Hallo Ronja,
Falls es möglich ist, solltest Du Dich drei Minuten in die Lage des unfreiwilligen Vaters versetzen und Dir überlegen, wie Deine Reaktion an seiner Stelle aussehen würde.
Ihr seid seit Jahren eng befreundet, seid übereingekommen eine WG zu gründen und habt Sex. Er zahlt schwarz Miete und Du zahlst zum Teil mit diesem Geld Deine Wohnung ab. Ihr hattet Sex. Vorher, so nehme ich an, kamen beide überein, dass kein Kinderwunsch vorhanden sei und beide verliesst Ihr Euch auf das ärztliche Attest, dass Du unfruchtbar seist. Soweit, so gut. Es war also ein Nehmen und Geben. Du hattest an ihm nicht viel auszusetzen; Auch wenn er sehr schmutzig ist, hat es Dich zu dem Zeitpunkt nicht vor ihm geekelt.
Du stellst fest, dass Du ein Kind erwartest. Als Vater kommt nur er in Frage. Du bist verständlicherweise hocherfreut. Ein Wunsch geht in Erfüllung. Das hat Dir zu Deinem Lebensglück und -plan noch gefehlt : Arbeit, Eigenheim, Hund, Kind.
Du sagst es dem Vater und der ist am Boden zerstört. Für ihn ist es nicht die Krönung seines bisherigen Lebens, sondern eine Katastrophe. Er lebt, anders als Du, in den Tag hinein, hat Vermögen (und kann sich das leisten), ist 24 Jahre alt, will keine Beziehung, will auch keine Frau zur Mutter machen und will kein Kind oder vielleicht besser gesagt, er hat sich noch nie Gedanken darüber gemacht.
Natürlicherweise liest Du jetzt hier im Forum, dass er die Verhütung hätte übernehmen können. Und wie unverantwortlich es von ihm sei, dass er das nicht gemacht hat. Einvernehmlicher Sex heisst aber nur einvernehmlicher Sex. Und nicht, dass man auch bereit ist, Vater (oder Mutter) zu werden. Genauso, wie man bei jeder anderen Aktivität nicht gleich seine Zustimmung für alle möglichen daraus entstehenden Folgen gibt. Hier im Forum wird gesagt, er soll doch bitte endlich Verantwortung übernehmen und erwachsen werden. So einfach ist das für viele hier. Ja warum sollte er das ? Für ihn ist sein "Leben zerstört" und darauf beisst er jetzt herum. Er hat keine Ahnung, wie er sich verhalten soll : sich selbst gegenüber, Dir gegenüber und dem unbekannten Wesen gegenüber, welches da heranwächst und ihm so Angst macht. Die amerikanische Philosophin Elizabeth Brake spricht hier von dem "geschwängerten Mann".
Ich bin der Meinung, dass in Eurer Situation niemand "schuld" ist, weder Du noch er. Darüber müsst Ihr Euch im Klaren sein. Nur, wenn Frauen ungewollt schwanger werden, dann bleibt ihnen die Wahl, ob sie das Baby haben möchten oder nicht. Väter haben diese Entscheidungsfreiheit nicht. Wenn sich die Frau entschließt, ein Baby zu bekommen, dann sind sie – zumindest biologisch und rechtlich – mit dabei.
Vielleicht lässt Du ihn erst einmal in Ruhe. Es gibt Männer, welche den Schock darüber, dass ihr Leben nun in komplett andere Bahnen gelenkt wird überwinden, ihren Lebensentwurf aufgeben, sich umstellen, neue Ziele und Werte finden. Vielleicht löst diese Reaktion der Anblick des Säuglings in ihm aus.
Eines ist glasklar : Auch bei einer ungewollten Vaterschaft kommt der Mann nicht um seine Unterhaltspflicht herum. Denn die Rechtsprechung macht hier keinen Unterschied. Männer, die zwangsweise Vater geworden sind, tragen ohne Einschränkungen die Verantwortung für den Unterhalt des Kindes mit. Für die ersten drei Lebensjahre des Kindes hat der Kindsvater auch die Pflicht, einen Betreuungsunterhalt für die Mutter des Kindes zu bezahlen, wenn diese wegen Kinderbetreuung kein Einkommen hat. Auch dieser richtet sich nach seinem Einkommen.
Und was willst Du ? Eine Familie mit dem Kindesvater ? Einen Vater für das Kind und für Dich, dass der Vater Dein guter Freund bleibt ? Willst Du, dass er auszieht oder nicht ? Wieviel Geld willst Du : alles, was Dir "zusteht" oder gibt es da "Verhandlungsspielraum" ?