Es ist schon so: Kinder vergleichen. Und beklagen dann gern die Dinge, die nicht vorhanden sind. Physisch wie psychisch.
So habe ich von meinen Kids zu hören bekommen, dass meine Geburtstagskuchen viel schlechter wären als die gestylten Torten der Freunde: Rührkuchen oder belegter Obstkuchen. (Backen ist nicht mein Ding ...)
Oder dass ich ihre Lieblingsklamotten, in denen sie sich einen Riss zugezogen haben, aussortiert und nicht genäht hätte (und wenn, dann sichtbar und schlecht ...) . Nähen ist nicht mein Ding.
Oder dass ich abends nicht gemütlich im Wohnzimmer gehockt habe, sondern im Büro (irgendwann musste ich arbeiten. Nachts dann halt ...)
Oder dass wir als Familie so wenig Feste feiern würden mit Gästen (als AE fehlte a) die Vorbereitungszeit, b) sind so Feste auch immer eine finanzielle Sache)
Oder ich schlechter Fußball spiele als der Vater von ... (Sohn, ich bin Volleyballer! Upps - so eine Bewertung greift doch an, hab ich da bemerkt ...)
Oder ich nie an den Kinder-Eltern- Bastelveranstaltungen in der Schule teilgenommen habe: Basteln war nie mein Ding. Auf die ewige Mütterfrage: Wie machst du das nur als AE, du Armer?, hatte ich keine Lust und ansonsten war zu der Zeit garantiert von einem der Kids Fußballtraining.
Oder warum die neue Playstation nicht bei uns eingezogen sei, die roten ADIDAS-Fußballschuhe auch nicht, wir am Wochenende nicht ins Phantasialand fahren würden,
Und natürlich habe ich mit schlechtem Gewissen dagestanden, obwohl der Kopf gute Gründe und Erklärungen hatte, fühlte sich der Bauch schlecht an. Weil man als AE ja sowieso dem Kind schon Familie "vorenthält". Gefühlt "besser gestellt" waren da alle anderen. Und wahrscheinlich auch objektiv: Ich jedenfalls bin mein Lebtag kein "Superman" gewesen, der locker beständig die Leistung und die Ergebnisse liefern kann, die sonst zwei einspielen ...
Irgendwann und irgendwie habe ich das den Kids versucht zu sagen. Es wurde angehört. Problem: Sie mussten sich damit arrangieren - was nicht einfach ist. Es gehört irgendwie zum Leben als Kind und erst recht als Teenager dazu, der Tollste, der Klügste, der Schönste, der Stärkste, der Intelligenteste, einfach der Beste sein zu wollen. Unsere ganze Gesellschaft ist darauf angelegt.
Und gern würde man frei entscheiden können, was wie wo geht ohne jegliche finanzielle, kulturelle und sonstige Beschränkungen. Kids und Teenager machen da gern die Eltern für verantwortlich (denn das sind ja die "Allesermöglicher", wie sie seit der Kleinkindphase überzeugt sind). Und wir als Eltern würden die Position zumindest mehrheitlich ja auch gern einnehmen, wenn wir denn könnten ...
In der Praxis müssen wir uns jedoch arrangieren mit den Gegebenheiten. Ich als Elter. Die Kids als Kids.
Längst erwachsen, längst mitten im Berufsleben stehend und in Beziehung hat der nöhlende Kuchenbeschwerer aus dem Eingangssatz zur großen Party eingeladen. Und Eltern inclusiv Bonusmutter gefragt, ob sie etwas zum Buffet beisteuern könnten. Bonusmutter hat unter anderem Kuchen angeboten. Sohn hat begeistert zugestimmt und den "tollsten Kuchen der Welt" eingefordert: Den Erdbeerkuchen mit Sahne von Volleybap, den er doch seit seiner Kindheit so lieben würde.
Das hat mich hoffnungsvoll gemacht: Vielleicht sind manche tagesaktuelle Negativeinordnungen und -erfahrungen dann doch auf Langzeit anders von den Kids eingeordnet und werden differenzierter gesehen.
Oder wie der "links-grün-versiffte"* Soziologe aus meinem Nachwuchs es letztens erst sagte: Es gibt immer einen, der mehr hat oder weniger in unserer Gesellschaft. Es sei denn, alle haben gar nichts.
* und ich bin ein bisschen stolz drauf ...