Vielleicht magst Du uns hin und wieder schildern, wie sich die Umgänge entwickeln...
Das erste Umgangswochenende liegt nun hinter uns und ich bin auf der einen Seite erleichtert und sehr froh, dass L. das Wochenende rückblickend als aushaltbar einstufte, und auf der anderen Seite bin ich einfach nur traurig, weil es offenbar genau so weitergeht, wie es letzten Sommer endete.
Mein Ex holte L. am Samstag um Punkt 10 Uhr ab. L. gab sich zurückhaltend bis mürrisch, sein Vater war sichtlich aufgeregt und unsicher. L. erzählte gestern, dass sein Vater immer wieder versuchte, L. in ein Gespräch zu verwickeln, aber L. wollte keinen Small Talk betreiben und gab nur knappe Antworten. Die beiden trafen schon recht früh einen Bekannten meines Ex, mit dem sie dem sie den halben Tag verbrachten. Nachmittags musste dieser weg und die 3 verabredeten sich für ein Sportevent am Abend. Als sie wieder alleine waren, sprach mein Ex L. auf die Gerichtssache und auf die vergangenen Wochen an. Er sagte, er wusste nicht, dass L. mit dem Jugendamt und mit dem Richter sprechen muss. Er wollte weder L. noch mich anklagen und vor Gericht ziehen, sondern einfach nur L. häufiger treffen. Und er erwartet nicht, dass L. das heute verstehen kann, denn dazu wäre er noch zu klein. Wenn er vernünftiger und erwachsen ist, würde er den Gedankengang und die Handhabe seines Vaters nachvollziehen können. L. berichtete seinem Vater, wie es ihm in den letzten Wochen ging, wie verletzt er ist, was er fühlte. Daraufhin erwiderte sein Vater, dass es ihm auch nicht gut ging und dass er enttäuscht war, weil L. sich sowohl seit dem Sommer, aber in der Hauptsache in den letzten beiden Monaten nicht meldete. L.s Reaktion sei kindisch. L. warf ein, dass sein Vater hätte doch einfach anrufen können, wenn er ihn häufiger sehen möchte und dass er (L.) nicht verstehen kann, weshalb er (Ex) dazu ein Gericht braucht. Sein Vater antwortete, dass er nun mal nicht so viel Zeit habe und L. kenne doch die täglich wechselnden Schichten und er sei jetzt alt genug, zu verstehen, dass es nicht immer nach seiner (L.) Nase läuft. Daraufhin diskutierten sie wohl ein bisschen hin und her, wer wen anrufen soll und warum das nun vor Gericht geklärt wurde. L. sagte mir, sie drehten sich ab einem gewissen Punkt immer wieder im Kreis und irgendwann hatte er keine Lust mehr und wurde wieder wortkarger. Sie gingen eine Kleinigkeit essen und trafen sich mit der Freundin seines Vaters, einer Freundin von ihr und später kam der Bekannte vom Mittag dazu. Die 5 schauten sich die Sportveranstaltung an, dh die Erwachsenen schauten und unterhielten sich dabei und L. stand halt daneben, langweilte sich und verbrachte den Abend mit WhatsApp-Chats.
Sonntag morgen kam L. kurz nach Hause, um ein Jäckchen zu holen. Sein Vater wartete im Auto, aber L. ließ sich Zeit und machte sich 2 Brote für unterwegs. Die beiden wollten einen Ausflug machen und da L. Hunger, sein Vater aber nichts Essbares im Haus hatte, griff L. zu der Jäckchen-Notlüge, um sich daheim die Stullen schmieren zu können. Ich muss mich gerade sehr zurückhalten und auf meine Wortwahl aufpassen! Mein Sohn ist im vergangenen Jahr satte 15 cm gewachsen, mittlerweile ist er sogar größer als ich, und befindet sich bereits in der Pubertät. Er futtert derzeit, als gebe es kein Morgen mehr und ist dabei äußerst anspruchslos. Die Tatsache, dass er gestern Morgen zu einer Notlüge greifen musste, um gegen 11 Uhr endlich etwas zu Essen zu bekommen (sie standen gegen 7:30 Uhr auf), macht mich fassungslos!
Nach dem Abstecher bei mir trafen sie den Bekannten vom Vortag und 3 Kollegen meine Ex. Gemeinsam fuhren sie mit dem Zug an irgendeinen Bahnhof, um sich alte Züge anzuschauen. Die alten Züge fand L. sehr interessant, die Hin und Rückfahrt war, abgesehen von einer kleinen Diskussion (betreffend L.s Schule) sehr langweilig. Alles in allem hatte er den Eindruck, sein Vater wollte vermeiden, mit L. alleine zu sein.
Nach dem Ausflug verabschiedeten sie sich von den Freunden und Kollegen meines Ex und mein Ex fuhr L. nach Hause. Er gab an, am ersten Juli-Wochenende keine Zeit zu haben und er würde mich in 14 Tagen anrufen, um ggf. einen Ersatztermin zu verabreden. Von Pfingstmontag (an dem er L. laut gerichtlicher Vereinbarung von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr treffen soll/darf/kann), war keine Rede. L. sprach den Tag auch nicht an und freut sich insgeheim, nicht hinzumüssen.
Punkt 18:00 Uhr empfing ich ein ausgehungertes Kind, welches erst einmal über Brotkasten, Kühlschrank und Obstkorb herfiel und mir anschließend erklärte, die Wochenenden sind auszuhalten, aber er wird im Sommer keine 2 Wochen am Stück mit seinem Vater verbringen. Und er möchte an zukünftigen Umgangs-Wochenenden 4(! ) prall gefüllte Brotboxen dabei haben. :lach Bezüglich der Thematik "eigenartige Beziehung zwischen Kind und Vater" (so bezeichnet es L. seit einer Weile...er findet seinen Vater "komisch" und das Verhältnis zwischen den beiden "eigenartig"), fällt er in die gleiche Resignation, wie vor dem Einschlafen des Kontaktes letzten Sommer: er möchte dieses Thema wieder ausschweigen und einfach nur die monatlichen Termine hinter sich bringen. Geändert hat sich lediglich, dass L. seinen Vater nun auch direkt mit dem Vornamen anspricht (das gefällt meinem Ex überhaupt nicht) und dass er ihn nach der Gerichtssache (Zitat:)"noch bescheuerter, als vorher" findet-ansonsten geht es weiter, wie bisher.