Gestern Mittag rief sie ihren Vater an, war total aufgelöst und hat ihm mitgeteilt, dass es ihr total scheiße geht und sie von der Schule nach Hause geht. Sie selber sieht, dass da dringend Hilfebedarf ihrerseits besteht.
Wir hatten daraufhin gestern noch ein Gespräch, ihr Vater und ich. Ein früherer Termin ist für uns bei der Therapeutin nicht zu bekommen. Er selbst sieht, dass da dringend was passieren muss, er macht sich große Sorgen. Bei ihr reicht die Kraft im Moment tatsächlich nur für Schlafen und Essen, auch die Schule selbst überfordert sie total. Die Lehrer geben zwischendurch immer eine Einschätzung der Leistung ab. Sie steht in allen Fächern zwischen 7 und 9 Punkten, allerdings weniger wegen ihrer Leistung, sondern wegen ihrer Mitarbeit. Mündlich macht schließlich in einigen Fächern fast 50 % der Note aus. Da ist für sie schon wieder eine Welt zusammen gebrochen. Sie hat große Schwierigkeiten vor anderen Menschen zu sprechen, Referate sind der für sie der absolute Horror. Aber in der 12. Jahrgangsstufe nehmen die Lehrer auf evtl. "Einschränkungen" auch nicht mehr so viel Rücksicht. Können sie auch gar nicht.
Sie möchte gern Veranstaltungsmarketing studieren... ob das aufgrund ihrer "Sozialphopie" eine so gute Idee ist, wage ich allerdings zu bezweifeln. Auch denke ich, dass sie aufgrund ihrer psychischen Verfassung der Belastung eines Studiums nicht standhält. Zumindest erst mal auf die nächsten Jahre nicht.
Ihr Vater meinte gestern: Wie gut, dass atmen ein Reflex ist. Im Moment würde er sie am Liebsten in Watte packen und ihr alles abnehmen. Allerdings ist das auch nicht gut für sie und das weiß er auch. Er sieht auch selber ein, dass sich was ändern muss, weil ihr Verhalten uns extrem viel Kraft kostet.
Der Muckel hat ja auch ein "Störungsbild" (ADHS). Natürlich kostet es auch Kraft, auf ihn einzugehen und gewisse Situationen zu meistern. Aber von ihm kommt wenigstens noch etwas zurück. Das heißt, er bemüht sich, kommt uns entgegen und fasst auch auch zu Hause mit an, im Rahmen seiner "Möglichkeiten" Er nimmt uns in den Arm und sagt auch mal "Danke, dass ihr das für mich gemacht habt" oder "Ich hab dich/euch lieb". Wenn wir mit ihm reden, kommt ein Feedback und er versucht, bestimmte Dinge besser zu machen.
Die Bonustochter ist zurzeit nur ein "Energievampir", weil absolut gar nichts zurück kommt. Sie benimmt sich, wie ein Gast im 5-Sterne-Hotel. Aufgrund ihrer aktuellen Verfassung haben wir aber erst mal vereinbart, das so "durchgehen" zu lassen. Wir haben auch darüber gesprochen, ob wir überhaupt in der Lage sind, das "aufzufangen" auf Dauer. Grundsätzlich möchte ich ihr helfen, stehe auch hinter ihr, bestärke ihre positiven Seiten, bin aber auch nicht bereit, die nächsten Jahre das so mitzumachen und ihr den Hintern hinterherzutragen und mich zu ihrem Dienstmädchen degradieren zu lassen.
Ich bin für mich auf jeden Fall froh, erstmal 10 Tage Kraft tanken zu können. So gern, wie ich sie habe, brauche ich die Zeit ohne Bonustochter ganz dringend.