Folgende Situation: meine Tochter hat die Schule kurz vor
dem Abi abgebrochen. Sie hätte, durch zu viel „unterpunkten“, zurück in die 11.
Klasse gemusst. Das wollte sie auf keinen Fall, eigentlich wollte sie ja schon
in der 11. Klasse aussteigen, aber ich doofe Kuh hab sie überredet
weiterzumachen.
Das letzte Jahr war echt Mist, es hat sie komplett ihr
Selbstvertrauen gekostet, durch die dauernd schlechten Noten. Sie konnte das
nicht mehr von sich selbst abgrenzen. Sie bereut zwar den Absprung jetzt nicht
direkt, aber fühlt sich natürlich trotzdem als Versager.
Zusammen haben wir viele Bewerbungen zu verschiedenen
Berufen geschrieben. Alleine hätte sie sich einfach hängen lassen und wäre in
ihrem Loch geblieben. Sie hat einige Einladungen bekommen.
Aber das Hauptproblem ist, dass sie überhaupt nicht weiß,
was sie will. Jetzt hat sie mir verraten, dass sie nur weiter auf Schule
wollte, weil sie Angst hatte, dass sie keinen Beruf findet, der zu ihr passt. Ihr
größtes Hemmnis ist ihre Angst vor Ablehnung und Versagen. Leider ist sie in
der Kindheit durch ihr ADHS öfter auf ziemlich harte Ablehnung getroffen. Das
hat natürlich Spuren hinterlassen.
Sie hat deshalb in der 8. Klasse eine Therapie gemacht. Auf
sozialer Ebene ist das Gymnasium richtig gut für sie gewesen. Sie hat viele
neue Freunde gewonnen und war zum erstem mal in einem Freundeskreis integriert.
Aber die schlechten Noten hat sie einfach nicht gut weggesteckt.
Die Trennung hat natürlich auch so ihre Spuren hinterlassen
und sie kämpft bis heute damit, dass ihr Papa einfach nicht mehr der Papa von
früher ist und auch nie mehr sein wird.
Auch ein großes Problem bei der Berufsfindung sind die
vielen Einflüsse von anderen. Kaum hat sie einen Beruf gefunden, der sie
interessiert, kommen wieder die Kommentare von anderen, was schlecht daran sein
könnte. Der Gipfel war ihr Vater. Sie hat ein Praktikum gemacht und sie haben
sich in der Mittagspause auf ein Eis getroffen. Da hat er ihr den Beruf so
schlecht geredet, dass es besser nicht mehr geht. Als sie ihm das vorgeworfen
hat, ist er beleidigt gegangen und sie ist verheult und zu spät aus der Pause
zurück auf Arbeit. Damit war der Drops
gelutscht.
Tja, somit stehen wir wieder bei Null. Auch meine Freunde
sind total unterschiedlicher Meinung, wie es jetzt weitergehen könnte. Und auch
werde immer unsicherer und weiß eigentlich gar nicht mehr was ich tatsächlich
für richtig halten würde. Die einen sagen, lass sie ein Jahr jobben, sie braucht
eine Pause, die anderen sind dafür, dass sie unbedingt im September eine
Ausbildung anfängt, egal welche. Sie würde sich im Moment am Liebsten in ihrem
Zimmer verkriechen. Der Witz ist ja, dass sie Außen eine total andere Ausstrahlung hat. Sie kommt selbstbewusst und reflektiert an, fühlt sich aber nicht so.
Noch dazu kann ich mich gar nicht mehr Abgrenzen. Mir geht
die ganze Sache unter die Haut und auch ich entwickle Zukunftsängste. Nur muss
ich ihr ja Mut machen und Zuversicht ausstrahlen. Das fällt mir immer schwerer.
Ich würde mich auch grad am Liebsten in meinem Zimmer verkriechen. Das spürt
sie natürlich, aber ich kann es auch nicht einfach so abschalten. Dann mache
ich natürlich Druck und werde ungeduldig.
Was ich noch mit ihr besprochen habe ist, dass sie doch noch
ein zwei weitere Praktika machen soll um einfach mehr Erfahrung zu sammeln. Sie
hat nur so Angst, dass dann wieder nichts dabei ist.
Wie kann ich denn für uns beide diesen Druck rausnehmen? Was
würdet ihr mir raten?