Ich sag es mal ganz offen und ehrlich, nach der Geburt von meinem Großen war ich auch ganz schlimm. Ich war total verletzt, dass er mich mit unserem Wunschkind einfach sitzen lassen hat, die Trennung war noch nicht lange her und ich konnte es schwer ertragen, ihn ständig um mich haben zu müssen. Meine Hormone haben völlig verrückt gespielt, ich konnte eigentlich so gut wie gar nicht mehr schlafen, war überfordert, traurig, ängstlich, wütend und mit allem alleine. Ständig musste ich hören, ob mein schlafendes Baby noch atmet und ich hatte große Angst davor, ihn meinem Ex anzuvertrauen, dem ich selber ja so gar nicht mehr vertrauen konnte. Also habe ich den Umgang auch so weit runtergedreht, wie mein Ex sich runterhandeln ließ. Und mir unterbewusst gewünscht, er hätte für mehr gekämpft.
Er hat ähnlich weit weg gewohnt wie du, deswegen haben die Umgänge bei mir stattgefunden. Das war glaub ich für uns alle 3 das schlimmste was wir machen konnten, weil letztendlich doch immer ich zuständig war, wenn der Kleine geweint hat, die Windel voll war... Ich konnte nicht zusehen, wenn er weint, und er hatte glaube ich immer Angst unter meiner Beobachtung "etwas falsch zu machen". Völlig eskaliert ist die Sache übrigens auch, als er mit dem gemeinsamen Sorgerecht angefangen hat, ich kann das heute absolut nicht mehr nachvollziehen, aber damals habe ich das als etwas Schlimmes und als Drohung von ihm wahrgenommen. Habe irgendwie geglaubt, er würde das nur einsetzen wollen, um mir das Leben schwer zu machen. Und ein bisschen hatte ich auch immer das Gefühl, er möchte damit nur nach außen als toller Vater dastehen, während eigentlich doch ich alleine verantwortlich bin.
Es gab dann irgendwann so einen Zeitpunkt, als er aufgehört hatte, Druck zu machen. Wir waren zusammen mit dem Kleinen auf dem Spielplatz und Eis essen, er war ganz geduldig und hat ihn auf sich zukommen lassen und als ich sie dann irgendwann so zusammen gesehen habe, da dachte ich das erste Mal "die beiden gehören echt zusammen". Aber das hat viel zu lange gedauert, ich mache mir im Nachhinein Vorwürfe, aber das bringt nun auch nichts mehr.
Was ich damals hätte anders machen können ist wohl offensichtlich, aber ich glaube dieses Gefühlschaos kann man nur nachfühlen, wenn man in der Situation einmal war und da kommen auch keine rationalen Gründe an einen heran (nicht mal wenn der eigene Kopf sie einsieht). Er hätte aber auch etwas anders machen können, ohne dass ich ihm das vorwerfen könnte, aber vielleicht als Denkanreiz für dich. Er hat irgendwie immer versucht, es mir recht zu machen, sich nach dem gerichtet, was ich vorgeschlagen habe und wenn er nicht mehr mit glücklich war, das gSR als Drohmittel eingesetzt. Mir persönlich hätte es damals wirklich geholfen, wenn er selbstbewusst vertreten hätte, was er als Vater möchte, häufigere und vor allem Umgänge alleine durchgesetzt hätte. Sich nicht vom ersten "ich weiß nicht so richtig/ich glaube aber..." von mir überzeugen lassen hätte. Dann hätte ich sehen können, dass er tatsächlich Verantwortung übernimmt und ich gar nicht so alleine dastehe.
Eigentlich wünscht sich doch jede Mama mal ein bisschen Zeit für sich, um Schlaf nachzuholen, mal zum Friseur zu gehen, für liegengebliebenen Haushalt oder nur mal rumgammeln und TV sehen, lesen... Und gleichzeitig fällt es schwer, das Kind loszulassen, egal an wen und erst recht an jemanden, der einen selber verletzt hat. Ich glaube da braucht es manchmal etwas sanften Druck und dann das Ergebnis zu sehen, dass der andere das wirklich gut hinbekommen hat mit dem Kind.