Ich habe mal ein bißchen rumgegoogelt und zum Thema Kontinuitätsgrundsatz das hier und ähnliches gefunden.
Hingegen ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht für J… auf die Mutter zu übertragen. Dies entspricht dem Wohl des Kindes am besten.
Einer Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht bedarf es schon deshalb, weil jeder Elternteil wünscht, dass J… bei ihm lebt (vgl. zu Teilentscheidungen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch BVerfG, FuR 2004, 405, 406 f.; Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1671, Rz. 22). Bei der Frage, ob die Aufhebung der gemeinsamen Sorge für den Teilbereich der Aufenthaltsbestimmung und die Übertragung der Wahrnehmung dieses Bereichs auf einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht, sind folgende Gesichtspunkte zu beachten, wobei deren Reihenfolge im Hinblick auf ihren Stellenwert keine Bedeutung zukommt (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1671, Rz. 84):
- die Bindung des Kindes an beide Elternteile und etwa vorhandene Geschwister,
- der Kontinuitätsgrundsatz, der auf die Stetigkeit und die Wahrung der Entwicklung des Kindes abstellt,
- der Förderungsgrundsatz, nämlich die Eignung, Bereitschaft und Möglichkeit der Eltern zur Übernahme der für das Kindeswohl maßgeblichen Erziehung und Betreuung,
- der Wille des Kindes, soweit er mit seinem Wohl vereinbar ist und das Kind nach Alter und Reife zu einer Willensbildung im natürlichen Sinne in der Lage ist (vgl. zum Ganzen Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1671, Rz. 24 ff.; Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1671, Rz. 52 ff., 64 ff., 68 ff., 78 ff.).
Vorliegend gebietet die Bindung des Kindes J… an seinen älteren Bruder L…, der bei der Mutter lebt, die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Antragstellerin. Die Kontinuität, die durch den Aufenthalt von J… beim Vater eingetreten ist, tritt dahinter zurück. Nach dem Förderungsgrundsatz ist jedenfalls ein Vorrang des Vaters gegenüber der Mutter nicht zu erkennen. Der Wille des Kindes spielt keine entscheidende Rolle.
aa)
Dass J… Bindungen an einen Elternteil stärker ausgeprägt wären als an den anderen Elternteil, ist nicht ersichtlich. Die Bindungen an seinen Bruder L… sind aber entscheidend zu berücksichtigen.
Die Bindungen eines Kindes an seine Geschwister sind bei der Entscheidung über die elterliche Sorge von großer Bedeutung. Es dient regelmäßig dem Wohl des Kindes, wenn es zusammen mit Geschwistern aufwächst und so ein Maximum des bisherigen Beziehungsgeflechts erhalten bleibt (Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1671, Rz. 73). Die Trennung von Geschwistern, die aneinander hängen, ist grundsätzlich zu vermeiden und nur bei Vorliegen besonders triftiger Ausnahmegründe zuzulassen (Senat, FamRZ 2003, 1953; OLG Celle, FamRZ 1992, 465, 466; Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1671, Rz. 74; Palandt/ Diederichsen, a.a.O., § 1671, Rz. 27).
Vorliegend besteht eine starke Geschwisterbindung zwischen J… und seinem rund vier Jahre älteren Bruder L…. Davon konnte sich der Senat bei der Anhörung der Kinder überzeugen. Beide Kinder zeigten sich bei der Anhörung liebevoll aufeinander eingestellt. Jeder bezog den anderen bei der Beantwortung von Fragen mit ein. Beide berichteten auch davon, dass sie viel miteinander spielen würden. Dies ist gut nachvollziehbar bei einem Alter der Kinder von sieben bzw. drei Jahren (vgl. zur Bedeutung der Geschwisterbindung bei einem deutlich größeren Altersunterschied OLG Zweibrücken, FamRZ 2001, 184).
bb)
Allerdings spricht der Kontinuitätsgrundsatz für den Antragsgegner. J… hält sich seit April 2007 bei ihm auf. Dem Kontinuitätsprinzip kommt aber vornehmlich dann ausschlaggebende Bedeutung zu, wenn nach den übrigen Kindeswohlkriterien der Vorrang eines Elternteils nicht festgestellt werden kann (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1671, Rz. 67). So liegt es hier nicht. Die Geschwisterbindung spricht eindeutig für den Aufenthalt von J… bei der Mutter. Der Kontinuitätsgrundsatz muss dahinter zurücktreten. Die weiteren Kriterien sind, wie noch auszuführen ist, ebenfalls nicht geeignet, einen Vorrang des Vaters festzustellen.
cc)
Unter dem Gesichtspunkt des Förderungsgrundsatzes ergibt sich jedenfalls kein Vorrang des Vaters gegenüber der Mutter. Der Vater hat selbst Erziehungsdefizite auf Seiten der Mutter nicht benannt. Solche sind auch nicht ersichtlich.
In der Beschwerdeerwiderung hat der Antragsgegner lediglich darauf hingewiesen, dass er sich in der letzten Zeit ganz überwiegend um J… gekümmert habe und die Antragstellerin hiermit auch unter Hinweis darauf, sie sei mit der Betreuung von beiden Kindern überfordert, einverstanden gewesen sei. Dass die Antragstellerin, solange ihr die Betreuung und Erziehung oblegen hat, J… etwa vernachlässigt hätte, hat der Antragsgegner nicht geltend gemacht. Auch Anhaltspunkte für eine Überforderung der Antragstellerin, selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass sie ein weiteres Kind erwartet, sind nicht gegeben.
Soweit der Antragsgegner der Antragstellerin im Hinblick auf seinen Anfang April bevorstehenden Krankenhausaufenthalt erklärt hat, J… solle während dieser Zeit lieber dorthin gehen, wo er etwas lerne, hat der Antragsgegner bei seiner Anhörung durch den Senat klargestellt, dass er sich im Streit mit der Mutter zu dieser Äußerung habe hinreißen lassen. Dass J…, solange er sich bei ihm aufhalte, eine bessere Förderung erfahre als im Haushalt der Mutter, hat der Antragsgegner selbst nicht behauptet.
Schließlich spricht gegen eine Erziehung und Betreuung von J… durch die Mutter auch nicht der Umstand, dass sie mit dem Zeugen K… zusammenlebt. Dieser hat bei seiner Vernehmung durch den Senat einen zuverlässigen, L… und auch J… zugewandten Eindruck vermittelt. Er hat glaubhaft bekundet, dass es aus seiner Sicht kein Problem darstelle, wenn demnächst drei Kinder im gemeinsamen Haushalt mit der Antragstellerin leben würden.
dd)
Der Kindeswille gebietet keine abweichende Entscheidung. J… hat bei seiner Anhörung durch den Senat geäußert, er wolle bei der Mutter wohnen. Ob es sich hierbei angesichts des Alters des Kindes um eine autonome Willensäußerung handelt (vgl. hierzu Senat, FamRZ 2003, 1953; Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1671, Rz. 81), kann offen bleiben. Jedenfalls ist auch mit Rücksicht auf den Kindeswillen eine Entscheidung zu Gunsten des Vaters nicht angezeigt.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO, 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.