also ich hatte ja gedacht dass sie dem TS zumindest den Selbstbehalt von 1000 Euro gelassen hätten, denn er arbeitet ja schließlich Vollzeit.
Jetzt zahlt er ja 230 Euro und er hat nur wenig mehr als ein Hartz 4 Empfänger, was soll denn erst werden wenn das Gericht beschließt dass er die 225 Euro Mindesthunderhalt für die jüngere Tochter und die 272 Euro Mindestunterhalt für die ältere Tochter bezahlen soll?
Wie soll der TS denn mit den ihm verbleibenden 568 Euro über die Runden kommen, das geht doch gar nicht!
Das interessiert die Judikative leider herzlich wenig, wie er das macht. Das ist dann allein sein Problem.
Es mag sein, das solche Urteile dann vor dem OLG wieder gekippt werden, weil man sich dort etwas näher
an verfassungsrechtlichen Grundsätzen orientiert und weiß, da da auch noch irgendwas dazu im §1603 BGB steht.
Aber da muß man (ohne Rücklagen) erst mal hinkommen, wenn PKH verweigert wird.
Dann will der Rechtsanwalt und die Gerichtskasse einen Vorschuß...und...und...und. Tja...wenn man dann in der 2. Instanz verliert, hat man die
Kosten der Gegenseite + Gerichtsgebühren auch noch an der Backe. Da kommen ein paar Hunderter oder gar Tausender zusammen, je nach
Streitwert.
Es ist eben so, das Mangelfälle bei der Unterhaltsfestlegung finanziell so gestellt werden, als wären sie erwerbslos. Das heißt, der
Selbstbehalt wird auf Sozialhilfeniveau zusammengezimmert. Altersvorsorge, Arbeitsaufwändungen, Umgangskosten, wird alles zusammengestrichen,
damit es für den Mindestunterhalt reicht. Gerade im März hat der BGH noch geurteilt, das ein UET die Kinder an Umgangstagen in der Herberge
unterbringen muß, die er sich eben von den 360 Euro für Wohnkosten aus seinem Selbstbehalt leisten kann.
Man muß sich mal die Ergebnisse des 20. Familiengerichtstages in Brühl durchlesen. Das sind echte Hammer, die Zahl der Mangelfälle
wird gerade angesichts einer Mindestlohngrösse um 8-10 Euro, immer grösser und dort wird noch mit großer Energie überlegt, wie man denn
die Trennungsfolgekosten allein auf die Eltern umlegen kann. Jetzt sollen verstärkt die Betreuungselternteile auf unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit
hin geprüft werden, wenn bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil nicht ausreichend Geld zu bekommen ist. Grundsätzlich finde ich es richtig, das Eltern für ihre Kinder aufkommen sollen und müssen. Aber sie verlieren z. B. auch nach einer Trennung die der Familie vorbehaltenen Lohnsteuerklasse und je nach Fall auch einen Teil des Kindergeldes. Nicht mal das volle Wohngeld, wenn überhaupt, bekommt ein erwerbstätiger UET, er bekommt max. 1 Kind auf seine Wohnfläche angerechnet, egal, wie viele er hat. Komisch, die Familie ist immer noch da, die meisten staatlichen Beihilfen oder Erleichterung zur Unterstützung einer( intakten) Familie sind aber nach der Trennung in wenigstens einem Haushalt weg, bzw.müssen mit dem "Rest" zwei Haushalte statt einer finanziert werden. Also mehr Steuern für gleiche Arbeit + erhöhte Wohnkosten wegen zwei Haushalten statt vorher einem. Und dann wird noch geschimpft, das solche Leute dem Staat auf der Tasche liegen.
Das Unterhaltsrecht ist einfach ein riesiges Minenfeld. Wenn der TS eine unbefristete Stelle aufkündigt, um dann in der nächsten während
der Probezeit gekündigt zu werden, dann wird ihm das auch noch als unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit ausgelegt. Egal was man macht,
man macht nichts richtig.
Wenn der TS verurteilt wird, höheren Unterhalt zu zahlen, bei dem er seinen eigenen Unterhalt nicht mehr gewährleisten kann,
dann kann das durchaus Ansprüche auf ALGII-Leistungen auslösen.
Ich meine er arbeitet ja Vollzeit, weist du ob das JC bis 800 Euro (nicht Erwerbstätig) oder bis 1000 Euro (Erwerbstätig) aufstockt?
Mit freundlichen Grüßen
Vater 1971
Aufgestockt werden kann bei tituliertem (also auch per Gerichtsurteil festgelegtem) und aus Erwerbseinkommen gezahlten Unterhalt. Aufgestockt wird bis zu der Summe, bei dem die Wohnkosten (Warmmiete) + Regelsatz gedeckt sind. Der dann dem Aufstocker verbleibende Betrag kann durchaus höher sein als 1000 Euro, weil die Erwerbstätigenfreibeträge im ALGII-Bezug (je nach Einkommen) höher ausfallen können, als die nach familienrechtlichen Kriterien. Hinzu kommt, das die Kosten des Umgangs auch sozialrechtlich berücksichtigt werden können, wenn denn eine solche Erstattung von Mehraufwändungen bei dem Arbeitsamt mit beantragt wurde (Fahrtkosten, anteilige Tagessätze für den Aufenthalt der Kinder, etc.). Das können auch Arbeitnehmer beantragen, die mit ihrem Einkommen knapp über Hartz-VI Nivau liegen, z. B. als einmalige Beihilfen.
Das Problem ist dann aber auch, das man sich mit dem Jobcenter herumschlagen muß. Dem sind die Trennungsfolgekosten natürlich auch zu teuer und da wird man gleich bei Antragstellung abgewimmelt, das man das doch bitte familienintern lösen solle. Schliesslich darf niemand durch Unterhalt bedürftig werden.
Aber keiner der Sachbearbeiter war im Gerichtsaal bei der Unterhaltsverhandlung dabei. Wenn man dann der Unterhaltshöhe in einem Vergleich zugestimmt hat, wird es noch schwieriger. Dann hat man sich faktisch mit eigener Zustimmung zum Sozialfall gemacht. Da kann man sich besser verurteilen lassen. Ablehnen von Anträgen bei der Arbeitsagentur ist zwar so nicht statthaft, aber selbst erlebte Praxis. Da muß man im Leistungsbezug auch gewisse Grundrechte wie Freizügigkeit abgeben (Beschränkung der Reisefreiheit), Meldetermine wahrnehmen, etc. Je schlechter die Kommune finanziell dasteht, desto rigider die Bescheidungspraxis bei den Grundsicherungsträgern. Dann führt man dann neben den familienrechtlichen Verfahren auch noch mehrere Klagen vor den Sozialgerichten, weil die beantragte Leistung nicht auszahlt wird. Man muß da mental echt stabil sein, sonst reibt man sich dabei völlig auf.
Ich wünsche dem TS gute Nerven für nächste Woche. An Stelle des TS würde ich jedenfalls keinem Vergleich zustimmen. Das gibt neben der erhöhten Unterhaltspflicht noch eine Erhöhung der Streitgebühr von dem eigenen Rechtsanwalt oben drauf. Ich würde auf ein Urteil bestehen, sonst wird auch ein Gang zum OLG unmöglich.
Just my 2 Cents.