So Katerle, jetzt noch mal sachlich zum Thema:
Was mir so am Eingangspost so gefällt ist, dass da jemand schreibt, ich denke auch mal an mich. Ich will nicht immer nur verständnisvoll sein, ich kann die verstehen, die davon auch mal die Schnauze voll haben.
Jep, emotionale Reaktionen in Konfliktsituationen sind verständlich, tragen aber weder zur Lösung des Konflikts noch zur Beförderung des KW bei.
Nicht jeder Mensch ist Gutmensch und nicht von jedem Menschen muss man das erwarten.
Was ist ein Gutmensch? Was man aber sicher von einem erwachsenen ET verlangen kann, ist das Wohl des Kindes über eigene Befindlichkeiten zu stellen.
Da ich hunderte von Gesprächssituation kenne, kann ich sagen, dass es völlig in Ordnung ist, seine Position zu vertreten und nicht immer gleich für den Anderen mitzudenken. Dafür ist dann der Andere da.
Ich finde es schade, wenn so ein (vielleicht gesunder?) Blick auf die eigene Position gleich zerredet wird. Immerhin ist der Elternteil, bei dem Kinder leben schon von Natur aus bemüht, ständig den Blick für den Anderen (die Kinder!) offen zu halten. Da muss dann nicht noch der andere Elternteil "bemuttert" werden.
Aufforderungen/Erwartungen an diesen Elternteil, für den anderen Elternteil auch noch mitdenken, mitfühlen zu müssen und womöglich auch noch deren Interessen erahnen zu müssen um sie dann noch im vorauseilendem Gehorsam durchführen zu müssen, ist mir dann der Mutterliebe zu viel. Immerhin ist der andere Elternteil (hoffentlich) auch Erwachsen und kann seine Interessen selber vertreten.
Nun ich kenne sicher nicht weniger "Gesprächssituationen"... Aber man kann z.B. berufliche Diskussionen und Konflikte nicht mit Elternkonflikten vergleichen, da es im letzteren Fall um abhängige und wehrlose Kinder geht und nicht um Strategien zur Gewinnmanximierung (z.B.). Übrigens stimme ich Dir zu, dass man sich auf seine eigene Position fokussieren soll. Die Frage ist nur, wie lege ich meine Position aus?
In Konfliktsituationen von ETs sind die Leidtragenden immer die Kinder - und die können am wenigsten dafür, dass es Probleme gibt. ET-Konflikte sind oft von beidseitger Aggression geprägt bzw. bestimmt, z.B. der eine macht dem anderen Vorwürfe und der andere boykottiert den Umgang, oder der eine nimmt den Umgang nicht wahr und der andere macht die Vorwürfe, oder jeder macht dem anderen Vorwürfe oder wie auch immer. Ich war selbst ein halbes Jahr nach der Trennung in so einem Teufelskreis gefangen. Ein guter Freund riet mir, die Motivation die hinter meinen Positionen steht zu prüfen. Und da musste ich ehrlicherweise einsehen, dass hier Dinge wie Verletztheit, gekränkter Stolz, Hilflosigkeit/Überforderung mit der Situation, etc. eine große Rolle spielten - argumentativ natürlich höchst elegant in Kindeswohl-Argumenten verpackt (eigentlich eher getarnt). Wem es bei der Eskaltion der Konflikte immer schlechter ging war unser Sohn, den der Versuch zu beiden ETs loyal zu sein, fast zerissen hat.
Schließlich begannen wir "Supergutmenschen" und "Klugscheisser" (beide ETs) nicht mehr auf allen Positionen (Forderungen, Anforderungen, etc.) zu bestehen, Kompromisse zu suchen und die Vorwürfe herunter zu fahren und die Situation zu deeskalieren. Und das "Wunder" geschah: Nachdem wir bis dahin eigentlich nur noch per Anwalt kommuniziert hatten, begannen wir zögerlich wieder wie normale Menschen miteinander zu reden und konnten nach einiger Zeit wieder vernünftig über unser Kind sprechen. Beide ETs gingen mal einen Schritt zurück und nahmen sich ein bisschen weniger Ernst und "schwupp" konnten sich beide wieder auf das einzig relevante konzentrieren - das Wohl von Sohnemann. Danach wurden Dinge möglich, die vorher (angesichts der festgefahrenen Positionen) undenkbar waren. Dem Jungen geht es heute wirklich gut: Er unterhält gute Beziehungen zu beiden ETs, kann zu beiden loyal sein ohne den anderen zu verletzen, und ist wirtschaftlich gut versorgt. Es gibt natürlich immer wieder Situationen wo Meinungsverschiedenheiten das Potential bieten, zu großen Konflikten zu eskalieren - da muss man halt manchmal einfach auf die Zähne beissen und mal die Klappe halten. Das ist für beide ETs eine wirkliche Anstrengung...
Gut, einige hier nennen das dann Kluscheisser- oder Gutmenschen-Strategie, kann ich mit leben. Das einzige das zählt ist die Tatsache, dass es meinem Jungen wieder gut geht. Wenn dies anderen mit anderen Strategien auch gelingt - umso besser. Wünsche allen Kids, die hier durch ETs vertreten sind das Beste!
traydor