Montessori Schule - Erfahrungen? Meinungen?

  • Ich war heute auf einem Infoabend in der Montessori Schule hier im Ort. Das Prinzip von Montessori kenne ich schon seit längerem, hab mal in einem Montessori Kindergarten gearbeitet, aber Schule ist ja doch anders.
    Nun gings heute aber eher um die Vorschulgruppe, die dort angeboten wird. Die Kinder kommen von Oktober-Juli einmal in der Woche für 1 1/2 Stunden in die Schule und lernen dort die Materialien kennen, werden an die Arbeitsweise herangeführt und auch ein bisschen beobachtet, ob sie an die Schule passen (es werden pro Jahr nur ungefähr 15 Kinder neu aufgenommen). Ich hab jetzt schon von vielen Leuten aus meinem Umfeld gehört, dass die Schule für Junior perfekt wäre. Er ist ein bisschen entwicklungsverzögert (ist deswegen auch in der SVE) und hat ein bisschen Schwierigkeiten in großen Gruppen (ist sehr schüchtern, macht schnell zu).


    Hat hier jemand vielleicht sein Kind auf einer Montessori Schule oder hat anderweitig Erfahrungen damit gemacht und kann mir darüber berichten? Ich bin noch ziemlich unentschlossen, ob ich die Schulform für den Kurzen gut finde oder nicht, tendiere aber mehr in Richtung Regelschule.

  • Wenn dir das Montessori Programm bekannt ist, brauch ich das nicht weiter zu erklären.
    Ich habe meine drei Töchter an einer Montessori-Schule und unterrichte dort auch selber, wenn auch nur zwei Nachmittags-AG's.
    Eltern-Engagement ist dort ein sehr wichtiger Aspekt, der hilft, dass die Eltern in die Problematiken der Schule miteingebunden werden und es auch mitbekommen.
    Ich meine damit nicht die Übereltern, die sich wie üblich an den Elternabenden zu profilieren versuchen.
    Ich musste dort erst mal ein Elternseminar besuchen. 8h auf 4 Termine verteilt.
    Da hörte ich das erste Mal etwas von Reframing....
    Ich habe mich etwas intensiver mit diesem Ausdruck befasst und stieß auf viele Fehler, die ich bisher bei der Erziehung meiner Kinder machte.


    Montessori hat so einen Beigeschmack von Walldorf... angstfrei töpfern und tanze deinen Namen...so zumindest mein anfängliches Vorurteil.
    Doch das Montessori Konzept berücksichtigt und fördert zwei wesentliche Komponenten der kindlichen Entwicklung:
    jedes Kind hat sein eigenes Tempo und jedes Kind muss lernen, für seine Leistung eigenverantwortlich zu sein.
    Du schreibst von Entwicklungsverzögerung.... nette Umschreibung, wenn das Kind nicht in die alte Schulschublade passen will. Also wird es an einer Regelschule das Tempo nicht mithalten können, wird irgendwann desillusioniert und Lust auf Schule verlieren. Das Ende der Fahnenstange kannst du dir selber ausmalen.
    Ich habe Kinder erlebt, die an diese Schule mit Sonderschulniveau gekommen sind und innerhalb von drei Jahren ihren MSA bestanden haben.
    Gerade in der Pubertät kann eine Regelschule, ich sage immer Kopf-Auf-Wissen-Rein-Anstalt, der physischen Entwicklung der Kinder nicht gerecht werden. Da ist das Gehirn eine Großbaustelle und es fällt durch den Umbau des Gehirns dem Kind sehr schwer, Wissen aufzunehmen. Also werden an der Regelschule die Kids mit allerlei disziplinarischen Maßnahmen zum Funktionieren gezwungen.
    Manche Montessori-Oberschulen nehmen hier die Kids für einige Wochen aus dem Unterricht heraus und bieten Workshops an, wo sie Bauwagen umbauen, selber kochen, usw... den versäumten Unterricht holen sie später spielend wieder auf...liegt wohl in der steinzeitlichen Entwicklung der Menschen (viel weiter haben wir uns evolutionstechnisch nicht weiterentwickelt) begründet... mit Eintritt in die Pubertät lernten die Menschen damals praktische Dinge, die für das Überleben der Grupee wichtig waren...Handwerk, Jagen, Kochen, usw...also praktische Dinge...
    Ich bin froh, dass unsere Schule nun Montessori bis zum Abitur anbieten kann. Denn hier werden sie durch die Freiarbeit, die ja später an der Uni vorausgesetzt wird, optimal vorbereitet. Sie sind Teamfähig, besser organisiert...
    Allerdings ist die Kehrseite der Medaille, dass viele Schüler diese Art der Freiarbeit dazu nutzen, ihre Faulheit zu pflegen...dadurch fühlen sich lernwillige Schüler gestört, welche aber wiederum lernen, sich dann in ihrer Gruppe durchzusetzen.
    Leider werden an Montessori-Schulen viele verhaltensorginelle Schüler abgeschoben...sozusagen als Chaotenverwahranstalt mißbraucht. Wenn hier die Schulleitung nicht stringent ist, kann der Schuß sehr schnell nach hinten los gehen. Deshalb würde ich verschiedene Meinungen einholen von Eltern der Schule...Schulen neigen oft dazu, sich besser darzustellen, als sie wirklich sind.


    Fazit: Nachdem ich meine Kinder zuerst auf Gymnasien gequält habe, sehe ich nun den Fehler ein... sie sind an der jetzigen Schule wesentlich besser aufgehoben, weil ihnen nicht nur theoretisches Wissen praktisch vermittelt wird, sondern sie auch eine ganze Menge an sozialer Kompetenz lernen, die an den Gymnasien nicht vermittelt wurden...

  • Hi Faith,


    Kurzfassung: aufgeweckte Kinder mit Spaß am Lernen und guter Eigenmotivation sind am Monte prima aufgehoben. :respekt
    Passive Kinder, die bespaßt werden wollen und Unterhaltung brauchen, sind da fehl am Platz. :kopf


    Langversion: ich war selber auf "Dem Monte", von der Einschulung bis zum Abi. Ich glaube, dass mir das Montessori-Konzept sehr entgegen gekommen ist, denn es ist eine meiner größten Stärken, Probleme selber zu analysieren, Dinge selber zu lernen und alleine gangbare Wege zu finden. Wahrscheinlich hat mich das Monte also in meinen Stärken weiter bestärkt und evtl. wäre alles anders gekommen, wenn ich anders gewesen wäre oder auf eine andere Schule gekommen wäre. In dieser Kombi ist Monte aber absolute Spitze! :daumen


    LG


    Flo

    Mein Traum: automatische Fabriken die alles produzieren was wir brauchen. Niemand muss arbeiten und alle haben Zeit für Kinder, Eltern und Freunde.
    Mein Alb-Traum: diese Fabriken gehören den Reichen und wir Menschen leben abhängig in Knechtschaft.

  • Hallo,
    pauschal kann man diese Frage gar nicht beantworten, das Konzept steht und fällt mit dem Personal, wie in jedem KiGa und in jeder Schule.
    Sohni war und ist an einer Regelschule, soweit zu den ganz persönlichen Erfahrungen.
    Erfahrungen aus meinem Bekanntenkreis: Von 10 Kindern die auf die Regelschule gewechselt haben, haben 2 Kinder ohne ein Schuljahr zu wiederholen den Sprung in die Regelschule geschafft.
    Bei allen Kindern gab es massive Probleme beim Lesen und Rechnen, obwohl alle Eltern vorher noch voller stolz berichteten, dass ihre Kinder ja so toll vorwärts kommen...
    Ich kenne ein Kind welches 4 Jahre auf der Monte war, dann ein Jahr zurückgestuft wurde um dann letztendlich die Hauptschule besuchen zu können, Ziel war Gymnasium. Der Junge ist absolut fit! Ich kenne ihn, von der Regelschule wäre er ganz normal aufs Gymi gekommen. Das jüngere Geschwisterkind wurde dann rechtzeitig auf die Regelschule umgemeldet...ist jetzt auf dem Gymnasium.
    Um nicht nur dagegen zu reden: Die örtliche Monte hat wohl gehandelt, nun sehen die Quoten ganz anders aus, es gibt sogar einen Schulneubau... was daraus wird weiß ich jetzt noch nicht.
    Meine persönliche Meinung: ich bin seeehr kritisch bei diesem Konzept. Wie gesagt, nur Erfahrungen aus dem persönlichem Umfeld.


    LG Lotta, der auch bewusst ist, dass die Wahl von den Potentialen der Kinder abhängt

    edit: Rechtschreibfehler gefunden und korrigiert


    Nur wer einen Schatten hat, steht auf der Sonnenseite des Lebens!

  • Danke tex, dein Beitrag hat viel geholfen :)


    Das Elternseminar gibts hier auch, ist aber nur ein Abend für ungefähr 2 Stunden. Die Kids sollen dafür aber zum Mini-Monte-Kurs, das sind dann drei Nachmittage. Dieses Jahr wurde hier an der Schule der M-Zug eingeführt, bis zum Abi gehts leider nicht (ist ja aber auch kein Muss)

    MSA


    Mittlerer Schulabschluss?

    Zitat von tex- berlin

    Manche Montessori-Oberschulen nehmen hier die Kids für einige Wochen aus dem Unterricht heraus und bieten Workshops an, wo sie Bauwagen umbauen, selber kochen, usw... den versäumten Unterricht holen sie später spielend wieder auf.


    Das wird hier auch gemacht, ab der 5. Klasse werden regelmäßig Praktika gemacht und es gibt verschiedene Projekte (wenn ich mich recht erinnere).


    Kurzfassung: aufgeweckte Kinder mit Spaß am Lernen und guter Eigenmotivation


    Passt :lach (auch wenn die Motivation nicht immer vorhanden ist, aber Durchhänger sind denke ich normal)

  • Von 10 Kindern die auf die Regelschule gewechselt haben, haben 2 Kinder ohne ein Schuljahr zu wiederholen den Sprung in die Regelschule geschafft.
    Bei allen Kindern gab es massive Probleme beim Lesen und Rechnen, obwohl alle Eltern vorher noch voller stolz berichteten, dass ihre Kinder ja so toll vorwärts kommen...
    Ich kenne ein Kind welches 4 Jahre auf der Monte war, dann ein Jahr zurückgestuft wurde um dann letztendlich die Hauptschule besuchen zu können, Ziel war Gymnasium. Der Junge ist absolut fit! Ich kenne ihn, von der Regelschule wäre er ganz normal aufs Gymi gekommen.


    Das hört man ja auch öfters (wurde heute Abend auch kurz angesprochen), dass der Wechsel auf die Regelschule dann für manche Kinder ein Genickbruch ist. Kommt aber bestimmt auch immer auf den Einzelfall an.