Hallo zusammen,
ich war lange nicht mehr hier und da ich meinen PNs entnehmen kann, dass dieses Thema noch in einigen Köpfen existiert, möchte ich gerne ein Update geben, was in fast 1 Jahr so alles passiert ist.
Es hat sich in der Tat sehr vieles verändert, die ganze Familie hat sich verändert und auch die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander.
Die massiven Probleme meiner Tochter haben sich fast in Luft aufgelöst. Es gab keinen Suizidversuch mehr und auch das Thema Ritzen ist bis auf ein paar Ausrutscher Geschichte. Wenn sie diese Ausrutscher hat, denkt sie sich gute Ersatzstrategien aus, so ihre Psychologin, bei der sie regelmäßige Termine hat und die täglich in greifbarer Nähe ist, wenn es Probleme gibt. Die schulischen Probleme sind immer noch vorhanden und eine Regelschule ist bei ihr noch kein Thema, wird es auch wohl nicht mehr werden. Stattdessen wird sie im Heim intern in einer kleinen Gruppe handlungsorientiert unterrichtet, weil man eine Störung des Sprachverständnisses festgestellt hat. Sie selber fühlt sich sehr wohl dort, hat wie sie sagt endlich richtige Freunde gefunden, mit denen sie über alles reden kann. Anfangs hat sie oft gefragt, wann sie wieder nachhause kann. Aktuell fragt sie gar nicht mehr und die Empfehlung ist auch, dass sie dort mindestens noch die Schule beendet, was noch weitere 2 Jahre bedeuten. Ich habe vor allem gemerkt, dass es Dinge gibt, die ich richtig gemacht habe, weil man es dort auch so handhabt und es auch Dinge gibt, die ich vielleicht zu eng gesehen habe. Ich versuche also schon herauszufinden, warum es dort besser läuft als zu es früher zu Hause war. Sicher ein Punkt ist, dass die Erzieher nach Feierabend nachhause gehen und alles vergessen können, was an dem Tag schlecht gelaufen ist. Zudem ist Konsequenz ein Thema. Darin war ich wohl nicht wirklich gut und das ist sicher ein Grund meines erzieherischen Versagens. Unser Vertrauensverhältnis besteht nach wie vor, was mich sehr freut. D.h. sie erzählt mir auch Vieles aus ihrem Leben dort und bittet mich um Rat. Gerne versucht sie aber Betreuer und mich gegeneinander auszuspielen. Jedenfalls haben alle sie dort schon sehr ins Herz geschlossen, weil sie sehr viele positive Eigenschaften hat und ich versuche sie, mit meinen begrenzten Möglichkeiten, weiter zu fördern. Auf jeden Fall konnte es sicher nur so gut laufen, weil es sich bei dieser Wohngruppe um eine vorbildlich geführte Einrichtung handelt. Die Kinder fahren mehrmals im Jahr zusammen auf Freizeiten, werde auch motiviert außerhalb der Einrichtung Kontakte zu Vereinen und Jugendgruppen zu knüpfen und die Elternarbeit wird ernst genommen.
Wenn sie dann zu Hause ist, alle 2 Wochen, läuft es sehr gut. Aber das liegt sicher daran, dass der erzieherische Alltag nicht mehr in meiner Hand liegt. Selbst der Hass unter den Geschwistern ist nicht mehr vorhanden. Meine erwachsene Tochter freut !!! sich sogar auf ihre Schwester, geht mit ihr shoppen, etc. Ihre Mutter besucht sie nun kaum noch, eigentlich nur alle paar Wochen für 1-2 Stunden. Sie wirft meiner Tochter nun vor, sie käme nur wegen dem Geld. Da muss sie sich nicht wundern, denn sie hat auch – begründet oder nicht, sei dahingestellt – ein schlechtes Gewissen, dass sie mit Geldgeschenken zu kompensieren versucht.
Mir war besonders wichtig, dass meine Tochter sich dort wohl fühlt und meine anfängliche Sorge, sie müsste dort sehr leiden, hat sich als unbegründet herausgestellt. Sie hat jetzt endlich eine langfristige Perspektive und auch die familiären Beziehungen sind auf einer positiveren Ebene angelangt. Ich habe mich auch verändert, glaube, viel gelassener geworden zu sein, ruhiger und weniger nachdenklich und mit weniger Zukunftsängsten.
Ich verbringe unter der Woche viel Zeit mit meinem Sohn, weil wir uns damals fast „verloren“ hätten. In den Zeiten zwischen den Besuchen ist es sehr ruhig geworden und ich habe es geschafft, auch etwas für mich zu tun, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.
Wie es dann weitergeht wird die Zukunft zeigen. Die Kleine geht seit geraumer Zeit in ein Altenheim und hilft dort mit, was ihr sehr gut gefällt. Sie möchte vielleicht in die Fußstapfen meiner erwachsenen Tochter treten (oder auch nicht, in dem Alter ist das ja noch flexibel) und denkt schon darüber nach, nach der Schule mit ihren Freundinnen eine WG zu gründen.
Ich könnte sicher noch viel mehr schreiben, aber ich denke das genügt sicher, um einen Eindruck zu bekommen, wie das Thema dieses Threads noch von Bedeutung ist: Gar nicht mehr, denn innere Zerrissenheit empfinde ich nicht mehr.