Die Frage ist interessant und ich habe auch schon öfter mal darüber nachgedacht, wie es wohl bei anderen ist. Hier nun meine Erfahrungen und Gedanken:
Der Vater meines Sohnes und ich haben uns vor sechs Jahren getrennt, drei Jahre hat der Junge bei mir gelebt, seit fast drei Jahren lebt er nun bei seinem Papa. Vor knapp neun Monaten habe ich noch eine Tochter bekommen, die ich nun leider allein erziehe.
Sohnemann kommt alle vierzehn Tage übers Wochenende (Freitag nach der Schule bis Montag Morgen) zu uns und ich habe in keinster Weise das Gefühl, dass ich mich irgendwie umstellen müßte oder er nicht in unser Leben hier "passt". Er hat ein eigenes Zimmer bei mir, viele seiner Sachen (Bücher, Spielzeuge, Rechner...) sind trotz des Umzugs zu seinem Vater bei mir geblieben, Anziehsachen habe ich auch für ihn hier usw.
Wir wohnen ca. 15 km auseinander. Wenn er Freitag Mittag herkommt, gibt's erst einmal Mittagessen, dann werden Hausaufgaben gemacht, erzählt, was alles so gewesen ist in den letzten zwölf Tagen (bei ihm und bei mir), beratschlagt, was wir die nächsten zwei Tage essen wollen, eine Runde mit seiner Schwester gespielt und dann geht er meistens seinen besten Freund hier im Ort besuchen, bei dem er dann in der Regel auch die erste Nacht schläft.
Für uns beide ist es so, als wäre er zwei Wochen im Urlaub gewesen und kommt danach wieder nach Hause. Seine kleine Schwester (keinem von uns würde es einfallen, sie als Halbschwester zu bezeichnen) liebt er heiß und innig und ist ab und zu mal traurig darüber, dass er sie nicht öfter sieht. Letztes Mal hat er uns mit den Worten begrüßt: "Mensch, E..., du bist aber groß geworden!"
Unser Verhältnis hat sich seit seinem "Wegzug" sooo positiv entwickelt, wie ich es kaum für möglich gehalten hätte. Und seit der Trennung vom Vater der Kleinen klappt es auch mit dem Papa Nr.1 viel besser. Wir versuchen, Hand in Hand zu arbeiten, was unseren Jungen betrifft - ich gehe auch mal auf Elternabende, wenn der Vater nicht kann, übernehme Arzttermine, Besorgungen für die Schule und ähnliches. Nächste Woche ist Abschlußfest von der Grundschule, da werde ich natürlich auch inklusive Baby dabei sein.
Also, wir sehen uns zwar nicht mehr täglich, aber er ist für mich trotzdem nicht wirklich weg.
Ich vergleiche das manchmal mit einem großen Kind, das erwachsen geworden ist und auszieht - da bekomme ich ja schließlich auch nicht mehr jeden kleinen Schritt mit, den das "Kind" macht, aber trotzdem bin ich mit vollem Herzen immer noch seine Mutter, solange ich lebe.
Edit: Mir ist grad noch eingefallen, dass ich diese ganzen Bezeichnungen wie "Umgangselternteil", "Kindsvater", "Umgangskind" nicht Teil meines Wortschatzes werden lassen will. Genauso wie AE, KV, KM usw. Das klingt alles so fürchterlich unpersönlich, und ihr schreibt doch hier über euch! In Briefen, die vom Anwalt oder irgendeinem Amt kommen, lass ich mir diese Terminologie ja noch gefallen, aber hier find ich diese immer wieder äußerst befremdlich.