Liebe TS,
bitte schalte ein paar Gänge zurück. Einziges Opfer dieser Szenerie ist dein Sohn: Ein 7-jähriger Bub wird von 2 älteren Jungen bei seinem Geschäft am Baum erwischt. Fühlt sich wahrscheinlich peinlich berührt und viell. sogar bedroht. Rennt weg, die Jungs ihm hinterher. --> Sie halten ihn fest und haben ein taschenmesser in der Hand. --Welches Recht haben diese Jungs, deinen Sohn festzuhalten. Das ist schonmal Nötigung ! --> Dein Sohn sieht auch noch, dass einer ein taschenmesser in der Hand hält. Ich hätte mich an der Stelle deines Sohnes auch bedroht gefühlt, unabhängig davon, ob einer der Jungs das Taschenmesser direkt auf mich gerichtet hätte. -Viell. hat er dies in der Situation auch so wahrgenommen.
Dann die alte Dame, die ihm zur Hilfe eilte. Auch sie bestätigte die Situation soo!, wie sie dir dein Sohn schilderte. -Dh, selbst wenn dein Sohn die Situation viell. anders (anfangs) erlebt hat, so wurde seine Erinnerung an das Geschehen durch die Aussage der alten Dame damit in seiner Errinerung neu (über-)geschrieben. Das sind sog. suggestive Einflüsse. -Die Erinnerungsverzerrung aufgrund nachträglicher irreführender Informationen (Falschinformationseffekt) ist bei der Vernehmung von Zeugen in einer Vielzahl von Untersuchungen bestätigt worden. Daher können nachträgliche Falschinformationen einen verzerrenden Einfluss auf die Wiedergabe des Originalgeschehens haben.
Die alte Dame hat dies so erlebt, wie dein Sohn es schilderte und die alte Dame hat es so auch seiner Oma erzählt. Also hat dein Sohn diese Version wahrscheinlich für sich übernommen. --> Wenn diese Version nicht sogar stimmte. Denn:
Soweit ich es richtig verstanden habe, hat der vernehmende Polizist deinem Sohn die Aussage der anderen Jungs entgegengesetzt. Ihm diese also vorgehalten und gedroht, er könne die Falschaussage deines Sohnes beweisen. Dh. er hat deinem Kind implizit schon zu vesrtehen gegeben bzw. Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Version angemeldet. Oh man, und das mit einem 7-jährigen!
Bei der Glaubhaftigkeitsanalyse einer Aussage ist die Methode des Wiedererkennens (hier: Vorhalten der Aussage der Jungs = Vorhaltfrage und Wiederholungsfrage + Erwartungsfrage) verboten, da sie hoch suggestiv ist und Falschaussagen begünstigt.
In de Psychologie der Zeugenvernehmung bzgl. der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen (bei Kindern) ist unbestritten, dass Vorhaltungen der Aussage anderer und die Aufforderung ggü. der zu vernehmenden Person, über diese "andere" Version nachzudenden, dann von den Kindern für die Originalversion gehalten werden (=Suggestive Einflüsse). -Zumal hier noch ein Drohmoment hinzukommt: "Wir können beweisen, dass die Version der großen Jungs stimmt." (Zitat Polizist) -Na Halleluja! --> Ich hoffe der Polizist klärt die Jungs auch darüber auf, dass man nicht einem 7-jährigen hinterher rennt, ihn festhält mit einem Messer in der Hand....
Jedenfalls würde ich deinem Sohn keine Vorhaltungen machen oder ihn gar bestrafen, da man nicht wissen kann, WER nun die Wahrheit sagt. Zumal die Erinnerungen deines Sohnes an die Situation durch vielerlei Faktoren verzerrt sein können und er dies, wie er anfangs behauptete, auch für real hielt, bis ihn der Polizist suggestiv beeinflusste und unterschwellig drohte oder/und die alte Dame durch ihre Kundgabe ihrer Wahrnehmung die Erinnerung deines Sohnes ans tatsächliche Geschehen verzerrte: Er ist erst sieben Jahre alt und für suggestive Einflüsse sehr empfänglich !