich die Folgen der Nichtfeststeilbarkeit einer Tatsache im
Amtsermittlungsverfahren nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast
(Feststellungslast) (vgl. Briesemeister, in: Jansen, FGG, 3. Auf!.
2006, § 12 Rn. 13).
Kann
in einem Verfahren nach § 1666 BGB aber der gesetzliche Tatbestand für
den Grundrechtseingriff, nämlich die Gefährdung des Kindeswohls und
das Fehlen von Gefahrabwendungswille und -fähigkeit der Eltern, nicht
festgestellt werden so müssen entsprechende Maßnahmen unterbleiben (vgl.
Briesemeister, in: Jansen, FGG, 3. Auf!. 2006, § 12 Rn. 15).Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden alle Gerichte und Behörden:
§ 31 BVerfGG
66 Gesetze verweisen aus 67 Artikeln auf § 31
(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die
Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und
Behörden.
(2) In
den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen
des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit
dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt.
Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht
vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die
Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz im
Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die
Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.
Quelle: § 31 BVerfGG Bundesverfassungsgerichtsgesetz Gesetz über das
FAZIT:
Keinem Gericht ist es gestattet eine Person gegen ihren Willen
"zwangsbegutachten" zu lassen, solange hierfür keine gesetzliche
Grundlage vorliegt. Eine Zwangsbegutachtung stellt einen Eingriff in
das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Auch das neue FamFG bietet
keine gesetzliche Grundlage für eine Zwangsbegutachtung.
Das
Bundesverfassungsgericht stellte mit dieser Entscheidung noch einmal
klar, dass nicht Eltern für Ihre Erziehungsfähigkeit beweispflichtig
sind (welche ohnehin mit seriösen wissenschaftlichen Methoden nicht
festzustellen ist), sondern dass Jugendämter in der Beweispflicht
stehen, wenn sie glauben, dass die elterliche Erziehung das Kindeswohl
gefährdet.
Übrigens: Auch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sind für Gerichte und Behörden verbindlich.
Eingestellt von Monika Armand um 19:21 3 Kommentare http://img2.blogblog.com/img/icon18_edit_allbkg.gif Links zu diesem Post
Labels: Psychologische Gutachten, Zwangsbegutachtung, Zwangsbegutachtung und Persönlichkeitsrech