Grace, ich kenne es aus Kindertagen, wenn ein Geschwisterteil offensichtlich bevorzugt wird. Mittlerweile kann ich die Gründe für diese Bevorzugung verstehen, aber richtig finde ich es nach wie vor nicht. Lustigerweise war es genau dieselbe Situation wie bei dir: Die Jüngere brauchte mehr Aufmerksamkeit, hat diese durch mehr oder minder gnadenlose/skrupellose Aktionen eingefordert und da meine Eltern sich nicht teilen konnten, blieb einer von uns auf der Strecke.
Was das aus mir gemacht hat?
Einen verdammt traurigen und einsamen Menschen. Seit damals habe ich keinerlei Interesse an sozialen Aktivitäten, sitze lieber zuhause mit einem Buch oder verbringe meine Zeit anderweitig alleine. Ich habe gelernt, dass ich mich auf mich verlassen kann und auf niemanden sonst. Dass meine Bedürfnisse von mir befriedigt werden und von niemandem sonst.
Klingt vielleicht bitter, aber diese Selbstständigkeit lässt mich heute wahre Kraftakte stemmen. Das hat mir Stärke gegeben, indem es mir gezeigt hat, wo meine Schwachstellen sind.
Selbst heute, wo ich mit meinen Eltern darüber gesprochen habe, ist es mir fremd, wenn sie mich in den Arm nehmen. Nicht, dass sie es niemals getan hätten, aber ich warte auf den Haken an der Sache.
Natürlich spürt das "Kind" respektive der Teenager, dass etwas nicht so läuft, wie es laufen soll. Nur sind Kinds/Teenager selten in der Lage, ihre 3 Hormönchen lange genug in Griff zu halten, um ein halbwegs vernünftiges Gespräch darüber zu führen, was denn wurmt. Und selbst wenn sie das könnten - könnten wir etwas ändern?
Du sagst, dass dir der Grund für die Magersucht deiner Tochter bekannt ist. Aber glaub mir, das wird (anmaßend behauptet) nur der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. In ihr wird es weit, weit länger gebrodelt haben und irgendwann kann der Mensch einfach nicht mehr und macht etwas sehr dummes.
Kennst du dieses Bild:
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Es beschreibt eigentlich sehr gut, wie es deiner Großen vermutlich gerade geht. Nach außen hin will sie groß sein, weil sie erfahren hat, dass sie nicht wirklich eine andere Wahl hat. Sie braucht dieses ganze Gekuschle und Baby-Getue nicht, sie ist ja schon groß.
Innerlich ist sie aber genau das nicht.
Sie wünscht sich Nähe, kann damit aber nicht umgehen. Das fühlt sich für sie komisch an, künstlich. So als ob da noch was kommen muss.
Hmm lange Rede kurzer Sinn: Gib ihr die Möglichkeit, ein wenig Kindheit aufzuholen. Plane doch mal bewusst Zeit ein, in der sie NUR mit dir unterwegs ist, ohne kleine Schwester (und wenn es das blöde Mittagessen ist, für das Einkäufe gemacht werden müssen). Mach deine Einkaufsliste nicht vorher, sondern geh mit ihr in den Laden und überlegt euch spontan, worauf sie Lust hat. Mittels internetfähigem Handy kann man ja blitzschnell eine Einkaufsliste googlen und schon kommt man ans Sprechen, in Kooperation.
Ideal wären natürlich Kino oder sowas, wo sie wirklich erstmal keine Hintergedanken zulässt, sondern beschäftigt ist.
Das ist aber ein Lernprozess, das dauert
PS: Wenn du magst, darfst du dich gerne per Pm an mich wenden, dann plauder ich auch mal ein wenig aus dem Nähkästchen
Fühl dich mal gedrückt, ich wette, du bist keine Shice Mutter, sondern machst den besten Job, den du machen kannst. Könntest du es besser, würdest du es auch tun, oder?