Oh, ich kann das gut verstehen. Ich befinde mich derzeit auch in einer Denkschleife und bin mir nicht sicher, was meine eigenen Bedürfnisse sind, was die Erwartungen meiner Familie, Freunde und Gesellschaft, was äußere Umstände und was persönliche Entscheidungen sind.
KV und ich sind seit einiger Zeit auseinander, das Scheidungsverfahren läuft. Als er ausgezogen ist, war ich - bei aller Traurigkeit über das Scheitern unserer gemeinsamen Träume - erleichtert und konnte erstmals wieder richtig durchatmen, obwohl ich wie die meisten AE finanziell und zeitlich enorm unter Druck stehe. Aber endlich konnte ich wieder eigene Entscheidungen treffen, ohne dass mich dauern jemand kritisierte, dass ich mich rechtfertigen musste, dass ich meine eigene Lähmung überwinden musste. Es tat mir gut.
Auch das Alleinsein stört mich eigentlich gar nicht. Ich habe meinen Sohn, meine zwei Katzen, meine Familie und einen kleinen, aber feinen Freundeskreis. Der Gedanke an eine neue Partnerschaft machte mir eher Angst. Die Beziehung zu meinem Ex hatte anfangs alles gehabt, was ich mir erträumt hatte. Wenn selbst so eine harmonische und tiefverwurzelte Beziehung so enden kann, wie soll mir dann überhaupt je eine neue Beziehung auch nur annähernd so viel geben können?
Ich bin also hin- und hergerissen. Einerseits fühle ich mich zum ersten Mal seit vielen vielen Jahren wieder gut - mit mir und mit meinem Leben. Aber dann sind da die Fragen: War es das jetzt für mich? Männer stehen nicht gerade Schlange bei mir. Ich glaube zwar, dass ich ein recht verträglicher Mensch bin, aber bei vielen falle ich durch mein vermutlich wenig ansprechendes Äußeres sofort durchs Raster. Und natürlich trage ich inzwischen auch einige emotionale Altlasten mit mir herum. Andererseits gibt es in meinem Unfeld auch keinen Mann, der mich irgendwie reizen könnte. Selbst optisch lassen mich die meisten Männer kalt.
Ich frage mich, ob ich so ende wie fast alle Frauen in meiner Familie, die allesamt recht früh ihre Männer (durch Krankheit oder Unfall) verloren haben und bis an ihr Lebensende allein geblieben sind - zwar durchaus glücklich und lebensfroh, keineswegs verbittert, aber eben doch partnerlos.
Und ich kann noch nicht unterscheiden, ob ich noch nicht willens und bereit für eine neue Beziehung bin, ob der jedoch durchaus vorhandene Wunsch nach Zuneigung nur die Angst vor dem Alleinsein und des alleine Älterwerden ist und dem Druck meines Umfelds geschuldet ist, ob meine Zweifel und Abneigung gegen einen neuen Mann in meinem Leben nur eine Schutzbehauptung sind, weil ich einfach keinen finden werde?
Oder wird es wirklich mein Weg sein, ohne neuen festen Partner alt zu werden und darin hoffentlich so erfüllt und lebensfroh zu bleiben, wie die Frauen meiner Familie?
So wie es scheint, bist du mehrere Schritte weiter als ich und hast die Zweifel, ob überhaupt und wann du einen Neustart willst hinter dir gelassen. Das finde ich erstmal großartig, denn damit hast du schonmal den Weg abgesteckt, den du zu gehen gedenkst. Wie man auf Partnersuche geht, habe ich leider auch keine Ahnung, aber wenn du innerlich bereit bist, strahlst du das auch nach außen hin aus - und dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich neue Türen für dich öffnen werden und du irgendwann ankommen wirst. Dass du an das Ganze relativ realistisch herangehst, finde ich dabei nur von Vorteil; die meisten von uns kennen den Absturz, wenn die rosarote Brille abgenommen wird oder man sich zu hastig auf etwas einlässt.
Ich wünsche dir jedenfalls viel Glück auf deinem Weg und ein harmonisches Ankommen!