Ich will mich mal - als selbst Betroffener - zu Wort melden.
Kurz zum Hintergrund:
Meine Exfrau war (ist?) kaufsüchtig. Das bekam ich allerdings erst mit, nachdem unser erstes Kind geboren wurde. Erst ab da wurde es extrem, die Störung war aber schon vorhanden und geht (vermutlich) auf ein Kindheitstrauma zurück.
Jedenfalls lief es auf einen Teufelskreis hinaus: Da sie immer mehr Geld verbrauchte, mußte ich immer mehr arbeiten. Ich war immer weniger zuhause und sie gab immer mehr Geld aus, bishin zu dem Punkt, wo sie anfing Konten abzuräumen. (Unsere und auch die Sparkonten meiner Mutter, in deren Haus wir lebten. Wir hatten ein Heidenproblem, die Bank zu überreden, keine Anzeige zu erstatten...). Weihnachten 2008 sprach ich sie unter vierAugen auf ihr Problem an, mit dem ziel sie zu einer Therapie zu überreden. Im Gegenzug erklärte sie mir, sie hätte seit einem halben Jahr einen Freund und wollte die Scheidung...
Im Frühjahr 2009 (Ex lebte noch immer in unserer Wohnung) kam es bei mir schließlich zum Zusammenbruch. Die Situation plus die berufliche Belastung forderten ihren Tribut. Als ich meinen Chef informierte, dass ich krankgeschrieben bin, folgte der nächste Schlag: Vier Tage später lag die Kündigung im Briefkasten...
Ergebnis: 10 Wochen AU, Diagnose: mittelschwere depressive Episode.
Ein Jahr Aufbauarbeit in ambulanter Therapie mit medikamentöser Unterstützung. Während dieser Zeit ALG I. Die amtsärztliche Untersuchung hatte festgestellt, dass ich nicht mehr schichttauglich bin. In meiner Branche - ziviler Wachdienst - ist man damit erledigt, wenn man erstmal arbeitslos ist. Aus meinem erlernten Beruf - Elektroinstallateur - war ich schon zulange heraus. Kurz gesagt: Schwer vermittelbar. Sämtliche Bewerbungen, in welcher Sparte auch immer, erbrachten nur Absage - wenn man überhaupt eine Antwort bekam...
2010 lief mein ALG I - Bezug ab und ich mußte Hartz IV beantragen. Der Kampf mit dem Amt machte ein Jahr Aufbauarbeit zunichte... (Ich brauche wohl nicht zu erläutern, wass es heißt 10 Wochen ohne Geld dazusitzen als AE mit zwei Kindern. Ohne meine Mutter wären wir untergegangen...)
Ergebnis: sechs Monate AU, Diagnose schwere depressive Episode mit Suizidgefährdung. Was mich abgehalten hat den letzten Schritt zu tun, war der Gedanke an meine Jungs. Nur für sie habe ich weiter gekämpft...
Ein Jahr Therapie und Antidepressiva (die ich immernoch nehme) zogen mich aus dem Loch heraus. Ganz wesentlich geholfen hat mir auch meine Vereinsarbeit und der 1,50€-Job, den ich durch eine Jobcenter-Maßnahme bekam: 1 Jahr als Mitarbeiter in der Mittagsbetreuung einer Schule hier am Ort. Das Team, dass die Maßnahme leitete, war wirklich Klasse.
Seit Anfang 2013 habe ich wieder einen Job und langsam bewegt sich alles wieder nach oben...
So. Was ich mit meinem Beispiel sagen will: Mit der Unterstützung alleine, ist eine Depression nicht zu überwinden. Wichtig ist, dass man als Depressiver diese Unterstützung sucht und annimmt. Dass setzt immer die Einsicht voraus, dass man ein Problem hat mit dem man alleine nicht fertig wird. Ohne diese Einsicht und ohne Rückhalt führt der Weg nur abwärts.
Celin, was du in deinem Update geschrieben hast, deckt sich in einigen Punkten mit meinen eigenen Gedanken. Wie o.a. hat mich nur der Gedanke an meine Jungs vom letzten Schritt abgehalten. Und wie dein Ex habe auch ich Probleme mit unserer auf Geld und Erfolg ausgerichteten Gesellschaft. Aber ich bin auch Realist genug, um zu erkennen, dass irgendwoher das Essen kommen muß - Manna regnet es nur in der Bibel vom Himmel...
Jetzt habe ich eine Menge über mich zum Besten gegeben. Aber vielleicht hilft dir das ein bißchen, das "Innenleben" deines Ex zu verstehen.
Thema Drogen und Depression: Wenn dein Ex süchtig ist, ist es schwierig, Ursache und Wirkung auseinander zu halten. Ziemlich alle Drogen können Depressionen hervorrufen, da der Drogenkonsum immer Stimmungsschwankungen hervorruft: Aus dem Hoch des Rausches in das Tief der Ernüchterung. Das ist ein Teufelskreis, der sich immer mehr selbst verstärkt und in die psychische Abhängigkeit führt. Da muß eine körperliche Abhängigkeit noch garnicht vorhanden sein...
Für weitere Fragen kannst du dich gerne an mich wenden, hier oder auch als PN.
lg Uwe (aka Alien)
Edit meint, ich hätte was vergessen:
Es gibt verschiedene Formen von Depression: Einzelne, in der Regel durch äußere Einflüsse hervorgerufene Episoden (akut, wie in meinem Fall), die sogenannte monopolare depressive Störung (chronisch, erfordert permanente Behandlung) und natürlich die drogeninduzierte Depression. Dabei sind die Übergänge durchaus fließend. Drogenkonsum kann über akute Episoden zur chronischen Störung führen, eine akute Episode oder eine chronische Störung umgekehrt auch zu Drogenkonsum.