Wie Scheidung regeln ohne Anwalt?

  • Hallo,


    mein Noch-Mann will die Scheidung. Wir leben bereits seit über einem Jahr getrennt. Ich lebe zusammen mit unseren 3 Kindern und mit seinem Vater weiter im Haus.


    Ich habe überall gelesen, dass wir alles, was geregelt werden muss, selber ohne Anwalt regeln können und dann nur die Scheidung mit nur einem Anwalt einreichen können.


    Könnt ihr mir sagen, WAS alles gereglt werden muss? (Haus, Besuchsrecht, Unterhalt, Versorgungsausgleich???)
    WIE kann man bitte sowas selber regeln? Einfach eine Einigung treffen und sie dann notariell beglaubigen lassen oder wie funktioniert sowas?


    Ich war zu einem Beratungsgespräch beim Anwalt. Wenn wir zusammen einen Anwalt nehmen, sind die Kosten dann trotzdem so hoch? Wer muss dann die Kosten für den gemeinsamen Anwalt zahlen? Ich habe nur ein Nebeneinkommen von 400 €. Muss ich dann trotzdem die Hälfte zahlen oder wie läuft das? Prozesskostenhilfe gibts doch nur fürs Scheidungsverfahren vor Gericht, oder?


    Kann man sich wirklich außergerichtlich selber einigen?


    Mir wächst hier irgendwie alles über den Kopf. Mir gehts im Moment gar nicht gut. So viele Fragen, so viele Gedanken, dass ich nachts stundenlang wach liege. :(


    Vielen Dank für eure Hilfe.


    LG Löwenkind

  • Gerichtlich geregelt werden muss der Rentenausgleich.
    Gefragt wird üblicherweise nach dem Kindesaufenthalt. Dazu sollte man eine Erklärung abgeben können... ;)
    Vermögensausgleich und alle anderen Sachen sind eigentlich Dinge, die man selbst klären darf im Rahmen der Gesetze. Wenn man bei der Scheidungsverhandlung eine Erklärung abgibt, dies alles sei privat geklärt, ist das Gericht außen vor.


    Wenn Du die Suchfunktion hier nutzt, wirst Du viel zum Thema "gemeinsamer Anwalt" finden, die Vor- und Nachteile. ("Nehmen" kann einen Anwalt immer nur einer. Wer die Musik bestellt, muss sie bezahlen. Vollständig.) Ebenfalls findest Du vieles zum Thema Mediation, also außergerichtliche Einigung.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Danke, für deine Antwort.


    D.h. ich unternehme nix und warte bis ER sich einen Anwalt nimmt? Er will die Scheidung.


    ODER wir klären vorher alles unter uns und er reicht anschließend die Scheidung ein, richtig? Brauchen wir dann einen notariellen Vertrag für die Dinge, die wir selber klären, oder setzen wir selber ein Schriftstück auf, an das sich dann jeder halten muss? Oder sagen wir dem Gericht dann einfach, ist alles geklärt und gut ist?


    Wie ist das, wenn er einen Anwalt beauftragt. Wenn ich dann einen Anwalt brauche und ihn mir nicht leisten kann, inwieweit kommt dann die Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe für mich in Frage? Muss ich das evtl. vorher beim Gericht beantragen und kann erst dann zum Anwalt gehen?


    LG Löwenkind

  • Hallo Löwenkind,


    mein Ex-Mann und ich haben uns einen Anwalt gemeinsam genommen und über ihn alles nach unseren Vorstellungen regeln lassen.


    Zuallererst müsst Ihr eine "Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung" (andere sagen Ehevertrag dazu) aufsetzen. Der wird vom Notar beglaubigt (kostete uns ca. 350 Euro) Darin regelt Ihr z.B. folgendes:


    - Trennungs- und Ehegattenunterhalt (was Dein Mann Dir VOR der Scheidung, also aktuell während der Trennung zahlt - Verhandlung oder Verzicht möglich)


    - Nachehelicher Unterhalt (für Kind und Mutter)


    - Kindesunterhalt (nach Düsseld. Tabelle plus evtl. freiwillige Leistungen wir KiGa-Geld o.ä.)


    - Versorgungsausgleich (haben wir ausgeschlossen, somit fand Gütertrennung statt; ich habe auf die Rentenpunkte für die 5 Ehejahre verzichtet, dafür zahlt der Ex mir monatlich freiwilligen Eltern-Unterhalt, den ich nach dem Gesetz nicht kriegen würde, da unser Kind älter als 3 ist)


    - Sorgerecht (wer soll es bekommen; hat der andere Elternteil regelmäßig Umgang, etc. Muss nicht sehr detailliert sein)


    - Anspruch auf Alters- und Krankenvorsorgeunterhalt (stell Dir vor, Dein Mann wird VOR der Scheidung Pflegefall, dann bist Du dran ;-) kann man in der Vereinb. ausschließen)


    - Kosten (wer trägt die Kosten für diese Vereinbarung)


    Dieser Vertrag ruht ein Jahr, während dieser Zeit darf keiner von Euch die Scheidung einreichen, sonst wird der Vertrag nichtig! Ihr legt fest, mit wem von Euch beiden der Anwalt vor Gericht auftauchen soll (wir sind mit ihm zusammen hingegangen, aber er darf letztendlich nur einen von Euch vertreten, der andere kann sich gratis selbst vertreten, ist ja schon alles geregelt). Nach diesem Jahr reicht der Anwalt die Scheidung mit Eurer Vereinbarung als Anlage ein, Ihr bekommt sehr kurzfristig eine Vorladung, der Richter fragt dort nochmal, ob Ihr das wirklich so wollt, jau, Stempel drunter .... und nach weiteren 4 Wochen Frist seid Ihr geschiedene Leute.


    Vorteil dieser Regelung: zahlt Dein Mann mal nicht, ist das Vertragsbruch und kann sofort angezeigt werden - Du musst Dich nicht erst ewig mit Jugendamt und so rumärgern wegen eines "Titels". Weiterhin seid Ihr mit dem Vertrag schon während der Trennungsphase "voreinander sicher", wenn Du z.B. Alkoholikerin und Spielerin wirst, ist Dein Ex nicht mehr für Dich verantwortlich ;-) Weiterer Vorteil: wenn sich das Gehalt Deines Ex nach oben oder unten verändert, hat das keinen Einfluss auf seine monatlichen Zahlungen, denn zu deren festgelegter Zahlung ist er vertraglich verpflichtet. Überließet Ihr die Scheidung dem Gericht, müssten die Zahlungen regelmäßig nach oben oder unten korrigiert werden. Vorteil für Deinen Ex: er kann soviel verdienen wie er will und muss nichts davon an Dich abgeben ... es gibt Väter, die aus Hass und Missgunst einen auf Hartz IV machen, damit Kind und Frau nix kriegen ... meiner verdient gelegentlich sehr viel und kleidet dafür den Bubi neu ein, verreist mit ihm usw. Freiwillig geben macht halt mehr Spaß ...


    So, was kostet das ganze "hüstel, hüstel", das hängt vom Gegenstandswert ab, also Summe aus 12x Kindesunterhalt, 12x Trennungsunterhalt, 12x nachehelicher Unterhalt usw. Uns hat die Scheidung tutti kompletti inkl. o.g. Vereinbarung sowie unumgänglicher Gerichtskosten (ca.350) ca. 5.000 Euro gekostet, wobei der Ex und ich uns die Kosten im Verhältnis zu unseren Einkommen aufgeteilt haben (2/3 er, 1/3 ich).


    Ich empfehle Euch eine "Erstberatung" gemeinsam bei einem Familienrechts-Anwalt, der kann Euch das mal ausrechnen. Sind ca. 2 Stunden, Kosten je nach Anwalt ...


    Oder Du bittest um einen Termin für kostenlose Trennungs- und Scheidungsberatung beim Amtsgericht.


    Einen Haken hat die Sache: das Gericht kann Eure Vereinbarung ablehnen, wenn es meint, dass dadurch einer von Euch unakzeptabel benachteiligt wird ... ist jedoch unwahrscheinlich. Bei der Überbelastung der Gerichte ist jede Selbstregelung willkommen.


    Bei Fragen - gerne :-)

    Wichtiger als stark zu sein ist sich stark zu fühlen.