Teenager verweigert Umgang

  • So, nun ist es bei uns soweit. Junior (fast 14) verweigert den Umgang.

    Im Prinzip hat es sich schon lange angekündigt, gern ist er nie zum Vater gegangen (Umgang lief seit Kind 5 Jahre war etwas 1x im Monat, vorher selten, da KV sich weigerte) und aktuell hat es sich zwischen beiden so hochgeschaukelt, dass nichts mehr geht.

    Junior lässt teenagerlike die Schule etwas schleifen, wenige Fächer stehen auf 4 und genau da macht sein Vater massiv Druck.

    Es musste Nachhilfe installiert werden und Junior muss sich permanent rechtfertigen und sich anhören, er sei faul und hätte kein Rückrad.

    Im Gespräch mit dem Vater zählen für ihn gute und durchschnittliche Leistungen nicht, dafür sei keine Zeit. Ihn interessieren nur die "schlechten" Noten (4-6).

    Fazit: Junior ist emotional hochgefahren und verweigert, KV beharrt auf seinem Standpunkt und ich bin mittendrin.

    Erschwerend kommt hinzu, dass KV mit mir nichts bespricht oder nachfragt und alles nur mit dem Kind kommuniziert. Junior teilt natürlich alles nur bruchstückhaft mit, verweigert inzwischen auch zunehmend den telefonischen Kontakt. Und die Entfernung von ca. 450km zwischen Kind und Vater machen einiges schwieriger (und anderes ehrlich gesagt auch leichter).


    Junior geht zur Psychotherapie aufgrund einer Angststörung und aktuell auch wegen der Situation mit seinem Vater. Kontakt zum Jugendamt habe ich auch aufgenommen, um ein moderiertes Gespräch anzubahnen.


    Habt ihr noch Ideen, wie man in dieser Situation agieren könnte?

  • Die Situation ist unschön. Aber dass die Kommunikation und Auseinandersetzung in der Sache direkt zwischen den beiden Männern läuft, ist gut und wichtig. Mein Rat: Du solltest dich da möglichst fern halten und nicht in die direkte Auseinandersetzung einsteigen. Sondern nur nach beiden Seiten das "hörende Ohr" anbieten: Sohn gegenüber und Ex gegenüber. Steigst du mit "in den Ring", kannst du nur verlieren.


    Es ist für dich die Chance, endgültig umzustellen von "Junior ist Kind und muss beschützt und bemuttert werden" auf "Junior ist Teenager und darf ausprobieren, wie das Leben funktioniert".

    Ich würde an deiner Stelle auch nicht das vom Sohn berichtete Verhalten des Vaters kommentieren und nicht das vom Vater eventuell berichtete Verhalten des Sohnes. Beides wird gefärbt sein. Schlag dich nicht auf eine Seite. Du musst dich nicht verantwortlich machen an der Stelle für das Wohlergehen der beiden Männer.

    Du fühlst dich im Moment, wie du schreibst "mittendrin". Verlass diese Position und stell dich an den Rand (es ist, zugegeben, schwer!). Agiere nur nach Aufforderung. (Wenn du willst, lieber Sohn, habe ich ein offenes Ohr für dich ...") Das dürfte für dich wie für deinen Sohn die größte Hilfe sein.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.

  • Moin.

    Aus meiner subjektiven Sicht ist das eine schwierige Situation. Wenn es keine Kommunikation zwischen dem Vater und dir gibt (Wo du auf ihn einwirken könntest) und auch der Vater nur begrenzt Interesse an den jeweiligen Lebenslagen seines Sohnes hat, ist es kein Wunder, das der Junge die Nase voll vom Umgang hat. Da kann es sein, das er sich gegenüber dem Vater dann wie eine Trophäe fühlt, die nur glänzt, wenn er konstant gute Leistungen bringt.
    Eine gewisse liebevolle Strenge gegenüber den Zöglingen ist sicher nicht verkehrt, aber ist ist nicht gut, die Beziehung nur auf gutes Betragen und gute Leistung zu reduzieren (Kein Ärger = Keine (Erziehungs)arbeit.
    Ich denke, die Gespräche in der Psychotherapie sind eine gute Möglichkeit, das der Junge seine Gefühle einordnen und verarbeiten kann. Mehr kann man nach meiner Ansicht nicht tun, außer immer wieder das Gespräch anzubieten. Dem Vater wird man ja kaum auf die Füße treten können. Der stellt sich mit diesem wenig empathischen Verhältnis leider selber ins Abseits. Aus deinem Text lese ich, dass der Vater eher Dienst nach Vorschrift macht uns sonst eher wenig Interesse an seinem Sohn hat. Allenfalls, wie gesagt, als Aushängeschild. Ich kenne das von einem Verwandten in der Familie. Der hat mehrere Kinder, die heute alle erwachsen sind und so gut wie keinen Kontakt zu allen. Weil er sich schlicht zu wenig gekümmert hat. Null Bindung. Die Kinder interessieren sich nicht für ihn, heute bedauert er das, aber der Zug ist abgefahren.
    Im Prinzip hängt es davon ab, wie inwieweit der Vater bereit ist, seinem Sohn den Rücken zu stärken und zu unterstützen, anstatt ihn zu tadeln.

  • Schlag dich nicht auf eine Seite. Du musst dich nicht verantwortlich machen an der Stelle für das Wohlergehen der beiden Männer.

    Das sehe ich subjektiv völlig anders. Für das Wohlergehen des Ex ist dieser selbst verantwortlich. Aber ich würde mich immer auf die Seite meines Kindes schlagen. Das muss nicht bedeuten, aktiv den Umgang zu torpedieren. Aber es wäre ganz klar, dass ich diesen meinem Kind gegenüber auch nicht schönreden würde; ebenso wenig das Verhalten des Vaters, damit es weiterhin zum Vater geht. Dieser hat sich die Verweigerung offenbar ganz und gar selbst zuzuschreiben. Einen Vierzehnjährigen kann und wird auch kaum ein Jugendamt, bzw. Gericht zum Umgang zwingen.

    LG
    CoCo




    Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.
    ~ Elisabeth Beatrice Hall 1906 im Buch "The friends of Voltaire" ~

  • Grundsätzlich ist das Anliegen des Vaters ja kein schlechtes: Verbesserung der Noten. Er läuft nur in die Pubertistenfalle: Lass mich ...

    Aber er nimmt in der Sache anscheinend viel Druck aus der Situation, den sonst, befürchte ich, Sangreal aushalten müsste. (Der Vater könnte es sich auch einfach machen und beim Umgang den desinteressierten Wochenendvater geben, der sich nicht in den Schulkampf stürzt. Da wäre es einfacher für beide Kerle. Tut er aber nicht. Ob er es gut macht? Auf jeden Fall nicht so ganz erfolgreich. Ob es an ihm oder an seinem Pubertisten liegt - schwierig zu beurteilen. Ich würde ihn aber nicht in die Rolle des Bösen stellen. Jedenfalls nicht mit dem Grund, er fordert bessere Schulnoten ein.)


    Vor ihn zu springen und zu verteidigen, der Vater würde zu viel Engagement für die Schule fordern und das würde die Mama jetzt verhindern - das würde ich keinesfalls. Wie schon geschrieben: Hier kann man nur verlieren. Und: Wenn es irgend geht, sollte man bei Teenagern nicht den Verteidiger des Teen geben in einem Konflikt mit dem anderen Elternteil. (So wenig wie man sich wünschen kann, dass dies ein Ex macht, wenn ich mit meinem Teen Stress habe.)

    Liebe Grüße



    Bap



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  • In Anbetracht der Vorgeschichte


    Im Prinzip hat es sich schon lange angekündigt, gern ist er nie zum Vater gegangen (Umgang lief seit Kind 5 Jahre war etwas 1x im Monat, vorher selten, da KV sich weigerte)


    sehe ich das anders. Da liegt ja nicht der Hund darin begraben, dass der Vater sich über bessere Noten freuen würde. (Ob die Noten lediglich an pubertärer Unlust liegen, sei mal dahingestellt), sondern zum einen wohl schon im Desinteresse der Vergangenheit und darin, dass sich das Interesse am Sohn aktuell offenbar auf Noten beschränkt und dann auch nur auf die nicht so guten und dabei "massiv Druck ausübt".


    Es ist auch offensichtlich nicht so, dass der Mutter das alles komplett egal ist; es wurde Nachhilfe installiert. Könnte der Vater wissen, wenn er im Interesse des Kindes mit der Mutter kommunizieren würde.

    LG
    CoCo




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    ~ Elisabeth Beatrice Hall 1906 im Buch "The friends of Voltaire" ~

  • Also ich hätte das Jugendamt nicht eingeschalten.

    Und ich würde auch nicht darauf dringen, dass da noch weiterhin kontakt besteht, wenn Kind nicht will.

    Immerhin ist er 14 und kann nein sagen.


    Ständig unter Druck zu sein, gute Leistungen bringen zu müssen , macht Null Bock auf Schule.


    Ich würde mein Kind aus der Schusslinie nehmen. Kann man sagen, gut, dass da 450 km dazwischen sind.

    Wenn erst mal der Druck weg ist, und du hinter deinem Sohn stehst - nehme an, du findest das Verhalten des KV auch nicht ok, dann kann Kind sich sicher fühlen.

    So finde ich, du nimmst dich raus , schwimmt Kind.

    Keine gute Lösung finde ich.

    Bevor du mit dem Kopf durch die Wand gehst, überlege zuerst.........

    Was mache ich im Nebenzimmer ? (unbekannt)

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    tägl. Spruch von Ernst Ferstl:

    Das Erreichen eines Zieles ist etwas vorübergehendes, das Auf - dem - Weg - bleiben eine lebenslange Aufgabe.

  • Vielen Dank für eure Gedanken zu unserer Situation!


    Natürlich ist es für den Vater schwer aus der Entfernung am Leben vom Junior teilzunehmen.

    Ich empfinde es seit längerem als Agieren mittels Brechstange, was unser Kind immer weiter von ihm wegtreibt.


    Wir hatten die Situation des Verweigerns schon einmal, da erlebte Junior seinen Vater emotional sehr hochgefahren und hat seitdem Angst vor Eskalationen. Das sagt er auch mir und dem Therapeuten gegenüber sehr klar.


    Die Schulleistungen sind natürlich auch hier Thema. Tägliche Nachfragen, Vorbereitungen, Notenchecks in regelmäßigen Abständen usw.

    Ich habe Junior gefragt, was der Unterschied zwischen den Schulthemen hier und beim KV sei. Er meint, dass er hier keine Eskalationen befürchten muss.


    Unter'm Strich ist er jetzt glücklich, dass er hier bleiben durfte. Ich fürchte nur, dass er sich nicht so schnell wieder auf Umgang einlassen wird. O-Ton: "Ich bin froh, wenn ich erwachsen bin, da muss ich den nie wieder sehen."

  • Ich würde meinem Kind auf jeden Fall die „Erlaubnis“ geben, selbst zu entscheiden. Damit meine ich, dass du ihn nicht zwingst und nicht überredest zum Umgang, sondern seine Gedanken und Entscheidungen ernst nimmst. Kann er es denn dem Vater selbst kommunizieren? Das wäre mir noch wichtig.


    Ansonsten fällt mir noch ein, ob es vielleicht die Möglichkeit gibt, dass der Vater mal mit der Therapeutin spricht? Die könnte ja möglicherweise Hinweise geben, wie der Vater das Verhältnis bessern kann und den Druck rausnehmen kann.


    Ein bisschen hört es sich für mich so an, als wäre das Kind einfach in den Brunnen gefallen, das ist traurig für beide, aber vermutlich in der angespannten Situation nur zu bessern, wenn der Vater einfach mal ein Stück loslässt.

    Liebe Grüße
    Die Elefantendame


    Umwege erweitern die Ortskenntnis

  • Ansonsten fällt mir noch ein, ob es vielleicht die Möglichkeit gibt, dass der Vater mal mit der Therapeutin spricht?

    Das würde ich auf keinen Fall über den Kopf des Jungen hinweg veranlassen. Bei der Therapeutin muss ein sicherer Raum sein. Sollte der Vater tatsächlich dazu bereit sein und bei einem eventuellen Kontakt dem Kind irgendetwas um die Ohren hauen, was die Therapeutin gesagt hat, ist das Vertrauen des Jungen in die Therapeutin (und vielleicht auch in die Mutter, wenn sie das initiiert hat) angekratzt bis nicht mehr vorhanden.

    LG
    CoCo




    Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.
    ~ Elisabeth Beatrice Hall 1906 im Buch "The friends of Voltaire" ~

  • Vielen Dank für eure Gedanken zu unserer Situation!


    O-Ton: "Ich bin froh, wenn ich erwachsen bin, da muss ich den nie wieder sehen."

    Er kann das auch davor entscheiden.

    Nicht erst wenn er 18 ist.

    Bevor du mit dem Kopf durch die Wand gehst, überlege zuerst.........

    Was mache ich im Nebenzimmer ? (unbekannt)

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    tägl. Spruch von Ernst Ferstl:

    Das Erreichen eines Zieles ist etwas vorübergehendes, das Auf - dem - Weg - bleiben eine lebenslange Aufgabe.

  • Er kann das auch davor entscheiden.

    Nicht erst wenn er 18 ist.

    Losgelöst von dem Fall hier: Ab 12 Jahren dürfen Kinder /Teenager mitentscheiden, nicht allein entscheiden, wird der eigentlich eine Umgangspflicht anordnende Paragraf 1684 BGB von Gerichten häufig ausgelegt. Der Betreuungselternteil hat dabei offiziell den Umgang anzuregen, zu fördern, zu ermöglichen ... Aus dieser Nummer kommt man in schwierigen Umgangssituationen nur heraus, wenn man argumentiert: "Ich will das Kind/den Teenager nicht unter Druck setzen, indem ich den Umgang anordne. Das würde nur zu einer Eskalation führen." Sonst erfüllt man die Vorgabe des Paragrafen 1684 nicht gerade ...


    In der Praxis ist es natürlich schon so: Sind sich Kind und Betreuungselternteil einig, dass kein Umgang stattfinden soll, ist dagegen in der Regel kein Kraut gewachsen. Zumal wenn es nachvollziehbare Gründe gibt.

    Liebe Grüße



    Bap



    Wir können unser Leben nicht neu formatieren, ein anderes Betriebssystem aufspielen und alles wieder neu beginnen. Erst wenn man sich den Fehlern der Vergangenheit stellt, kann man positiv in die Zukunft blicken.